Der Weg ins Abseits? Eine aphoristische Abhandlung über Hanf beziehungsweise Cannabis


Diskussionsbeitrag / Streitschrift, 2004

52 Seiten, Note: 2,0

Alessandro de Michel (Autor:in)


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITENDE GEDANKEN

2. KULTURGESCHICHTLICHES ÜBER DEN HANF

3. DIE BOTANIK UND DER ANBAU

4. DER UMGANG MIT DEM HANF

5. EKSTASE UND SLUMGESTANK

6. DIE HANFPOLITIK UND IHRE RIGOROSE STRAFVERFOLGUNG

7. PERSÖNLICHES STATEMENT

8. ANMERKUNGEN

9. LITERATURVERZEICHNIS

Der Gaumen ist vom Durst

ausgetrocknet. Es wäre unendlich

angenehm, diesen Durst

zu stillen, wenn nicht die

Wonnen der Trägheit noch

wohltuender wären und sich

der kleinsten Lageveränderung

des Körpers widersetzten.

(Charles Baudelaire)

Mit Sicherheit bleibt diese Arbeit,

geschrieben im Monat April des Jahres 2004,

auf den Hanf bezogen, unbefriedigend.

Keine andere Pflanze fand so viel Anklang bei den

Menschen. Aus zeitlichen Gründen konnte ich Literatur

sowie Songtexte über den Hanf

nicht in meine Arbeit mit einfließen lassen, obwohl auch

diese sehr aufschlussreich wären.

Das ist zwar bedauernswert,

aber es sollte ja primär eine historische Proseminararbeit

werden. Eine adäquate Abhandlung über den Hanf würde

den Rahmen der folgenden Studienarbeit sprengen.

1. EINLEITENDE GEDANKEN

Das folgende Zitat ist all jenen Politikern/Gesetzespfuschern

gewidmet, die für das gegenwärtige Drogengesetz verantwortlich sind:

„Worüber man nicht sprechen kann,

darüber muss man schweigen.“

( Ludwig Wittgenstein)

Es ist traurig, dass der Titel meiner kleinen Arbeit beweist, wie es um die Pflanze Hanf steht. War noch vor 100 Jahren, der Nutz- und der Genusshanf ein ganz gewöhnliches landwirtschaftliches Produkt, so ist Cannabis am Beginn des dritten Jahrtausends aus unverständlichen Gründen eine Teufelsdroge; zumindest so gesehen beim Volk bzw. der Masse. Das 20. Jahrhundert war nicht nur auf die globale Menschheitsgeschichte bezogen brutal, ja katastrophal, sondern auch für uns Haschischraucher äußerst peinlich.

In dieser Arbeit möchte ich aufzeigen, inwieweit der Hanf fälschlicherweise tabuisiert wurde und noch immer verachtet wird. Der Lieblingssatz vieler Eltern, „Haschisch ist mit Sicherheit eine Einstiegsdroge, damit endest du noch an der Nadel“, ist nicht in den Köpfen betroffener Eltern entstanden.

Der Propaganda gegen den Hanf verdanken wir gewisse Leitsätze, wie: „Haschisch macht dumm“, „Haschisch macht impotent“, „der Haschischkonsum hat einen gewissen Realitätsverlust zur Folge“, usf. Es gibt tonnenweise Literatur, die diese Thesen bestätigen und sie auch anhand von wissenschaftlich medizinischen Resultaten aufzeigen. Ich persönlich finde, dass eine solche Literatur in unseren Bibliotheken nicht fehlen darf.

Eines ist sicher: Haschisch ist schädlich. Auch mein Schokoriegel ist schädlich, auch meine zwanzig Zigaretten am Tag schaden mir. Der genüssliche Kaffee ist ebenso nicht gesundheitsfördernd, ja selbst die Innsbrucker Stadtluft ist kein Balsam für meine Lunge. Die ständig laute Musik schadet meinen Ohrorganen, der eingeschaltete TV-Apparat schadet beim Hinsehen meinen Augen. Ja sogar der nicht-praktizierte Sport schadet meinem Körper.

Hanf ist ein Übel, aber es gibt Schlimmeres. Die Tatsache, dass Hanf auch in der Medizin eingesetzt werden kann, beweist mitunter, dass Hanf in gewisser Weise eine Heilpflanze ist. Und das ist uns nicht erst durch die intensive Forschung des 20. Jahrhunderts bekannt.

Das Produkt der Hanfpflanze wurde schon lange vor unserer Zeitrechnung konsumiert und besungen. Im Punkt 2 möchte ich, wenn gleich auch nur in lapidar-rasanter Form, etwas Kulturgeschichtliches aufzeigen. Wenn der Wein „unsere“ Kulturdroge ist, so ist mit absoluter Sicherheit auch der Hanf eine Kulturdroge früherer und neuerer Kulturen.

Ich kann nicht sagen, Haschisch ist nur etwas für Intellektuelle, Freaks sowie Kunstschaffende und Bier und Wein sind was für das Geschmeiß. Ich finde, jeder Mensch kann Haschisch und Marihuana mit Maß und Ziel rauchen, essen, trinken – ja sogar regelmäßig. Es gibt zwar einige berufliche Ausnahmen, wie beispielsweise Flugpilot, Busfahrer, Lokführer oder Unfallchirurg, wo Hanf während der Arbeitszeit nicht zu empfehlen ist. Aber in der wohlverdienten Freizeit könnte theoretisch jeder Mensch, ohne Altersbegrenzung nach oben, das Kraut inhalieren.

So wie es massig Bücher gegen den Hanf gibt, gibt es dementsprechend ebenso viel Literatur, die den Genusshanf sowie auch den Nutzhanf hochpreisen, ja regelrecht vergöttern. Der Hanf wuchs schon vor unserem Erdenbetreten. Ich bin der Meinung – was Gott schon wachsen ließ, soll man doch um Himmelswillen wachsen lassen. Oder wie wohl der gute alte William Shakespeare sagen würde: „Was Erde wachsen lässt, das ist nie schlecht, denn allem Leben gibt die Erde recht.“

Wie bereits oben erwähnt, fing die massive Drogenbekämpfung Anfang/Mitte des 20. Jahrhunderts an. Dass missachtete „Nigger“, Sklaven der Herrenrasse, in den USA regelmäßig Marihuana konsumierten, reichte den weißen Rassisten, um in Form von Kurzfilmen und Plakaten gegen die vermeintliche Teufelsdroge Marihuana zu wettern. Leider mit Erfolg sag ich mal.

Wurde man noch im 18. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten bestraft, wenn man keinen Hanf anbaute, begann in den 20ern und 30ern des 20. Jahrhunderts ein regelrechter Kreuzzug gegen das Genussmittel Haschisch.

Diese kleine Proseminararbeit sollte als Postulat an die Menschheit verstanden werden, den Hanf zu enttabuisieren. Wie viele unschuldige Menschen sitzen denn wegen lächerlicher Drogendelikte im Gefängnis? Mein Motto lautet: „Gefängniszellen für Schwerverbrecher.“

Leider sind in den Augen vieler Menschen Kiffer (Hanfraucher) nichts als asozial, Schmarotzer, arbeitsfaul, kriminell und mit Sicherheit geistig unterbelichtet. Es ist beängstigend, wie ohne empiristische Erfahrungen Vorurteile einfach übernommen und noch schlimmer verbal weitervermittelt werden.

Sagte einst René Descartes: „Ich denke, also bin ich“, so sagt ein Hanfraucher gerne: „Ich rauche und finde mich.“ Durchs Potrauchen erreicht man eine angenehme Leichtigkeit, einen gewissen Aufschwung im Leben - „élan vital“ (Henri Bergson). Eine wohltuende Befindlichkeit tritt zutage, man hat einfach den Sonnenschein im Blut. Doch eines finde ich schlimm und bedenklich beim Kiffen, ich tue etwas Illegales. Das hindert mich zwar nicht am Hanfgenuss per se, aber dennoch erregt es in mir eine gewisse Missachtung bezogen auf die Regierungen dieser Welt.

Es gibt unzählige Mankos auf dieser ach so korrupten und kaputten Welt. Auf Erdenrund sterben noch heute Menschen an Hunger und Durst, durch kriegerische Gräueltaten und infamen Terroranschlägen, durch gezielt gestreute Minen, aufgrund verheerender Natur- und Klimakatastrophen, durch mangelnde Kompetenz und durch die Profitgier der so genannten 1. Welt. So enorm viel läuft auf Erden schief. Warum können wir das humane Existieren auf dem blauen Planeten flächendeckend nicht garantieren? Ich weiß es nicht.

Ich bin aber der felsenfesten Überzeugung, dass mit einem weltweiten legalen Hanfanbau der so genannten 3. Welt mehr geholfen wäre, als mit all den wissenschaftlichen fundierten Entwicklungshilfeprogrammen der führenden Gelehrten und Politiker unserer Zeit, welche die Reichen kategorisch reicher werden lassen und ergo, den Armen somit immer weniger zum Überleben bleibt.

Als Kind hörte ich das erste Mal das Wörtchen „Hasch“. Man warnte mich inbrünstig von Fremden Schokobonbons anzunehmen, denn da könnte Haschisch drinnen sein. Ja, die Haschischspritzer suchen sich Kinder als Abnehmer aus. Das Zeug einmal genommen und man ist sofort für immer süchtig (abhängig). Vor allem „Langhaarige“ sollte man tunlichst meiden, der Umgang mit denen könnte ja tödlich für einen enden. „Sag mir, mit wem du umgehst und ich sage dir, wer du bist“ – einer der präferierten Lieblingsslogans meiner Adoptivmutter.

„Haschisch macht träge, Hasch macht langsam“ (Hans Söllner) – dieser Satz hat durchaus seine Richtigkeit. Doch wie schon Paracelsus zu sagen pflegte: „Sola dosis facit venenum“ – die Menge entscheidet, ob etwas Gift wird. Man sollte den Hanf nicht in übertriebener Menge (wie auch immer) zu sich nehmen, doch gilt dies sicher auch für alle anderen tolerierten und legalen Genussmittel.

Alber Camus sagte so schön: „Es gilt aber zu leben“. Leben heißt in gewisser Weise auch immer denken. Man kann auch beim tagtäglichen Kiffen noch klar denken. Oft hört man sagen: „Haschisch erweitert die Sinne“, da kann ich nur aus persönlicher Erfahrung zustimmen.

Novalis erkannte mit absoluter Richtigkeit: „Nach innen geht der geheimnisvolle Weg.“ Mit Hanf im Blut wird das Gehen dieses einzig wahren Weges leichter gemacht. Mit dem Hanf intus hält man inne, der Blick richtet sich nach innen. Introvertiert betrachtet man seine Daseinsmöglichkeit. Die Geworfenheit, die Unausweichlichkeit des Daseins wird einem im Hanfrausch bewusst, das In-der-Welt-sein, diese Grundauffassung des Daseins, wird klar ersichtlich bzw. deutlich spürbar.

Man kifft nicht, um keine Probleme mehr zu haben. Sir Karl Raimund Popper sagte im vorigen Jahrhundert so treffend: „Das Leben ist ein Problemlösen.“ Alle Menschen, ja auch wir Kiffer, haben existenzialistische Probleme, doch sie zu lösen sollte unsere Maxime sein.

Die Prohibition zum Beispiel brachte keine relevante Lösung des Drogenproblems mit sich. Die, von vielen Regierungen weltweit und von der EU, so gern hochgeputschte Null-Toleranz-Politik auf den Cannabiskonsum bezogen, finde ich äußerst bedenklich, ja schier peinlich. Ihre scheinheiligen Argumente, sie müssten doch ihre Kinder und die Jugendlichen vor dieser üblen Droge schützen, sind nichts als schäbig. Ich frage mich, wer schützt denn die Kinder und Jugendlichen vor der Dummheit, der Arroganz und der Ignoranz der amtierenden Politiker? Der Weg zur Macht ist, wie wir wissen, stets mit Heuchelei und Kollateralschäden gepflastert und die gegenwärtige Drogenpolitik ist nichts als ein Desaster.

Wer bitte schützt denn die Kinder und Jugendlichen vor den verheerenden Umweltverschmutzungen und vor Klimakatastrophen, vor Langeweile, vor Perspektivlosigkeit, Arbeitslosigkeit und Antriebslosigkeit? Wie schützt denn bitte der Staat den Nachwuchs vor religiösem Fanatismus, vor politischen Agitationen und vor Waffenverherrlichung sowie vor häuslicher Gewalt und sexuellem Missbrauch? Der vom Staat gebotene Schutz, bezogen auf die soeben angesprochenen Themen, ist dermaßen lächerlich, also kurz um, nicht der Rede wert. Doch beim Drogengesetz da will der Vater Staat seine Machtkarte ausspielen, koste es, was es wolle. Laut manchen regierenden „Möchtegernweltverbesserern“ können sich die Kinder und Jugendlichen erst dann wirklich auf dieser Welt in Sicherheit wiegen, wenn sich keine einzige Marihuanapflanze mehr Richtung Sonne bzw. künstlichem Licht reckt.

Und überhaupt, der bei Weitem größte Teil der Hanfkonsumenten ist volljährig. All die Erwachsenen brauchen bei ihrer Freizeitgestaltung mit absoluter Gewissheit nicht den Schutz der Obrigkeiten. Hinsichtlich des Cannabis-Drogengesetzes bedarf es eines radikalen Umdenkens, doch wie schon Otto Brunner in Bezug auf Theodor Litts Werk „Wege und Irrwege geschichtlichen Denkens“ (1948) vermerkt hat: „muss man wohl auch einmal einen Irrweg zu Ende gehen, um ihn als solchen zu erkennen und den rechten Weg zu finden.“

Solange Regierungen und die Mafia (wie zum Beispiel bei uns in Italien) Hand in Hand gehen, sind die gegenwärtigen Drogengesetze für uns Kiffer mehr als nur ein deftiger Schlag ins Gesicht. Zum einen verdienen sich einige führende Politiker und Drogenbosse eine goldene Nase mit den illegalen Drogengeschäften und zum anderen verdient der demokratische Staat ganz legal an den Prozesskosten und an den auferlegten Geldstrafen bei geahndeten Drogendelikten. Wer bei dieser menschenrechtsverherrlichenden Politik draufzahlt, sind wir Kiffer und unsere Familien, die durch uns „Süchtler“ in Verruf geraten.

Früher hatte fast jeder mitteleuropäische Bauer einen Hanfbaum vor der Tür stehen, Jung und Alt rauchten fleißig den „starken Tobak“. In einem ostösterreichischen Ländler besungen: „Eja, was sand`s denn so laut. Die gehn doch net eppa ans Kraut. Mänsch (Mädel) halt das Kraut mir z´samm, wenn mir uns mögen tan, sonst hast`d heut aufd` nacht nix von mir.“ (1)

Bessergestellte und Intellektuelle rauchten in den feinen Klubs und in den Apotheken den edelsten Genusshanf. Damals, im 19. Jahrhundert, war das Haschisch etwas Fremdes, etwas Exotisches, die Neugier war damals noch bei Weitem stärker als die Angst.

2. KULTURGESCHICHTLICHES ÜBER DEN HANF

Es enthält Gedanken,

die du nicht verstehst,

und es jagt die Schatten

des Denkens fort.

(Ali al-Quarawani)

Angst hatte man früher vor vielen Dingen, aber mit Sicherheit hatte man keine Angst vor dem Hanf. In diesem Punkt möchte ich aufzeigen, wie Cannabis in den verschiedensten Kulturen unserer Menschheitsgeschichte gesehen und gehandhabt wurde. Berauschte sich „Ötzi“ mit starken Pilzen und Wurzeln, so wurde bestimmt auch in seiner Zeit der Hanf in wärmeren Gefilden geraucht bzw. gegessen. In vielen Kulturen hatte der Hanf seinen festen Platz.

Als Kiffer fühlt man sich in der heutigen Leistungsgesellschaft oft komplett fehl am Platz. Ja nicht selten als schier asoziales Wesen. Genussmittel sind nun mal dazu da, um konsumiert zu werden. Wo Angebot und Nachfrage übereinstimmen floriert der Markt und der Markt, der Handel mit dem Genusshanf, hat eine jahrtausendalte Tradition.

Die Frage: „Warum nehmen Menschen Drogen?“, kann in dieser kleinen Arbeit nicht erörtert werden, doch dass sich viele Erdenbürger nicht ohne Gedanken berauschen, möchte ich anhand dieser Proseminararbeit aufzeigen. Man bekifft sich niemals ohne guten Grund. Mag es häufig auch nur der eine Grund sein, sich einfach nur ein klein wenig leichter zu fühlen.

Es gibt ihn nicht, den absolut wahren Lebensgrund. Es zählt nur der erlebte Augenblick. Mit Hanf im Blut ist man sich seiner Nichtigkeit auf dieser Welt bewusst und trotzdem fühlt man sich angenehm erhaben, aber ohne jeglichen Realitätsverlust. Manches erscheint einem im Rausch bizarr, verzerrt und dennoch ist man sich seiner unausweichlichen Daseinsmöglichkeit bewusst. Es gibt kein Entrinnen. Das Schicksal wird uns richten. Haschisch blendet nicht, es versüßt.

Ich würde Pot als Genussmittel bezeichnen und sicherlich nicht als bloße Einstiegsdroge für härtere Substanzen, denn dafür gibt es einfach zu viele Kiffer im direkten Verhältnis zu Heroin- und Kokainkonsumenten. Harte Drogen bescheißen, sie verändern mitunter die Persönlichkeit. Für harte Drogen machen viele alles, für Hanf hingegen nur vieles. Ich habe noch nie einen Menschen kennengelernt, der für die tägliche Hanfration, seinen Körper hätte verkaufen müssen.

Es gibt nur wenig eingefleischte Kiffer, die wegen ihrer Drogengepflogenheit auf der Straße leben müssen. Die meisten „Hänflinge“ sind in der Gesellschaft (oft auch wider Willen) bestens integriert. Sie gehen regelmäßig ihrer Arbeit nach oder wärmen die Stühle in den universitären Hör- und Seminarräumen. Leider ist das Kiffen kein anerkanntes Element (Bestandteil) unserer europäischen Kultur. Doch wie schon Oswald Spengler zu sagen pflegte: „Nicht mehr Europa solle allein die Sonne sein, um die alle anderen Kulturen kreisen.“

Dass Hanf keine Teufelsdroge ist, welche einen zum Mörder werden lässt, ist erwiesen. Dennoch können selbst in der heutigen Zeit viele Menschen nichts Konkretes mit dem Wörtchen „Hanf“ anfangen. Unvorstellbar, dass Hanf auch etwas mit Kultur zu tun haben könnte. Doch die Geschichte und die Geschichtswissenschaft belehren uns eines Besseren.

Mein Ziel ist es nicht Nichtkiffer zum Kiffen zu animieren, aber jeder Staubgeborene sollte wissen, dass Hanf ein wichtiges Kapitel unserer Menschheitsgeschichte ist. Mit den Worten Gérard de Nervals möchte ich nun mit meiner wissenschaftlichen Arbeit über den Hanf beginnen:

„Das Haschisch macht gottgleich;

indem der Rausch die Augen

des Leibes trübt, erleuchtet

er die der Seele.“ (2)

Außer den Eskimos hat es wohl auf Erdenrund kein Volk gegeben, das sich nicht rauschhervorrufender Pflanzen bediente, mit denen man Bewusstseinsveränderungen herbeiführte. (3) Überall auf der Welt wurde und wird ein Junge zum Mann, wenn er die Rauschmittel der Alten genießen darf. (4) Baudelaire erkannte: „Der Geist ist nur ein Spiegel, in dem sich das ihn umgebene Milieu in übertriebener Art reflektiert.“ (5)

Die Rauschdrogen leisteten der Natur Geburtshilfe bei der Bevölkerung des Himmels. (6) Die alten Griechen bereisten den gesamten Mittelmeerraum und waren auf der Suche nach Drogen und wirkungsvollen Arzneien. Deren Wert wurde so hoch geschätzt und geliebt, dass ihr Gewicht meist in purem Gold aufgewogen wurde. (7) Hanf war die Pflanze der Liebesgöttin Freya. (8) War Thor für die Alkoholika und dem damit verbundenen „gewöhnlichen Rausch“ zuständig, so war Wotan/Odin für den seherischen Rausch, ähnlich wie Apoll, verantwortlich. (9)

Der griechische Philosoph und Geschichtsschreiber Plutarch (ca. 45 bis 125 n. Chr.) erwähnte, dass die Thraker nicht selten nach dem Abendessen Oberteile einer Pflanze ins Feuer warfen, vom inhalierten Rauch betrunken wurden und schließlich einschliefen. (10) Herodot erzählte uns, dass die Skythen den Hanfsamen bei ihren Totenbestattungen zur Reinigung verwendeten und davon berauscht wurden. Die Thraker verarbeiteten die Hanffasern zu Kleidern. Höchstwahrscheinlich fand der Nutzhanf bei den Griechen und Römern keine Verwendung, jedenfalls pflegten sie den Anbau nicht. (11) Shiva ist der zweifellose Herr des Lebens, des Todes und des Hanfes. (12)

Mit absoluter Richtigkeit stellte Charles Baudelaire fest, „ … dass sie im Haschisch nichts Wunderbares finden werden, durchaus nichts als nur ihre übermäßig gesteigerte, natürliche Wesensart. Das Gehirn und der Organismus, auf die das Haschisch einwirkt, vermitteln nur gewöhnliche, individuelle, wenn auch in der Zahl und Energie gesteigerte Phänomene, die jedoch ihrem Ursprung immer entsprechen. Der Mensch entflieht dem Verhängnis seiner physischen und moralischen Veranlagung nicht. Das Haschisch wird die dem Menschen vertrauten Eindrücke und Gedanken in einem zwar vergrößernden, aber klaren Spiegel wiedergeben.“ (13)

Meister Haydar fastete streng und meditierte andächtig. Zehn Jahre hatte er seinen Raum nicht verlassen, doch eines Tages ging er in den naheliegenden Wald. Er kam verwandelt zu seinen Gebetsbrüdern zurück und erzählte, er habe von einer Pflanze einige Blätter abgepflückt und gegessen und da kam Freude über ihn. Er zeigte den Mönchen die Pflanze, die sie als Hanf erkannten. Von da an wurde im Garten der Tempelanlage Hanf angebaut und selbst auf seinem Grab sollte Hanf gepflanzt werden, so der Wille von Meister Haydar. (14)

Zu den frühesten domestizierten Pflanzen gehört mit Sicherheit Cannabis, zunächst vermutlich zur Fasergewinnung und später als Rauschmittel. (15) Die Äthiopier waren der Meinung, Hanf sei die erste Pflanze nach der Sintflut gewesen. Fast alle frühen Reiseberichte erzählen von den üppig wild wachsenden Hanfstauden in Afrika. (16) Allen Anschein nach war für die Kolonialisierung Afrikas weder Opium noch Alkohol nötig. (17)

Laut den spärlichen Überlieferungen war der Anbau von Hanf den barbarischen Völkerstämmen überlassen. Diese Heilpflanze war auch den Germanen lange vor unserer Zeitrechnung bekannt, vielleicht hat der Name Hanf bereits die erste germanische Lautverschiebung mitgemacht. (18)

Heute geht man davon aus, dass die Heilpflanze seit mehreren tausend Jahren in Asien kultiviert wird. Noch in vorchristlicher Zeit gelangte die Pflanze nach Afrika und Europa, im 16. und 17. Jahrhundert gelangte sie nach Nord-, Mittel- und Südamerika. (19) Selbst der geniale Diogenes von Sinope wurde von seinen Zeitgenossen gerne und häufig als „hanfvernebelt“ beschimpft. (20)

Bis ins 3. Jahrtausend v. Chr. lassen sich die Spuren der Hanfkultivierung in China zurückverfolgen. Die Samen gehörten im alten China mitunter zu den wichtigsten Körnerfrüchten. Der Kaiser Sheng Nung erwähnte als erster die medizinische Verwendung von Cannabis in seinem Arzneimittelbuch. Das Werk soll der Legende nach 2.737 v. Chr. innerhalb kurzer Zeit niedergeschrieben worden sein. Sheng Nung gilt als mythischer Begründer der chinesischen Heilmittelkunde. (21)

Sicherlich sind der Hanf und seine Versuchungen älter als der Garten Eden, sie reichen weit zurück, wahrscheinlich noch über unsere Entstehung hinaus. (22) Der Hanf war wohl wie keine andere Pflanze, Taufpate vieler Ortsnamen. (23) Im deutschsprachigen Raum findet sich die früheste schriftliche Nennung im Capitulare de villis vel curtis imperii des Karls des Großen (um 795-800 n. Chr.). (24)

„Der Mutwille und das schallende Gelächter, das Explosionen gleicht, erscheint jedem, der sich nicht im selben Zustand befindet wie ihr, als tatsächliche Verrücktheit oder wenigstens als die Narrheiten eines Wahnsinnigen.“ (25)

Die Anthropologie und Ethnologie sind verhältnismäßig junge Wissenschaften, und just aus diesem Grunde wissen wir nur sehr wenig über die Stellung des Hanfes in Mitteleuropa. (26) Im frühen Mittelalter haben die Menschen bereits die nahrhaften Hanffrüchte verwendet. Die Funde von Hanfprodukten mehren sich. Selbst im hohen Norden Europas sind zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert Hanfwaren nachweisbar. Auch im Schiffsgrab der Königin von Oseberg/Norwegen (Wikingerzeit) wurden Textilien aus Hanfgarn sowie Hanffrüchte bei den Grabbeigaben gefunden. (27)

Guter Hanf kam durch die Napoleonischen Kriege nach Europa und über England kam der indische Hanf auf den europäischen Markt. Er wurde bereits korrekt als Bhang oder Ganja angeboten. (28) Gegen 1800 konnte sich ein Tabakgemisch mit relativ hohem Cannabisanteil auf dem Markt etablieren, der sogenannte „starke Tobak“. Er wurde in speziellen oder auch in gewöhnlichen Pfeifen geraucht, die Pfeifen hießen unter anderem Smyrna-Pfeifen oder Tschibuks. Sie waren eine beliebte „Freundschaftsgabe“. (29)

Im 19. Jahrhundert wurde der Hanf in über 100 medizinischen Artikeln erwähnt, Cannabis war ein durchaus weitverbreitetes Medikament. (30) Im Jahre 1869 kam von der Firma Simon Arzt eine Zigarettenmarke mit dem Namen No. 2 in Umlauf, welche 7 Prozent an ägyptischen Hanf enthielten. Anlässlich der Eröffnung des Suezkanals führte Österreichs Tabakregie die „Khedive“ mit 5 Prozent Hanfanteil ein. Zur Weltausstellung 1873 kam die Sorte „Nil“ mit 8 Prozent ungarischem Hanf auf den Markt. (31)

Sir John Russel Reynolds hat 1890 seine mehr als dreißigjährigen Erfahrungen mit medizinischen Hanfpräparaten niedergeschrieben. Er war auch Leibarzt von Königin Victoria, der er öfters Hanf verabreichte. In seinen Worten: „Wenn es rein und sorgfältig gegeben wird, ist indischer Hanf eines der wertvollsten Medikamente, die wir besitzen.“ (32)

Die Frage, ob auch der „Märchenkönig“ selbst an solchen Pfeifen gezogen hat, bleibt unbeantwortet. Vielleicht war der bayrische König Ludwig II. „ausgeflippt“ genug, den Hanf nicht gebraucht zu haben. (33)

In Museen werden heute noch gerne die verschiedenen Rauchgerätfundstücke als Tabakpfeifen bezeichnet, es wurden aber immer wieder auch Hanfrückstände nachgewiesen. (34) Es verwundert somit überhaupt nicht, dass so eine magische Pflanze, wie der Hanf, über den Einfluss verfügt, menschliche Gefühle und Gedanken zu infizieren und sowohl Tabus wie auch Fetische ins Dasein zu rufen. (35)

Albert Paris Gütersloh bemerkte: „Eine Kulturgeschichte der Rauschgewohnheiten würde doch immer dahin tendieren, dem Rausch eine zentralere Stelle einzuräumen als ihm gebührt. … Ich glaube, man sollte nicht zu viel Sensation um die Sache machen, auch nicht von staatlicher Seite – das wäre eine unnötige Dramatisierung, die höchstens zu verwirrenden Missverständnissen führen würde und Probleme schaffen, wo von sich aus gar keine oder nur minimale entstehen könnten.“ (36)

3. DIE BOTANIK UND DER ANBAU

Das Mädchen Marihuana

ist das Schönste

von den Schönen …

(Wolfgang Ambros)

Der Begriff Marihuana kommt aus dem mexikanischen Wort „maranguanquo“, was die Bezeichnung für eine Rausch erzeugende Pflanze ist. (37) Das Wort Cannabis wird hergeleitet aus dem Wort „Qunnubum“ der alten Assyrer. (38) Es ist ein zunehmender Realismus im Umgang mit dem Hanf festzustellen. In den verschiedenen Bereichen wie Politik, Landwirtschaft, Erziehung, Justiz und Medizin ist ein neu erwachtes wissenschaftliches Interesse spürbar. (39)

Amerikanische Hippies brachten auf ihrer Haschischroute durch Afghanistan Samen der Cannabis indica, eine frostristente und robuste Gattung, aus den Bergregionen mit nach Hause. (40) In der Regel sind Cannabis indica und Cannabis ruderalis die beiden Arten mit dem eigentlichen Rauchpotenzial, während Cannabis sativa, als Kulturhanf, für die Öl- und Fasergewinnung Verwendung findet. (41)

Unter Drogen verstand man ursprünglich getrocknete Pflanzen bzw. Pflanzteile. Aus ihnen wurden Heilmittel gewonnen, auch heute noch wird der Begriff Droge in der Medizin gebraucht. (42) Weitere Verwendungsmöglichkeiten des Hanfes sind in den Bereichen Heilkunde und Kosmetik bekannt. (43)

Das THC ist primär verantwortlich für die psychischen Wirkungen. Die übrigen Cannabinoide hingegen zeigen nur eine sehr geringe bis gar keine psychotrope Wirkung. Den psychotropen Effekten des Delta-9-Tetrahydrocannabinols (THC) wirkt das Cannabidiol (CBD) entgegen. (44)

Die Einführung der „Indica“ nach Amerika und Europa erwies sich als Segen, somit konnten die Züchter auch in unseren Breitenkreisen gutes Gras gewinnen. Ja selbst in Alaska treiben die Pflanzen noch glaubwürdige Blüten. (45)

Die Wirkstoffe des Hanfes gehören zur bedeutendsten Gruppe, welche Cannabinoide genannt werden. Offensichtlich kommen sie nur in der Hanfpflanze vor. (46) Des Weiteren sind in der Hanfpflanze Proteine Aminosäuren, Terpene, Hydrocarbone, Fettsäuren, einfache Säuren, Steroide, nicht cannabinoide Phenole, Stickstoffverbindungen, Zucker und verwandte Verbindungen sowie Ketone, einfache Ester, Aldehyde, Alkohole als auch Vitamine vorhanden. (47)

Uns sind heute 63 verschiedene natürliche Cannabinoide wohlbekannt. In den Drogenhanfsorten sind vor allem zwei Cannabinoidtypen vertreten, und zwar: Delta-9-Tetrahydrocannabinol, es agiert antiepileptisch, brechreizhemmend, antibiotisch, beruhigend, Bronchien erweiternd, schmerzlindernd, muskelentspannend, fiebersenkend, appetitsteigernd, augeninnendrucksenkend und stimmungsaufhellend. Cannabidiol wirkt auf keinem Fall psychotrop. Es bekräftigt die schmerzhemmenden und die sedierenden Eigenschaften von THC. Es wirkt zudem Angst lösend, bewegungsharmonisierend und antibiotisch. Das CBD ist mengenmäßig das zweitwichtigste Cannabinoid im Hanf. (48)

Möglicherweise schützt das THC die Pflanze vor der UV-Bestrahlung. Des Weiteren weist THC antibiotische Eigenschaften aus, die für Stärkung der Abwehrkräfte verantwortlich sind, welche die Hanfpflanze vor Krankheiten schützt. „Nicht auszuschließen ist auch, dass THC der Cannabispflanze als raffinierte Verteidigungswaffe gegen Schädlinge dient.“ (49)

Der wesentliche Unterschied zwischen den weiblichen und männlichen Pflanzen ist der Cannabinoidgehalt. Der größte Gehalt findet sich in den weiblichen Blüten und deren Deckblättern. Neben weiblichen und männlichen Pflanzen gibt es auch Zwitter (aber nur selten). Die weiblichen Pflanzen sind dichter belaubt und von der Statur her bedeutend größer, die weibliche Blüte ist wesentlich kompakter als der männliche Pollensack. (50) Wie gesagt, weibliche Pflanzen enthalten mehr Cannabinoide und deshalb sind nur sie für medizinische Zwecke interessant. (51) Der Wirkstoff THC wird erst kurz vor der Blüte gebildet. (52)

Hanf wächst auch noch in Höhen, wo andere Feldprodukte kaum mehr bzw. unbefriedigend florieren. Wichtig ist nur, dass die Pflanze genug Licht (Sonne) bekommt, denn sie ist sehr lichthungrig. (53) Im Verhältnis zur großen oberirdischen Pflanzenmasse ist die Hanfwurzel schwach entwickelt (54) und auch nicht tiefgründig (wie etwa die der Weinrebe, die bis zu acht Meter weit nach unten reichen kann).

Hanf ist botanisch gesehen mit dem Humulus (Hopfen) verwandt. (55) Eine Wiederentdeckung des Hanfes als Faserlieferant sowie zur Gewinnung des wertvollen Öls erfolgte in den letzten zehn Jahren. (56)

Cannabis sativa ist nicht frostresistent und nördlich des 30 Breitenkreises werden normalerweise keine Blüten mehr gebildet (57) (im Freien). Es kommt vor, dass die Literatur berichtet, Hanf wäre frei von Schadorganismen jeglicher Art. Es können aber sehr wohl Pilzkrankheiten wie die Botrytis cinerea (Grauschimmelfäule) und die Sclerotinia sclerotiorum (Weißstängeligkeit) auftreten. Die Schädlinge sind auch nicht ohne, so können Wildverbiss, Schneckenfraß und Maiszünsler zu erheblichen Schaden führen. (58) Die Integration des Hanfes in die Fruchtfolge wäre eine Bereicherung der Vielfalt der angebauten Kulturarten. Hanf ist als Vor- oder Nachfrucht von Mais ungeeignet, da in Befallslagen beide Kulturpflanzen vom Maiszünsler befallen werden können. (59)

Cannabis sativa gehört zusammen mit der Gattung Humulus zur Familie der Cannabisartigen. (60). „Das Haschisch oder der indische Hanf, cannabis indica, ist eine Pflanze aus der Familie der Urtikazeen und gleicht – ohne daß er dieselbe Höhe erreicht – in allem dem Hanf in unseren Breiten.“ (61)

Bei monokulturellem Anbau kann es bedingt zu Krankheiten, Schädlingsbefall und unter Umständen auch zu erheblichen Ertragsrückgängen kommen. (62) Den Bodenansprüchen entsprechend soll der Boden tiefgründig und locker sein, wenn möglich mit neutralem bis leicht basischem pH-Wert. Beste Bodenstruktur und eine gute Wasserversorgung sind für eine optimale Entwicklung vonnöten. (63)

Die Nährstoffversorgung ist essenziell, vor allem in der 4. bis 10. Wachstumswoche bedarf die Pflanze einer extrem hohen Zufuhr von Nährstoffen (Wachstumsschub). Wichtig sind die organische Düngung und eine termingerechte Bodenbearbeitung. (64) Die Saat ist von den vorherrschenden Witterungsverhältnissen des Standortes abhängig. Bei uns kann man circa von Mitte April bis Ende Mai aussäen. Kühle und feuchte Witterung verzögern das Auflaufen und verringern die Zahl der gekeimten Pflanzen. (65)

Die Saatstärke beträgt 2-60 Kilogramm pro Hektar (kg/ha), bei einer Reihenweite zwischen 10 und 45 Zentimetern. Die angestrebte Bestandsdichte liegt zwischen 13 und 36 Pflanzen pro Quadratmeter. (66) In reinen Faserbeständen liegt die Saatstärke bei 20-30 kg/ha und einer Reihenweite von 10 bis 20 Zentimeter. Über 40 kg/ha führten bislang zu starker Selbstausdünnung und damit zu einer Menge abgestorbener Pflanzen im Bestand. (67). Der Verkauf und Kauf von Hanfsamen ist in unseren Breitenkreisen erlaubt, da die Samen selbst nicht den psychotropen Wirkstoff enthalten. Der Anbau von Drogenhanf ist jedoch grundsätzlich verboten. (68)

In der Gattung Cannabis wird nur die Art Cannabis sativa geführt, unterhalb des Artniveaus wird differenziert zwischen den Unterarten bzw. Varietäten – indica, ruderalis und sativa. (69)

Haschisch und Marihuana wurden in den Sechzigern als Mary Jane besungen. Weitere Namen neben Gras, Pot und Shit wären Bhang, Charas, Dagga, Kiff, Diamba, Maconha, Canapa usw. (70) Cannabis ist nicht wie andere psychotropen Substanzen als halluzinogen einzustufen. (71)

Die Droge wird gewonnen durch das Abstreifen des Harzes bzw. durch das Abschneiden der Blütenstände. (72) Die mögliche Verarbeitung der geernteten Pflanzenteile zu Marihuana, Haschisch, THC-Butter, Hanftinktur, Haschischöl etc. hat Tradition. Unter Gras versteht man die luftgetrockneten Blüten und Blätter. (73) Nach drei bis sieben Tagen Raumtrocknung kann das Kraut probiert werden. „Es läßt sich leicht zerbröseln und wird geraucht, als Tee verwendet, verbacken oder in andere Speisen gegeben. Marihuana ist die einfachste und gebräuchlichste Zubereitungsform. Durch eine Fermentierung der geernteten Pflanzenteile läßt sich ein milderer Rauch des Marihuanas erzielen.“ (74) Die Lagerung bei einer Raumtemperatur von 20 bis 22 Grad Celsius führt zu einem Wasserverlust der Pflanzenteile und somit zu einer Gewichtverminderung um die 70 Prozent. Es bleibt ein Restwasseranteil von circa 8-9 Prozent. (75)

Bei Lichteinstrahlung werden die Cannabinoidphenole zu unwirksamen Verbindungen abgebaut. Eine gute Haltbarkeit der Cannabisprodukte bieten die Lagerung im Kühlschrank, ansonsten einfach nur im Dunkeln und im Kühlen lagern. (76)

Marihuana enthält circa 1-15 Prozent THC, Haschisch ungefähr 5-20 Prozent THC (77), doch es werden immer höhere Werte angestrebt. Das hat zur Folge, dass man schneller und besser high (stoned) wird und aus persönlicher Erfahrung kann ich mit gutem Gewissen behaupten, dass man somit die Dosis drastisch reduzieren kann. Wie schon Wolfgang Ambros so schön sang: „…a Gramm war schon genua.“

Haschisch aus Asien weist in der Regel eine dunkle Farbe auf („Schwarzer Afghane“, „Nepalese“, „Pakistan“ oder „indischer Charas“), hingegen ist das Haschisch aus dem Mittelmeerraum von einer grünlich, gelben bzw. rötlich braunen Färbung („Roter oder Gelber Libanese“, „Grüner Türke“). (78) Bhang ist ein Getränk mit Hanfblätterspitzen, Gewürzen und Fruchtextrakten, das Gemisch kann ohne weiteres auch geraucht werden. Ganja (Gras) ist stärker als Bhang, Charas ist der Harz der weiblichen Blüten. (79)

Geerntet werden die Faserhanfpflanzen mit einem Maishäcksler, die Stängel werden in Stücke zu 50-60 Zentimetern zerkleinert, gequetscht und zum Rösten abgelegt. Je nach Wetter und Außentemperatur wird bis zu dreimal gewendet. (80), (zur gleichmäßigen Trocknung des Erntegutes). In den Bereichen Ernte Faseraufschluss, Ausrüstung, Spinnerei und Weberei laufen die Entwicklungen schon auf Hochtouren. (81). Das österreichische Hanfinstitut in Wien (Dürergasse 3/4) stellt Kontakte zu erfahrenen Hanfbauern oder Abnehmern her. (82)

Die Feldtauröste: Das Erntegut bleibt nach dem Schnitt so lange am Feld, bis die Fasern und das Holz von Mikroorganismen so gelöst sind, dass das Holz in der Schwunganlage abgeschlagen werden kann. Dieser Vorgang der Röste dauert 2-6 Wochen.

Die Kaltwasserröste: Bündel von Hanfstängeln werden in Teiche, Bäche oder Kaltwasserbecken eingebracht. Dauer circa zwei Wochen, aber bei uns ist dieses Verfahren nicht erlaubt, da die Umweltbelastung durch das Abwasser zu groß wäre.

Das Brechen: Hierbei wird das geröstete Hanfstroh in Ballen gepresst und anschließend zwischen massiven Stahlwalzen gebrochen.

Das Schwingen: Nach der Röste werden in der Schwunganlage die Hanfstängel von den Blättern und von den Resten der Samen- bzw. Blütenbestände abgeschlagen. Mit großen Schwingflügeln wird das Holz aus den Fasern geschlagen. (83)

Zur Zeit der Renaissance veröffentlichte Leonhard Fuchs 1542 einen dicken Wälzer, mit dem lateinischen Titel „De Historia Stirpium“, wo er mitunter auf den Hanf verwies. Zu Recht gilt der Universalgelehrte aus Basel als Begründer der modernen Botanik. (84) Carl Linnäus war begeistert von der Zweigeschlechtlichkeit des Hanfes, er stellte der bekannten Cannabis sativa eine neue Art gegenüber, die er Cannabis indica bezeichnete. „Somit war die Unterscheidung zwischen Hanf und Hanf geboren.“ Mehr als zwei Jahrhunderte dauerte es, bis festgestellt wurde, dass die verschiedenartige Wirkung des Hanfes ausschließlich auf klimatische Abweichungen beruht. (85)

Die Öffentlichkeit nimmt den Hanf, nicht mehr ausschließlich, als Unheil stiftendes Rauschmittel wahr. „Es bestehen weiterhin Vorbehalte, die oft auch auf Unkenntnis basieren, oft jedoch auch auf bewußt instrumentalisierten Vorurteilen.“ (86)

Für den Monotheismus war die magische Pflanze eine gewaltige Herausforderung, die wirksamen Kräfte in ihr ziehen uns zur Erde, fort vom Jenseits und dem Danach der christlichen Erlösung, zurück zum Hier und Jetzt. (87) Der Konsum von Cannabis soll (angeblich) den im Hirn eingebauten Vergessungsmechanismus stark anregen und ihn zur Überfunktion treiben. (88)

4. DER UMGANG MIT DEM HANF

Der Mensch fragt wohl einmal

das Tier: Warum redest du mir nicht

von deinem Glücke und siehst mich nur an?

Das Tier will auch antworten und sagen:

Das kommt daher, dass ich immer

gleich vergesse, was ich sagen wollte – da

vergaß es aber auch schon

diese Worte und schwieg.

(Friedrich Nietzsche)

In einer Beschreibung von Robinson aus dem Jahre 1912 wurde darauf aufmerksam gemacht: „Eine Überdosis hat niemals den Tod eines Menschen oder bei einem niederen Tier verursacht. Es wurde kein authentischer Fall berichtet, bei dem Cannabis oder eine seiner Zubereitungsformen Leben zerstörte.“ (89)

Der alte Name für die Hanfpflanze ist in Indien Bhang und schließt manchmal auch Ganja mit ein. Religiöse Riten beziehen sich ausschließlich auf Bhang. Es enthält neben Hanf verschiedene Gewürze (Pfeffer, Zimt, Karamon), Zucker, Milch und Fruchtsäfte. (90) „Krankheit galt vielfach als Zeichen einer ungünstigen Einwirkung unsichtbarer übernatürlicher Mächte, denen durch magische Einflußnahme zu begegnen war.“ Die Hanfpflanze war offenbar ein recht wichtiges und kostbares Hilfsmittel für schamanische Praktiken. Sowohl in den Veden (Indien, 1500 bis 1.300 vor Christi Geburt), als auch im Buch Chu-tzu (China, circa 300 vor unserer Zeitrechnung) wird der Hanf als heilig bezeichnet. (91) Man verwendete Cannabisprodukte gerne bei der Arbeit, so konnten die letzten Kraftreserven bei harter Arbeit mobilisiert werden, durch Hanf wurde die Müdigkeit vertrieben. (92)

[...]

Ende der Leseprobe aus 52 Seiten

Details

Titel
Der Weg ins Abseits? Eine aphoristische Abhandlung über Hanf beziehungsweise Cannabis
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck  (Institut für Zeitgeschichte)
Veranstaltung
Proseminar Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
52
Katalognummer
V463476
ISBN (eBook)
9783668905931
ISBN (Buch)
9783668905948
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hanf, Cannabis, Legalisierung Prohibition
Arbeit zitieren
Alessandro de Michel (Autor:in), 2004, Der Weg ins Abseits? Eine aphoristische Abhandlung über Hanf beziehungsweise Cannabis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463476

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