Mediation als Verfahren in der Konfliktbewältigung


Hausarbeit, 2018

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Aufgabe 1 - Mediationsverfahren und Verfahrensgrundsätze

Aufgabe 2 - Mediation vs. Litigation

Aufgabe 3 - Tauglichkeit der Mediation

Aufgabe 4 - Grenzen der Mediation

Aufgabe 5 - Eisbergmodell in der Mediation

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aufgabe 1 - Mediationsverfahren und Verfahrensgrundsätze

a) Die Mediation ist ein modernes Verfahren der Streitbeilegung mit einer sehr langen Tradition.1 Sie wird in § 1 I MediationsG2 gesetzlich definiert als „… ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben“. Ergänzt wird die deutsche Definition durch Art. 3 lit. a) der Mediationsrichtlinie3, worin die Mediation unionsweit definiert wird als „… ein strukturiertes Verfahren unabhängig von seiner Bezeichnung, in dem zwei oder mehr Streitparteien mit Hilfe eines Mediators auf freiwilliger Basis selbst versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu erzielen“. Was verbirgt sich hinter diesen zwei Definitionen? Vereinfacht ausgedrückt ist die Mediation ein Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung, bei dem die Konfliktparteien einen neutralen Dritten ohne Entscheidungsgewalt aufsuchen, der diese im Rahmen ihrer selbständigen Herbeiführung einer einvernehmlichen und nachhaltigen Konfliktlösung unterstützt und im gesamten Prozess der Lösungsfindung begleitet. Dabei sind die Streitparteien einerseits selbst für die inhaltliche Gestaltung des Verfahrens sowie für die Lösungsfindung zuständig; andererseits ist das Mediationsverfahren freiwillig, d.h., jede Partei kann die Verhandlung jederzeit beenden. Darüber hinaus handelt es sich um ein nicht förmliches Verfahren, sodass die Konfliktparteien, die als Medianden bezeichnet werden, in Absprache mit dem Mediator selbst über den Ablauf des Verfahrens entscheiden.

b) Das Mediationsverfahren soll nach dem Gesetzeswortlaut strukturiert ablaufen. Daher ist es in verschiedenen Phasen aufgebaut. Gerade mittels strukturierter Phasen wird ein wirksamer und gewinnbringender Dialog hinsichtlich der verschiedenen Interessen und Bedürfnisse der Medianden angestrebt.4 Um dies zu erreichen, wird das Phasenmodell als Orientierungshilfe im Rahmen der Mediation gebraucht.5 Dadurch wissen die Beteiligten zu jedem Zeitpunkt, was aktuell besprochen wird und was danach folgt, sodass gleichzeitig Irrtümer, die potentiell die Lösungsfindung behindern, erst gar nicht aufkommen können.

Es existieren vielerlei Phasenmodelle, die sich je nach Detailfülle des Verfahrens sowie nach Art des Konflikts unterscheiden. Am häufigsten tritt das ‚Fünf-Phasen-Modell‘6 zum Vorschein, das im Folgenden in einzelnen Punkten dargestellt wird.

Bevor das Mediationsverfahren beginnt, findet die Vorbereitung des Verfahrens statt, die manchmal auch als ‚Phase 0‘ bezeichnet wird. In diesem Rahmen soll/sollen der Mediator/die Mediatoren einen ersten Kontakt mit den Streitparteien herstellen, eine eigene Vorgehensweise im Hinblick auf den Konflikt entwickeln, Informationen über die Medianden und den Konflikt erwerben, eine vertrauens- und kooperationsbasierte Beziehung mit den Konfliktparteien aufbauen, externe Daten und Voraussetzungen in Bezug auf den Verfahrensablauf zusammenstellen sowie die Betreffenden über den Ablauf in Kenntnis setzen.7 Denn bereits vor dem eigentlichen Mediationsverfahren soll einerseits eine Basis auf der Beziehungsebene zwischen den Medianden und dem Mediator/den Mediatoren hergestellt werden; andererseits ist klarzustellen, worum es sich grob im betreffenden Konflikt handelt und ob dieser überhaupt mediationsgeeignet ist. Existiert entweder keine Bereitschaft zur Mediation oder ist die Materie nicht mediationsgeeignet, so ist die Mediation ihrer Grundvoraussetzungen entledigt, mit der Folge, dass der Mediator die Beteiligten auf ein anderes Verfahren hinweist.8

In der ‚Phase 1‘, die auch als Eröffnungsphase bezeichnet wird, schildert der Mediator seine Rolle als allparteilicher Unterstützer ohne Entscheidungsgewalt und stellt gemeinsam mit den Medianden ein Programm bzgl. des Ablaufs der Mediation unter Beachtung der gemeinsamen Zielsetzung auf.9 In diesem Kontext erläutert der Mediator ebenso die Grundprinzipien der Mediation. Darüber hinaus klärt er die Frage, ob die Einbeziehung Dritter sinnvoll ist und geht auf andere Fragen der Medianden ein. Sodann vereinbaren die Konfliktparteien (1) in einem Mediationsvertrag als Grundlage der Mediation und Rechtsverhältnis beider Parteien untereinander den Streitgegenstand, (2) in einem Mediatorvertrag als Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und dem Mediator den Auftrag an den Mediator mitsamt der Regelung des Honorars und (3) in einer Verhandlungsordnung Umgangsregeln untereinander, worin u.a. die Vertraulichkeit zwischen den Parteien bzgl. des Verfahrens geregelt wird, da diese - im Gegensatz zur Verschwiegenheitsverpflichtung des Mediators - nicht gesetzlich geregelt ist.10

Die Eröffnungsphase ist wichtig, da sie den Medianden zur Orientierung dient, wobei diese ihren Blick in die Zukunft richten können und sogar müssen wegen der gemeinsamen Gestaltung des Verfahrensablaufs sowie der gemeinsamen Festlegung anderer Regeln.11 Durch das ‚gemeinsame‘ Vorgehen verändert sich auch die ich-bezogene, konfrontative Einstellung der Medianden zur wir-bezogenen, kooperativen Gesinnung.

Die Phase 2 dient zur Klärung des Sachverhalts und der Themensammlung, d.h., es findet eine Analyse der Positionen der betreffenden Parteien statt.12 Hierbei sollen die Konfliktparteien jeweils ihre eigene Perspektive bzgl. des Konflikts erläutern und die für sie relevanten Aspekte zentralisieren. Alle genannten Themen werden gesammelt und mittels eines geeigneten Mediums visualisiert, sodass die Parteien anschließend einvernehmlich und gemeinsam über die endgültigen Themen und ihre Reihenfolge entscheiden.13 Entstehen Uneinigkeiten bei der Entscheidung, kann der Mediator mit konkreten Fragen den Medianden helfen, sich auf ein Thema zu einigen.14 Der Zweck dieser Phase besteht darin, dass die Parteien schon in lediglich formalen Streitpunkten Einvernehmen erreichen, denn dies ist bereits eine beiderseitige Überwindung und verhilft zur erstmaligen Kooperation der Medianden, ohne den tatsächlichen Konflikt anzureizen.15 Dies erzeugt eine angenehme Stimmung und gibt den Streitparteien eine klare Vorstellung über den gesamten Verfahrensablauf.16

Die Phase 3 beinhaltet die Konfliktbearbeitung bzw. die Interessenforschung und bildet den Kern des Mediationsverfahrens.17 Die Aufgabe besteht darin, die versteckten Interessen und Bedürfnisse hinter den in der vorherigen Phase ermittelten Positionen, die als Ansprüche getarnt sind, zu ermitteln und anschließend damit verbundene Kriterien zu entwickeln, die bei der Analyse der Lösungsmöglichkeiten hilfreich sind. Es handelt sich folglich nicht um die Frage, welche erläuterten Fakten ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ sind, sondern v.a. darum, solche Motive aufzudecken, die die Basis einer gemeinsamen Lösung bilden können. Dafür lässt der Mediator zunächst eine der Parteien ihre Perspektive ausführlicher erzählen, gibt der anderen Partei die Gelegenheit, sich zum Geschilderten zu äußern und hilft den Medianden jeweils die Sicht des anderen zu verstehen, indem er ‚übersetzt‘.18 Der Mediator kann mit Einverständnis der Parteien auch gemäß § 2 III 2 MediationsG Einzelgespräche führen, wenn es sich um ein sensibles Thema mit Ausartungspotential handelt. In diesem Rahmen kommen zwei Möglichkeiten infrage: (1) Caucus19, bei dem der Mediator jeweils Einzelgespräche mit den Medianden im Rahmen der Mediation führt und ggf. mit Einverständnis der betreffenden Partei die Inhalte dieses Gesprächs im laufenden Verfahren dem anderen Beteiligten offenbart, sowie (2) Shuttle Diplomacy20, bei der die Beteiligten sich in solch einer Situation befinden, dass sie selbständig nicht kommunizieren wollen oder können, und eine aus lediglich Einzelgesprächen bestehende Mediation ohne jeglichen Kontakt mit der anderen Partei vorziehen. Diese Phase ist sehr relevant, da die Medianden mithilfe der ‚Übersetzung‘ des Mediators mittels diverser Methoden die Interessen und Bedürfnisse der jeweils anderen Partei wahrnehmen, sodass sich eine emotionale Verbindung entwickelt.21 Daraus folgt auch das beiderseitige Vertrauen und eine konstruktive Wechselwirkung, die eine ehrliche Lösungsfindung gestattet.22

In der Phase 4 werden mögliche Einigungsoptionen konzipiert mittels eines gemeinsamen Brainstormings.23 Dieses läuft nach der AKUT-Methode ab: alles, kein Kommentar, umnutzen, Tempo.24 Bei der Sammlung aller infrage kommenden Möglichkeiten findet dementsprechend vorerst keine Bewertung durch die Medianden statt; erst nach dem Ende des Brainstormings werden alle Vorschläge bewertet, wobei immer die Win-Win-Situation als oberste Priorität gehalten wird, neben anderen Kriterien wie Realisierbarkeit, Durchsetzbarkeit und Zweckmäßigkeit. Diese Phase repräsentiert die ‚eigentliche Verhandlung‘: Hierbei nimmt der Mediator eine kritische Haltung ein und führt anhand der vorliegend nicht abschließend genannten Kriterien eine Risikoanalyse mittels gezieltem Fragenstellen durch, um die beste Alternative - auch als BATNA bzw. Best Alternatives To Negotiated Agreement bezeichnet - mit den Medianden herauszufiltern.25

Dabei ist es auch wichtig, dass fachkundige Dritte, wie z.B. Steuerberater, Rechtsanwälte, Sachverständige etc., herangezogen werden, um die Umsetzbarkeit der jeweiligen Option zu prüfen.26 Es kommt vor, dass andere Interessengruppen, z.B. Familienangehörige, Geschäftspartner, etc., von der Lösungsmöglichkeit betroffen sind. Diese sollten logischerweise ebenso in solch einem Fall eingebunden werden, um eine nachhaltige Lösung zu erreichen. Der Zweck dieser Phase besteht somit darin, eine umsetzbare, langanhaltende Lösung zu finden, die die künftige Beziehung der Konfliktparteien friedlich regelt. Kommt es vor, dass die Beteiligten doch keine beiderseitig zufrieden stellende Lösung erarbeiten können, so kann der Mediator nach objektiven Standards - z.B. Statistiken, Normen, Sitten, Verkehrsüblichkeit, etc. - und neutralen Verfahren - wie beispielsweise Entscheidungsvorschlag durch einen Dritten - suchen, die gewisse Probleme lösen können, und zwar ohne die Einflussnahme einer Partei auf diesen Lösungsweg. 27 Jedoch ist auch in diesem Rahmen darauf zu achten, dass die Medianden selbst die Methode aussuchen, d.h. nicht der Mediator, und dass das Prinzip der Fairness nicht umgangen wird.

Die Phase 5 verkörpert die verbindliche Abschlussvereinbarung der Medianden, welche die endgültige Lösung und ggf. Vertragsstrafen oder andere Konsequenzen für den Fall der Nichteinhaltung oder Nichtumsetzung beinhaltet.28 Die Niederschrift findet aus Rechtssicherheitsgründen und eventuell für die formelle Durchsetzbarkeit von Rechten statt. Möglicherweise kann auch eine erneute Mediationsklausel in diesen Vertrag eingeführt werden. Anschließend daran wird unter den Parteien geklärt, wem und wie die Abschlussvereinbarung kommuniziert werden muss oder soll, unter Beachtung der jeweiligen Verschwiegenheitspflichten.29 Vor der Beendigung des Verfahrens kann der Mediator noch einen Nachsorge-/Follow-up-Termin mit den Medianden vereinbaren, der nach ca. drei bis sechs Monaten stattfindet und bei dem die Parteien Feedback bzgl. ihrer Erfolge geben können, Lösungen zu neuen Problemen anstreben können, etc. 30 Eine solche Nachsorge kann hilfreich sein, da die Parteien sich erneut aktiv mit ihren selbst entwickelten Lösungsmöglichkeiten kritisch auseinandersetzen können, ihre Fortschritte bewerten sowie bei Scheitern der Lösung in Anwesenheit des Mediators eine weitere Strategie entwickeln können. Der Mediator kann im Rahmen des Follow-ups beobachten, inwieweit sich die Medianden entwickelt haben und ob die gewählte Lösungsoption ihren Zweck erreicht hat.

[...]


1 Kals / Montada, Mediation, 17; Schäfer, Einführung in die Mediation, 13.

2 Mediationsgesetz vom 21.7.2012 (BGBl. I S. 1577), das durch Artikel 135 der Verordnung vom 31.8.2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.

3 Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen, ABl. der EU L 136 vom 24.5.2008, S. 3 ff.

4 Mediator GmbH, Ablauf eines Mediationsverfahrens, 1.

5 Proksch, Mediation, 7.

6 Feldmann/Geldner, Formen der alternativen Konfliktbeilegung im Spektrum, 31; Kals/Montada, Mediation, Buchdeckel; Proksch, Mediation, 7 ff.; Rabe/Wode, Mediation, 109 ff.

7 Proksch, Mediation, 9; Rabe/Wode, Mediation, 109 ff.

8 Proksch, Mediation, 9.

9 Feldmann/Geldner, Formen der alternativen Konfliktbeilegung im Spektrum, 30.

10 vgl. Von Schlieffen, Praktische Einführung in die Mediation, 33, 44 ff.

11 Proksch, Mediation, 9.

12 Feldmann/Geldner, Formen der alternativen Konfliktbeilegung im Spektrum, 31.

13 ders., 31.

14 Proksch, Mediation, 10.

15 ders., 10.

16 ders., 10.

17 Feldmann/Geldner, Formen der alternativen Konfliktbeilegung im Spektrum, 31.

18 Ponschab, Mediation und Litigation, 84; Proksch, Mediation, 11.

19 Von Schlieffen, Praktische Einführung in die Mediation, 18.

20 ders., 18.

21 Proksch, Mediation, 12.

22 ders., 12.

23 Feldmann/Geldner, Formen der alternativen Konfliktbeilegung im Spektrum, 31.

24 Von Schlieffen, Praktische Einführung in die Mediation, 68 ff.

25 vgl. Ponschab, Mediation und Litigation, 27; Proksch, Mediation, 13.

26 Proksch, Mediation, 13; Rabe/Wode, Mediation, 221.

27 Ponschab, Mediation und Litigation, 57 f.

28 Feldmann/Geldner, Formen der alternativen Konfliktbeilegung im Spektrum, 31.

29 Rabe/Wode, Mediation, 229.

30 Proksch, Mediation, 14.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Mediation als Verfahren in der Konfliktbewältigung
Hochschule
FernUniversität Hagen
Veranstaltung
Studium Mediation
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
20
Katalognummer
V463383
ISBN (eBook)
9783668927438
ISBN (Buch)
9783668927445
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mediation, Verfahrensgrundsätze, Grenzen der Mediation, Eisbergmodell, Verfahrensabgrenzung
Arbeit zitieren
Derya Akdag (Autor:in), 2018, Mediation als Verfahren in der Konfliktbewältigung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463383

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