Diese Seminararbeit befasst sich mit diesem Hauptwerk Rawls und stellt die zentralen Aspekte seiner Theorie der Gerechtigkeit und seiner Überlegungen zur Verteilungsgerechtigkeit dar. Der Naturzustand, der sogenannte „Schleier des Nichtwissens“, seine Vertragstheorie und dessen Kritik werden dabei die Basis bilden. Den Schluss bildet die Anwendung der Rawlsschen Gerechtigkeitsgrundsätze anhand eines Beispiels, um die Bedeutung des Rawlsschen Denkens zu veranschaulichen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Einführung in Rawls „Eine Theorie der Gerechtigkeit“
2.1 Der Urzustand
2.2 Das Differenzprinzip
2.3 Die Grundsätze der Gerechtigkeit
2.4 Anwendung der Gerechtigkeitsgrundsätzen anhand einem Beispiel.
2.4.1 Bildungschancen in Deutschland
III. Schlussteil
V. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
John Rawls (1921-2002) gilt als einer der führenden politischen Denker des 20. Jahrhunderts. Seine „Theorie der Gerechtigkeit“1 (1971) ist unter verschiedenen Gesichtspunkten eine zentrale Schrift für die aktuelle politische Debatte. Sie hat dem politischen Denken der Gegenwart entscheidende Impulse gegeben.2
Die vorliegende Seminararbeit befasst sich mit diesem Hauptwerk Rawls und stellt die zentralen Aspekte seiner Theorie der Gerechtigkeit und seiner Überlegungen zur Verteilungsgerechtigkeit dar. Der Naturzustand, der sogenannte „Schleier des Nichtwissens“, seine Vertragstheorie und dessen Kritik werden dabei die Basis bilden. Den Schluss bilden die Anwendung der Rawlsschen Gerechtigkeitsgrundsätze anhand eines Beispiels, um die Bedeutung des Rawlsschen Denkens zu veranschaulichen.
II. Einführung in Rawls „Eine Theorie der Gerechtigkeit“
In seinem Buch „A Theory of Justice“ (zu deutsch: Eine Theorie der Gerechtigkeit) legt Rawls die theoretische Grundlage für eine liberale Demokratie, in welcher auch die sozialen Belange öffentlich berücksichtigt werden. „Philosophisch handelt es sich um eine gegenwartsadäquate Neufassung des vertragstheoretischen Arguments in der Tradition Lockes, Rousseaus und Kants unter Berücksichtigung des modernen spieltheoretischen Instrumentariums. Kontur gewinnt seine Theorie in Abgrenzung zum Utilitarismus“.3 Sein Lebenswerk ist die jetzt vorliegende Neufassung seiner Theorie der „ Justice as Fairness“ 4 , welche aus Vorlesungen an der Harvard University entstanden ist. Über die Jahre dachte er Theorie immer weiter. Obwohl der durch Krankheit geschwächte Rawls diesem Buch nicht mehr die Einheit geben konnte, was sehr bezeichnend für seine anderen Texte ist, füllt es die Lücke, die zwischen seinem ursprünglichen Ansatz und dem späteren Werk „ Politischer Liberalismus“ (1993) entstanden war.
Rawls wirft dem Utilitarismus vor, im direkten Widerspruch zur Gerechtigkeit zu stehen. Im Utilitarismus spielt Gerechtigkeit eine ganz andere Rolle. Gewinne und Verluste von Nutzen sind gleich, wenn die Summe der Nutzen über alle Individuen maximiert wird.5 Rawls ist der Ansicht, der Fehler im Utilitarismus liege darin, dass „alle Menschen zu einem zusammengefasst werden“.6 Er deckt dessen schwachen Punkt auf und erhebt den Anspruch, solche Fehler in der eigenen Theorie zu vermeiden und sich davon abzugrenzen.
John Rawls formulierte die Frage nach einer gerechten Gesellschaft auf andere Art und Weise. Er formulierte sie präziser, als es seine Vorgänger taten. Lautete die Frage zuvor was eine gerechte Gesellschaft sei, so formulierte er diese mit wie eine Gesellschaft geordnet sein sollte, damit deren Mitglieder unter Bedingungen der Neutralität diese Ordnung als gerecht akzeptieren könne. Die Grundbedingungen dazu wären, dass jeder die gleichen Gerechtigkeitsgrundsätze anerkennt und sich gleichermaßen sicher sein kann, dass diese zum einen auch durch andere geachtet werden, zum anderen aber auch die gesellschaftlichen Institutionen diesen Grundsätzen gerecht werden.7
In „Eine Theorie der Gerechtigkeit“ entsteht das Konzept der „Gerechtigkeit als Fairness“. Hierbei stehen vor allem die sozialen Institutionen im Vordergrund. Es soll dabei nicht ausschließlich um Gebote oder Erlaubnisse, die nur den Einzelmenschen betreffen, gehen, sondern vielmehr auch den Weg bis hin zur Verfassung und zur Korrektur von wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen aufzeigen. Es sollen vor allem grundlegende Regeln geschaffen werden, die dem Wohl aller Mitglieder dienen.8
2.1 Der Urzustand
Eine wohlgeordnete Gesellschaft kann erst entstehen und dauerhaft bestehen, wenn diese von einer gemeinsamen Gerechtigkeitsvorstellung geleitetet wird. Diese Grundsätze müssten von der Gesellschaft anerkannt werden, auch wenn Interessenkonflikte bestehen. Dabei ist es notwendig herauszufinden, wie die Grundsätze der Gerechtigkeit aussehen. Um diese festzustellen, bedient sich Rawls eines Gedankenexperiments, das auf der Basis zweier Theorietraditionen beruht. Zum einem die klassische Vertragstheorie, wie man sie schon von Rousseau, Kant oder Locke kennt, und zum anderen die Spieltheorie. Bei letzterer hängt der Einzelne nicht nur vom eigenen Handeln ab, sondern auch von dem der anderen Individuen.9
„John Rawls Gerechtigkeitsgrundsätze müssen in einem Urzustand festgelegt werden, welche für immer gelten. Auf diesen Grundsätzen kann dann eine Verfassung aufgebaut werden, aus der wiederum Gesetze abgeleitet werden können.“10
Rawls erschafft einen fiktiven Urzustand, in dem man dazu gebracht werden soll, die Verfassungswahl zu übernehmen. Es gilt zu entscheiden, welche Prinzipien freie und rationale Personen unter fairen Bedingungen für ihre Gesellschaft wählen würden. Das Ergebnis soll nicht durch äußere Einflüsse verfälscht werden, damit die Unparteilichkeit gewährleistet werden kann. So soll verhindert werden, dass ein Einzelner so entscheidet, dass diese Verhältnisse auf ihn angepasst werden, weil er es so als gerecht ansieht, obwohl es nur ihm von Nutzen ist. Niemand kennt seinen Platz in der Gesellschaft, seine Begabung oder seinen Intellekt. Es soll eine Art „Schleier des Nichtwissens“ entstehen, in dem die Menschen nichts über sich wissen. Das Wissen reicht ausschließlich über die gesellschaftlichen Grundgüter, gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche und psychologische Zusammenhänge. Zusätzlich besitzen die Teilnehmer zusätzlich die Fähigkeiten, Folgen abzuschätzen und in einem vernünftigen Rahmen über die Grundstruktur der Gesellschaft nachdenken zu können. Das Nichtwissen über den eigenen Stand soll dazu dienen, dass die Menschen sich empathisch mit der Grundstruktur einer gerechten Gesellschaft auseinandersetzen. Interessen können sich hierbei nicht auf die persönliche Lage beziehen, da man sich dieser nicht sicher sein kann. Vielmehr muss sich nach dem schwächsten Glied der Masse orientiert werden, denn dies könnte ein jeder der Teilnehmer sein.11
2.2 Das Differenzprinzip
Die Grundgüter, welche es nun zu verteilen gilt, wären nach Rawls: Freiheiten, Rechte und Pflichten, gesellschaftliche und wirtschaftliche Güter, Chancen, Einkommen und Vermögen. Der Grundsatz „So gleich wie möglich, so ungleich wie nötig“12 ist hierbei maßgebend.
Das Differenzprinzip bildet den Kern der politischen Philosophie von John Rawls. Es besagt, dass die Gesellschaftsordnung erst dann günstige Aussichten für Bevorzugte einrichten darf, wenn es den weniger Begünstigten zum Vorteil reicht. Das Differenzprinzip gleicht in der Anwendung dem Maxim-Prinzip: Beim Maxim-Prinzip werden die am schlechtesten möglichen Ergebnisse der Optionen verglichen und es werden diejenigen ausgewählt, die am wenigsten schlechtesten abschneiden. Differenzprinzip und Maxim-Prinzip sind dementsprechend nicht dasselbe, gleichen sich jedoch in der Anwendung. Nach dem rawlsschen Maximum-Kriterium gelten zwei Zustände als gleich gerecht, wenn die Aussichten der am wenigsten begünstigten Person gleich sind“.13
2.3 Die Grundsätze der Gerechtigkeit
Aus diesem gedanklichen Konstrukt stellt John Rawls zwei fundamentale und nicht in Frage zu stellende Gerechtigkeitsgrundsätze auf. Er formuliert diese folgendermaßen.
[...]
1 Rawls (1971)
2 Heidenreich (1975), S. 117
3 Stammen, Riescher, Hofmann (2007), S.441
4 Rawls (2001)
5 Höffe (1998), S.15ff
6 Rawls (1975), S.45
7 Heidenreich (1975), S. 117
8 Rawls (1975), S. 149-150.
9 Rawls (1975), S. 149-150.
10 Heidenreich (1975), S. 220
11 Rawls (1975), S.11, S.81.
12 Höffe (1998), S.20
13 Pelinka, Wineroither (2007) S.290,
- Quote paper
- Daniel Rösler (Author), 2016, Auffassung der Gerechtigkeit von John Rawls, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463644
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