Die Arbeit untersucht kritisch die Auswirkungen, die die in § 406e Abs. 1 StPO vermittelten Informations- und Beteiligungsrechte des Nebenklägers und seines Vertreters im Strafprozess auf die Wahrheitsfindung im Strafverfahren unter aussagepsychologischen und rechtlichen Gesichtspunkten haben können.
Seit Inkrafttreten des Opferschutzgesetzes 1987 ist eine stetige Entwicklung legislativer Maßnahmen zur Verbesserung der Rechte des Verletzten im Strafverfahren zu verzeichnen, wobei sich insbesondere der Nebenkläger zu einer dem Beschuldigten nahezu gleichrangigen Figur aufgeschwungen hat. Beschränkte sich die Mitwirkung des Verletzten einst noch auf die Zeugeneigenschaft, so ist er heute in der Rolle des Nebenklägers als vollwertiges Verfahrenssubjekt anzusehen. Der Nebenkläger wird durch die ihm gem. §§ 397 ff. zustehenden Rechte bemächtigt, auf den Prozessverlauf, den Schuldspruch und die Strafzumessung Einfluss zu nehmen.
Da diese auf der Grundlage der ermittelten Wahrheit fußen (§§ 244 II, 261), ist damit auch eine Beeinflussung der Wahrheitsfindung gemeint. Problematisch wird dies, wenn der Nebenkläger zugleich als Zeuge auftritt und damit sowohl Prozesssubjekt ist, welches bei der Wahrheitsfindung aktiv mitwirkt, als auch Beweismittel, welches der Beweiswürdigung unterliegt. Die Rechtspraxis zeigt, dass vor allem Opfer von Sexual- und Gewaltdelikten von der Nebenklage Gebrauch machen. Angesichts der bei Sexualdelikten ohnehin gegebenen Beweisschwierigkeiten basierend auf der Tatsache, dass der Nebenkläger häufig den einzigen Belastungszeugen darstellt, sodass im Prozess Aussage gegen Aussage steht, ist die Gefahr einer im Beweiswert getrübten Zeugenaussage besonders problematisch.
Inhaltsverzeichnis
- A. Problemaufriss
- B. Gefährdung der Wahrheitsfindung durch Beteiligungsrechte
- I. Informationsrechte des Nebenklägers und ihre Auswirkung auf die Wahrheitsfindung
- 1. Gefahr durch Akteneinsicht gem. § 406e StPO
- a) Aktenkenntnis als Risiko für Wahrheitsgehalt und Zuverlässigkeit der Zeugenaussage
- b) Konsequenzen für die Wahrheitsfindung
- c) Die Versagungsmöglichkeit des „gefährdeten Untersuchungszwecks“ gem. § 406e II 2 Var. 2 – Meinungsstand
- 2. Gefährdung durch Gehörsrechte gem. § 397 1 4,5
- 3. Gefährdung durch Gehör bei Bekanntgabe der Anklageschrift gem. § 201 I 2
- 4. Fazit
- 1. Gefahr durch Akteneinsicht gem. § 406e StPO
- II. Gefährdung der Wahrheitsfindung durch Gestaltungsrechte
- 1. Gefährdung der Wahrheitsfindung durch Anwesenheitsrecht gem. § 397 I 1
- 2. Fazit
- I. Informationsrechte des Nebenklägers und ihre Auswirkung auf die Wahrheitsfindung
- C. Stellungnahme
- D. Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Examenshausarbeit analysiert die möglichen Gefahren für die Wahrheitsfindung im Strafverfahren durch Beteiligungs- und Informationsrechte des Nebenklägers und seines Vertreters. Sie untersucht, inwieweit die Wahrnehmung dieser Rechte den Wahrheitsfindungsprozess beeinträchtigen kann und welche Maßnahmen zur Wahrung der Prozessintegrität getroffen werden können.
- Die Doppelfunktion des Nebenklägers als Prozesssubjekt und Belastungszeuge
- Die Auswirkung von Informationsrechten auf die Wahrheitsfindung
- Die Gefährdung durch Gehörsrechte des Nebenklägers
- Die Bedeutung des Gestaltungsrechts des Nebenklägers für die Wahrheitsfindung
- Mögliche Maßnahmen zur Vermeidung von Wahrheitsgefährdungen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel A stellt den Problemkreis der möglichen Wahrheitsgefährdung durch den Nebenkläger im Strafverfahren dar. Es wird insbesondere auf die Doppelfunktion des Nebenklägers als Prozesssubjekt und Belastungszeuge eingegangen. Kapitel B analysiert die Gefährdung der Wahrheitsfindung durch die verschiedenen Beteiligungsrechte des Nebenklägers. Dabei werden insbesondere die Informationsrechte, die Gehörsrechte und die Gestaltungsrechte des Nebenklägers im Detail betrachtet. Die Auswirkungen dieser Rechte auf die Wahrheitsfindung und mögliche Maßnahmen zur Risikominderung werden untersucht. Kapitel C bietet eine Stellungnahme zur Thematik und geht auf die aktuellen Rechtsprechungstendenzen ein. Kapitel D gibt einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen in Bezug auf die Beteiligungsrechte des Nebenklägers im Strafverfahren.
Schlüsselwörter
Nebenkläger, Beteiligungsrechte, Informationsrechte, Gehörsrechte, Gestaltungsrechte, Wahrheitsfindung, Strafverfahren, Prozessintegrität, Akteneinsicht, Zeugenaussage, Anklageschrift, Anwesenheitsrecht, Rechtsprechung, Rechtspraxis.
- Quote paper
- Maura Larissa Posth (Author), 2015, Beteiligungs- und Informationsrechte des Nebenklägers und seines Vertreters. Gefahren für die Wahrheitsfindung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/466025