Die Bedeutung und die Grenzen der Staatsbürgerschaft stehen seit Jahrhunderten im Zentrum politischer Debatten. Wer für eine Staatsbürgerschaft in Frage kommt und welche Eigenschaften Staatsbürger im Allgemeinen besitzen sollten wird bereits bei Aristoteles ausführlich erörtert, so zum Beispiel im dritten Buch der Politik. Die Festlegung der Bedingungen für die Mitgliedschaft in eine politische Gemeinschaft war lange Zeit ein wichtiges politische Mittel des Staates, und obwohl die Bedeutung von Staatsbürgerschaft oder citizenship sich seit je her im Wandel befindet, interessiert uns in dieser Arbeit vor allem der Wandel der Institution der Staatsbürgerschaft in Europa und Nordamerika in der Nachkriegszeit.
Eine Richtung aktueller Forschung zum Thema Staatsbürgerschaft attestiert diesem einen Bedeutungsverlust, der vor allem durch internationale wirtschaftliche Verflechtung, Vertragswerke und Menschenrechtsregime verursacht wird. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die 1994 von Yasemin Soysal1veröffentlichte Studie zu den Grenzen der Staatsbürgerschaft, in der sie vor allem die Rechte von Immigranten im Europa der Nachkriegszeit untersucht und zu dem Schluss kommt, dass sich die Bedeutung der nationalen Staatsbürgerschaft in einem Erosionsprozess befindet und dass neue Formen einer „post-nationalen“ Staatsbürgerschaft auftreten.
Eine ähnliche Stoßrichtung und teilweise auf Soysals Studie aufbauend, geht die Arbeit von Jean L. Cohen. Sie untersucht den exklusiven Charakter politischer Gemeinschaften, insbesondere von Demokratien, und hat sich Gedanken gemacht wie vermieden werden kann, dass diese Schließung sich zu starkem Nationalismus oder Rassismus „verdichtet“. Die Ansätze von Soysal und Cohen werden zunächst nacheinander dargestellt und verglichen. Danach erläutert ein Einschub den Inklusionsbegriff, der dann in einem nächsten Schritt mit den oben genannten Arbeiten in Verhältnis gesetzt wird. Auf die Systemtheorie bezugnehmend, soll untersucht werden inwiefern mit dem beschrieben Wandel des Konzepts der Staatsbürgerschaft eine Krise politischer Inklusion einhergeht und die Relevanz dieses Begriffes für die Staatsbürgerschafts-Debatte anhand der Arbeit von Rudolf Stichweh dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Abstract
- II. Einleitung
- III. Staatsbürgerschaft im Wandel:
- 1. Postnational citizenship
- 2. Disaggregation
- IV. Staatsbürgerschaft und Inklusion
- 1. Zum Inklusionsbegriff
- 2. Politische Inklusion in der Krise?
- V. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht, wie das Phänomen der „Globalisierung“ mit verstärkter internationaler Migration und Interdependenz die Wahrnehmung der Institution der Staatsbürgerschaft verändert hat. Sie beleuchtet auch die Frage, ob diese Veränderungen der Institution der Staatsbürgerschaft eine Krise der politischen Inklusion durch das System der Politik mit sich bringen.
- Der Wandel der Institution der Staatsbürgerschaft in Europa und Nordamerika nach dem Zweiten Weltkrieg
- Die Bedeutung von „post-nationaler“ Staatsbürgerschaft im Kontext von globaler Vernetzung und Migration
- Der exklusive Charakter politischer Gemeinschaften, insbesondere von Demokratien
- Die Bedeutung des Inklusionsbegriffs in der Staatsbürgerschaftsdebatte
- Die Relevanz von Staatsbürgerschaft für die politische Inklusion in einer globalisierten Welt
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Bedeutung und die Grenzen der Staatsbürgerschaft als Thema politischer Debatten vor und führt in die aktuelle Forschung zum Thema ein. Dabei wird auf die Arbeiten von Yasemin Soysal und Jean L. Cohen eingegangen, die sich mit der Veränderung der Institution der Staatsbürgerschaft im Kontext der Globalisierung befassen.
Das Kapitel „Staatsbürgerschaft heute“ beleuchtet Soysals Analyse der Auswirkungen unterschiedlicher Integrationsansätze für Gastarbeiter in Europa auf deren Selbstorganisation und Zugang zu Rechten. Der Einfluss der Prinzipien nationaler Souveränität und universeller Menschenrechte auf die Entwicklung von „post-nationaler“ Staatsbürgerschaft wird diskutiert.
Das Kapitel „Staatsbürgerschaft und Inklusion“ widmet sich dem Begriff der Inklusion und seiner Relevanz für die Staatsbürgerschaftsdebatte. Anhand der Arbeit von Rudolf Stichweh wird untersucht, ob der beschriebene Wandel des Staatsbürgerschaftskonzepts eine Krise politischer Inklusion mit sich bringt.
Schlüsselwörter
Staatsbürgerschaft, Globalisierung, Migration, Postnationale Staatsbürgerschaft, Inklusion, Exklusion, Politische Inklusion, Systemtheorie, Menschenrechte, Nationalstaat, Soysal, Cohen, Stichweh
- Arbeit zitieren
- Malik Malocho (Autor:in), 2004, Staatsbürgerschaft: ein politisches Konzept im Wandel - oder in der Krise?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46472