Der Garten als informeller Lernraum. Welche Erfahrungsmöglichkeiten für Kinder bietet der Naturraum Garten?


Bachelorarbeit, 2019

58 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract/Vorwort

1. Einleitung
1.1. Persönliches Interesse
1.2. Ziel der Arbeit und Fragestellung
1.3. Aufbau der Arbeit

2. Der Haus- und Nutzgarten
2.1. Herkunft des Begriffes und Geschichte
2.2. Biodiversität
2.3. Permakultur
2.4. Garten als Naturraum

3. Erfahrungslernen
3.1. Erfahrung
3.2. Lernen durch Erfahrung und informelles Lernen
3.3. Erfahrungslernen am Beispiel Reggio-Pädagogik

4. Der Garten als informeller Lernraum
4.1. Mensch und Natur
4.2. Vielfältige Sinneserfahrungen und Bewegungsmöglichkeiten
4.3. Vielfalt und das soziale Lernen
4.4. Erfahrung von Entspannung und Erholung
4.5. Gartenpädagogik und Ernährungsbewusstsein

5. Diskussion der Ergebnisse

6. Reflexion und Ausblick

7. Quellenverzeichnis

8. Abbildungsverzeichnis

9. Legende zu den Abkürzungen

Abstract/Vorwort

Diese theoretische Arbeit widmet sich den Erfahrungsmöglichkeiten für Kinder im Naturraum Garten. Ausgehend von der Definition eines Haus- und Nutzgartens wird die Wichtigkeit der Biodiversität in der Permakultur beschrieben. Eine Auseinandersetzung mit Erfahrungen und Lernen durch Erfahrung bietet die Basis, um den Garten als informellen Lernraum zu beschreiben.

1. Einleitung

1.1. Persönliches Interesse

Ich bezeichne es als Glück in einem Haus aufgewachsen zu sein, zu dem ein großer Garten gehört. Dadurch konnte ich bereits in der frühen Kindheit sinnliche Erfahrungen mit Pflanzen und Naturelementen sammeln, die mein Interesse an natürlichen Prozessen nach und nach wachsen ließen. Schon sehr früh faszinierte mich, wie aus einem Samen eine Pflanze und schließlich ein Gemüse wächst, das verzehrt werden kann. Die Zeit in und mit der Natur hat mich stark geprägt, sodass ich mich heute noch als sehr naturverbunden bezeichne. Die Freude an der Gartenarbeit ist mir bis heute geblieben; sie ist eine meiner sinnvollsten Freizeitbeschäftigungen. Zu den wichtigsten Erfahrungen, die ich im Garten machen durfte, zählen ein umfassendes Verständnis eines natürlichen Kreislaufes, der Weg vom Säen über das Wachsen zum Ernten. Weiters habe ich eine tiefe Wertschätzung für unsere Nahrungsmittel und die Nahrungskette im Allgemeinen entwickeln können.

Für diese Arbeit relevant ist zudem mein Interesse am Thema des Raumes und wie sich dieser auf die Menschen auswirkt. In den Bereich der Raumtheorien konnte ich mich bereits im Laufe meines Masterstudiums der Architektur vertiefen. Vor allem hier kann die Verbindung zwischen Architektur und Erziehungswissenschaften sichtbar gemacht werden. Gerade in dieser Verbindung wird der Begriff des Naturraumes bedeutsam, sowie der Naturraum in Zusammenspiel mit dem umbauten Raum und dessen Grenzen, die nicht klar definiert sind und in manchen Bereichen verschwimmen.

1.2. Ziel der Arbeit und Fragestellung

Ausgehend von diesen persönlichen Erfahrungen soll in dieser Arbeit der Blick auf das erfahrungsorientierte und informelle Lernen gelenkt und die Bedeutung des erweiterten Lernraumes Garten für Kinder aufzeigt werden. Ziel ist das Tätigsein im Garten nicht nur als formales Lernsetting, sondern auch als informelles vermehrt in die pädagogische Praxis miteinzubeziehen. Zudem erwarte ich mir in der Auseinandersetzung mit diesem persönlichen Interessensgebiet neue Erkenntnisse und Sichtweisen.

Aus den vielen Überlegungen, wie sich das Interesse bei Kindern für Pflanzen und natürliche Kreisläufe, sowie eine Naturverbundenheit fördern lässt, ergibt sich folgende Forschungsfrage:

Durch welche Erfahrungsmöglichkeiten wird ein Garten für Kinder zu einem informellen Lernraum?

Dabei gehe ich von folgenden drei Thesen aus:

- These 1: Die Kinder erhalten durch Naturerfahrungen einen Bezug zur Natur, mit den Jahreszeiten, den Kreisläufen und den natürlichen Prozessen im Allgemeinen.
- These 2: Der Naturraum Garten bietet zum eigenaktiven Entdecken und Lernen vielfältige Erfahrungsmöglichkeiten.
- These 3: Die im Garten gesammelten Erfahrungen können als ein beiläufiges und natürliches Lernen beschreiben werden. Damit wird der Garten zu einem informellen Lernraum.

1.3. Aufbau der Arbeit

Diese Theoriearbeit besteht aus drei Teilen. Ausgegangen wird von einer Auseinandersetzung mit dem Haus- und Nutzgarten, sowie der Bedeutung von Biodiversität im Konzept der Permakultur. Der zweite Teil soll dem Thema Erfahrungen und dem Lernen durch Erfahrung gewidmet werden. Dieses informelle Lernen wird am Konzept der Reggio-Pädagogik veranschaulicht. In einem dritten Abschnitt werden die beiden ersten Teile verzahnt. Dadurch ergeben sich Erfahrungsmöglichkeiten, durch die ein Haus- und Nutzgarten als informeller Lernraum beschrieben werden kann. Abschließend werden die Ergebnisse in Hinblick zur Forschungsfrage, sowie neu gewonnene Erkenntnisse diskutiert und reflektiert.

Die Wahl der Methode fällt auf eine hermeneutische Theoriearbeit, wobei der Blick vor allem auf Kinder und auf ein alltagsorientiertes Tätigsein im Garten gerichtet wird. Die Ergebnisse könnten zu einem Anlegen eines Gartens als informellen Lernraum in pädagogischen Kontexten animieren.

2. Der Haus- und Nutzgarten

In diesem Kapitel wird zunächst der Begriff Haus- und Nutzgarten erörtert und einer geschichtlichen Rekonstruktion unterzogen. Des Weiteren soll der Garten als Ort der Biodiversität hervorgehoben werden. Am Beispiel des Konzepts der Permakultur wird die Philosophie der Biodiversität vertiefend erarbeitet. Die natürlichen und nachhaltigen Kreisläufe stellen sich als Schwerpunkte der Permakultur dar. Abschließend wird der Haus- und Nutzgarten an zwei Raumtheorien als erweiterter Lebensraum dargestellt, den der Mensch aktiv gestalten kann, der aber auch auf den Menschen einwirkt.

2.1. Herkunft des Begriffes und Geschichte

Etymologisch leitet sich der Begriff Garten vom lateinischen Begriff hortus ab und bedeutet so viel wie eingezäunter Ort zum Anbau von Nutz- und Zierpflanzen (vgl. Kluge 2011, S. 53). Als Nutzgarten wird allgemein ein Garten verstanden, in dem Obst und Gemüse angebaut werden; er grenzt sich somit vom Ziergarten ab (vgl. Duden 2018a).

Als vor ca. 10.000 Jahren die Menschen sesshaft wurden, begannen sie insofern in die Natur einzugreifen, indem sie gezielt Samen von wildwachsenden Pflanzen ausbrachten und somit den Ursprung des Gartens bildeten (vgl. Kowarik/Sigel/Schmidt 1998, S. 13).

Wimmer erstellt eine umfangreiche Sammlung gartengeschichtlicher Literatur die sich von circa 100 v. Chr. bis ins 20. Jh. erstreckt. So zum Beispiel erwähnt der Autor den Klostergarten von St. Gallen aus dem Jahre 820 n. Chr., dessen Plan auf einer Pergamentrolle erhalten ist. Dieser Entwurf zeigt einen Gemüsegarten mit einem Gärtnerhaus, in dem die Gärtner1 wohnten, sowie einen Kräutergarten mit dem angrenzenden Arzthaus. In diesem Klostergarten wurden die Pflanzen erstmals einem Gemüse-, Kräuter- oder Baumgarten zugeordnet. Diese Aufteilung in Gartentypen blieb laut Wimmer bis ins 18. Jh. erhalten. (Vgl. Wimmer 1989, S. 10ff.) Ab der Renaissance mit dem Beginn der gedruckten Gartenliteratur erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Gartens durch mehrere Autoren. Es ist die Zeit, in der die Gartenkunst allgemein an die Antike anknüpft. Erschwerend dabei war, dass kaum Bild- und Schriftquellen von antiken Gärten vorzufinden waren. (Vgl. Wimmer 2009, S. 11f.) Wimmer zeigt zudem auf, dass sich Autoren von Gartenbüchern bis in die Zeit des Barocks in der Einleitung fast durchwegs auf die Bibelgeschichte von Adam und Eva im Garten Eden bezogen haben. Die Gartengeschichte der Aufklärung richtet sich gegen geometrische und regelmäßige Formen, die für antike und barocke Gärten entwurfsrelevant waren. (Vgl. Wimmer 1989, S. 444f.)

Gegen Ende des 18. Jh. ist in der Gartengeschichte eine Pluralisierung von Stilen zu verzeichnen. Jeder einzelne Stil hat insofern seine Berechtigung, weil jeder einem eigenen Zweck folgt. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass ca. ab dem 19. Jh. die ersten wichtigen Werke über die Gartengeschichte entstanden. (Vgl. ebd., S. 446) Speziell auf Haus- und Nutzgärten geht Wimmer nicht ein.

Wolschke-Bulmahn, Professor am Institut für Landschaftsarchitektur an der Leibniz Universität in Hannover, beschreibt, dass die Jahrhundertwende um 1900 im Bereich der Gartengestaltung in Europa eine Umbruchphase darstellt. Vor allem der Hausgarten entwickelt sich vom landschaftlichen zu einem formalen Garten. Dadurch bildet der Garten eine Erweiterung des Wohnraumes, der sich in bestimmte Bereiche einteilen, gestalten und nutzen lässt. Parallel dazu entstehen zahlreiche Ideen zur Entwicklung von Gärten, zum Beispiel mit Gartenteich, Grillplätzen und anderem, sowie verschiedene Möglichkeiten zum nachhaltigen Anbau (zum Beispiel Permakultur). Wolschke-Bulmahn hebt in diesem Zusammenhang vor allem den Landschaftsarchitekten Willy Lange mit seinem Konzept des Naturgartens hervor. Mit Lange zeigt er auf, wie wichtig die Nachhaltigkeit für die Zukunft ist und wie die gartenkulturelle Vielfalt in Einklang mit der Natur gesteigert werden kann. Zum Ausdruck der Naturverbundenheit kommt der Freizeitwert des Gartens hinzu und dieser wird somit zur Erweiterung des Wohnraumes. (Vgl. Wolschke-Bulmahn 2018, S. 337)

2.2. Biodiversität

Kehl erklärt den Begriff der Biodiversität wie folgt: „Biodiversität steht für die Vielfalt des Lebens in all seinen Formen und Ausprägungen, die im Artenreichtum ebenso wie in der genetischen, phylogenetischen sowie funktionellen Vielfalt der Biosphäre zum Ausdruck kommt.“ (Kehl 2015, S. 40) Dabei wird ersichtlich, dass der Begriff der biologischen Vielfalt in der Debatte um die Biodiversität eine wichtige Rolle spielt. Dieser Begriff hat eine unüberschaubare Multidimensionalität und steht in ständigem Wandel der Zeit. Somit fügt Kehl an, dass dieses Konzept der Biodiversität multiple Ausmaße und unklare Grenzen aufweist. (Vgl. ebd.)

Der Begriff der Biodiversität hat seit den neunziger Jahren an enormer Wichtigkeit gewonnen; ein Kongress in Washington ist der Auslöser dieser Debatte um diesen Begriff. Der Motivationsgrund für diesen Kongress war die Befürchtung von Biologen, dass die biologische Vielfalt verloren geht und die Natur zerstört wird. Im Jahre 1992 wird die Konvention zur biologischen Vielfalt unterschrieben, ab diesem Zeitpunkt sind vermehrt Publikationen zum Thema Biodiversität zu verzeichnen. Zudem wird das Thema immer mehr politisch relevant. (Vgl. ebd., S. 39ff.)

Um überhaupt erst Aussagen über die biologische Vielfalt machen zu können, muss diese in Zahlen festgestellt und festgehalten werden. Bei diesen Erhebungen stellt sich heraus, dass der Begriff der genetischen Vielfalt wichtig für die quantitative Erfassung der Artenvielfalt ist, welche wiederum eng mit der Biodiversität zusammenhängt. Von Biodiversitätsforschern kritisch betrachtet wird dabei, dass der Begriff der Biodiversität nur auf die Artenvielfalt beschränkt wird. Einerseits sind nur circa 2 Millionen Arten von geschätzten 5 Millionen bisher erfasst, andererseits ist der Begriff der Arten nicht genau eingegrenzt und zudem ist das Ausmaß jeder einzelnen Art nicht bestimmt. Als Parameter für die Artenvielfalt lässt sich jedoch festhalten, dass je größer ein Gebiet ist, desto größer ist die biologische Vielfalt. (Vgl. ebd., S. 42ff.) Weitere wissenschaftliche Rückschlüsse zwischen Vielfalt und Biodiversität lassen sich nicht erschließen.

Im Laufe der Erdentwicklung sollen schätzungsweise 4 Milliarden Arten die Welt besiedelt haben, heute existieren nur mehr 1% dieser Arten. Dieses Aussterben von Arten teilt Kehl in fünf Hauptgruppen ein:

- Durch die Inanspruchnahme von immer mehr Flächen durch den Menschen, erleidet die Natur einen Verlust von Lebensräumen2. Auch die Umwandlung einer vielfältigen Blumenwiese in eine Monokultur wirkt sich auf das Aussterben von Arten aus.
- Im Zuge intensiver, nichtnachhaltiger Nutzung von Gebieten wie Überfischung, Abholzung, intensiver Jagd und Überweidung fällt das Ökosystem aus dem Gleichgewicht.
- Durch Eintrag von Schad- und Nährstoffen werden bestimmte Arten ausgerottet, weil durch übermäßige Zufuhr die Stoffe in das Grundwasser und somit in den Wasserkreislauf gelangen, mit all den negativen Auswirkungen.
- Durch den Klimawandel leidet die biologische Vielfalt, da sich die Temperaturen in einem sehr schnellen Tempo verändern. Durch diese Geschwindigkeit können sich einige Arten nicht anpassen und sterben aus.
- Die Invasion gebietsfremder Arten nimmt durch die Globalisierung stark zu und verdrängt oft einheimische Arten und lässt diese aussterben.

Durch das Zusammenspiel dieser Faktoren steigt der Verlust von unserer Artenvielfalt kontinuierlich. Zudem lässt sich festhalten, dass der Biodiversitätsverlust in den südlichen Ländern, wo keine nachhaltige Wirtschaftsweise vorherrscht, stärker ausgeprägt ist als in den hochentwickelten Ländern im Norden. (Vgl. ebd., S. 53f.)

Kehl definiert das Ökosystem als ein System, das sich selbst reguliert und somit in einem Gleichgewicht befindet. Da aber heute von außen in fast alle Ökosysteme eingegriffen wird, erleiden diese einen starken Artenverlust. Bereits Darwin vermutet, dass Ökosysteme, die einen großen Artenreichtum aufweisen weniger anfällig für Störungen sind als artenarme. Einerseits, „weil sich die Arten in ihrem Antwortverhalten auf Umweltveränderungen unterscheiden“, andererseits, „weil sich Arten unter Konkurrenz stärker einnischen und so die vorhandenen Ressourcen optimal nutzen.“ (iDiv zit. nach Kehl u.a. 2015, S. 58)

Somit lässt sich vorerst zusammenfassen, dass ein Garten, der nach dem Prinzip der Permakultur angelegt ist, viel artenreicher ist als ein Acker in der Monokultur in Bezug auf die gleiche Grundstücksfläche.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: „Schematisierte Darstellung geringer und hoher struktureller Diversität.“ (Beierkuhnlein 1998, S. 88)

An diesen beiden Beispielen zeigt Beierkuhnlein den Vergleich zwischen einer geringen und einer hohen strukturellen Vielfalt auf (vgl. ebd.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: „Schematisierte Darstellung geringer und hoher funktionaler Diversität“ (Ebd., S. 89)

In dieser Abbildung zeigt Beierkuhnlein die Möglichkeiten der Interaktion der verschiedenen Ökosysteme auf. Hierbei wird ersichtlich, dass die Interaktion in der Monokultur weit weniger ausgeprägt ist als jene in der Permakultur. (Vgl. ebd.) Beierkuhnlein bringt es mit folgendem Zitat auf den Punkt:

„Für die Beurteilung dieser Form der Diversität spielt die Vielfalt an verschiedenen Interaktionstypen sowie deren Intensitätsspanne eine Rolle. Die Eigenschaften von Prozessen sowie von Stoff- und Informationsflüssen können sowohl zwischen Lebewesen als auch zwischen ihnen und der unbelebten Umwelt interessieren.“ (Ebd.)

2.3. Permakultur

Der Begriff Permakultur wurde von Bill Mollison und David Holmgren geprägt. Mollison erklärt sein Konzept der Permakultur wie folgt:

„Kurz gefasst, Permakultur ist die Wissenschaft von der bestmöglichen Anordnung von Komponenten in einem Muster oder System, um Ressourcen zu erhöhen, Energie zu erzeugen oder zu sparen, und Abfall oder Verschmutzungen zu vermeiden. Es handelt sich um ein interdisziplinäres, informationsintensives Forschungsfeld, das grenzüberschreitend ständig offen ist für den Zielen dienliche Technologien und Informationen. Das Dach der Permakultur verbindet oft alte Weisheit mit moderner Technik.“ (Mollison zit. nach Kvarda u.a. 2011, S. 3f.)

Ziel der Permakultur ist es: Werte zu vermitteln, den Kreislauf einer Entwicklung zu verstehen und anwenden zu lernen. Dieses Verstehen von Kreisläufen ist wichtig, um den Garten möglichst natürlich planen und gestalten zu können. Die Räume werden nach dem Ideal der Natur gestaltet, da der Naturzustand vom Menschen als Ideal angesehen wird. Somit macht man sich bei der Permakultur die positiven Eigenschaften von Pflanzen und Tieren zu Nutze, um deren natürliche Abwehrmechanismen zu aktivieren. Durch die Permakultur soll ein natürliches, in sich stabiles System aktiviert werden. (Vgl. Kvarda 2011, S. 4)

Kvarda vergleicht die ökologische Landwirtschaft mit der Permakultur anhand der Erklärung des neuen Denkens von Hans-Peter Dürr und hebt dabei hervor, dass es bei der Permakultur um viel mehr wie nur der Produktion von Lebensmitteln geht. Dabei ist die nachhaltige Produktionsweise im Einklang mit der Natur sehr wichtig und die Permakultur wird als „ein interdisziplinäres, informationsintensives Forschungsfeld, mit dem Ziel die äußeren Lebensbedingungen und das Wohlbefinden des Menschen für eine lebenswerte Zukunft zu verbessern “ definiert. (Dürr zit. nach Kvarda et al. 2011, S. 4) Mit Peter Harper zeigt Kvarda auf, dass allein die Selbstversorgung nicht die Lösung für alle Probleme ist, da diese nicht jedem (zum Beispiel einem Stadtbewohner) möglich ist. Vielmehr gilt es, das Thema auf weitere Bereiche auszuweiten wie nachhaltige Energie, kurzen und umweltschonenden Transportmethoden, attraktiven Arbeitsmodellen und die Gewohnheiten im Konsumverhalten. Dabei spielt das Nachdenken über den eigenen Lebensstil eine besondere Rolle, zudem soll dieser der Nachhaltigkeit angepasst werden und jeder Mensch dafür Verantwortung übernehmen. (Vgl. Kvarda 2011, S. 5)

Kvarda beschreibt eine mögliche Umsetzung der Permakultur in fünf Schritten:

- Zunächst geht es um das Verstehen3 des Ortes. Dabei sollen Anforderungen erkannt und der Raum beschrieben werden. Zudem ist die Bestandserhebung wichtig, welche sehr grob bis sehr detailliert sein kann. Diese Erhebung kann den Naturraum, technische Details, Zusammenhänge oder ökologische Bereiche erfassen. Dabei spielt die Wahrnehmung eine sehr wichtige Rolle.
- Im zweiten Schritt ist das Begreifen von Annahmen wichtig, dabei wird versucht die komplexen Zusammenhänge zu beschreiben. Das Prinzip der Permakultur zielt auf sich wiederholende, naturverbundene Zyklen ab und soll ein sozial nachhaltiges und ökologisches Prinzip haben. Dabei soll jeder vernetzte Teil im System mehrere Effekte erzielen und positiv zum Erhalt des Systems beitragen, sowie eine Selbstregulation auslösen.
- Im dritten Schritt wird erklärt, was in den Entwürfen von Ideen grafisch dargestellt wurde. Es werden versucht ursprüngliche Zusammenhänge zu verstehen und zu erklären, dabei können Muttersprache, Regionen, Gebäude, Gärten und Landschaft eine wichtige Rolle spielen. Einen wichtigen Faktor für den Entwurf spielt die Anordnung der Bereiche, um logistisch sinnvoll zu sein.
- Im weiteren Schritt werden die Entwürfe bewertet. Mittels empirischer Methoden werden die Entwürfe ausgewertet, diskutiert und geändert. Dabei werden Faktoren wie das Klima, lokale Ressourcen und soziale Bedürfnisse wichtig.
- Im letzten Schritt wird ausgeführt, was geplant und entwickelt wurde. Die Biodiversität spielt in der alten Kulturlandschaft eine wichtige Rolle und bekommt auch heute immer wieder einen höheren Stellenwert. Nur so kann Tourismus, Gewerbe und Naturschutz eng in Verbindung stehen und ein stabiles System bilden. Durch diese Entwürfe können die Stadt und das Land nachhaltig genutzt werden. Kvarda spricht hierbei vom natürlichen Kapital, das der Boden darstellt und der zum Beispiel durch Fruchtfolgen natürlich geschont werden kann. Zudem ist die partizipative Gestaltung unumgänglich für einen Erfolg des Entwurfes. (Vgl. ebd., S. 6ff.)

Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass die Permakultur das Bewusstsein fördern will und eine Wertehaltung gegenüber der Nachwelt ins Zentrum stellt.

2.4. Garten als Naturraum

Der Begriff Raum ist in unserem Leben allgegenwärtig. In der Vielheit seiner Bedeutungen (Naturraum, Lebensraum, Spielraum, umbauter Raum, Wohnraum, Lernraum, Alpinraum, Schengenraum) wird ersichtlich, dass eine allgemeine Definition des Begriffes nicht möglich ist. „ Raum ist weder auf geodätische Ortsbestimmungen begrenzt, noch auf relationale Lagebeziehungen im Raum, auch im Denken und Fühlen erschließt sich der Mensch Räume.“ (Hasse 2007, S. 15)

Hasse skizziert in seiner Raumtheorie sechs Raum-Begriffe:

- Der mathematische Raum4 ist unserem alltäglichen und naturwissenschaftlichen Verständnis von Raum sehr nahe. Dieser Raum ist in der Welt durch Koordinaten eindeutig zuordenbar, zudem ist er präzise ermessbar. Dazu nennt Hasse auch den relational geordneten Raum. Als Beispiel hierfür nennt er das Wasser des Meeres, welches ein Volumen bildet, das sich jedoch durch Naturprozesse verändern kann. Auch wenn das Meer im biologischen Sinn einen Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen darstellt, so gilt er in diesem Sinne nicht als lebendiger Raum. Hier wir die Relationalität des mathematischen Raumbegriffes sichtbar. (Vgl. ebd., S. 18ff.)
- In einem mathematischen Raum nehmen Dinge einen Platz ein. Wird diesen Dingen eine Bedeutung zugeschrieben, spricht Hasse von einem symbolischen Raum. Im Unterschied zum mathematischen Raum, der erst physisch festgelegt und berechnet werden muss, entsteht der symbolische Raum, indem wir dem Ding spontan eine Bedeutung geben. Indem ich dem mathematischen Raum eine Bedeutung gebe (Wartesaal, Wohnzimmer, Naturraum, u.a.), verwandle ich ihn in einen symbolischen Raum. Dies scheint für Menschen daher bedeutungsvoll, weil „Leben lernen heißt an Orten sein lernen.“ (Sloterdijk zit. nach Hasse et al. 2007, S. 23) Indem der Raum eine Bedeutung erhält, werden die persönlichen Empfindungen und Erfahrungen relevant. Dabei wird die Grenze zwischen Kultur und Natur im Menschen ersichtlich. (Vgl. Hasse 2007, S. 24)
- Der symbolische Raum wird jeweils mit seinen milieuspezifischen Bedeutungen und Bewertungen erzeugt. Daher ist der symbolische Raum immer nur im Zusammenhang mit dem sozialen Raum denkbar. Für Bourdieu entsteht im sozialen Raum symbolisches Kapital, das ein Kreditguthaben bedeutet. Am Beispiel eines Stückes Erde wird aufgezeigt: obwohl der Natur-Wert gleich null ist, orientiert sich der Katasterwert am sozialen Raum. (Vgl. ebd., S. 25f.)
- Der leibliche Raum entspricht dem menschlichen Körper mit seinen Gedanken und Gefühlen. „Menschen erleben ihre Umgebung leiblich.“ (Ebd., S. 27) Der Mensch erlebt sich stets leiblich und räumlich, wenn er sich bewusst wahrnimmt. Hasse beschreibt den Zusammenhang der verschiedenen Räume wie folgt: „ Die Dinge im geosphärischen (mathematischen) Raum werden im sozialen Raum der Gesellschaft symbolisch aufgeladen, können emotional im Medium des Landschaftlichen aber erst dann auch miterlebt werden, wenn die kulturellen Chiffren am eigenen Leib als Stimmung auch aufgehen.“ (Ebd.) Gerüche, Wind und Wetter, Geräusche und Temperaturunterschiede werden nicht nur mit den Sinnen wahrgenommen, sondern ganzheitlich leiblich. Dieses Ergriffensein und Betroffensein wird von Herrmann Schmitz als Atmosphäre beschrieben. Das gefühlsmäßige Befinden meldet sich leiblich in einer Reichweite zwischen Enge und Weite. (Vgl. ebd., S. 29)
- Der leibliche Raum steht immer im Zusammenhang mit einem ganzheitlichen Erlebnis und einem Eindruck, welcher den Situationsraum bildet. Der Mensch steht mit seinem Körper in einem mathematischen Raum und besetzt einen Ort. Dadurch erhält diese Leiblichkeit eine Perspektivität, gleichzeitig ist dieses leibliche Wesen in eine Situation atmosphärisch eingebunden. (Vgl. ebd., S. 31ff.)
- Unter Denkräume versteht Hasse nicht nur das Nachdenken und Reflektieren, sondern auch das Nachspüren. In Anlehnung an Heidegger beschreibt der Autor das Denken nicht als das Verwalten von Wissen, sondern als Widerfahrnis, welches ein passiver Vorgang ist. Es steht eng mit diesem leiblichen Spüren in Verbindung und ist Schwerpunkt der Phänomenologie. (Vgl. ebd., S. 35f.)

Burghardt hingegen befasst sich mit den Grenzen des Raumes. Dabei lehnt er sich an die Raumtheorie von Otto Friedrich Bollnow an, der zwischen mathematischen und erlebten Raum unterscheidet.

- Den physikalisch-mathematischen Raum5 versteht er als eine homogene Einheit, der unter anderem keinen natürlichen Koordinatenmittelpunkt hat. „Der mathematische Raum ist folglich in sich ungegliedert.“ (Burghardt 2015, S. 43)
- Den erlebten Raum versteht er als den Raum, an dem sich konkret unser Leben abspielt. Im Unterschied zum mathematischen Raum hat dieser einen Mittelpunkt, den der Mensch im Raum bildet. Dabei stellt der Mensch das natürliche Achsensystem dar. Der Raum kann nicht wertneutral sein, „er ist durch Lebensbeziehungen fördernder wie hemmender Art auf den Menschen bezogen.“ (Ebd., S. 44)

Bollnow gliedert den erlebten Raum in einen weiten Raum, in einen bergenden Raum und in einen Eigenraum. Der weite Raum zeichnet sich durch Ferne und Fremdheit aus. Der bergende Raum hingegen ist der Ort, in dem sich der Mensch geborgen und zuhause fühlt. Darüber hinaus bildet der Mensch durch sein subjektives Empfinden und durch seine perspektivische Sicht den Eigenraum. Folglich steht der Eigenraum in Wechselwirkung zum Menschen, da sie sich gegenseitig beeinflussen. (Vgl. ebd., S. 44f.)

Aufgrund der Grenzziehung zwischen erlebtem und mathematischem Raum weist Burghardt auf die „Bedeutung für das erlebende Subjekt durch die Abstandsgrenzen zwischen Nähe und Ferne“ (ebd., S. 45) hin. In der Auseinandersetzung wird ersichtlich, dass der Mensch sich im Raum über Grenzen orientiert und sich über Grenzen definiert. Zu der menschlichen Raumerfahrung von Nähe und Ferne gehört außerdem die Grenze zwischen Innen und Außen, von Eigenem und Fremdem. (Vgl. ebd., S. 45ff.)

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass in beiden Raumtheorien der menschliche Körper eine entscheidende Rolle spielt. Laut Burghardt definiert der Mensch den Raum aufgrund des Achsensystems und Positionen können damit bestimmt werden. Je nach Position des Menschen wird der Raum anders wahrgenommen. Legt sich der Mensch ins Gras, so nimmt er zum Beispiel den Baum anders wahr als wenn er im Liegestuhl liegt. Stehen wir im Salatbeet, dann nehmen wir den Salatkopf anders wahr als wenn wir uns dort in der Hocke befinden. Zudem wirken wir auf den Raum ein, indem wir ihn gestalten und ihn mit Stimmungen aufladen. So zum Beispiel beeinflussen wir den Raum Garten, indem wir ihn entwerfen, die verschiedenen Räume des Gartens gestalten und ihn pflegen. Dabei wird der Mensch zum Handelnden, zum Akteur. Durch das Handeln und den daraus resultierenden Veränderungen wirken Stimmungen zurück auf den Menschen. Denn „es gibt keine klaren Grenzen zwischen denen die etwas mit dem Raum machen, auf der einen Seite und jenen, mit denen der Raum etwas macht, auf der anderen Seite.“ (Hasse 2014, S. 14)

Welche Bedeutung der Raum für den Menschen hat, wird auch in der Reggio-Pädagogik sichtbar. In diesem Konzept wird der Raum als dritter Pädagoge beschrieben. Als erster Pädagoge wird das Kind selbst bezeichnet, als zweiter der Erwachsene. Der dritte Pädagoge ist der architektonische Raum mit seiner Einrichtung und Ausstattung, der die Kinder affiziert und zum Forschen und Entdecken auffordert. Dabei spielen die Qualität und die Flexibilität der Materialien eine wichtige Rolle, damit sich die Kinder die Welt aktiv und sinnlich aneignen können. Somit kann anhand der Reggio-Pädagogik aufgezeigt werden, dass der Raum eine entscheidende Rolle für Lernprozesse darstellt. (Vgl. Fuchs 2017)

In Anlehnung an Wolschke-Bulmahn wurde der Garten bereits als erweiterter Wohnraum dargestellt. Was sind mögliche Gemeinsamkeiten von Gartenraum und Wohnraum? Sind es die Naturelemente, die dem Menschen von Natur aus so ähnlich sind?

Der Mensch ist Teil der Natur und damit befasst sich unter anderem der Bildungswissenschaftler Ulrich Gebhard. In seinem Werk Kind und Natur zeigt er die Bedeutung der Naturerfahrungen für die psychische Entwicklung auf. Seine Überlegungen über den Bezug des Menschen zur Natur werden im Kapitel 4.1. Mensch und Natur detaillierter ausgeführt.

Zusammenfassend kann hier festgehalten werden, dass der Mensch im Garten nicht nur zielgerichtet handelt, sondern dass uns der Raum Garten auch in vielfältiger Weise anspricht, uns dazu auffordert, ihn zu gestalten, zu bearbeiten und zu kultivieren. Könnte in diesem Sinne der Garten nicht nur als Naturraum, sondern auch als Kulturraum bezeichnet werden?

3. Erfahrungslernen

Im folgenden Kapitel wird ausgehend von einer Auseinandersetzung mit dem Begriff Erfahrung auf das Lernen durch Erfahrung übergeleitet. Erfahrungslernen findet im alltäglichen Handeln statt und wird auch als informelles Lernen bezeichnet. Im Gegensatz zum formalen Lernen ist diese Form des Lernens nicht messbar und bisher als Wissensaneignung zu wenig anerkannt. Im Anschluss wird das Erfahrungslernen am Beispiel der Reggio-Pädagogik dargestellt und es soll sich zeigen, dass die Projektarbeit dem Kind als eifrigen Forscher und dem damit verbundenen Erfahrungslernen geeignete Rahmenbedingungen bietet.

3.1. Erfahrung

Laut Helga Peskoller kommt der Begriff Erfahrung von „durchfahren, durchwandern, bereisen, übertragen von kennen lernen.“ (Peskoller 2013, S. 59) Dabei wird sichtbar wie eng dieser Begriff „mit Körper, Raum und Bewegung zu tun“ hat. (Ebd.) Eine exakte Definition für den Begriff Erfahrung gibt es nicht, daher erklärt Peskoller diesen am Beispiel des Extremsports und am Spielen eines Musikinstruments. Erfahrungen gewinnt man durch Üben und Wiederholen von Bewegungen. Wird dieser Vorgang ergänzt durch sinnliches Erleben, bildet sich nach und nach ein „Gedächtnis für Abstände, Vorgänge, Rhythmen und Abläufe.“ (Ebd.) Am Extremsport zeigt Peskoller auf, dass der menschliche Körper als erster Raum der Erfahrung gilt, denn mit ihm können wir die Umwelt sinnlich wahrnehmen, so zum Beispiel im Berühren des Steines mit der eigenen Hand. Dadurch wird diese Berührung ein vom Tastsinn erlebtes Ereignis. (Vgl. ebd., S. 56)) Es wird sichtbar, dass es sich dabei um einen „körpernahen, räumlich-zeitlich differenzierten Begriff von Erfahrung“ handelt, bei dem „Subjekt und Objekt nicht als getrennt zu denken“ (ebd.) sind.

Der Phänomenologe Thomas Fuchs definiert Erfahrungen kurz und knapp: „ Erfahrungen haben heißt Erfahrungen gemacht zu haben.“ (Fuchs 2003, S. 72) Demzufolge ist sein Erfahrungsbegriff ein knowing how und nicht ein knowing that. Dieses knowing how ist kein bloßes Bescheid wissen, sondern ein gefühltes Wissen und Können, das ein Gespür für die Dinge und das Handeln prägt. Mit jeder gemachten Erfahrung wächst dieses Wissen, Ähnlichkeiten, Eigenartigkeiten der Dinge und der Handlungsmuster werden dadurch unwillkürlich wiedererkannt. „Etwas erinnert an etwas anderes, sieht ihm gleich, kommt einem bekannt vor.“ (Ebd., S. 74) Erfahrungen entstammen also verschiedenen Wahrnehmungsweisen. Frühere Wahrnehmungs- und Handlungsweisen fordern im Moment der Wahrnehmung zu einem unwillkürlichen Handeln auf, denn frühere „Handlungserfahrungen wohnen der Wahrnehmung als Möglichkeiten inne.“ (Ebd., S. 76) Ich sehe zum Beispiel im Garten eine Pflanze mit abhängenden Blättern und weiß intuitiv, dass sie gewässert werden muss. Ich sehe am Baum rote Kirschen hängen und weiß, dass sie reif sind und geerntet werden können. Ich sehe am Salatkopf die Blätter angeknabbert und ich weiß, dass dies Schnecken verursacht haben. Mit diesen Beispielen lässt sich zeigen, dass alles was wir einmal wahrgenommen haben in unser Leibgedächtnis eingeht.

Erfahrungen können sich durch Wiederholungen langsam vollziehen, uns aber auch plötzlich widerfahren. Gerade durch diese passive Seite der Erfahrung, immer wenn uns etwas wortwörtlich passiert, uns durchdringt, werden wir zum Lernen und Umlernen aufgefordert. (Vgl. Peskoller 2013, S. 53) Dieses Lernen durch Erfahrung wird im nächsten Kapitel detaillierter beschrieben.

3.2. Lernen durch Erfahrung und informelles Lernen

Unter Lernen durch Erfahrung wird nicht ein Erwerb von Wissen und Zertifikaten verstanden und auch nicht ein Vermitteln von Kenntnissen. In dieser Form des Lernens ist der Pädagoge kein Belehrender, sondern ein Begleiter. Die Eigenaktivität und Selbstaktivität des Kindes stehen im Vordergrund. In diesem Bildungsverständnis wird der Mensch als ein sich selbst bildendes Subjekt verstanden und daher kann in diesem Zusammenhang auch von Selbstbildung gesprochen werden. Doch Bildung kann in diesem Sinne nicht in einem leeren Raum stattfinden, denn der Mensch braucht, um sich zu bilden, Gegenstände und andere Menschen. Dabei wird die soziale Dimension des Erfahrungslernens erkenntlich. (Vgl. Dietrich/Krinninger/Schubert 2013, S. 24f.) „Unsere Bildung steckt nicht in uns wie der Samen einer Pflanze, die aus einem Kern nur herauszuwachsen braucht. Wir entwickeln uns und gewinnen Gestalt anhand dessen und derer, was und wer um uns herum ist und stattfindet.“ (Ebd., S. 25) In diesem Sinne geschieht Selbstbildung nicht von allein, es braucht einen Begleiter, der uns fördert und unterstützt, sowie Dinge, die uns herausfordern und uns berühren.

Doch in welchem Zusammenhang steht Selbstbildung mit dem heutigen Bildungsverständnis? Felicitas Thiel macht ersichtlich, dass im Diskurs über Bildung allgemein die formale und institutionalisierte Bildung verstanden wird, obwohl diese nur einen Bruchteil der Bildung im Leben eines Menschen ausmacht. Laut Thiel passiert Lernen im hohen Maße im alltäglichen Handeln, Denken und Fühlen. Diese Form des Lernens geschieht lebenslang und wird informelles Lernen genannt. Im heutigen Bildungsdiskurs wird dem informellen Lernen nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt, dementsprechend spärlich wird es auch bildungspolitisch diskutiert. (Vgl. Thiel 2011, S. 85)

[...]


1 Aufgrund einer besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit durchgängig die männliche Form verwendet, die weibliche Form wird natürlich gleichberechtigt eingeschlossen.

2 Hervorhebung aller folgenden Hauptgruppen im Original durch Autor.

3 Hervorhebung der fünf Punkte im Original durch den Autor.

4 Hervorhebung der sechs Begriffe im Original durch den Autor.

5 Hervorhebung der zwei Punkte im Original durch den Autor.

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Der Garten als informeller Lernraum. Welche Erfahrungsmöglichkeiten für Kinder bietet der Naturraum Garten?
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Note
2
Autor
Jahr
2019
Seiten
58
Katalognummer
V463505
ISBN (eBook)
9783668993365
ISBN (Buch)
9783668993372
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Garten, informelles Lernen, Lernraum, Kinder, Naturraum
Arbeit zitieren
Tobias Wallnöfer (Autor:in), 2019, Der Garten als informeller Lernraum. Welche Erfahrungsmöglichkeiten für Kinder bietet der Naturraum Garten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463505

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