Sind die Anforderungen, die wir an eine Beziehung stellen, gestiegen und deshalb auch die Bereitschaft, sie zu beenden, wenn es mal nicht so gut läuft? Der Ursprung dieser Entwicklung könnte auch im ständigen Vergleichen liegen. Etwa dass wir unseren Partner ständig mit anderen Männern oder Frauen vergleichen oder daran, dass wir unsere Bezie- hung mit dem Idealtyp einer Partnerschaft, der uns in Hollywood-Filmen als Nonplusultra der Liebe verkauft wird, in Relation setzen? Dem soll in diesem Essay nachgegangen werden mit dem Ziel, der Antwort auf die Frage, ob der Vergleich die Liebe kaputt macht, ein Stück näher zu kommen..
Jeder träumt vom einzig richtigen Partner, mit dem man sein ganzes Leben teilen will. Wenn man junge Leute nach ihren Lebenszielen fragt, dann kommen erfahrungsgemäß Antworten wie „meine Traumfrau finden“, „Kinder kriegen“ und „uns ein schönes Haus kaufen“. Die Lebensziele sind nur allzu häufig geprägt von der Idealvorstellung einer Partnerschaft mit allem, was dazu gehört. Realistisch betrachtet tritt dieser Fall jedoch immer seltener ein. Seit der Jahrtausendwende liegt die Scheidungsquote in Deutschland jährlich bei mehr als 40 Prozent, das heißt auf 100 Eheschließungen kommen mindestens 40 Ehescheidungen. Dazu kommt, dass gleichzeitig auch die Anzahl an verschiedenen Partnerschaften zugenommen hat, wie eine Studie der Universität Hamburg zeigt. Demnach hatten heutzutage die 30-Jährigen schon deutlich mehr Beziehungen als 60- Jährige, obwohl sie nur halb so alt sind. Eher ernüchternde Zahlen für die doch noch so präsente Idealvorstellung der Liebesbeziehung. Aber woran liegt das?
Der Ursprung der Liebesbeziehung in ihrer romantisierten Form, wie wir sie heute kennen, liegt vermutlich in der Epoche der Romantik. Schlegel, Brentano oder von Eichendorff prägten durch ihre Lyrik das Bild des Idealtyps „Liebe“. Emotionen und der Ewigkeitsgedanke ersetzten Tradition und wirtschaftliche Notwendigkeit. Hier kommt der Vergleich ins Spiel. Vor der „Romantisierung“ war es womöglich schlicht irrelevant, die eigene Beziehung mit anderen zu vergleichen. Zwar konnte man auch damals mit Sicherheit Unterschiede feststellen, jedoch könnte eine Einordnung in „besser“ oder
„schlechter“ aufgrund eines fehlenden Ideals schwierig gewesen sein.
Bis dass der Tod uns scheidet – oder der Vergleich
Macht der Vergleich die Liebe kaputt?
Jeder träumt vom einzig richtigen Partner, mit dem man sein ganzes Leben teilen will. Wenn man junge Leute nach ihren Lebenszielen fragt, dann kommen erfahrungsgemäß Antworten wie „meine Traumfrau finden“, „Kinder kriegen“ und „uns ein schönes Haus kaufen“. Die Lebensziele sind nur allzu häufig geprägt von der Idealvorstellung einer Part- nerschaft mit allem, was dazu gehört. Realistisch betrachtet tritt dieser Fall jedoch immer seltener ein. Seit der Jahrtausendwende liegt die Scheidungsquote in Deutschland jährlich bei mehr als 40 Prozent, das heißt auf 100 Eheschließungen kommen mindestens 40 Ehe- scheidungen (vgl. Statista). Dazu kommt, dass gleichzeitig auch die Anzahl an verschiede- nen Partnerschaften zugenommen hat, wie eine Studie der Universität Hamburg zeigt. Demnach hatten heutzutage die 30-Jährigen schon deutlich mehr Beziehungen als 60- Jährige, obwohl sie nur halb so alt sind (vgl. Schmidt et al., 2006, S.69). Eher ernüchternde Zahlen für die doch noch so präsente Idealvorstellung der Liebesbeziehung. Aber woran liegt das? Sind die Anforderungen, die wir an eine Beziehung stellen, gestiegen und deshalb auch die Bereitschaft, sie zu beenden, wenn es mal nicht so gut läuft? Der Ursprung dieser Entwicklung könnte auch im ständigen Vergleichen liegen. Etwa dass wir unseren Partner ständig mit anderen Männern oder Frauen vergleichen oder daran, dass wir unsere Beziehung mit dem Idealtyp einer Partnerschaft, der uns in Hollywood-Filmen als Nonplusultra der Liebe verkauft wird, in Relation setzen? Dem soll im folgenden Text nachgegangen werden mit dem Ziel, der Antwort auf die Frage, ob der Vergleich die Liebe kaputt macht, ein Stück näher zu kommen.
Der Ursprung der Liebesbeziehung in ihrer romantisierten Form, wie wir sie heute kennen, liegt vermutlich in der Epoche der Romantik. Schlegel, Brentano oder von Eichendorff prägten durch ihre Lyrik das Bild des Idealtyps „Liebe“. Emotionen und der Ewigkeitsge- danke ersetzten Tradition und wirtschaftliche Notwendigkeit (vgl. Lenz, 2013, S.278). Hier kommt der Vergleich ins Spiel. Vor der „Romantisierung“ war es womöglich schlicht irre- levant, die eigene Beziehung mit anderen zu vergleichen. Zwar konnte man auch damals mit Sicherheit Unterschiede feststellen, jedoch könnte eine Einordnung in „besser“ oder „schlechter“ aufgrund eines fehlenden Ideals schwierig gewesen sein. Mit der Darstellung der Liebe in der Lyrik war nun der Ausgangspunkt für einen Vergleich geschaffen und das, was vorher als Liebesbeziehung hingenommen wurde, revolutionierte sich. Leidenschaft, Verführung und blindes Vertrauen bildeten nun die Basis einer glücklichen Beziehung.
Neben Gedichten und Liedern kann auch die Darstellung der Liebe in Kino und Fernsehen wesentlich zu einer Veränderung der Ehevorstellungen beigetragen haben. Mit der Etablie- rung der Kinos Anfang des 20. Jahrhunderts kamen erstmals auch Liebesfilme auf die Leinwand, in denen den Zuschauern die romantische Zweierbeziehung als Ideal aufge- zwungen wurde. Heutzutage gibt es nicht einmal mehr einen Actionfilm ohne Liebesdra- matik. Peter Parker reicht es nicht, ein Mann mit übernatürlichen Kräften zu sein, nein, ein echter Superheld braucht Mary Jane, die er retten muss, um ihr Herz für immer zu erobern. Einen ähnlichen, aber noch stärkeren Einfluss, hat meiner Meinung nach das Fernsehen auf das Bild der Liebe. Während Kinos durch lokale Begrenztheit oder fehlende finanzielle Ressourcen nicht für jeden zugänglich waren und heute teilweise immer noch sind, war das TV-Gerät ab Mitte des 20. Jahrhunderts in fast jedem Haushalt präsent. Was 1978 mit der „Lindenstraße“ anfing hat heute mit „Sturm der Liebe“, „Verbotene Liebe“, „Gute Zeiten Schlechte Zeiten“ oder „Alles was zählt“ scheinbar seinen Höhepunkt gefunden. Alles, was zählt, ist in diesen Fernsehformaten die Liebe. Auch wenn der Titel jedes Mal ein an- derer ist und auch wenn dieses Genre manchmal „Seifenoper“ und manchmal „Telenovela“ genannt wird, es geht immer um Herzschmerz, Versöhnung, Natur, Rosen, Kerzen, Hoch- zeit, Geld, Sex und natürlich die eine große Liebe. Hätten Schlegel, Brentano und Co. ei- nen Film drehen können, er hätte wahrscheinlich so oder so ähnlich ausgesehen. Aber nicht nur Seifenopern, auch der Rest des Fernsehprogramms ist durchzogen vom Leitbild der romantischen Liebe. In Unterhaltungsshows wie „Nur die Liebe zählt“ oder in Talkshows mit Prominenten wird geliebt, gelacht, geweint und versöhnt. „Kannst du mich bitte auch mal so leidenschaftlich küssen wie der da seine Frau küsst?“, „Warum fahren wir nicht mal spontan ans Meer und lassen alle unsere Sorgen zurück?“. Vielleicht deshalb nicht, weil zwischen der echten und der Fernseh-Realität ein großer Unterschied besteht, der jedoch viel zu oft nicht erkannt wird. Aber, dass Beziehungen in die Brüche gehen können, weil man noch nie das Frühstück ans Bett gebracht bekommen hat oder der Mann die Frau nicht auf Händen trägt, wenn sie sich von ihren High Heels Blasen gelaufen hat, kann an dieser Stelle als sicher gelten.
Ein für die Liebe noch gefährlicherer Vergleichsrahmen sind die sozialen Medien. Gefähr- licher deshalb, weil sie ein noch unrealistischeres Bild der Realität abzeichnen als das Fernsehen. Während in TV-Formaten auch von Niederschlägen und den Schattenseiten des Liebeslebens berichtet wird, wird auf Facebook, Snapchat und Instagram nur das Schönste gezeigt - nachbearbeitet und mit einem Filter überdeckt. Unter dem Hashtag #couplegoals findet man derzeit auf Instagram mehr als drei Millionen Fotos von Paaren, die ihr perfek- tes Liebesleben in die Öffentlichkeit tragen. Ein durchtrainierter Mann steht neben seiner perfekt geformten Frau vor einem alten VW Bus mitten in der Wüste. Beide sind nackt und haben nur ihre intimsten Körperteile unkenntlich gemacht. In den Kommentaren geben sich „Wow, ihr beide seid echt das perfekte Paar“ und „Oh cool, Schatzi, lass uns sowas auch mal machen“ die Klinke in die Hand. Und was ist, wenn Schatzi sagt, er will das nicht machen? Ist die Beziehung dann zum Scheitern verurteilt? Wenn ja, dann kann sich Ex-Schatzi ja in einer Partnerbörse anmelden.
Diese sind die wahrscheinlich größte Entweihung der Liebe als höchstes Gefühl und trei- ben alle Oberflächlichkeiten auf die Spitze. Bisher wurde davon ausgegangen, dass eine bereits bestehende Beziehung durch das Vergleichen mit fiktiven Partnerschaften in die Brüche geht, aber natürlich wirkt sich der Vorgang des Vergleichens auch auf diejenigen aus, die in keiner Beziehung sind, aber gerne in einer wären. Am Beispiel der Partnerbör- sen wird dies recht gut deutlich. Wer Akademiker und Singles mit Niveau kennenlernen will, der gibt einfach ein, was er will und was er nicht will, drückt auf „finden“ und schon ist sie da, die große Liebe. Hierbei spielen die vorher erwähnten fiktiven Liebesbeziehun- gen in Film und Fernsehen eine maßgebliche Rolle, indem sie das „was man will“ wesent- lich beeinflussen. Aber im Unterschied zu Social Media, Kino und TV kommt dem Ver- gleich hierbei eine etwas andere Position zu, da er noch einerseits versteckter, andererseits viel offensichtlicher ist. Erstens bekommen die Suchenden vom eigentlichen Vergleichs- prozess nur wenig mit, da er sich automatisch über einen Algorithmus vollzieht, zweitens kommt jedoch zum bloßen Vergleich mit der Einordnung in ein Zahlenranking auch noch eine quantifizierte Art des „besser“ oder „schlechter“ hinzu. Man muss sich nicht einmal mehr selbst die Mühe machen, potentielle Partner zu vergleichen. Die, die mit der größten Prozentzahl den eigenen Vorstellungen entsprechen, wählt man aus.
Neben den bereits erwähnten Vergleichen mit medienvermittelten Idealen muss natürlich auch über das Vergleichen in der ursprünglichsten Form gesprochen werden: In der Reali- tät. Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach kam 2012 zu dem Ergebnis, dass 83 Prozent aller, die einer festen Partnerschaft leben, ihre Beziehung als glücklich empfinden und nur neun Prozent unzufrieden damit sind. Allerdings brachte die Umfrage auch ans Licht, dass sich auch von denjenigen, die ihre Partnerschaft eigentlich als glück- lich einstufen, einige nicht sicher sind, ob sie den richtigen Partner überhaupt schon gefun- den haben. Der Studie zufolge fragt sich jeder Vierte, ob es nicht doch jemand „Besseren“ gibt (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, 2012, S.13-16). Aber wer ist das? Woher weiß man, dass der derzeitige Partner „the one and only“ ist? Man kann es nicht wissen, weil es noch tausende andere gibt, die genau so „gut“ oder sogar „besser“ sein könnten. Und deswegen wird verglichen. Jeder wirft mal einen Blick auf andere Partner oder Bezie- hungen um zu sehen, wie die eigene Beziehung im Vergleich dazu abschneidet. Fällt dieser Vergleich negativ für die eigene Beziehung aus, dann kann es nicht selten vorkommen, dass man sich vorstellt, wie es denn wäre, mit jemand anderem zusammen zu sein. Und das kann, um der Frage im Untertitel dieser Arbeit nachzukommen, die Liebe zerstören. Der Beziehungsforscher John Gottman sieht das ähnlich. Er hält solche „Was-wäre-wenn“- Vergleiche für den Ursprung des Fremdgehens. Wer sich vorstellt, wie es den mit anderen Partnern wäre, der ist Gottman zufolge anfälliger für einen Seitensprung, „ [d]enn der nicht vertrauenswürdige Partner wendet sich nicht nur vom anderen ab, sondern vergleicht ihn auch dauernd mit realen oder erfundenen Personen. Wobei der Partner stets schlecht ab- schneidet“ (Gottman, 2014, S. 74). Und das wiederum halten Beziehungen nur selten aus. Aber ist es nicht völlig normal, die eigene Beziehung mit anderen zu vergleichen? Die Art und Weise wie man mit dem Ergebnis eines Vergleichs umgeht, spielt dabei sicherlich eine wichtige Rolle. Wenn der eigene Partner bei einem Vergleich mit jemand anderem schlechter abschneidet, dann muss das nicht unweigerlich zu einer Trennung führen. Klei- nere Unstimmigkeiten können oft auch durch das Hervorheben anderer Qualitäten des Partners positiv ausgeglichen werden: „Wir haben zwar nicht dieselben Hobbies, aber da- für denselben Humor“. Dies zeigt, dass es auch positive Seiten eines Vergleichs zu geben scheint. Wenn der Vergleich mit einem anderen Paar beispielweise so ausfällt, dass die eigene Beziehung besser abschneidet, dann kann dies bestärkende Auswirkungen auf die bestehende Partnerschaft haben. Auf der anderen Seite kann ein negativ ausfallender Ver- gleich etwaige Missstände aufdecken und Probleme ans Tageslicht bringen, die vorher nicht aufgefallen sind. Auf den ersten Blick mag das zwar auf die Liebe einen eher zerstö- rerischen Eindruck machen, jedoch kann die Beendigung von etwas, das eigentlich nicht gänzlich harmoniert, auch etwas Gutes sein.
Um herauszufinden, ob der Vergleich nun die Liebe zerstört, darf man nicht auf der Ebene des Vergleichs anfangen, sondern eine Ebene darunter bei den gesellschaftlichen Rahmen- bedingungen, die den Vergleich erst so omnipräsent machen, wie er ist. Die westliche Welt ist eine Welt der vollständigen Wahlfreiheit. Was heute als sicher angenommen wird, kann sich morgen schon um 180 Grad gewendet haben. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau, Globalisierung und finanzielle Sicherheit begünstigen diese Vorläufigkeit der Dinge, da sie die Chancen auf etwas „Besseres“ erhöhen. Am Beispiel des Arbeitsplatzes wird diese Vorläufigkeit gut sichtbar. Das Modell des festen Jobs auf Lebenszeit wird immer mehr abgelöst von dem Gedanken „den Job mach‘ ich jetzt ein paar Jahre und wenn er mir nicht mehr gefällt, dann schau‘ ich mal, was sonst so kommt“. Dies lässt sich auf fast alle Bereiche des Lebens anwenden: Auf Wohnorte, auf Kleidung, auf Autos. In einer Partner- schaft ist das schwieriger. „Den lieb‘ ich jetzt mal ein paar Jahre und wenn er mir nicht mehr gefällt, dann schau‘ ich mal, was sonst so kommt“ funktioniert in der Liebe nicht, wenn sie den Anspruch hat, echt zu sein. Man kann nicht auf Zeit lieben und sich dann spontan umorientieren, weil Gefühle keine Entscheidung sind. Nichtsdestotrotz ist die Tendenz des Ausschauhaltens nach etwas „Besserem“ existent und wirkt sich unweigerlich auf die Fähigkeit aus, sich langfristig an einen Partner zu binden.
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- Magdalena Pfitzmaier (Author), 2017, Macht der Vergleich die Liebe kaputt?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/464112
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