Zuckerersatzstoffe. Entwicklung einer Unterrichtskonzeption für den Chemieunterricht


Examensarbeit, 2019

169 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wie wird ein Stoff als süß wahrgenommen?

3. Süßstoffe
3.1 Acesulfam-K (E950)
3.2 Aspartam (E 951)
3.3 Cyclamat (E 952)
3.4 Saccharin (E 954)
3.5 Sucralose (E955)
3.6 Thaumatin (E 957)
3.7 Neohesperidin-Dihydrochalkon (E 959)
3.8 Steviolglycoside (E 960)
3.9 Neotam (E 961)
3.10 Aspartam-Acesulfam-Salz (E 962)
3.11 Advantam (E 969)

4. Zuckeraustauschstoffe

5. Didaktische Grundlagen
5.1 Didaktische Analyse
5.2 Bezug zum Lehrplan in Sachsen für Gymnasien
5.3 Stationenlernen

6. Entwicklung und Optimierung der Experimente
6.1 Rojahntest
6.2 DNPH-Test
6.3 BTB-Test
6.4 Cernitrattest
6.5 Fehling-Test auf Aldehyde
6.6 Nachweis von Stickstoff in Saccharin und Cyclamat
6.7 Nachweis von Aspartam mit Ninhydrin
6.8 Nachweis von Schwefel in Cyclamat und Saccharin
6.9 Hygroskopische Eigenschaften von Zuckerersatzstoffen
6.10 Backbeständigkeit
6.11 Lösungswärme von Xylitol und Erythritol
6.12 Nachweis der in Aspartam enthaltenen Aminosäuren
6.13 Warum wirken Zuckeralkohole abführend
6.14 Nachweis von Saccharin mit Resorcin
6.15 Oxidation der Zuckeralkohole und Nachweis der entstandenen Zucker mit dem Fehling-Test
6.16 Komplexbildung mit Kupfersulfat
6.17 Modellexperiment zur Erklärung, warum zuckerfreie Kaugummis zahnschonend sind
6.18 Saccharinschmuggel

7. Optimierte Versuchsvorschriften
7.1 Rojahntest mit Aspartam
7.2 DNPH-Test
7.3 BTB-Test
7.4 Cernitrattest
7.5 Fehling-Test zur Unterscheidung von Zucker und Zuckerersatzstoffen
7.6 Nachweis von Aspartam mit Ninhydrin
7.7 Nachweis von Cyclamat
7.8 Test auf Backbeständigkeit
7.9 Lösungswärme von Xylitol und Erythritol
7.10 Nachweis der in Aspartam enthaltenen Aminosäuren
7.11 Warum wirken Zuckeralkohole abführend
7.12 Komplexbildung mit Kupfersulfat
7.13 Modellexperiment zur Erklärung, warum zuckerfreie Kaugummis zahnschonend sind
7.14 Saccharinschmuggel

8. Darstellung des Gesamtkonzepts
8.1. Einführung: Unterscheidung von Zucker und Zuckerersatzstoffen
8.2. Weiterführende Bearbeitung
8.2.1 Station A: Aufbau von Aspartam
8.2.2 Station B: Physiologische Wirkungen der Zuckeralkohole
8.2.3 Station C: Sind Süßstoffe gefährlich
8.2.4 Station D: Produktentwicklung
8.2.5 Station E: Saccharin als Schmuggelware
8.3 Zusammenfassung

9. Arbeitsmaterialien

Aufbau von Aspartam

Hydrolyse von Aspartam

Ermittlung der enthaltenen Aminosäuren: Dünnschichtchromatografie

Enthält Aspartam noch weiter Komponenten?

Aufbau von Aspartam

Hydrolyse von Aspartam

Ermittlung der enthaltenen Aminosäuren: Dünnschichtchromatografie

Enthält Aspartam noch weiter Komponenten?

Aufbau von Aspartam

Vorbereitung: Hydrolyse von Aspartam

Ermittlung der enthaltenen Aminosäuren: Dünnschichtchromatografie

Enthält Aspartam noch weiter Komponenten?

Physiologische Wirkungen der Zuckeralkohole

Test auf zuckeralkohole im Kaugummi

Modellexperiment: Verursachen Zuckeralkohole Karies?

Modellexperiment: Abführende Wirkung von Zuckeralkoholen

Vergleich: Modell vs. Wirklichkeit

Physiologische Wirkungen der Zuckeralkohole

Test auf zuckeralkohole im Kaugummi

Modellexperiment: Verursachen Zuckeralkohole Karies?

Modellexperiment: Abführende Wirkung von Zuckeralkoholen

Vergleich: Modell vs. Wirklichkeit

Sind SÜßstoffe gefährlich?

Die Süßstoffe Aspartam und Acesulfam machen nicht zwingend schlank

Ergebnisse aus Tierversuchen nicht direkt auf Menschen übertragbar

Uneinheitliche Empfehlungen

Sind SÜßstoffe gefährlich?

Produktentwicklung mit Zuckerersatzstoffen

Was ist was?

Test auf Backbeständigkeit (Außerhalb des Chemieraumes)

Getränkepulver

Produktentwicklung mit Zuckerersatzstoffen

Was ist was?

Test auf Backbeständigkeit (Außerhalb des Chemieraumes)

Getränkepulver

Saccharin als SChmuggelware

Vorüberlegungen

Experiment: SAccharinschmuggel in Kerzenwachs

Saccharin als SChmuggelware

Vorüberlegungen

Experiment: Saccharinschmuggel in Kerzenwachs

10. Zusammenfassung

11. Literaturverzeichnis

Anhang

Herstellung der Chemikalien

Aspartamlösung (1%)

Bariumchloridlösung (10%)

BTB-Reagenz

Cernitratreagenz

Cyclamatlösung (1%)

DNPH-Reagenz

Erythritollösung (5%)

Fehling I

Fehling II

Kupfersulfatlösung (0,1 mol/l)

Natriumacetatlösung (3 mol/l)

Natriumnitritlösung (5%)

Ninhydrinlösung (1%)

Phenolphthaleinlösung

Saccharinlösung (1%)

Salzsäure (c= 3 mol/l)

Steviolglycosidlösung (1 und 5%)

Xylitollösung (5%)

Gefahrenhinweise, Hersteller und Reinheit verwendeter Chemikalien

1. Einleitung

Zuckerersatzstoffe sind eine Gruppe von Lebensmittelzusatzstoffen, die in der modernen Ernährung Bedeutung als gesünderes Süßungsmittel im Vergleich zu sonst üblichen zuckern gewonnen haben. In dieser Arbeit soll ein Unterrichtskonzept zum Thema Zuckerersatzstoffe erarbeitet werden, mit welchem für die Schülerinnen und Schüler (im Folgenden mit SuS abgekürzt) hinsichtlich Chemie, Alltag und Ernährung relevante Aspekte dieser chemisch vielfältigen Gruppe von Lebensmittelzusatzstoffen behandelt werden können und die mögliche Umsetzung des Konzepts im Unterricht soll mit entsprechenden Begründungen dargestellt werden. Dies beinhaltet konkrete Arbeitsmaterialien mit Lösungserwartungen, sowie entsprechende Experimente, die aus der bestehenden Literatur ausgewählt und optimiert oder für dieses Konzept entwickelt werden. Mit Zuckerersatzstoffen sind in dieser Arbeit die in der Europäischen Union als Süßungsmittel zugelassenen Zusatzstoffe (Europäische Union [EU] VO Nr. 1333/2008) gemeint, die in der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung (ZZulV, Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 und § 71 ) im deutschen Lebensmittelrecht in Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe eingeteilt werden. Neben chemischen sollen auch physiologische Aspekte der Zuckerersatzstoffe in das Unterrichtskonzept einfließen, da diese besonders geeignet sind, um bei den SuS Bewertungs- und Kommunikationskompetenz zu entwickeln. Außerdem sind Zuckerersatzstoffe zwar aufgrund ihres geringen Energiegehaltes und anderer physiologischer Wirkungen als gesündere Alternative zu Zucker in der heutigen Zeit interessant, werden aber mitunter kontrovers diskutiert. Der sich v.a. seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verändernde Lebensstil hat in hoch entwickelten Industrienationen zu zunehmendem Übergewicht und Fettleibigkeit geführt. Insbesondere durch den zunehmenden Konsum stark gezuckerter und fettreicher Lebensmittel entstand ein Überangebot an Nahrungsenergie, welches durch den zunehmenden Bewegungsmangel bei weitem nicht mehr kompensiert werden konnte. Dies stellt aus gesundheitlicher und ökonomischer Sicht in unserer Gesellschaft ein ernstzunehmendes Problem dar. Das Interesse an kalorienreduzierten Nahrungsmitteln stieg in der Folge und man suchte u.a. nach Möglichkeiten, den Zuckergehalt und damit den Energiegehalt gesüßter Getränke und Speisen zu verringern. Die angeborene Vorliebe des Menschen für süße Lebensmittel verlangte allerdings danach, bei der Reduktion des Zuckergehalts trotzdem keine Abstriche in der Süße zu machen und dadurch einen vom Konsumenten akzeptierten Geschmack zu erzielen. Inzwischen entdeckte entwickelte man eine Vielzahl an Zuckerersatzstoffen, die beide Kriterien, die Süße und den geringen Energiegehalt erfüllen können. Dadurch sollen Lebensmittel gesüßt werden, ohne dass mit Zucker assoziierte negative gesundheitliche Folgen auftreten, wie Zahnkaries oder Übergewicht und damit verbundenen Folgeerkrankungen. Jedoch stehen oder standen viele von ihnen bezüglich ihrer Unbedenklichkeit in der Diskussion und wurden zeitweise verboten und wieder zugelassen.

Zur Erarbeitung des Unterrichtskonzeptes erfolgt zuerst eine theoretische Betrachtung der Grundlagen der Geschmackswahrnehmung süß und der in der Europäischen Union zugelassener Süßungsmittel hinsichtlich Eigenschaften, Verwendung und gesundheitlicher Bewertung unter Einbeziehung aktueller Forschungsergebnisse. Daran anschließend werden didaktische Grundlagen des Themas erörtert und ein Bezug zum sächsischen Lehrplan für Gymnasien hegestellt. Um schließlich ein konkretes Unterrichtsexperiment aufstellen zu können, erfolgt eine Sichtung bestehender Experimente rund um das Thema Zuckerersatzstoffe, deren Austestung, Optimierung und eine eventuelle Entwicklung eigener Experimente. Es folgt eine Darstellung des entwickelten Gesamtkonzepts mit den entworfenen Arbeitsmaterialien und den Lösungserwartungen.

Aufgrund der Anschlussfähigkeit an den Lernbereich 2 in Klassenstufe 10 im sächsischen Lehrplan für Gymnasien, in dem unter anderem Kohlenhydrate, Eiweiße und Lebensmittelzusatzstoffe obligatorischer Lehrplaninhalt sind, wird das Konzept vorrangig für diese Jahrgangsstufe entwickelt.

2. Wie wird ein Stoff als süß wahrgenommen?

Trotz unterschiedlichster chemischer Struktur ist den Zuckern, den Zuckeralkoholen und den beschriebenen Süßstoffen gemein, dass sie als süß wahrgenommen werden. Bevor jedoch die Struktur des Süßstoffrezeptors aufgeklärt wurde, wurden Modellvorstellungen dazu entwickelt, wie ein Stoff aufgebaut sein muss, um süß zu schmecken.

Die Geschmacksqualität süß wird ebenso wie sauer, salzig, bitter und umami von den Geschmackssinneszellen auf der Zunge wahrgenommen. Andere Empfindungen, die umgangssprachlich dem Geschmack zugeordnet werden und das spezifische Aroma von Speisen ausmachen (z.B. Vanille, Erdbeere, etc.) werden vom Riechepithel in der Nasenschleimhaut während des Kauens wahrgenommen. Die Geschmackssinneszellen sind in den Geschmacksknospen lokalisiert, welche sich an den Zungenpapillen befinden. Die Mikrovilli der Geschmackssinneszellen ragen in eine kleine Grube, den Geschmacksporus der Geschmacksknospen. An die Mikrovilli können Moleküle binden, welche die entsprechende Geschmackswahrnehmung auslösen, indem Transmittermoleküle am basalen Ende der Geschmackssinneszelle freigesetzt werden. (Fernstrom, 2015; Trepel, 2012, S. 344)

Der Rezeptor für den süßen Geschmack setzt sich aus den beiden G-Protein-gekoppelten Rezeptoren T1R2 und T1R3 zusammen. Diese bilden ein Heterodimer, welches es ermöglicht, eine Vielzahl an unterschiedlichen Molekülen als süß wahrzunehmen, indem diese an verschiedenen Stellen der Rezeptorproteine binden. Beide Untereinheiten des Heterodimers weisen einen großen N-Terminus (Amino-terminale Ectodomäne) mit einer aufgrund ihrer Form sogenannten Venusfliegenfallenbindungsdomäne auf. Diese amino-terminale Domäne ist über eine cysteinreiche Domäne mit einer heptahelicalen Domäne verknüpft (Burda, Bayer & Zrzavý, 2014, S. 321; Fernstrom, 2015). Eine Schematische Darstellung des Süßstoffrezeptors befindet sich z.B. in Fernstorm, 2015, S. 122.

Die Bindung an das Rezeptorprotein führt zu dessen Konformationsänderung, wodurch es zu einer Aktivierung des G-Proteins Gustducin kommt. Dadurch kommt es zur Aktivierung einer Adenylcyclase wodurch der second messenger cAMP synthetisiert wird. Die anschließende Aktivierung einer Proteinkinase bewirkt das Schließen von Kaliumionenkanälen, was zu einer Depolarisation der Zellmembran führt. In der Folge strömen Calciumionen in die Zelle ein und bewirken die Freisetzung von Neurotransmittern an der Synapse, wodurch das ursprünglich chemische Signal nun als elektrisches Signal zum Gehirn weitergeleitet wird (Ebermann & Elmadfa, 2011 S.626; Schwedt, 2005, S.118).

Für viele süß schmeckende Verbindungen konnten die Bindungsstellen anhand der Unterschiede in der Wahrnehmung süßer Substanzen zwischen verschiedenen Spezies ermittelt werden, indem Interspezies-Hybridrezeptoren (Austausch von einem Monomer des Heterodimers aus T1R2 und T1R3) und chimäre Rezeptoren (Austauschen einzelner Domänen von einem Monomer) verwendet wurden. Die Süßgeschmackrezeptoren zwischen verschiedenen Spezies weisen gewisse Unterschiede auf. Die Rezeptor-Proteine von Nagetieren reagieren z.B. nicht auf die Süßstoffe Cyclamat, Aspartam und Neotam (Fernstorm, 2015). Von Mäusen ist bekannt, dass sie das süße Protein Thaumatin, Neohesperidindihydrochalcon oder den Süßstoff Alitam nicht wahrnehmen. Katzen nehmen aufgrund einer Mutation im T1R2-Gen süße Moleküle gar nicht wahr (Behrens et. al. 2011).

Ein älteres, von Shallenberg und Acree entwickeltes und von Kier erweitertes Modell geht davon aus, dass ein süß schmeckendes Molekül einen Protonendonator A-H und einen Protonenakzeptor B im Abstand von 0,3 nm, sowie eine hydrophobe Gruppe X im Abstand von etwa 0,35 nm zu A-H und 0,5 nm zu B besitzen muss, über die es mit dem Geschmacksrezeptor in Wechselwirkung tritt. Über A-H und B werden Wasserstoffbrücken mit dem Rezeptor ausgebildet (Knopf, 2000, S. 35; Matissek & Baltes, 2016, S.251; Schwedt, 2005, S. 118). Es muss sich bei A und B also um stark elektronegative Atome handeln. Im Falle von X handelt es sich um hydrophobe Wechselwirkungen mit dem Rezeptor. Somit würde es sich bei der Interaktion eines süß schmeckenden Moleküls und Rezeptor nicht um eine chemische Bindung an den Rezeptor handeln, sondern um zwischenmolekulare Wechselwirkungen. Nach diesem Modell schmeckt eine Verbindung umso süßer, je besser sie in die Rezeptoren hineinpasst. (Matissek & Baltes 2016, S. 252). Mit steigender Hydrophobität und steigender Raumerfüllung der Gruppe X scheint die Süßkraft bis zu einer Grenze anzusteigen, ab der der süße Geschmack in einen bitteren umschlägt (Belitz et. al., 2008 S. 443-446). Bei süß schmeckenden Aminosäuren, wie z.B. Alanin wird die AH-Gruppen durch -NH3+ und die B-Gruppe durch -COO- repräsentiert (Knopf, 2000, S. 33). Damit Dipeptide süß schmecken, müssen sie über die Aminogruppe am α-C-Atom verknüpft sein. β-D-Asp-L-Phe-OMe weist z.B. einen bitteren Geschmack auf. Das einfache Modell ermöglichte einige Voraussagen. Z.B. bestätigte sich, dass β-L-Arabinose süß schmecken muss. Es erklärt allerdings die relative Süßkraft von Verbindungen nur unzureichend, z.B. von Bleiacetat. Außerdem ist das Modell nicht spezifisch genug, da auch andere, nicht süße Verbindungen die geforderten strukturellen Voraussetzungen besitzen (Plaß & Hülsenbeck, Udo, Lutz, Bernd, 1995).

Süßstoffe können sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken. Dieser synergistische Effekt wird häufig ausgenutzt, um mit festgelegten Höchstmengen von Süßstoffen die gewünschte Süße zu erzielen. 190 mg einer 1:1-Mischung von Aspartam und Acesulfam-K erreichen z.B. die gleiche Süßkraft wie 50 g Saccharose, wozu 320 mg Aspartam oder 380 mg Acesulfam-K allein notwendig wären (Matissek& Baltes, 2016, S. 264).

Man bestimmt die relative Süßkraft eines Stoffes durch die Verdünnung, bei der sie genauso süß schmeckt, wie eine Saccharoselösung mit definierter Konzentration. Der Faktor fsac ist allerdings konzentrationsabhängig (Schwedt, 2005 S. 120).

Darüber hinaus gibt es in weiteren Regionen des Körpers, wie enteroendokrinen Zellen im Darm oder den β-Zellen des Pankreas Rezeptoren für Süßungsmittel, welche physiologische Funktionen erfüllen und z.B. Transkription von Transportproteinen für Monosaccharide oder die Insulinausschüttung anregen oder verstärken. (Fernstorm, 2015)

3. Süßstoffe

Süßstoffe sind synthetisch hergestellte oder z.T. auch aus Pflanzen extrahierte Stoffe verschiedener Stoffklassen mit mindestens 10-facher Süßkraft im Vergleich zu Saccharose (Schwedt, 2010, S. 137). Die Werte für die Süßkraft sind konzentrationsabhängig und werden in der Regel als relative Süßkraft im Vergleich zu Saccharose in einer 2,5- oder 10%igen Lösung angegeben. Dazu wird der Quotient aus der Konzentration der Saccharoselösung als Vergleichslösung und der Konzentration des untersuchten Stoffes in einer genauso süßen Lösung gebildet (Rohn, 2015, S. 319). Süßstoffe liefern keinen nennenswerten Beitrag zur Energieaufnahme, da sie entweder nicht metabolisiert werden, oder wie die Süßstoffe auf Peptid- oder Proteinbasis zwar wie Proteine und Aminosäuren aus der normalen Nahrung verstoffwechselt, aber aufgrund der hohen Süßkraft nur in geringsten Mengen aufgenommen werden.

In der EU sind elf Süßstoffe zur Verwendung in Lebensmitteln zugelassen, die mit Ausnahme von Thaumatin in Abb. 1 dargestellt sind.

Bezüglich möglicher gesundheitlicher Gefahren werden Süßstoffe immer noch kontrovers diskutiert. So sollen sie für Krebserkrankungen, Übergewicht, Stoffwechselstörungen, Kopfschmerzen, Diabetes-Typ-2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenschäden, Frühgeburten oder Veränderungen der Darmflora verantwortlich sein. Bezüglich ihrer gesundheitlichen Auswirkungen gibt es noch keine einheitliche Meinung. Ein direkter Zusammenhang mit der Entstehung von Krebserkrankungen scheint jedoch unwahrscheinlich zu sein. So konnte ein solcher bisher noch nicht in Studien an Menschen nachgewiesen werden. Auch ob Süßstoffe tatsächlich über verschiedene Mechanismen zur Gewichtszunahme beitragen, ist unklar. Während sie einerseits erfolgreich zur Gewichtskontrolle und -abnahme eingesetzt werden konnten, indem sie wesentlich kalorienreichere Süßungsmittel ersetzen, wurde durch den Konsum von zuckerfreien Erfrischungsgetränken auch eine größere Gewichtszunahme im Vergleich zu zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken beobachtet.

Einige Süßstoffe überstehen zudem die Abwasserreinigung und gelangen in Oberflächengewässer (Harpaz, Yeo, Cecchini, Koon, Kushmaro, Tok, Marks & Eltzov, 2018), weshalb sie auch hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf Ökosysteme untersucht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 In der EU zugelassene Süßstoffe

3.1 Acesulfam-K (E950)

Acesulfam-K (6-Methyl-2,3-dihydrooxathiazin-4-on-2,2-dioxid-Kalium-Salz) ist das Kaliumsalz eines Oxathiazinondioxids, einer Substanzklasse süß schmeckender Verbindungen (Magnuson, Carakostas, Moore, Poulos & Renwick, 2016). Es wurde 1994 in der EU zugelassen (Ebermann & Elmadfa, 2011, S.628). Verwendung findet es z.B. für kalorienreduzierte oder ohne Zuckerzusatz hergestellte aromatisierte Getränke, Speiseeis oder Obstkonserven (Grashoff, 2005).

Acesulfam-K ist ein farbloser, stabiler, kristalliner Feststoff. Zersetzung tritt erst ab ca. 225 °C ein., wodurch es gut als Zuckerersatz bei Hitzeeinwirkung geeignet ist (Schwab & Lang, 2014). Acesulfam-K weist eine hohe Beständigkeit gegenüber saurem pH-Wert und Hydrolyse durch kochendes Wasser auf (Ebermann & Elmadfa, 2011, S.628). Weiterhin ist es recht gut in Wasser löslich. In einem Liter Wasser lösen sich etwa 250 g. Acesulfam-K ist nicht hygroskopisch. Es besitzt die 200-fache Süßkraft im Vergleich zu Saccharose (Schwab & Lang, 2014). In sehr hoher Konzentration nimmt die Süßkraft ab und ein metallischer Beigeschmack möglich (Grashoff, 2005).

1991 wurde vom Scientific Committe on Food (SCF) ein NOAEL (No observed adverse effect level; höchste Konzentration, bis zu der in Tierversuchen keine negativen Wirkungen beobachtet werden konnten) von 900 mg/kg Körpergewicht und Tag (im Folgenden mit mg/kg bw/d abgekürzt) anhand einer 2-jährigen Studie an Hunde ermittelt, auf dessen Grundlage der ADI (Acceptable Daily Intake; Menge, die ein Leben lang täglich aufgenommen werden kann, ohne dass negative Auswirkungen zu erwarten sind; meist ein Hundertstel des NOAEL) von 9 mg/kg bw/d festgelegt wurde. Diesen bestätigte das SCF im Jahr 2000 in einer Reevaluation (Scientific Committee on Food [SCF], 2000b).

Acesulfam-K wird im Dünndarm sehr schnell und fast vollständig resorbiert. Im Körper wird es nicht metabolisiert und wurde innerhalb von 24 Stunden bereits zu etwa 98% wieder über die Nieren ausgeschieden. Das SCF hat Acesulfam-K im Jahr 2000 hinsichtlich dessen Sicherheit zur Verwendung in Lebensmitteln reevaluiert und fasst zusammen, dass mehrere Studien darauf hindeuten, dass Acesulfam-K nicht mutagen wirkt (SCF, 2000b). Die Ergebnisse einer Studie, dass Acesulfam-K erbgutschädigend wirkt und dabei eine Dosisabhängigkeit feststellt (Mukherjee & Chakrbarti, 1997), konnten nicht reproduziert und nicht bestätigt werden (SCF, 2000).

Acesulfam-K zeigt auch in hohen Konzentrationen keine Anzeichen einer karzinogenen Wirkung (Roth & Lück, 2012; SCF, 2000b).

Bei Mäusen, die vier Wochen lang eine kohlenhydratarme Ernährung bekamen, konnten bei Konsum von Acesulfam-K (25 mmol/l im Trinkwasser) im Vergleich zu einer Gruppe, die nur die kohlenhydratarme Ernährung erhielt und einer Gruppe, deren Futtermenge auf 70% reduziert wurde, verschlechterte kognitive Funktionen und gleichzeitig verringerte Glucosekonzentration im frontalen Cortex, obwohl Blutglucoselevel gleich war, nachgewiesen werden (Ibi, Suzuki & Hiramatsu, 2018). In einer Studie, in der Mäuse 4 Wochen lang 37,5 mg/kg bw/d Acesulfam-K bekamen, wurde bei den männlichen Individuen eine stärkere Gewichtszunahme beobachtet und damit assoziierte Veränderungen der Darmflora festgestellt. Bei weiblichen Mäusen gab es andere Veränderungen der Darmflora und keine Gewichtszunahme (Bian, Chi, Gao, Tu, Ru & Lu, 2017). Magnuson et. al. sehen einen Einfluss von Acesulfam-K auf die Darmflora allerdings als unwahrscheinlich an, auch wenn in vitro in hohen Dosen nachgewiesen werden konnte, dass es die anaerobe Fermentation von Glucose durch Bakterien, die aus dem Blinddarm von Ratten entnommen wurden, hemmt. Acesulfam-K wird allerdings auch bereits im Dünndarm resorbiert (Magnuson et al., 2016).

In einer neuen Untersuchung induzierte Acesulfam-K Lumineszenz in gentechnisch veränderten, biolumineszierenden Bakterien, die genotoxisch-sensitiv auf Substanzen reagieren, was auf eine mögliche Mutagenität hindeutet (Harpaz et. al. 2018).

Acesulfam-K kann hergestellt werden, indem Acetessigsäure-t-butylester (1) mit Fluorsulfonylisocyanat (2) umgesetzt wird. Das Produkt zerfällt in der Wärme in Kohlenstoffdioxid, Isobuten und N-Fluorsulfonylacetessigsäureamid (3). Mit KOH wird der Ring zu Acesulfam geschlossen (Abb. 2) (Roth & Lück, 2012, S. 178)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Herstellung Acesulfam-K

3.2 Aspartam (E 951)

Aspartam (L-α-Asparagyl-L-phenylalaninmethylester, Abb. 3) ist ein weißer, geruchsloser, kristalliner Feststoff, der ca. 150-200-mal süßer als Saccharose ist (Lang, 2014a). Dabei tritt kein bitterer oder metallischer Nachgeschmack auf (Magnuson, Burdock, Doull, Kroes, Marsh, Pariza, Spencer, Waddell, Walker & Williams, 2007, S. 636). Allerdings ist das β-Isomer (Abb. 3) nicht süß und die L/D-, D/D- und D/L-Isomere schmecken alle bitter (Roth & Lück, 2012).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 α- und β-Isomer von Aspartam

Aspartam wird aus L-Phenylalaninmethylester und Asparaginsäure hergestellt. Beim chemisch-synthetischen Weg erhält man sowohl die α- als auch die β-Form, enzymatisch nur das α-Isomer. Anschließend erfolgt das Entfernen der Schutzgruppen, mehrere Reinigungsschritte, sowie die Trocknung (Magnuson et al., 2007, S. 633f.).

Die Süße des Dipeptidester wurde 1965 von James Schlatter, der an einem Präparat gegen Magengeschwüre arbeitete, entdeckt als er an seinem Finger leckte, um ein Stück Wägepapier aufzuheben (Ebermann & Elmadfa, 2011, S. 628; Roth & Lück, 2012).

Aspartam besitzt eine eher schlechte Wasserlöslichkeit von 3g auf 100 ml Wasser bei Raumtemperatur (Ebermann & Elmadfa 2011, S.628). Aspartam ist weniger stabil als Saccharin oder Cyclamat. Im neutralen oder alkalischen pH-Bereich kann es zu Diketopiperazinen zyklisieren (Abb. 4), für welches ein ADI-Wert von 7,5 mg/kg bw gilt (Rohn, 2015) oder zu α-L-Asparagyl-L-phenylalanin und Methanol hydrolysieren. Im sauren pH-Bereich ist neben der Hydrolyse auch die Bildung von β-Aspartam möglich. Dabei sind auch die Produkte der nicht vollständigen Hydrolyse Phenylalaninmethylester oder β-L-Asparagyl-L-phenylalanin nachweisbar (Magnuson et. al., 2007, S. 634ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Abbauprodukte von Aspartam

Das Stabilitätsoptimum von Aspartam liegt im pH-Bereich von 4-5, was im typischen pH-Bereich von Erfrischungsgetränken liegt (Ebermann & Elmadfa, 2011, S.628; Roth & Lück, 2012). Aspartam ist allerdings auch wenig hitzestabil und zersetzt sich bei höheren Temperaturen leicht (Roth & Lück, 2012), weshalb es nicht zum Backen geeignet ist. Aspartam wird u.a. zum Süßen kalorienreduzierter Erfrischungsgetränke, Desserts, Milchzubereitungen, Speiseeis und Brotaufstriche verwendet. Häufig wird es mit Cyclamat kombiniert (Grashoff, 2005).

Basierend auf einem NOAEL von 4 mg/kg bw in Langzeitstudien an Ratten wurde für Aspartam ein ADI von 40 mg/kg bw/d festgelegt. 2013 wurde von der EFSA anhand vorliegender Daten in Europa ein durchschnittlicher Konsum von 0,8-4 mg/kg bw/d und am 95. Perzentil von 2,3- 13,2 mg/kg bw/d bei Erwachsenen berechnet. Bei Kindern von 3 bis 9 Jahren liegen die Werte mit 1,8- 12,6 und 6,3-32,4 mg/kg bw/d höher (EFSA Panel on Food Additives and Nutrient Sources added to Food [EFSA ANS Panel], 2013a, S. 36-38). Selbst die Menschen mit dem höchsten Aspartamkonsum bleiben somit unter dem ADI.

Aspartam besitzt als Dipeptidester einen Brennwert, der etwa 4 kcal/g beträgt und damit ungefähr so groß ist, wie jener von Saccharose. Da Aspartam allerdings 200-mal süßer ist, werden nur geringste Mengen davon benötigt, sodass der Brennwert von Lebensmitteln kaum erhöht wird. Nach Einnahme von Aspartam wird es im Gastrointestinaltrakt durch Peptidasen und Esterasen vollständig in Asparaginsäure, Phenylalanin und Methanol hydrolysiert. Alle drei Bestandteile werden aufgenommen und wie aus jedem anderen Lebensmittel metabolisiert. Methanol wird in der Leber enzymatisch zu Methanal und anschließend innerhalb weniger Minuten zu Methansäure oxidiert. Diese wird über den Urin ausgeschieden oder weiter zu CO2 oxidiert. Aspartat wird von Enterozyten zu Oxalacetat konvertiert und aufgenommen. Aus Oxalacetat kann wieder Asparaginsäure gebildet und im Harnstoffzyklus oder in der Gluconeogenese metabolisiert werden, sowie als Neurotransmitter fungieren. Phenylalanin wird nach der Resorption teilweise in der Leber enzymatisch zu Tyrosin umgewandelt. Mit Hilfe von Phenylalanin werden außerdem die Neurotransmitter Norepinephrin, Epinephrin und Dopamin gebildet. Überschüssige Asparaginsäure und überschüssiges Phenylalanin wird über den Urin ausgeschieden. (Magnuson et. al. 2016)

Da Aspartam nach der Aufnahme vollständig hydrolysiert und verstoffwechselt wird, betreffen Bedenken bezüglich des Aspartamkonsums v.a. dessen Abbauprodukte. Auch wenn bei sehr hohem Aspartamkonsum nur 1-3% der insgesamt über die Nahrung aufgenommenen Mengen an Phenylalanin und Asparaginsäure aus Aspartam stammen (Butchko, Stargel, Comer, Mayhew, Benninger, Blackburn, Sonneville, Geha, Hertelendy, Koestner, Leon, Liepa, McMartin, Mendenhall, Munro, Novotny, Renwick, Schiffman, Schomer, Shaywitz, Spiers, Tephly, Thomas & Trefz, 2002, S. 13f.), stand und steht Aspartam aufgrund deren Wirkung auf die Konzentration der Neurotransmitter Dopamin, Serotonin und Norepinephrin in Verdacht, Kopfschmerzen und Migräne auszulösen, Verhaltensänderungen hervorzurufen und die kognitiven Fähigkeiten und die Lernfähigkeit zu beeinflussen. Allerdings werden selbst bei den Menschen mit besonders hohem Aspartamkonsum keine Konzentrationen von Aspartat oder Phenylalanin im Blut erreicht, die mit negativen gesundheitlichen Folgen assoziiert sind (Butchko et al., 2002; Magnuson et al., 2007, S. 647-656). Menschen, die an der Erbkrankheit Phenylketonurie leiden (ca. 1 von 8000), sollten Aspartam allerdings meiden, da durch den Mangel am Enzym Phenylalaninhydroxylase Phenylalanin nicht in die Aminosäure Tyrosin umgewandelt werden kann. Die Konzentration an Phenylalanin im Blut kann deshalb unbehandelt ungewöhnlich hoch ansteigen, was zu schweren geistigen Entwicklungsstörungen führt. Menschen mit Phenylketonurie müssen deshalb bereits kurz nach der Geburt eine phenylalaninarme Ernährung befolgen. Heutzutage werden alle Neugeborenen auf diese Krankheit untersucht. Die Krankheit kann durch Phenylketone im Urin erkannt werden, was ihr den Namen gab (Butchko et. al. 2002, S. 29; Roth & Lück 2012, S.178).

Auch wenn Methanol ein Hydrolyseprodukt von Aspartam ist, geht von diesem nicht die Gefahr einer Methanolvergiftung aus. Methanol kommt in vielen Lebensmitteln, z.B. in Früchten und verschiedenen Gemüsearten natürlich vor. Die durch den Konsum von aspartamhaltigen Lebensmitteln aufgenommenen Mengen sind im Vergleich dazu gering. Säfte, insbesondere Tomatensaft, können bei gleicher Menge bis zu 5-mal mehr Methanol enthalten, wie mit Aspartam gesüßte Getränke (Roth & Lück, 2012). Etwa 10 % des Gewichts von Aspartam entfallen auf den Methylrest (Magnuson et. al., 2016). Die Konzentration von Methanol und auch von Methanal im Blut ändert sich durch den Konsum von Aspartam praktisch nicht (Magnuson et. al. 2016; Roth & Lück, 2012).

Befürchtungen, dass Aspartam die Entstehung von Hirntumoren begünstigen könnte, kamen bereits vor dessen Zulassung anhand einer Langzeitkrebsstudie an Ratten auf, konnten aber bisher nicht bestätigt werden (Butchko et. al. 2002, S.65-72). Es gibt keine Belege dafür, dass Aspartam krebserregend ist (Weihrauch & Diehl, 2004).

3.3 Cyclamat (E 952)

Cyclamat (Cyclohexansulfamidsäure und deren Natrium-, Kalium und Calciumsalze) wurde von Michael Sveda an der University of Illionois zufällig entdeckt, als er versuchte, fiebersenkende Wirkstoffe zu synthetisieren. Eine von ihm im Labor angezündete Zigarette schmeckte dabei süß. Mit der etwa 35-fachen Süßkraft von Saccharose hat es die geringste von allen Süßstoffen, besitzt allerdings eine der Saccharose sehr ähnliche Süße. Cyclamat weist eine gute Hitze- und pH-Stabilität auf (Roth & Lück, 2012). Es kommt u.a. zum Süßen von Getränken, Süßwaren, Obstkonserven oder Milcherzeugnissen zum Einsatz und ist sehr häufig in Tafel- und Streusüßen enthalten (Ebermann & Elmadfa 2011, S. 629). Es ist jedoch nicht für Kaugummis oder Bonbons zugelassen (Die Verbraucher Initiative e.V., 2011a). Saccharin und Cyclamat werden, aufgrund der synergistischen Effekte bezüglich der Süße bei Kombination verschiedener Süßstoffe und weil der Nachgeschmack von Saccharin nicht auftritt, meist im Massenverhältnis von 1:10 kombiniert. (Roth & Lück, 2012). Wegen der besseren Wasserlöslichkeit wird Cyclamat in Form seines Natriumsalzes verwendet. Die Herstellung von Cyclamat erfolgt über die Sulfonierung von Cyclohexylamin mit Amidosulfonsäure (Abb. 5) (Die Verbraucher Initiative e.V., 2011a; Roth & Lück, 2012)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Herstellung Cyclamat

Cyclamat ist seit 1970 in den USA nicht mehr zugelassen, da es in sehr hohen Dosen bei Ratten Blasenkrebs begünstigt hat (Ebermann & Elmadfa 2011, S. 629). Die Ergebnisse konnten in späteren Experimenten nicht bestätigt werden (Matissek & Baltes, 2016, S.260). Das Verbot in den USA gilt dennoch bis heute.

Cyclamat kann außerdem in geringem Maß von Darmbakterien in Cyclohexylamin umgewandelt werden, welches im Tierversuch bei Ratten toxisch auf das Zentralnervensystem wirkte (Ebermann & Elmadfa 2011, S. 629). Cyclohexylamin wird auch für aufgetretene Schäden an Hoden und Spermien in Tierversuchen, v.a. an Ratten verantwortlich gemacht, wobei deren Übertragbarkeit auf Menschen als begrenzt angesehen wird (Die Verbraucher Initiative e.V., 2011a; European Chemicals Agency [ECHA], 2017).

Als akzeptable tägliche Aufnahmemenge für Cyclamat gilt seit 2000 7 mg/kg bw. Der ADI wurde von 11 auf 7 mg/kg bw, da neue Erkenntnisse vorlagen, wonach die Umsetzungsrate von Cyclamat im Körper höher war, als vorher angenommen (Bundesinstitut für Risikobewertung [BfR], 2014). Die Sulfaminsäuregruppe könnte im Unterricht qualitativ nachgewiesen werden, indem Cyclamat mit salpetriger Säure versetzt wird, wobei Sulfaminsäuren Schwefelsäure abspalten. Diese kann anschließend mit Bariumchloridlösung als weißes Bariumsulfat ausgefällt werden. (Benk, Czaja, Bötticher, Drews, Gutschmidt, Herrmann, Kovacs, Martens, Mohler, Nehring, Reiff & Sulser, 1968, S. 253).

3.4 Saccharin (E 954)

1878 von Ira Remsen und Constantin Fahlberg an der Johns Hopkins University in Baltimore entdeckt, gilt Saccharin (Benzoesäuresulfimid, sowie dessen Natrium-, Kalium- und Calciumsalze) als der älteste Vertreter der (künstlichen) Süßstoffe. Bei der Suche nach einem Syntheseweg von o-Sulfobenzoesäure aus o-Toluensulfonsäure fiel ebenfalls Saccharin an, dessen süßen Geschmack Fahlberg später an seinen Händen bemerkte. Fahlberg meldete schließlich 1884 zusammen mit dem Kaufmann Adolf List Patente für die Herstellung von Saccharin an und 1887 begann die industrielle Saccharin-Produktion in Salbke bei Magdeburg (Roth & Lück, 2011). Weil Saccharin etwa 500-mal süßer als Saccharose ist, erlangte es als preiswerter Zuckerersatz für breite Bevölkerungsschichten wirtschaftliche Bedeutung, obwohl ihm ein unangenehmer metallischer Beigeschmack anhaftet. (Roth & Lück 2012; Matissek & Baltes 2016, S. 258). Aufgrund der Konkurrenz zu Zucker wurden in vielen Ländern Einschränkungen und Verbote für Saccharin erlassen. In Deutschland war Saccharin mit dem Eintreten des 2. Süßstoffgesetzes ab 1902 nur noch in Apotheken auf ärztliches Rezept erhältlich. Da nur in der Schweiz Saccharin frei erhältlich und nicht mit hohen Steuern oder sonstigen Beschränkungen belegt war, wurde Saccharin in dieser Zeit zur Schmuggelware. Erst 1916 im 1. Weltkrieg hob man das Saccharin-Verbot in Deutschland wieder auf (Roth & Lück, 2011).

Auch heute gehört Saccharin noch zu den am meisten verwendeten Süßstoffen. Aufgrund der besseren Wasserlöslichkeit werden in Lebensmitteln und Tafelsüßen die Salze verwendet. Saccharin selbst ist schlecht wasserlöslich, Das Wasserstoffatom der Imidogruppe ist jedoch sehr azid und kann leicht durch Kationen ersetzt werden (Ebermann & Elmadfa, 2011 S. 627 f.). Den metallisch-bitterem Nebengeschmack versucht man durch Kombination mit anderen Süßstoffen teilweise zu eliminieren (Matissek & Baltes, 2016, S. 258ff.). Saccharin ist hitzebeständig und bewahrt auch in wässrigen und säurehaltigen Produkten seine Süßkraft dauerhaft (Grashoff, 2005).

Saccharin ist der bestuntersuchte Lebensmittelzusatzstoff (Roth & Lück, 2011). Nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesundheitliche Bedenken prägten die Geschichte von Saccharin. 1977 wurde in den USA ein Verbot angekündigt, aufgrund von Daten einer noch nicht veröffentlichten und noch nicht abgeschlossenen Studie, in der Ratten durch extrem große Mengen Saccharin von etwa 2500 mg/kg bw an Blasenkrebs erkrankten. Das amerikanische Lebensmittelrecht verlangte nach einem Verbot, welches aus wissenschaftlicher Sicht jedoch unbegründet erschien und aufgrund von Protesten der Bevölkerung ausgesetzt wurde. Stattdessen mussten saccharinhaltige Produkte mit Warnhinweisen versehen werden. Im Jahr 2000 wurde Saccharin von der Liste krebserregender Stoffe gestrichen und das geplante Verbot in der Folge aufgehoben. (Roth & Lück, 2011)

Das Auslösen von Blasenkrebs bei Ratten konnte später damit erklärt werden, dass durch den hohen pH-Wert des Rattenurins und der höheren Protein- und Kalziumkonzentration die Bildung von Mikrokristallen begünstigt wird und Ratten ihren Urin stärker konzentrieren, wodurch er länger in der Blase bleibt (Roth & Lück 2011; Ebermann & Elmadfa 2011, S. 627).

85-95% des aufgenommenen Saccharins werden absorbiert, der Rest mit dem Stuhl ausgeschieden. Im Blut bindet es reversibel an Plasmaproteine und wird schließlich in unveränderter Form aktiv von den Nieren in den Urin abgegeben und ausgeschieden. Der Mechanismus ist sättigbar, was bei Ratten bei über 3% Saccharin in der Nahrung erreicht wurde und eine Anreicherung von Saccharin im Blut zur Folge hätte (Magnuson et. al. 2016). Eine solche Menge zu erreichen erscheint allerdings kaum möglich.

In einer Untersuchung an Mäusen wurde eine durch den Konsum von Aspartam, Saccharin und Sucralose induzierte Glucoseintoleranz festgestellt. Anschließend untersuchte man nur Saccharin weiter, wobei die Glucoseintoleranz auf deutliche Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmflora zurückzuführen schien. Die Veränderungen in den Anteilen der einzelnen Bakterienarten, eine Überrepräsentation der Bacteroides -Gattung und eine Unterrepräsentation von Clostridiales, sind beim Menschen mit der Entstehung von Typ-2-Diabetes assoziiert (Suez, Korem, Zeevi, Zilberman-Schapira, Thaiss, Maza, Israeli, Zmora, Gilad, Weinberger, Kuperman, Harmelin, Kolodkin-Gal, Shapiro, Halpern, Segal & Elinav, 2014).

Hergestellt werden kann Saccharin im Remsen-Fahlberg-Prozess oder im Maumee-Prozess, welcher aktuell zur industriellen Herstellung genutzt wird (Magnuson et. al, 2016). In dieser in den 1950er Jahren entwickelten Synthese wird Phthalsäureanhydrid zum Anthranilsäuremethylester umgesetzt, welcher anschließend mit salpetriger Säure im salzsauren Milieu diazotiert wird. Das Diazoniumsalz wird anschließend mit Stickstoffdioxid zur Sulfonsäure und schließlich mit Chlor und Ammoniak zum Saccharin umgesetzt (Abb. 6) (Roth & Lück, 2011).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Maumee-Verfahren zur Herstellung von Saccharin (vgl. Roth & Lück, 2012, S.413)

Im Remsen-Fahlberg-Verfahren wird Toluol mit Schwefelsäure zu einem Gemisch aus ortho- und para-Toluolsulfonsäure sulfoniert. Anschließend werden diese mit Phosphorpentachlorid in die entsprechenden Sulfochloride umgesetzt. Durch Reaktion mit Ammoniak erhält man das Sulfonsäureamid, welches anschließend mit Kaliumpermanganat zu Saccharin (60%) und para-Sulfamoylbenzoesäure (40%) oxidiert wird. Das Nebenprodukt wird anschließend abgetrennt durch Behandlung mit Lauge, wobei zuerst Saccharin in Lösung geht (pKs Saccharin =2, von para-Sulfamoylbenzoesäure = 3,6) (Abb. 7) (Roth & Lück, 2011).

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Abbildung 7: Remsen-Fahlberg-Prozess zur Herstellung von Saccharin (vgl. Roth & Lück, 2012, S. 413)

3.5 Sucralose (E955)

Sucralose((1,6-Dichlor-1,6-didesoxy-β-D-fructofuranosyl)-4-chlor-4-desoxy-α-D-galactopyranosid), ein chlorhaltiger Saccharoseabkömmling, ist in der EU seit 2004 als Süßstoff u.a. für Getränke auf Wasser-, Milch- und Fruchtsaftbasis, Dessertspeisen und verschiedene Süßwaren zugelassen. Es handelt sich um einen farblosen, kristallinen Feststoff, der hitzestabil und damit auch zum Kochen und Backen geeignet ist (Grashoff, 2005; Lang, 2014b). Sucralose bleibt auch bei niedrigen pH-Werten, wie sie oft in Lebensmitteln vorgefunden werden, sowie gegenüber enzymatischer Hydrolyse stabil (Grotz & Munro, 2009; Tollefsen, Nizzetto & Huggett, 2012). Eine sehr geringe Hydrolyse in die chlorierten Monosaccharide in saurer Lösung ist allerdings nachweisbar, jedoch nicht mehr ab einem pH-Wert von 4-6 (Grice & Goldsmith, 2000).

Die Süßkraft ist ca. 600-650-mal höher als die von Saccharose selbst. Dabei weist Sucralose ein dem Zucker sehr ähnliches Geschmacksprofil ohne Neben- oder Nachgeschmack auf. Mit einer Wasserlöslichkeit von 283 g/l Wasser bei 20 °C ist es zwar deutlich schlechter löslich als Zucker, was durch die hohe Süßkraft allerdings mehr als ausreichend ist. (Grashoff, 2005; Lang, 2014a). Sucralose hat kaum Auswirkungen auf pH-Wert oder Viskosität des Lebensmittels (Magnuson et. al. 2016).

Entdeckt wurde Sucralose 1976, als eine Tetrachlorgalaktosaccharose von einem Doktoranden der Arbeitsgruppe von Leslie Hough an der University of London nach einem Missverständnis gekostet wurde. Da diese einen angenehmen und intensiv süßen Geschmack hatte, wurden systematisch Hydroxylgruppen der Saccharose mit Chlor substituiert. Die heute als Sucralose bekannte Verbindung wurde schließlich als Süßstoff verwendet (Roth & Lück, 2012).

Durch die Substitution der OH-Gruppen in den Positionen 4, 1‘ und 6‘ durch Chloratome wird Sucralose vom Körper nicht in die Monosaccharide zerlegt oder von Körper zur Energiegewinnung verstoffwechselt, da aufgrund der damit einhergehenden Konformationsänderung in 6‘-Position keine Enzyme am Molekül angreifen können. Es liefert daher keine Kalorien und hat keine Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel. Außerdem werden nur etwa 15% der aufgenommenen Sucralose im Darm absorbiert (Grotz & Munro, 2009). Sucralose hat im Gegensatz zu Saccharose keine Auswirkungen auf den Plasmainsulinspiegel, stimuliert nicht die Insulinausschüttung und hat keine Auswirkungen auf die Insulinantwort in Folge von Saccharosekonsum (Grice & Goldsmith, 2000). Der im Darm absorbierte Anteil wird, über den Urin ausgeschieden. Ein kleiner Anteil davon wurde von der Leber zuvor glucuronidiert. Der Rest verlässt den Körper mit dem Stuhlgang. Eine Anreicherung im Körper findet nicht satt. Auch für Bakterien der Mundflora bietet Sucralose keine Nahrung und ist somit nicht kariogen (Grotz & Munro 2009; Magnuson et. al. 2016).

Sucralose wird von zahlreichen public health autorities weltweit als sicher eingestuft (Grotz & Munro 2009). Anhand der in Tierversuchen beobachteten verminderten Nahrungsaufnahme und geringerem Körpergewicht von mit Sucralose gefütterten Tieren wurde ein NOAEL von 1500 mg/kg bw ermittelt, welches als Grundlage für den ADI von 15 mg/kg bw/d bildet (Scientific Committee on Food [SCF], 2000a).

Bei Mäusen konnte allerdings eine Veränderung der Zusammensetzung der Darmflora beobachtet werden, nachdem diese 14,2 mg/kg bw Sucralose über einen Zeitraum von acht Wochen erhielten, was innerhalb des ADI liegt. Außerdem wurde bei diesen Mäusen eine veränderte Zusammensetzung der Gallensäure und eine erhöhte Cholesterinkonzentration in der Leber festgestellt werden (Uebanso, Ohnishi, Kitayama, Yoshimoto, Nakahashi, Shimohata, Mawatari & Takahashi, 2017). In einer weiteren Studie wurde eine durch den Konsum von Sucralose induzierte Glucoseintoleranz festgestellt, allerdings wurde anschließend nur Saccharin näher untersucht (Suez et al., 2014).

Als chlororganische Verbindung wird Sucralose auch in der Natur nur sehr langsam abgebaut. In Kläranlagen wird Sucralose kaum aus dem Wasser entfernt und konnte in Abwässern und Oberflächengewässern in Konzentrationen von wenigen µg/L nachgewiesen werden. Da Sucralose sehr gut wasserlöslich ist, reichert sie sich nicht in organischem Gewebe oder im Boden an. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass Sucralose schädigend auf Wasserorganismen wirkt (Tollefsen et. al., 2012).

3.6 Thaumatin (E 957)

Der natürliche Süßstoff Thaumatin stammt aus den Beeren der in Westafrika heimischen Katamfe (thaumatococcus daniellii). Als süßen Inhaltstoff enthält die Frucht ein Gemisch aus den Proteinen Thaumatin I, II, II, a, b und c, bestehend aus jeweils 207 Aminosäuren mit den Hauptbestandteilen Thaumatin I und Thaumatin II. Das Protein zeichnet sich durch eine extrem hohe Süßkraft von 2000-3000 im Vergleich zu Saccharose aus (Roth & Lück, 2012). Von den Einheimischen in den Ursprungsländern werden die Kernschalen der Katamfe-Frucht seit langem zum Süßen verwendet (Ebermann & Elmadfa, 2011, S. 633).

Die Geschmacksempfindung süß tritt verzögert ein und hat einen lakritzähnlichen Nachgeschmack, verstärkt die Intensität von Aromen (Ebermann & Elmadfa, 2011, S. 633). Die Isolierung von Thaumatin I und II gelang 1972 durch Wissenschaftler der Firma Unilever (Roth & Lück, 2012). Thaumatin kann heute auch mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen produziert werden (Die Verbraucher Initiative e.V., 2011b).

Als Protein ist es nicht hitzestabil. Es ist dagegen relativ säurestabil, verliert seine Süßkraft aber bei einem pH-Wert unter 2,5 (van der Wel & Loeve, 1972). Für den seit 1996 in der EU zum Süßen von Lebensmitteln zugelassenen Süßstoff wurde außerdem kein ADI-Wert festgelegt, da Thaumatin auch langfristig als unbedenklich gilt (Rohn, 2015, S. 321).

Verwendung findet Thaumatin in Kaugummis, diätetischen Erzeugnissen, pharmazeutischen Produkten, Getränken und als Futtermittelzusatz (Lang, 2009). In der Regel ist es im Supermarkt und Discounter als Bestandteil von Flüssigsüßen zu finden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Darstellung von Thaumatin2

3.7 Neohesperidin-Dihydrochalkon (E 959)

Neohesperidin ist ein Bitterstoff der z.B. in Grapefruits und Bitterorangen vorkommt (Schwedt, 2010, S. 140). Ausgehend vom Naturstoff Neohesperidin kann der Süßstoff Neohesperidin-Dihydrochalkon hergestellt werden, indem Neohesperidin in 10%iger Kalilauge gelöst und mit Hilfe eines Palladium-Kohle-Katalysators bei Raumtemperatur und 2 bar Druck hydriert wird (Abb. 9). Die industrielle Herstellung erfolgt ausgehend von Naringin aus Grapefruitschalen in 30%iger Kalilauge bei 100°C, weil Neohesperidin nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Phloracetophenon wird isoliert und kondensiert mit Isovanillin zu Neohesperidin-Chalkon, welches anschließend hydriert wird (Abb. 10) (Roth & Lück, 2012). Der erhaltene Süßstoff besitzt eine Süßkraft von 400 bis 600 (Kulling & Lang, 2014b) mit mentholartigem Nachgeschmack (Schwedt, 2010, S. 140). In geringen Konzentrationen wirkt es außerdem als Aromaverstärker (Roth & Lück, 2012). In einem Liter Wasser sind bei 20°C nur 0,4 bis 0,5 g löslich (Kulling & Lang, 2014b). Die Wasserlöslichkeit nimmt erst im alkalischen deutlich zu. Neohesperidin-Dihydrochalkon ist außerdem nur begrenzt hydrolysestabil (Schwedt, 2010, S. 140).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Herstellung ausgehend von Neohesperidin

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Abbildung 10: Herstellung ausgehend von Naringin

Es gibt wenig Daten zum Metabolismus beim Menschen. Es wird davon ausgegangen, dass Neohesperidin-Dihydrochalkon nur zu einem geringen Prozentsatz resorbiert und über den Urin ausgeschieden wird. (Kulling & Lang, 2014b). Vom SCF wurde 1987 ein ADI von 5 mg/kg bw/d ermittelt (Roth & Lück, 2012)

3.8 Steviolglycoside (E 960)

Stevia ist ein natürliches Süßungsmittel, welches aus den Blättern von Stevia rebaudiana Bertoni extrahiert und gereinigt wird (EFSA Panel on Food Additives and Nutrient Sources added to Food [EFSA ANS Panel], 2010, S.11). Ovidio Rebaudi, ein portugiesischer Chemiker, extrahierte 1900 erstmals eine süße Substanz aus den Blättern von Stevia rebaudiana Bertoni, wodurch die Pflanze schließlich ihren Namen erhielt. Bertoni war der Name eines Schweizer Botanikers, der die Pflanze ein Jahr zuvor klassifizierte (Roth & Lück, 2012).

In Paraguay beispielsweise werden Steviablätter bereits seit mehreren Jahrhunderten als Süßungsmittel verwendet (Behrens, Meyerhof, Hellfritsch & Hofmann, 2011). Dahingegen sind Steviolglycoside als Süßungsmittel erst seit 2011 in EU zugelassen, weil vorher noch keine ausreichenden Daten bezüglich der Sicherheit von Stevia vorhanden waren (Magnuson et. al. 2016).

Die getrockneten Blätter der Steviapflanze enthalten 8-10% süß schmeckende Inhaltsstoffe, von denen mittlerweile über 30 bekannt sind. Steviosid und Rebaudiosid A sind die Hauptkomponenten. (Roth & Lück, 2012). Das gemeinsame Grundgerüst der Steviolglycoside bildet das Aglycon Steviol, ein selbst geschmackloses Diterpen (Matissek & Baltes, 2016, S.263). An dieses sind an C19 über eine Esterbindung und eine Etherbindung an C13 verschiedene Zucker gebunden. An Steviosid sind beispielsweise insgesamt drei Glucosemoleküle gebunden, an Rebaudiosid A 4 (Brahmachari, Mandal, Roy, Mondal & Brahmachari, 2011). Handelsübliche Steviolgycoside enthalten mindestens 95% Steviosid und/oder Rebaudiosid A (EFSA, 2010, S.8).

Die Süße, die 200- bis 300-fach größer als die von Saccharose ist (EFSA ANS Panel, 2010, S. 8), wird als milder und erfrischender als die derselben beschrieben (Brahmachari et al., 2011). Steviosid hat in hohen Konzentrationen einen bitter-metallischen, teilweise lakritzartigen und langanhaltenden Nachgeschmack, weshalb Sorten mit höherem Rebaudiosid A-Anteil, bei dem dieser Effekt weniger stark auftritt, gezüchtet wurden. (Roth & Lück, 2012).

Zwischen pH 4 und 6 sind Steviolglycoside am stabilsten. Sind Steviosid oder Rebaudiosid A über einen längeren Zeitraum hohen Temperaturen ausgesetzt, findet eine Hydrolyse statt, wobei zuerst die Esterbindung gespalten wird. Es wird deshalb empfohlen, Steviolglycoside nicht über 120°C zu erhitzen. (EFSA ANS Panel, 2010, S. 12f.)

Steviolgycoside werden selbst kaum absorbiert und kann durch Verdauungsenzyme nicht zu Steviol und die daran gebundenen Zuckerreste hydrolysiert werden. Allerdings werden Steviolglycoside im Dickdarm durch die natürliche Darmflora hydrolysiert (Brahmachari et. al., 2011). Die bei der Hydrolyse im Dickdarm freiwerdende Glucose wird von Bakterien abgebaut. Bisher wurden keine negativen Effekte auf die Darmflora gefunden (Magnuson et. al., 2016). Das gebildete Steviol wird nun zum großen Teil resorbiert. Freies Steviol zirkuliert allerdings aufgrund der Konjugation mit Glucuronsäure in der Leber praktisch nicht im Körper. Als Steviolglucoronid wird es vom Menschen über den Urin ausgeschieden. Steviolglycoside akkumulieren nicht im Körper (EFSA ANS Panel, 2010).

Steviolglycoside waren in der EU lange Zeit nicht als Süßungsmittel zugelassen, da erste Studien an Tieren Hinweise auf fruchtschädigende bzw. die Fruchtbarkeit beeinträchtigende Wirkungen gaben und Frauen der Pai-Tavitera-Indianerstämme am Mato Grosso die Steviapflanze oral als empfängnisverhütendes Mittel verwendeten. Die Wirkung konnte auch bei weiblichen Ratten bestätigt werden. Eine Reihe negativer physiologischer Auswirkungen der Steviolglycoside können aber anscheinend auf unreine Steviaextrakte zurückgeführt werden (Roth & Lück, 2012). Steviolglycoside zeigten in späteren Studien keine Auswirkungen auf die Spermatogenese oder Fertilität von Ratten, Mäusen und Hamstern. Steviol war aber toxisch für Schwangere Hamster und deren Fötus, wenn diese vom 6. Bis 10. Tag der Schwangerschaft 0,5 bis 1 g/kg bw/d erhielten. (EFSA ANS Panel, 2010, S. 31)

In einer Krebsstudie an Ratten wurde in den Gruppen, die mit Steviosid gefüttert wurden ein geringeres absolutes Nierengewicht, ein geringeres absolutes Gewicht der Ovarien, und ein größeres relatives Gewicht des Gehirns bei weiblichen Ratten beobachtet, anhand dessen der ADI von 4 mg/kg bw/d bezogen auf das Aglycon Steviol (entsprechend ca. 9,7 mg/kg bw/d Steviosid) festgelegt wurde. Außerdem zeigten die Ratten, die Steviosid bekamen eine geringere Schwere von chronischen Nephropathien. Es gab keine Unterschiede in neoplastischen Veränderungen, außer eine geringere Anzahl an Brustadenomen (EFSA ANS Panel, 2010, S.30). Einige Studien zeigen eine antikanzerogene Wirkung von Steviosid und Steviol sehr hohen Konzentrationen. Mehrere Steviolglycoside hemmten außerdem das Tumorwachstum (Brahmachari et. al., 2011). Bei Mäusen mit Hautkrebs konnte mit topisch aufgetragenen Steviaextrakten das Tumorwachstum verlangsamt werden (EFSA ANS Panel, 2010, S.31). Häufig wird bei Versuchstieren, die hohe Dosen Steiolglycoside über einen längeren Zeitraum erhielten, eine geringere Gewichtszunahme und zeitweise eine geringere Nahrungsaufnahme berichtet (EFSA ANS Panel, 2010).

Die Blätter von Stevia Rebaudiana werden außerdem traditionell gegen Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, und zur Wundheilung eingesetzt. Bei Ratten und Menschen konnte eine blutdrucksenkende Wirkung von Steviosid nach intravenöser Injektion nachgewiesen werden ohne negative Auswirkungen. Mehrere Studien an Versuchstieren deuten darauf hin, dass Steviolglycoside blutzuckerregulierend wirken, die Insulinausschüttung anregen, sowie die Insulinsensitivität und die Glukosetoleranz verbessern könnten. Rebaudiosid A steigerte die Insulinsekretion isolierter Inselzellen von Mäusen. Bei Mäusen zeigte sich auch eine antioxidative Wirkung, wodurch es die Entstehung von atherosklerotischen Plaques bei übergewichtigen, insulinresistenten Mäusen verminderte (Brahmachari et al., 2011; EFSA ANS Panel, 2010, S. 34ff.). Studien an Menschen mit und ohne Diabetes Mellitus Typ 2 zeigen aber, dass auch bei hohen Dosen bis 1000 mg pro Tag (bei 60 kg Körpergewicht etwa 5,5 mg/kg bw Stevioläquivalente) keine nennenswerten Auswirkungen auf die Glucosehomöostase oder den Blutdruck zu erwarten sind (EFSA ANS Panel, 2010, S. 36ff.).

Weiterhin liegen kaum gesicherte Erkenntnisse über eine mögliche immunstimulierende oder immunmodulierende Wirkung oder einen Einfluss auf Entzündungswerte vor. Dies hätte Auswirkungen auf die Empfehlungen zum Stevia-Konsum für bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie z.B. Menschen mit Autoimmunerkrankungen oder entzündlichen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts. Vorliegende Studien sind wenig reproduzierbar oder aussagekräftig. In dieser Hinsicht besteht noch erheblicher Forschungsbedarf (EFSA ANS Panel, 2010, S. 39f.).

3.9 Neotam (E 961)

Neotam (N-[N-(3,3-dimethylbutyl)-L-α-aspartyl]-L-phenylalanin-1-methylester), ein weißer pulvriger Feststoff, wurde 1991 entdeckt, nachdem Prof. Claude Nofre und Dr. Jean-Marie Tinti von der Université Claude Bernard in Lyon lange mit verschiedenen Substituenten an der freien Aminogruppe des Aspartatteils an Aspartam experimentierten. Die Entdeckung von Neotam als Süßstoff war also kein Zufall. Es wurden zu diesem Zeitpunkt bereits ausgehend von Aspartam verschiedene Verbindungen mit deutlich höherer Süßkraft entwickelt, die es jedoch nicht bis zur kommerziellen Verwendung schafften. Auf Grundlage der bereits bekannten Süßkraft dieser Aspartamderivate entwickelten sie Modellvorstellungen zum Aufbau des Süßrezeptors auf der Zunge und leiteten daraus Strukturvorschläge ab. Neben der Entdeckung von Superaspartam und Thiosuperaspartam mit einer Süßkraft von 14.000 bzw. 50.000 (Abb. 11) entdeckten die Forscher das Neotam, welches 7.000- bis 13.000-fach süßer als Saccharose schmeckt (Roth & Lück, 2012). Es besitzt außerdem geschmacksverstärkende Wirkung (Die Verbraucher Initiative e.V., 2013).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Superaspartam (14000-mal süßer als Saccharose) und Thiosuperaspartam (50000-mal süßer als Saccharose)

Neotam ist in der EU seit 2010 durch die Richtlinie 2009/163/EU als Süßstoff und Geschmacksverstärker, u.a. für Getränke, Dessertspeisen, Süßwaren, Brotaufstriche, Obstkonserven, Konfitüren, Backwaren, diätetischen Lebensmitteln, Kaugummis und Nahrungsergänzungsmittel zugelassen.

Die EFSA (2007) kam in einer Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass Neotam nicht teratogen, karzinogen, genotoxisch., sowie reproduktions- oder entwicklungstoxisch wirkt und bedenkenlos bis zu einer Menge von 2 mg/kg bw ein Leben lang täglich verzehrt werden kann. Der ADI von Neotam wurde anhand einer Studie an Hunden festgelegt, in der bei Dosen von 600 und 1200 mg/kg bw/d über 52 Wochen eine erhöhte alkalische Phosphatase-Aktivität hepatischen Ursprungs festgestellt wurde, jedoch ohne weitere Anzeichen einer Hepatotoxizität. In Tierversuchen wurde außerdem eine verringerte Futteraufnahme und geringeres Körpergewicht bzw. eine geringere Gewichtszunahme festgestellt, ohne klare Dosisabhängigkeit von der gefütterten Menge Neotam (EFSA Panel on Food Additives and Nutrient Sources added to Food [EFSA ANS Panel], 2007).

Bei Mäusen konnte außerdem eine Veränderung der Darmflora festgestellt werden, nachdem über vier Wochen Neotam in einer Menge von 0,75 mg/kg bw/d gefüttert wurde . Firmicutes -Bakterien, v.a. die Familien Lachnospiraceae and Ruminococcaceae waren signifikant verringert, Bacteroidetes -Bakterien, insbesondere der Gattung Bacteroides waren signifikant erhöht, was eventuell eine Rolle beim in anderen Studien beobachteten geringeren Körpergewicht von mit Neotam gefütterten Testtieren spielen könnte (Chi, Bian, Gao, Tu, Lai, Ru & Lu, 2018).

Neotam ist stabiler als Aspartam. Bei der Hydrolyse entstehen N-[N-(3,3-Dimethylbutyl)-L-α-aspartyl]-L-phenylalanin und Methanol (EFSA ANS Panel, 2007, S. 7f., S. 13). Als sekundäres Amin neigt es bei höheren Temperaturen nicht zur Bildung von Dioxopiperazinen und es bildet mit aldehydischen Aromastoffen wie Vanillin oder Zimtaldehyd keine Schiff’schen Basen. Neotam ist zur Verwendung in Backwaren geeignet (Roth & Lück, 2012).

Der Metabolismus von Neotam unterschiedet sich vom Aspartam. Esterasen spalten die Esterbindung unter Bildung von Methanol und N-[N-(3,3-Dimethylbutyl)-L-α-aspartyl]-L-phenylalanin. Letzteres wird allerdings fast vollständig über Urin und Fäzes ausgeschieden. Ca. 5% werden zu Phenylalanin, Asparaginsäure und 3,3-Dimethylbutansäure abgebaut. 3,3-Dimethylbutansäure wird mit Carnitin verestert und ebenfalls über den Urin ausgeschieden (Roth & Lück, 2012). Auch bei Menschen, die an Phenylketonurie leiden, werden deshalb durch Neotam nur unwesentliche Mengen an Phenylalanin aufgenommen (EFSA ANS Panel, 2007, S. 13, S.29).

Neotam wird durch Reaktion von Aspartam mit 3,3-Dimethylbutanal in Methanol zu einer Schiff’schen Base und anschließender katalytischer Hydrierung hergestellt (Abb. 12) (Roth & Lück, 2012).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Herstellung Neotam

3.10 Aspartam-Acesulfam-Salz (E 962)

Aspartam-Acesulfam-Salz wurde 2003 in der EU als Süßstoff zugelassen (Grashoff, 2005). Es besteht aus einer Mischung aus dem Acesulfam-Anion und dem Aspartam-Kation im Molverhältnis 1:1 (Kulling & Lang, 2014a). Es ist ein weißes, geruchloses, kristallines Pulver. Aspartam-Acesulfam-Salz wird hergestellt, indem Aspartam und Acesulfam-K in saurer Lösung erhitzt werden. Es dissoziiert in wasserhaltigen Lebensmitteln, Speichel und Magensäure in das Aspartam-Kation und das Acesulfam-Anion. Die Stoffwechselwege entsprechen denen von Aspartam und Acesulfam-K selbst. Entsprechend gelten auch die ADI-Werte der beiden Komponenten. Genauso wie bei Aspartam, müssen Lebensmittel, die diesen Süßstoff enthalten, den Hinweis ‚enthält eine Phenylalaninquelle‘ tragen. (Kulling & Lang, 2014a; Magnuson et. al. 2016)

Das Salz schmeckt wie Mischung aus Aspartam und Acesulfam-K, hat aber einige Vorteile. Es ist nicht hygroskopisch, im kristallinen Zustand sehr stabil und löst sich schneller im Wasser, was positiv für Anwendungen in Tafelsüßen oder pharmazeutischen Tablettenpräparaten ist. In Kaugummis besitzt es im Vergleich zu Aspartam eine erhöhte Lagerfähigkeit, da die Reaktivität der Aminogruppe im Salz gegenüber aldehydischen Aromakomponenten geringer ist. Abgesehen von Kaugummis wird es nicht im größeren Umfang verwendet. Es sind weiterhing keine Gegenionen nötig, was eventuell für Natriumarme oder kaliumarme Diäten von Vorteil sein kann (Roth & Lück, 2012). Es gibt allerdings bisher keine Studien, die den Einfluss des Kaliums aus Acesulfam-K toxikologisch untersuchen. Außerdem ist unklar, ob Acesulfam-K intakt oder nur das Anion ausgeschieden wird. Angenommen, man nimmt am Tag die obere Grenze des ADI-Wertes von 9 mg/kg bw zu sich, dann würde dies für eine 70 kg schwere Person 630 mg Acesulfam-K ergeben. Etwa 20% dieser Masse stammen von Kalium, was 126 mg Kalium ausmacht. Verglichen mit der empfohlenen Tagesdosis von 4700 mg und den üblichen Mengen Kalium in Lebensmitteln ist dieser Anteil eher gering, zumal sehr viel Süßstoff konsumiert werden müsste, um auf diesen Wert zu kommen, insbesondere da Acesulfam-K i.d.R. zusammen mit anderen Süßstoffen verwendet wird (vgl. Magnuson et. al. 2016).

3.11 Advantam (E 969)

Der erst seit 2014 durch die VO (EU) Nr. 497/2014 (Europäische Union [EU], 2014) zur Verwendung in Lebensmitteln zugelassene als Süßstoff ist genau wie Neotam ein N-Substituiertes Derivat von Aspartam. Es ist ein gelblich-weißer pulvriger Feststoff mit einer Schmelztemperatur von 101,5°C und einer mit 0,099 g/L bei 25°C geringen Wasserlöslichkeit. Mit steigender Temperatur nimmt die Löslichkeit zu. Die Süßkraft ist 37000-mal größer als die von Saccharose, womit Advantam der süßeste in der EU zugelassene Süßstoff ist. Dabei ist ein sehr schwacher bitterer und saurer Beigeschmack vorhanden (Otabe, Fujieda, Masuyama, Ubukata & Lee, 2011). Durch die hohe Süßkraft werden nur geringste Mengen benötigt, wodurch die geringe Wasserlöslichkeit die Verwendung nicht einschränkt. Advantam ist wie Aspartam nicht zum Backen geeignet. Die Zersetzungstemperatur liegt bei 165°C3.

Advantam gilt als toxikologisch unbedenklich. Anhand einer Studie an Kaninchen zur pränatalen Toxizität wurde ein NOAEL von 500 mg/kg bw/d ermittelt, darüber traten Magen-Darm-Störungen bei den Muttertieren auf. Anhand dessen wurde ein ADI von 5 mg/kg bw/d bestimmt. In hohen Dosen wurde in tierexperimentellen Studien häufig eine geringere Gewichtszunahme bei den mit Advantam gefütterten Tieren festgestellt. Wer mit Advantam gesüßte Lebensmittel konsumiert, wird schätzungsweise nur einige µg je Kilogramm Körpergewicht an Advantam zu sich nehmen. Die Methanolbelastung durch Advantamkonsum wäre vernachlässigbar. Die unter normaler Verwendung aufgenommene Menge an Phenylalanin ist so gering, dass Advantam auch für Menschen mit Phenylketonurie geeignet ist (EFSA Panel on Food Additives and Nutrient Sources added to Food [EFSA ANS Panel], 2013b, S. 46-48, S.59).

Advantam wird im Darm schnell resorbiert, allerdings nur zu 4-23%. Zur Aufnahme ist die Spaltung der Esterbindung notwendig. Der größte Teil wird somit über den Stuhlgang ausgeschieden, ein kleiner Teil über den Urin. Als weitere Abbauprodukte lassen sich zu geringen Anteilen im menschlichen Urin und Stuhl auch N-(3-(3-Hydroxy-4-methoxyphenyl))-propyl-L-asparaginsäure und im Urin zusätzlich 3-(3-Hydroxy-4-methoxyphenyl)-1-propylamin finden (Abb. 13) (Otabe et al., 2011). Bezüglich dieser Abbauprodukte gibt es bisher ebenfalls keine Bedenken (EFSA ANS Panel, 2013b, S. 43).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13: Abbauprodukte Advantam

Advantam wird in einer dreistufigen chemischen Synthese hergestellt. Zunächst wird in drei Stufen aus Isovanillin, Natriumhydroxid und Wasser in Methanol 3-Hydroxy-4-methoxyzimtaldehyd (1) hergestellt. Dieses wird durch selektive Hydrierung zu 3-(3-Hydroxy-4-methoxyphenyl)propanal (2) umgesetzt. Schließlich wird 3-(3-Hydroxy-4-methoxyphenyl)propanal mit Aspartam gekoppelt und das entstehende Imin mit Wasserstoff zu Advantam hydriert (Abb. 14) (EFSA ANS Panel, 2013b, S. 12; Stankovic, 2013).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 14: Herstellung Advantam

4. Zuckeraustauschstoffe

Neben den Süßstoffen sind zum Süßen von Lebensmitteln nach der Zusatzstoff- Zulassungsverordnung (ZZulV) als Zuckeraustauschstoffe Sorbitol, Mannitol, Isomalt, Maltitol, Lactitol, Xylitol und Erythritol zugelassen. Aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit und ähnlichen Eigenschaften werden sie im Folgenden nicht in getrennten Unterkapiteln behandelt. Außerdem gibt es bei den Zuckeraustauschstoffen keine Kontroversen bezüglich mutagener und karzinogener Wirkungen oder Auswirkungen auf das Verhalten etc.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 15: Zugelassene Zuckeraustauschstoffe

Isomalt ist ein Gemisch der Disaccharidalkohole 6-O-α-d-Glucopyranosidosorbit und 1-O-α-d-Glucopyranosidomannit, welches durch katalytische Hydrierung von Isomaltulose hergestellt wird (Belitz et. al., 2008, S.903).

Bei den genannten Zuckeraustauschstoffen handelt es sich um Zuckeralkohole, die durch Reduktion der entsprechenden Mono- und Disaccharide, z.B. mit NaBH4 oder durch katalytische Hydrierung hergestellt werden können (Belitz, Grosch & Schieberle, 2008, S. 265). Tabelle 1 : Zuckeraustauschstoffe, Herstellung und relative Süße gibt einen Überblick über die Zuckeraustauschstoffe und den Substraten, aus denen sie durch Reduktion hergestellt werden können. Man kann Erythritol auch durch Reduktion der Carboxylgruppen von meso-Weinsäure herstellen. Zur Herstellung von Erythritol werden jedoch meist mikrobielle Verfahren verwendet, die von Glucose oder Saccharose ausgehen (Ebermann & Elmadfa 2011, S. 633). Dabei kommen Bakterien oder osmophile Hefen, denen u.a. Erythritol als Osmolyt dient, zum Einsatz (Moon, Jeya, Kim & Lee, 2010). Xylose, die zur industriellen Herstellung von Xylitol dient, wird durch Hydrolyse von Xylanen aus Holz oder Stroh gewonnen (Ebermann & Elmadfa, 2011, S. 630; Matissek & Baltes, 2016, S. 148).

Tabelle 1: Zuckeraustauschstoffe, Herstellung und relative Süße

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zuckeralkohole kommen in geringen Mengen auch in der Natur vor. Sorbitol ist z.B. natürlich v.a. in Kernobst zu finden (Ebermann & Elmadfa 2011, S. 632) und Erythritol kommt u.a. in Flechten, Algen, Pilzen, Melonen, Weintrauben oder Birnen vor (Röper & Goossens, 1993). Xylit ist außerdem ein natürlicher Metabolit des Glucosestoffwechsels (Pentosephosphatszyklus). Ein normaler Xylitspiegel im Blut liegt zwischen 0,03 und 0,06 g pro 100 ml und es kommt natürlich in vielen Obst- und Gemüsearten in geringen Mengen vor (Ebermann & Elmadfa 2011, S. 630). Im Vergleich zu den Monosacchariden sind Zuckeralkohole wesentlich reaktionsträger, da sie keine Carbonylgruppe mit stark positiv polarisiertem Kohlenstoffatom mehr enthalten. Sie besitzen eine hohe Stabilität gegenüber Hitze und Säuren (Röper & Goossens, 1993). Die Zuckeraustauschstoffe lassen sich nicht karamellisieren und nehmen auch nicht direkt an der Maillard-Reaktion Teil. Monosaccharid-Alkohole weisen einen Kühleffekt auf und werden deshalb z.B. auch zur Herstellung von „Eis“bonbons verwendet. Durch ihre hygroskopische Wirkung kommen sie auch als Feuchthaltemittel z.B. für Marzipan und Gebäck in Frage (Schwedt, 2010, S. 133). Dies gilt insbesondere für Sorbitol (Ebermann & Elmadfa 2011, S. 632). Isomalt ist praktisch nicht hygroskopisch (Belitz et. al., 2008, S. 907).

[...]


1 Online abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/zzulv_1998/ZZulV.pdf (Stand 25.11.2018)

2 Quelle: https://www.uniprot.org/uniprot/P02883 (21.10.2018)

3 ChemSpider: https://www.chemspider.com/Chemical-Structure.8564873.html (23.12.2018)

Ende der Leseprobe aus 169 Seiten

Details

Titel
Zuckerersatzstoffe. Entwicklung einer Unterrichtskonzeption für den Chemieunterricht
Hochschule
Universität Leipzig
Note
1,5
Autor
Jahr
2019
Seiten
169
Katalognummer
V463748
ISBN (eBook)
9783668907706
ISBN (Buch)
9783668907713
Sprache
Deutsch
Schlagworte
zuckerersatzstoffe, entwicklung, unterrichtskonzeption, chemieunterricht
Arbeit zitieren
Sebastian Horn (Autor:in), 2019, Zuckerersatzstoffe. Entwicklung einer Unterrichtskonzeption für den Chemieunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463748

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