Diese Hausarbeit thematisiert die Einzelfallanalyse eines Kritikgespräches auf einer chirurgischen Station. Das Gespräch fand im Oktober 1998 in einem Akutkrankenhaus statt und wurde damals nicht mit einem Diktiergerät aufgezeichnet. Deshalb handelt es sich um ein Gedächtnisprotokoll. Dadurch, dass zwischen dem Gespräch und der Aufzeichnung eine erhebliche Zeitspanne liegt, kann es zu einer Verminderung von Gesprächsdetails kommen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ich selbst in dem Gespräch involviert war und einige Sequenzen emotional bzw. subjektiv verstärkt oder vermindert protokolliert und analysiert habe. Aufgrund dieser Tatsache kann das Ergebnis dieser Analyse nicht generalisiert werden. Die Einzelfallanalyse hat nur einen beschreibenden Charakter.
Im ersten Teil dieser Arbeit soll vorerst das Gespräch mit Angaben zur Gesprächssituation vorgestellt werden. Im zweiten Teil erfolgt eine Analyse des Gespräches mit Konstrukten aus der Transaktionsanalyse und einem Rückschluss auf allgemeingültige
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Definition der Einzelfallanalyse
2. Die Gesprächssituation
2.1 Vorinformation zum Gespräch
2.2 Darstellung des Gespräches - Setting
2.3 Das Gespräch als Erinnerungsprotokoll
3. Analyse des Gespräches anhand unterschiedlicher Konstrukte
3.1 Entwicklung des Bezugsrahmens
3.2 Die vier Grundeinstellungen
3.3 Die manipulativen Rollen oder das Drama- Dreieck
4 Allgemeine Gesprächsgrundsätze
5 Führungsstile
6 Fazit
7 Abkürzungen
8 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Diese Hausarbeit thematisiert die Einzelfallanalyse eines Kritikgespräches auf einer chirurgischen Station. Das Gespräch fand im Oktober 1998 in einem Akutkrankenhaus statt und wurde damals nicht mit einem Diktiergerät aufgezeichnet. Deshalb handelt es sich um ein Gedächtnisprotokoll. Dadurch, dass zwischen dem Gespräch und der Aufzeichnung eine erhebliche Zeitspanne liegt, kann es zu einer Verminderung von Gesprächsdetails kommen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ich selbst in dem Gespräch involviert war und einige Sequenzen emotional bzw. subjektiv verstärkt oder vermindert protokolliert und analysiert habe. Aufgrund dieser Tatsache kann das Ergebnis dieser Analyse nicht generalisiert werden. Die Einzelfallanalyse hat nur einen beschreibenden Charakter.
Im ersten Teil dieser Arbeit soll vorerst das Gespräch mit Angaben zur Gesprächssituation vorgestellt werden. Im zweiten Teil erfolgt eine Analyse des Gespräches mit Konstrukten aus der Transaktionsanalyse und einem Rückschluss auf allgemeingültige Aussagen.
1.1 Definition der Einzelfallanalyse
Binneberg (1979, S. 379) kennzeichnet den Einzelfallanlass als „die Kunst eine Fallbeobachtung in eine Falldarstellung zu überführen und mit einer Fallanalyse zu verbinden.“
Die Einzelfallanalyse bietet die Möglichkeit, auf verschiedene Ergebnisse im Zuge der Forschung schnell zu reagieren und flexibel unterschiedliche Methoden anzuwenden, je nachdem, wie es die jeweilige Situation erfordert.
Nach Petermann (1982, S. 24) ist das Ziel der Einzelfallanalyse, „Gesetzmäßigkeiten bei psychischen und sozialen Prozessen zu beschreiben und vorherzusagen“.[1]
2 Die Gesprächssituation
2.1 Vorinformation zum Gespräch
Das Gespräch fand zwischen einer examinierten Krankenschwester (SR1) und einem Krankenpflegeschüler (KPS) statt. Die Krankenschwester hat ihre Ausbildung vor fünf Jahren abgeschlossen und ist ca. 35 Jahre alt. Der Krankenpflegeschüler ist 19 Jahre alt und befindet
sich am Anfang des zweiten Ausbildungsjahres. Er hat seine Praxiseinsätze im ersten Ausbildungsjahr ausschließlich auf Stationen der Inneren Medizin belegt. Die Krankenschwester hat eine Weiterbildung zur Mentorin bzw. Praxisanleiterin für Krankenpflegeschüler/innen und ist die Mentorin des Krankenpflegschülers für die Zeit des sechswöchigen Einsatzes. Das Gespräch fand auf einer chirurgischen Station statt, die über 35 Betten verfügt. Auf dieser chirurgischen Station werden hauptsächlich männliche Patienten mit allgemeinchirurgischen Erkrankungen behandelt. Der Schüler war erst in der zweiten Woche auf dieser Station.
Die Krankenschwester hat ihr Examen an der Krankenpflegeschule abgelegt, auf der sich der Krankenpflegeschüler zum Zeitpunkt des Gespräches befindet. Eine 45 jährige Krankenschwester (SR2) war während des Gespräches anwesend, jedoch nicht aktiv beteiligt. Das Gespräch wurde nur indirekt durch das Ein- und Aussteigen von Besuchern und Patienten beim Fahrstuhl begleitet.
2.2 Darstellung des Gespräches - Setting
Das Gespräch fand um ca. 1430 Uhr in der Küche der Station statt. Die Tür stand während der gesamten Konversation offen. Gegenüber der Stationsküche befindet sich ein Fahrstuhl, der von Besuchern, Patienten und Personal benutzt wird. Die 45 jährige Krankenschwester saß in der Küche am Tisch und war mit Dokumentationsarbeiten beschäftigt. Die Mentorin und der Krankenpflegeschüler stehen während des Gespräches vor der Küchenzeile. Der Krankenpflegeschüler hatte die Aufgabe, das Kaffeegeschirr abzuräumen und war damit beschäftigt, unterbrach aber diese Tätigkeit nach der Ansprache durch seine Mentorin. In der Küche befinden sich noch ein Tisch mit sechs Stühlen und ein Teewagen.
Zur Veranschaulichung des Settings soll folgende Skizze dienen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3 Das Gespräch als Erinnerungsprotokoll
Aus datenschutzrechtlichen Gründen sind auch im Protokoll die Namen der beteiligten Personen nicht genannt, sondern lediglich durch die oben aufgeführten Kürzel (SR1, SR2, KPS) ersetzt.
Der KPS ist nach dem Kaffeeverteilen für die Patienten mit dem Aufräumen beschäftigt. Die SR2 betritt den Raum:
1 SR2: Sag, du bist doch jetzt schon im 2. Ausbildungsjahr, oder?
2 KPS: Ja, genau!
3 SR2: Interessiert du dich eigentlich gar nicht für das, was wir hier so machen? Hab das Gefühl, du hast gar keine Lust.
4 KPS: Doch, schon, stottert, wird rot im Gesicht
5 SR2: Du fragst ja gar nicht nach. Gestern bei den Verbänden zum Beispiel hast du nur zugeguckt und nichts gesagt. Du musst nachfragen, wenn du hier was lernen möchtest!
6 KPS: Ja, da hast du recht. Werd ich machen
7 SR2: Wie war das denn bei den anderen Einsätzen?
8 KPS: Da war Schwester K. für mich zuständig und ich hab da schon eine Menge gelernt. Dies ist ja auch meine erste chirurgische Station. Als erstes war ich auf der Station B1 und danach auf der B3
9 SR2: Wer hat das denn geplant- im ersten Jahr nur Innere... Kopf schütteln
10 KPS: Die Schule
11 SR2: Typisch! Wie läufst denn so in der Schule? Kommst du mit?
12 KPS: Ziemlich stressig- schreiben nächste Woche eine Klausur in Anatomie und Freitag muss ich meine Arbeit über Blutdruckmessung abgeben
13 SR2: Aha- im Zweiten wird’s bisschen stressiger, war bei mir auch so
14 KPS: Ansonsten macht mir das hier im Krankenhaus zu arbeiten schon viel Spaß
15 SR2: Hast du morgen auch Frühdienst?
16 KPS: Ja, früh!
17 SR2: Okay
Anschließend verlässt die Mentorin den Raum und geht zur Patientenklingel. Die SR2 verlässt ohne Kommentar den Raum und geht auch weiter ihrer Arbeit nach. Der KPS wirkt angespannt und unsicher.
Zum Dienstende um 2115 Uhr wird der Schüler von seiner Mentorin nach Hause geschickt. Die Anderen bleiben noch zusammen mit der Nachtwache auf Station.
3. Analyse des Gespräches anhand unterschiedlicher Konstrukte
3.1 Entwicklung des Bezugsrahmens
Zunächst möchte ich näher auf den Bezugsrahmen eingehen. In der akademischen Psychologie wird im Allgemeinen unter Bezugsrahmen, im deutschen Sprachbereich häufiger als Bezugssystem bezeichnet, der nicht eigens bedachte Maßstab verstanden, der meinem Urteil zugrunde liegt, wenn ich etwas als groß oder klein, nah oder fern, hässlich oder schön, etc. einschätze. In der Psychotherapie wird der Bezugsrahmen in einem umfassenderen Sinn, nämlich als „die Realität, in der ich lebe“ verstanden.[2]
Nach Gührs und Nowak sortieren wir unsere Erfahrungen so, dass eine wiedererkennbare Struktur entsteht. In gewohnter Umgebung fühlen sich Menschen meistens sicher und behaglich. Neuorientierung verursacht ein Unsicherheitsgefühl und scheint zusätzliche Energie zu fordern, denn erst wenn sich eine Orientierung an die neue Situation, z.B. beim Arbeitsplatzwechsel, eingestellt hat, stellt sich Entspannung ein.
„Gelingt es nicht, eine klare Orientierung hinsichtlich Raum, zwischenmenschlichen Beziehungen, Sinn oder gültigen Normen zu finden, führt das leicht zu Aggressivität oder gar zu Resignation.“[3]
Bezogen auf das Gespräch könnte man annehmen, dass der Schüler sich auf seiner neuen Station noch nicht sicher fühlt. Jeder Schüler muss während seiner Ausbildung stetig seinen Bezugsrahmen erweitern. Dies geschieht während der Praxiseinsätze, aber vor allem auch durch die theoretischen Unterrichtsstunden. Die Erweiterung braucht Zeit, Energie und natürlich die Bereitschaft. Dadurch, dass der Schüler in der zweite Woche auf der neuen Station war kommt auch noch hinzu, dass es der erste chirurgische Einsatz war. Die Umgebung war ihm relativ unbekannt und er kannte auch noch nicht alle Kollegen aus dem gesamten Pflegeteam.
[...]
[1] Vgl. Petermann, a.a. O., S. 1f.
[2] Vgl. Leonard Schlegel, Handwörterbuch der Transaktionsanalyse, Basel, S. 35/36
[3] Gührs/ Nowak, a.a.O., S.64
- Quote paper
- Dipl. Pflegewirt (FH) Thomas Lücht (Author), 2005, Einzelfallanalyse eines Kritikgespräches auf einer chirurgischen Station, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46529
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