Das Orff Schulwerk - Entstehung, Grundprinzipien und Anwendungsmöglichkeiten in der Sozialen Arbeit


Seminararbeit, 2003

16 Seiten, Note: 1,0

Katharina Dumpler (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Carl Orff und sein Schulwerk
2.1 Werdegang
2.2 Entstehung des Schulwerks

3. Grundprinzipien des Orff-Schulwerks

4. Das Instrumentarium

5. Anwendungsmöglichkeiten in der sozialpädagogischen Praxis
5.1 Orff-Schulwerk und Soziale Arbeit mit Vorschulkindern
5.2 Orff-Schulwerk und Soziale Arbeit mit alten Menschen

6. Abschließende Gedanken

1. Einführung

Im Rahmen meiner praktischen Studiensemester an der Fachakademie für Sozialpäd- agogik besuchte ich eine Kindertagesstätte in München. Nach dem Kennen lernen des Personals und der Räumlichkeiten kam mir ein ca. fünfjähriger Junge entgegen und erzählte mir voller Freude: „Wir machen Orff-Musik, wir machen Orff-Musik“. Interessiert folgte ich ihm in einen eigens dafür vorgesehenen Raum und setzte mich dazu. Vier Kinder und eine Erzieherin spielten mit verschiedensten Instrumenten, klatschten und bewegten sich zum selbst erzeugten Rhythmus. Die Kinder wirkten entspannt und waren mit vollem Einsatz bei der Sache.

Inspiriert durch dieses Erlebnis vertiefte ich mich in Literatur über den Komponisten Carl Orff und dessen umfassendes Schulwerk.

Im Verlauf dieser Arbeit stelle ich kurz Carl Orff als Komponisten und die Entstehung seines Schulwerks dar. Des Weiteren gehe ich auf die Grundprinzipien des Orffschulwerks ein, stelle die Instrumente dar und zeige anschließend wie und wo das Orffschulwerk in der sozialpädagogischen Praxis eingesetzt werden kann.

2. Carl Orff und sein Schulwerk

Heinz Mende sagte in seinem Gedenktext an Carl Orff: „ Ich könnte kaum einen Komponisten - zugleich - Dichter zitieren, der seinem Stil in der Entwicklung so klar erkennbar treu geblieben ist wie durchsichtiges, klares Wasser. “ (Leuchtmann, 1985, S. 111)

Heinz Mende macht in dieser Aussage deutlich, welch herausragender Künstler Carl Orff war. Sein Leben, wichtige Werke und das Schulwerk sollen im Folgenden dargestellt werden.

2.1 Werdegang

Carl Orff wurde am 10.07.1895 in München als Sohn einer bayerischen Offiziersfamilie geboren. Bereits mit fünf Jahren bekam er Klavier-, Cello- und Orgelunterricht. Er besuchte ein humanistisches Gymnasium und schreibt seine ersten Kompositionen. Dazu zählten beispielsweise sein erstes Chorwerk „Also sprach Zarathustra“ und eine frühe Oper „Gisei, das Opfer“. Von 1913 bis 1914 studierte er an der Akademie der Tonkunst in München. Nach dem ersten Weltkrieg hört Orff neue Rhythmusformen wie Jazz und Folklore und verarbeitet diese in seinen Werken. Nach Kapellmeistertätigkeiten in München, Mannheim und Darmstadt lebt er ab 1919 in München 1921 bis 1922 studierte er bei Heinrich Kaminski und nimmt seine Kompositionsstudien wieder auf. Er beschäftigt sich dabei intensiv mit Bach, Buxtehude, Pachelbel und besonders Monteverdi. Als Mitbegründer der „Günther-Schule“ für Gymnastik, Musik und Tanz übernahm er 1924 die Leitung der der Abteilung für tänzerische Musikerziehung. Mit Dorothea Günther (Günther-Schule) hatte er zudem eine wichtige Mitarbeiterin für eines seiner größten Errungenschaften gefunden, nämlich das Orffschulwerk (1930- 1935).

Zeitgleich arbeitete Orff als Dirigent des Bach-Vereins und wies hier neue Wege für die Darstellung von Passions- und Auferstehungswerken. Den Höhepunkt seines kompensatorischen Schaffens erlebte er 1935/36 mit „Carmina Burana“. Dies ist eine Vertonung von Fress-, Sauf- und Liebesliedern aus der berühmten Benediktbeuerner Handschrift des 13. Jahrhunderts. Ab dem Moment hat Carl Orff seinen unverwech- selbaren Stil gefunden.

Ab 1950 leitet er eine Musikklasse für Komponisten an der staatlichen Hochschule für Musik und ist fortan als Komponist tätig. Im Jahr 1961 wurde er als Leiter des neu gegründeten Orff- Institutes an das Mozarteum in Salzburg berufen. Orff erhielt die Ehrendoktorwürde der Universitäten Tübingen (1959) und München (1972). Orff bemühte sich von Anfang an Theater, Musik, Tanz und Schauspiel zu einer Einheit zu verbinden, die rhythmische Organisation der Sprache bildet oft das kompensatorische Gerüst.

Carl Orff verstarb im Alter von 77 Jahren 1982 in Diessen am Ammersee.

2.2 Entstehung des Schulwerks

Wie im Lebenslauf klar ersichtlich war Orff ein vielfältiger Künstler mit vielen bekannten Werken. Zu seinen künstlerischen Höhepunkten zählten jedoch mit Sicherheit seine päd- agogische Arbeit und das daraus entstandene Schulwerk. Die Wurzeln dieses Meisterstücks liegen in der Gründung der Günther-Schule in München. Die pädagogische Arbeit und der Musikunterricht inspirierten ihn zu einer völlig neuen Art des Musik Machens. Das Orffsche Schulwerk ist in der musikalischen und pädagogischen Praxis nicht mehr wegzudenken und ist zudem im therapeutischen Bereich eine wichtige Arbeitsquelle.

Das Schulwerk entwickelte sich in einem langen und ausdauernden Prozess, den Carl Orff zusammen mit Schülerinnen und Lehrkräften vollzog. Die nun folgenden Ausführungen bezüglich dieser Entwicklung in Richtung Schulwerk, stammen ausschließlich aus dem Buch Carl Orff und sein Werk III.

Als Musiklehrer an der Günther-Schule suchte er nach dem „Elementaren“ in der Musik. Musik war für ihn eine Verbindung von Rhythmus, Bewegung und Tanz. Er will zu den „Müttern der Musik“ hinabsteigen, da wo der Anfang liegt. (Orff, 1976, S.14) Rhythmus ist dabei ein zentraler Kern. Im Unterricht setzte er den Körper in Form von Klatschen, Fingerschnalzen und Stampfen in einfachen bis schwierigen Formen ein. Dazu nahm er Trommeln (Trommeln verlocken zum Tanz) und Rasseln. Die einfelligen Rahmentrommeln wurden mit der Hand geschlagen und deshalb Handtrommel genannt. Die Rasseln stellte er nach afrikanischen Modellen gemeinsam mit den Schülerinnen aus Schneckenhäusern, getrockneten Früchten und Nussschalen her. Ergänzend setzte er Schellenbänder ein, die in Verbindung mit Bewegung und Tanz eine erregende Wirkung erzeugten. (Orff, 1976, S.18)

Orff sah den Ausgangspunkt des elementaren Musizierens in der Improvisation. Einfache Ostinati dienten ihm als Grundlage und als Impuls. Im Unterricht an der Günther-Schule versuchte er größere mehrstimmige Improvisationen aufzubauen z. B. Einzelne klatschen, dann immer mehr, Fußrasseln setzen mit ein, Schellenbänder steigen ein… . Wichtig waren dabei weitmaschige Rhythmen, die große Flächen überzogen. Orff sagte darüber selbst: „ Wiederholte Ü bung und ein aufeinander eingespielt sein waren f ü r ein solches Musizieren Voraussetzung. Dann aber ergab ein Schlag den anderen, aus einem rhythmischen Gebilde formte sich ein neues, wie Bilder in einem Kaleidoskop, die entstehen und wieder zerfallen “ . (Orff, 1976, S. 22)

Zu weiteren Improvisationen setzte Orff das Klavier ein. Er entwickelte den so genannten Bordunstil (eine Stimme bringt die Melodie, eine andere Stimme hält einen Ton fest, der den Grund- oder Hauptton der Melodie bildet). Er experimentierte dabei vielfältigst und sprach von einer fundamentalen Bedeutung für die elementare Musikübung. (Orff, 1976, S.30)

1925 und 1926 kamen zwei Studierende an die Günther-Schule die das Schulwerk mit entscheidend prägten: Maja Lex und Gunild Keetman. Keetman wurde nach Eintritt sehr bald Mitarbeiterin von Carl Orff und unterstützten ihn beim weiteren Aufbau der musikalischen Ausbildung. Keetman zeichnete unter anderem die ersten Spielstücke auf den neu entwickelten Instrumenten.

1925 brachte die In- strumentenbaufirma Spangenberg in Dresden neue, von ihr entwickelte „kleine Tanzpauken“ auf den Markt. Dieses Schlag- werk baute Orff in sein Schulorchester mit ein. Dazu zählten beispiels- weise Instrumente wie die Schellentrommel, Stiel-Kastagnetten, klei- nes Becken, Glocken- spiel, … , um nur einige davon zu nennen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(aus: Orff; 1976; S. 69) 6

Zudem brachte der Kunsthistoriker und guter Freund von Orff von seinen Streifzügen durch Schwabinger Antiquariate und Trödelstände immer wieder neue und wertvolle Instrumente mit. Orff sprach dabei von den „Exotica“. Es waren seltsame Rasseln, Schraphölzer, kleine Glocken und einmal auch eine große afrikanische Schlitztrommel. Orff lies sich davon inspirieren und entwickelte viele neue auch textlose Versuche. Eine davon bekam den Titel „Angst“. Dazu eine Beschreibung aus Carl Orff und sein Werk III:

“ Leiser durchgehender Wirbel auf der ged ä mpften Gro ß en Trommel, dazu auf zwei Holzblocktrommeln abwechselnd ganz gleichm äß ige Schl ä ge wie das Ticken einer Uhr. Auf der Schlitztrommel leise pochende Schl ä ge wie fantastische Morsezeichen, immer wieder von Pausen durchsetzt. Ganz allm ä hlich begannen ü ber dem Ostinato leise huschende Ger ä usche - mit Stahlbesen, weichen und harten B ü rsten auf Pauken und Trommeln, mit „ tönenden Lichtern “ der h ä ngenden Becken, durch Stahlnadeln an den verschiedensten Stellen erzeugt, mit aufregendem Spiel der mit Fingerh ü ten best ü ckten Finger auf den Tomtoms, mit Bambusstöcken und Schrapholz. Ein immer dichter werdendes Labyrinth von undefinierbaren Kl ä ngen, ein flie ß endes Ü ber- und Untereinander, ein Imitieren und Spiegeln, in einer Aufzeichnung nicht fixierbar, jedesmal anders entstehend und vergehend, aufregend und dadurch der Idee und Vorstellung des Vorwurfs entsprechend. Dies alles steigerte sich, bis die Schl ä ge der Holzblocktrommeln plötzlich abbrachen und mit ihnen zugleich alle Instrumente j ä h verstummten - Stille. Nach einer Pause begann die Schlitztrommel mit immer gleichen, sich dynamisch steigernden Schl ä gen, in die nacheinander alle Instrumente einfielen, bis ein starker Beckenschlag das Ende anzeigte. Wiederum Pause - leise verklingender Tamtamschlag. “ (Orff, 1976, S. 73)

Durch Oskar Lang lernte Orff in Schwabing zwei schwedische Schwestern kennen, die weit gereist waren und auch einiges über Gamelan Xylophone (wurden in chinesischen Schattentheatern verwendet) erzählen konnten. Ein Xylophon fehlte Orff für seine pädagogische Arbeit und er wurde deshalb bei diesen Erzählungen besonders hellhörig. Die beiden Schwestern versprachen Orff daraufhin, sich bei ihren östlichen Freunden um ein solches Xylophon zu bemühen. Schon nach einigen Wochen wurde für Orff ein Paket an der Schule abgegeben. Zu seiner großen Überraschung enthielt es ein großes afrikanisches Xylophon, eine sogenannte Marimba. Orff improvisierte danach stunden- lang auf dem neuen afrikanischen Instrument. Ihm öffnete sich eine völlig neue Klang- welt, die ihn sehr faszinierte. Er konnte nun die noch teilweise fehlenden Klangböden und Flächen, sowie Melodien und Ostinati jeder Art bilden und bauen.

Mit der Marimba begann für Orff eine entscheidende Phase bezüglich seines Schulwerkes. Er beauftragte Keetman, sich mit dem Xylophon zu befassen. Diese probierte nach Schulschluss oft bis spät in die Nacht und lockte damit andere Schüler die zuhörten oder sich mit Rasseln, Handtrommeln und anderen Instrumenten beteiligten.

Nach einiger Zeit des Improvisierens und des Versuchens beschloss Orff, ein Xylophon für seine Zwecke und dem betreffenden Tonsystem bauen zu lassen. Von einem Nachbau der Marimba wurde ihm abgeraten. So kam ihm der Zufall zur Hilfe. Eine Schülerin kaufte auf einer Reise ein „Kaffernklavier“ (sehr einfaches aus einer Kiste und draufgesetzte Klangstäbe bestehendes afrikanisches Xylophon) Dieses diente ihm als Vorbild und er wandte sich mit seinem Anliegen an seinen Freund Karl Maendler (Wiederbeleber des Cembaloaues und Neukonstrukteur der großen Konzertcembali). Orff lud ihn zu einer improvisierten Vorführung ein und Keetman spielte Solostücke auf dem „Kaffernklavier“. Maendler erklärte sich daraufhin bereit ein Xylophon zu bauen, allerdings nicht mehr mit der Bezeichnung des „Kaffernklaviers“. Sein erstes Xylophon nannte er „Altxylophon“. Darauf folgend baute er noch das Sopranxylophon.

1930 war die Zeit des Experimentierens weitgehend abgeschlossen. Carl Orff wurde des Öfteren von seinen beiden Verlegerfreunden Ludwig und Willy Strecker in der Schule besucht, die beide überaus begeistert von der neuartigen Musikpädagogik waren. Orff bat Willy Strecker um eine Veröffentlichung seiner Ideen. Dieser war anfänglich durchaus skeptisch, erklärte sich jedoch bereit einige „Versuchshefte“ zu drucken. Das Pädago- gische Werk sollte den Titel „Orff-Schulwerk- Elementare Musikübung“ tragen.

Das erste Band erschien mit dem Titel Rhythmisch-melodische Übungen und war der Anfang von vielen weiteren Veröffentlichungen. Carl Orff konnte die Arbeit alleine nicht mehr bewältigen und holte sich Helfer wie den jungen Musikstudenten Hans Bergese und den Musikpädagogen Dr. Wilhelm Twittenhoff.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Das Orff Schulwerk - Entstehung, Grundprinzipien und Anwendungsmöglichkeiten in der Sozialen Arbeit
Hochschule
Katholische Stiftungsfachhochschule München
Veranstaltung
Seminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
16
Katalognummer
V46416
ISBN (eBook)
9783638436120
ISBN (Buch)
9783656246114
Dateigröße
1111 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Orff, Schulwerk, Entstehung, Grundprinzipien, Anwendungsmöglichkeiten, Sozialen, Arbeit, Seminar
Arbeit zitieren
Katharina Dumpler (Autor:in), 2003, Das Orff Schulwerk - Entstehung, Grundprinzipien und Anwendungsmöglichkeiten in der Sozialen Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46416

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