"Michaelsoffensive" 1918 und Unternehmen "Wacht am Rhein" 1944 - ein Vergleich der beiden Offensiven in den Ardennen


Seminararbeit, 2005

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Die „Michaelsoffensive“ 1918
2.1 Die Lage 1917/18
2.2 Die Planungen und Vorbereitungen der „Michaelsoffensive“
2.3 Der Verlauf der Offensive ab 21. März 1918
2.4 Ergebniss und Kritik

3. Das Unternehmen „Wacht am Rhein“ 1944
3.1 Die Lage 1944
3.2 Die Planungen und Vorbereitungen der Ardennenoffensive 1944
3.3 Der Verlauf der Offensive ab 16. Dezember 1944
3.4 Ergebnis und Kritik

4. Vergleich von „Michael“ und „Wacht am Rhein“

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

In den Ardennen, einer Mittelgebirgslandschaft im Dreiländereck Frankreich, Belgien und Luxemburg, sollten die alles entscheidenden Offensiven über den Ausgang des Ersten und Zweiten Weltkrieges bestimmen.

Im März 1918 hofften die Generale Hindenburg und Ludendorff die Linien der Ente n- te durchbrechen zu können und im anschließenden Bewegungskrieg den Siegfrieden zu erkämpfen. Ebenso glaubte Hitler im Dezember 1944 die Initiative an der Westfront zurückgewinnen zu können.

In dieser Seminararbeit soll erforscht werden ob die Offensiven in den Ardennen 1918 und 1944 nur letzte Verzweiflungsschläge waren um der Defensive zu entrin- nen und vor allem welche Parallelen, außer dem geographischen Raum, bzw. welche grundsätzlichen Unterschiede bestanden. Für den Vergleich hat der Autor dieser Seminararbeit folgende Kategorien ausge- wählt:

Ausgangslage 1917/ 18 bzw. 1944 Planungen und Vorbereitungen der Offensive Verlauf der Offensive Ergebnis und Kritik Im ersten Teil der Seminararbeit wird die „Michaelsoffensive“ aus dem Jahr 1918 an- hand der Kategorien analysiert. Dem schließt sich die Offensive „Wacht am Rhein“ 1944 an.

Im Punkt 4 werden die beiden Offensiven verglichen.

Aus der verwendeten Literatur ist für die „Michaelsoffensive“ und ihrer Einordnung in den Komplex des Ersten Weltkrieges die Monographie von Helmut Otto und Karl Schmiedel1 zu nennen. Speziell mit dem letzten Kriegsjahr und der „Michaelsoffensive“ beschäftigen sich die Aufsätze von Gerhard P. Groß2, Heiger Ostertag3 und Dieter Storz4. Vor allem der letztgenannte Autor behandelt sehr detailliert die Planungen und den Verlauf der militärischen Operation.

Den neuesten Forschungsstand präsentiert Michael Salewski5. Seine Verlaufsbe- schreibung von „Michael“ fällt recht kurz a us, dafür zeigt er aber Parallelen und zieht Vergleiche zwischen Operationen des ersten- und zweiten Weltkrieges. Des weiteren läßt er Überlegungen „was wäre wenn“ breiten Raum.

Für die Offensive „Wacht am Rhein“ 1944 wurde das Standardwerk von Hermann Jung6 verwendet. Er behandelt die Ardennenoffensive von 1944, samt der Einord- nung in den großen Zusammenhang des zweiten Weltkrieges und den Folgen dieser Offensive sehr ausführlich. Die umfangreichen Anlagen müssen an dieser Stelle e- benfalls erwähnt werden.

Zu dem Bereich Ardennenoffensive 1944 wurden außerdem die Aufsätze von Roland G. Foerster7 und Horst Rohde8 verwendet. Rohde vermittelt durch die Betrachtung der Offensive vom wirtschaftlich und logistischen Standpunkt eine interessante Per- spektive.

2. Die „Michaelsoffensive“ 1918

2.1 Die Lage 1917/18

„Die Kriegslage zu Lande war um die Jahreswende 1917/18 durch den Ausfall Russlands für uns eine günstigere geworden, als je anzunehmen war. Wir konnten wie 1914 und 1915 daran denken, durch Angriff zu Lande den Krieg zur Entscheidung zu bringen.“9 Mit diesen Sätzen beschrieb Erich Ludendorff, der Erste Generalquartiermeister der Obersten Heeresleitung, in seinen Kriegserinnerungen die militärpolitische Lage Deutschlands Ende des Jahres 1917.

Mit dem optimistischen Blick Ludendorffs könnte das Jahr 1917 als durchaus positiv für die Mittelmächte bewertet werden. Denn das Westheer konnte die Angriffe der Engländer und Franzosen durch die neue Verteidigungskonzeption erfolgreich abwehren und gemeinsam mit Österreich-Ungarn die Italiener am Isonzo schlagen und bis zur Piave zurückwerfen. Besonders entscheidend und wie im Zitat Ludendorffs bereits erwähnt war der Separatfrieden mit Rußland.

Eine nüchterne Betrachtung der Lage führt eine andere Situation vor Augen.

Deutschlands Verbündete waren in einer prekären Lage. Die türkische Armee befand sich in Palästina und im Irak auf dem Rückzug, die bulgarische Armee war kriegsmüde und Österreich-Ungarn war nur noch ein Schatten vergangener Jahre. „An allen Fronten mussten deutsche Truppen gleichsam als Korsettstangen den endgültigen Zusammenbruch der Verbündeten verhindern.“10

Die innenpolitische Situation Deutschlands, sowie seiner Verbündeten, muss eben- falls als kritisch bezeichnet werden. Die englische Blockade zeigte im Kaiserreich Wirkung. Nachdem es schon 1917 zu Meutereien in der Hochseeflotte gekommen war, führte die schwierige Lage des Hungerwinters 1917/1918 zu größeren Streikbe- wegungen.11

Der Druck auf Wirtschaft und Versorgung wurde immer lastender. Die deutsche Industrie konnte dem Heer und der Marine nicht das notwendige Kriegsmaterial wie U- Boote, Lastkraftwagen und Tanks zur Verfügung stellen.12

Die Personalersatzlage erreichte bei den Mittelmächten ebenfalls den kritischen Bereich. Sie begannen ihre letzten personellen Kräfte zu mobilisieren. Aber „es war absehbar, dass das Feldheer nicht mehr wachsen, ja das es langsam aber sicher schrumpfen würde - während das der Entente dank der unerschöpflichen Personalressourcen ständig noch wachsen konnte.“13

„Der U-Boot-Krieg hatte die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt.“14 England konnte durch den uneingeschränkten Einsatz der U-Boote nicht in die Knie gezwun- gen werden. Zudem stand seit dem 6. April 1917 die USA auf Seiten der Entente. Den Ausfall Rußlands und Kriegseintritt der USA beschreibt Wolfgang Venohr15 fol- gendermaßen: “Im Grunde hatte sich jedoch zu 1914 nichts Wesentliches geändert. Damals stand Deutschland zwei räumlich getrennten Gegnern gegenüber, nämlich den Westmächten und Rußland; jetzt hatte es mit zwei zeitlich getrennten Gegnern zu tun, nämlich den Westmächten und der USA.“16 Es war nur eine Frage der Zeit bis sich die Unterstützung der USA, jener Riesenmacht für die „Ersatz-„ und Ressour- cenknappheit Begriffe ohne Bedeutung schienen, zugunsten der Entente auswirkten.

2.2 Die Planungen und Vorbereitungen der „Michaelsoffensive“

Die Planungen der Offensive standen unter enormen Zeitdruck. Einerseits sollte ve r- sucht werden, die Alliierten zu schlagen ehe amerikanische Truppen im Sommer 1918 in Frankreich einsatzbereit waren.17 „Zum anderen zwangen die drohende wirt- schaftliche Erschöpfung der Mittelmächte, das Anwachsen der Kriegsmüdigkeit und der revolutionären Bewegungen unter der Bevölkerung und den Soldaten dazu, den militärischen Sieg baldmöglichst zu erreichen um die innere Krise aufzuhalten.“18 „Die Entente zeigte, nachdem der Kriegseintritt der USA auf Seiten der Alliierten er- folgt war, nicht mehr den Schatten einer Verständigungsbereitschaft; sie rechnete auf einen Siegfrieden. Es galt also für Deutschland durchzuhalten und in der Zeitspanne, in der sich die amerikanische Übermacht noch nicht zu Lande auswirken konnte, mit zusammengebissenen Zähnen eine Verbesserung der militärischen und auch politi- schen Lage herbeizuführen.“19

Nach dem Ende der Kämpfe in Rußland und Italien waren ausreichend Kräfte frei geworden, um die große entscheidende Schlacht zu führen. Auch wenn die Qualität der aus dem Osten abgezogenen Truppen nicht der des Westheeres entsprach, so konnte doch eine leichte deutsche numerische Überlegenheit erreicht werden.20 Wo sollte die große, alles entscheidende Schlacht angesetzt werden? „Ein wirklich weitgreifender und strategisch bedeutsamer Erfolg [...] war nur im Kampf gegen die Hauptgegner Frankreich und England zu erzielen.“21

Nachdem Ludendorff verschiedene Frontabschnitte vor Ort begutachtet und die von den Heeresgruppen ausgearbeiteten Vorschläge ausgewertet hatte, legte er am 21. Januar 1918 den Angriff auf den Südflügel der britischen Front zwischen Arras und La Fère fest. An diesem Frontabschnitt verlief die Nahtstelle zwischen französischen und britischen Truppen, darin sah Ludendorff „die schwächste feindliche Stelle“22. Ein Angriff bot die Möglichkeit, „den englischen Südflügel aufzurollen und die Entente- truppen zu trennen.“23 Außerdem war an dieser Stelle die Chance einer Einschlie- ßung der englischen Kräfte am größten und die Distanz zu den Kanalhäfen am kür- zesten.

Der Angriffsabschnitt war festgelegt. Dort musste der Durchbruch erfolgen, um die gegnerischen Reserven in offener Feldschlacht auszuschalten24 und um anschließend zum Bewegungskrieg zurückzufinden.

Mit der Bereitstellung von 76 Divisionen und über 6600 Geschützen im 70 Kilometer breiten Frontstreifen25, sowie der Anwendung neuer Angriffs- und artilleristischer Schießverfahren26 sollte den deutschen Truppen der Durchbruch gelingen. Die Planungen und Vorbereitungen der Offensive verliefen unter strengster Geheimhaltung und Tarnung. Keine gesteigerte Flugtätigkeit, keine Bewegung bei Tage , keine Änderung der Frontbesetzung sollten die Absichten verraten. Der gegnerischen Aufklärung blieb aber trotz der Tarnmaßen nicht verborgen, „dass die Deutschen etwas vorbereiteten.“27

General Ludendorff griff im Vorfeld des alles entscheidenden Angriffs Gedanken von Major Wetzel auf, die in der Anfangsphase der Planungen schon diskutiert und verworfen worden waren. Ludendorff befahl für das Scheitern von „Michael“ weitere Offensiven gegen die Engländer vorzubereiten. „Die Konzentration auf die entscheidungssuchende Schlacht ging immer mehr verloren. Damit auch die Strategie und somit der Sinn dieser als so entscheidend empfundenen Offensive.“28

[...]


1 Otto, Helmut / Schmiedel, Karl: Der erste Weltkrieg. Militärhistorischer Abriß, Berlin 1977

2 Groß, Gerhard: 1918 ein deutsches Schicksalsjahr, in: Truppenpraxis / Wehrausbildung, Zeitschrift für Ausbildung und Erziehung 42 (1998)

3 Ostertag, Heiger: Die große Schlacht in Frankreich. Unternehmen Michael 21. März bis 4. April 1918, in: Militärgeschichtliche Beiträge, 7 (1993)

4 Storz, Dieter: „Aber was hätte anders geschehen sollen?“, Die deutschen Offensiven an der Westfront 1918, in: Duppler, Jörg / Groß, Gerhard (Hrsg.) Kriegsende 1918, Ereignis, Wirkung, Nachwirkung, München 1999

5 Salewski, Michael: Der Erste Weltkrieg, Paderborn, München, Wien u.a. 2004

6 Jung, Hermann: Die Ardennen-Offensive 1944/45. Ein Beispiel für die Kriegführung Hitlers, Zürich, Frankfurt 1971

7 Foerster, Roland G.: Die Ardennen-Offensive 1944. Politisch-strategische Überlegungen und opera- tive Konzepte auf deutscher Seite, in: Entwicklung, Planung und Durchführung operativer Ideen im Ersten und Zweiten Weltkrieg, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt Freiburg im Breisgau 1989, S. 73ff

8 Rohde, Horst: Die operativen Grundlagen der Ardennen-Offensive: Wirtschaft und Logistik auf deutscher Seite, in: Die operative Idee und ihre Grundlagen. hrsg. Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Herford; Bonn 1989, S.193 ff

9 Ludendorff, Erich: Meine Kriegserinnerungen 1914-1918, Berlin 1919, S. 430

10 Groß, Gerhard: 1918 ein deutsches Schicksalsjahr, in: Truppenpraxis / Wehrausbildung, Zeitschrift für Ausbildung und Erziehung 42 (1998), S. 271

11 Vgl. Ostertag, Heiger: Die große Schlacht in Frankreich. Unternehmen Michael 21. März bis 4. April 1918, in: Militärgeschichtliche Beiträge, 7 (1993), S. 37

12 Groß, Gerhard: 1918 ein deutsches Schicksalsjahr, in: Truppenpraxis / Wehrausbildung, Zeitschrift für Ausbildung und Erziehung 42 (1998), S. 271

13 Salewski, Michael: Der Erste Weltkrieg, Paderborn, München, Wien u.a. 2004, S. 303

14 Storz, Dieter: „Aber was hätte anders geschehen sollen?“, Die deutschen Offensiven an der Westfront 1918, in: Duppler, Jörg und Groß, Gerhard (Hrsg.) Kriegsende 1918, Ereignis, Wirkung, Nachwirkung, München 1999, S.56

15 Venohr, Wolfgang: Ludendorff. Legende und Wirklichkeit, Berlin, Frankfurt/Main 1993

16 Venohr, Wolfgang: Ludendorff. Legende und Wirklichkeit, Berlin, Frankfurt/Main 1993, S. 237

17 Vgl. Otto, Helmut / Schmiedel, Karl: Der erste Weltkrieg. Militärhistorischer Abriß, Berlin 1977, S. 371

18 Vgl. Otto, Helmut / Schmiedel, Karl: Der erste Weltkrieg. Militärhistorischer Abriß, Berlin 1977, S. 371

19 Venohr, Wolfgang: Ludendorff. Legende und Wirklichkeit, Berlin, Frankfurt/Main 1993, S. 242

20 Vgl. Groß, Gerhard: 1918 ein deutsches Schicksalsjahr, in: Truppenpraxis / Wehrausbildung, Zeitschrift für Ausbildung und Erziehung 42 (1998), S. 271

21 Ostertag, Heiger: Die große Schlacht in Frankreich. Unternehmen Michael 21. März bis 4. April 1918, in: Militärgeschichtliche Beiträge, 7 (1993), S. 38

22 Ludendorff, Erich: Meine Kriegserinnerungen 1914-1918, Berlin 1919, S.

23 Groß, Gerhard: 1918 ein deutsches Schicksalsjahr, in: Truppenpraxis / Wehrausbildung, Zeitschrift für Ausbildung und Erziehung 42 (1998), S. 274

24 Vgl. Storz, Dieter: „Aber was hätte anders geschehen sollen?“, Die deutschen Offensiven an der

25 Groß, Gerhard: 1918 ein deutsches Schicksalsjahr, in: Truppenpraxis / Wehrausbildung, Zeitschrift für Ausbildung und Erziehung 42 (1998), S. 276

26 Otto, Helmut / Schmiedel, Karl: Der erste Weltkrieg. Militärhistorischer Abriß, Berlin 1977, S. 375

27 Ostertag, Heiger: Die große Schlacht in Frankreich. Unternehmen Michael 21. März bis 4. April 1918, in: Militärgeschichtliche Beiträge, 7 (1993), S. 37

28 Groß, Gerhard: 1918 ein deutsches Schicksalsjahr, in: Truppenpraxis / Wehrausbildung, Zeitschrift für Ausbildung und Erziehung 42 (1998), S. 276

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
"Michaelsoffensive" 1918 und Unternehmen "Wacht am Rhein" 1944 - ein Vergleich der beiden Offensiven in den Ardennen
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Geschichte, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte)
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V46427
ISBN (eBook)
9783638436212
Dateigröße
647 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Michaelsoffensive, Unternehmen, Wacht, Rhein, Vergleich, Offensiven, Ardennen
Arbeit zitieren
Peter Kögler (Autor:in), 2005, "Michaelsoffensive" 1918 und Unternehmen "Wacht am Rhein" 1944 - ein Vergleich der beiden Offensiven in den Ardennen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46427

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