Anselm von Canterbury schrieb 1097 sein Hauptwerk „Cur Deus Homo“. In ausgeklügelten Formulierungen befreit er sich in diesem Werk von der bis dahin angewandten Autoritätshörigkeit und stellt das Wesen der Gottheit nicht so dar, wie es die Kirchenväter anführen, sondern wie es ihm seine Vernunft gebietet. ‘Credo ut intelligam’ bezeichnet seinen in Anknüpfung an Augustinus geprägten Grundsatz, der „besagt, dass die Vernunft das Mittel zur Auslegung von Glaubenswahrheiten und der Glaube die Quelle der durch Denken gewonnenen Einsichten ist.“ Anselm von Canterbury wird zum Vater der Scholastik, da er auf die Kraft der menschlichen Vernunft vertraut und im dialektischen Verfahren Glaubenswahrheiten erläutert. Mit der Vernunft und dem Verstand versuchte er den Glauben zu stärken. ‘Fides quaerent intellectum’, Glaube der nach Einsicht sucht, wird zur programmatischen Vorgehensweise bei seiner Suche nach dem Grund der Menschwerdung Gottes. Indem er die geltende Redemptionstheorie durch seine Überlegungen überwindet, zeigt er, wie der unendliche Sühnewert von Jesu Tod die Menschheit mit Gott versöhnt. Im Zentrum steht nicht die Schuld des Menschen, sondern der Wert Jesu Tat und die darin zum Ausdruck kommende Liebe Gottes.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Voraussetzungen für das Werk Cur Deus Homo
2.1 Dogmatische Darstellung der Anselmschen Satisfaktionslehre
3. Das Verhältnis der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes nach Anselm
4. Das I. Buch von Cur Deus Homo
4.1 Die Wiederherstellung der Ordnung
4.2 Die Schwere der menschlichen Schuld
5. Das II. Buch von Cur Deus Homo
6. Quintessenz
7. Wie Anslem einen Gott – Menschen versteht
7.1 Das Verhältnis zum Teufel
7.2 Adam – Jesus – Gottes Sohn
8. Das Verständnis von den zwei Naturen in Christus
9. Das Problem der Notwendigkeit
10. Schluss
11. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Anselm von Canterbury wurde im Jahr 1033 in Aosta (Italien) in einer lombardischen Adelsfamilie geboren. Nach dem Tod seiner Mutter und Auseinandersetzungen mit dem Vater, trat er eine Reise durch verschiedene Schulen in Frankreich an und wurde 1060 schließlich in der Normandie in das Kloster Bec aufgenommen. Während der Jahre im Kloster wuchs sein Ansehen aufgrund seiner Studien und seiner Frömmigkeit. Die Mönche forderten Anselm auf, die Meditationen aufzuschreiben, die seinem Unterricht zu Grunde lagen. Daraufhin verfasste er 1077 das Selbstgespräch „Monologion“, worin er von Gott als dem höchsten aller Wesen spricht und die Attribute Gottes untersucht. Ermutigt durch diesen Erfolg fuhr er fort in seinen Bemühungen, seinen Glauben für andere verständlich zu machen. Bei der Suche nach der Erklärung für das Wesen Gottes, die ihn der Verzweiflung nahe brachte, hatte er eines Nachts eine Offenbarung und vollendete 1078 die Gespräche des „Proslogion“, dem zweiten Teil dessen, was im 18. Jahrhundert als ontologischer Gottesbeweis bekannt werden sollte.
1093 wurde Anselm von Canterbury, trotz des Widerstands des englischen Königs, als Nachfolger Lanfrancs zum Erzbischof von Canterbury ernannt. Auch in England gab es dem deutschen Investiturstreit vergleichbare Konflikte bei der Frage um die Zuständigkeit bei der Vergabe von Kirchenämtern. So kam es, dass Anselm 1097 ins Exil nach Lyon und Rom musste, weil er sich im Investiturstreit gegen seinen Landesherren Wilhelm II. (Wilhelm den Eroberer) stellte und Papst Urban II. anerkannte. Trotz der Auseinandersetzungen mit den weltlichen Machthabern, setzte er seine theologisch - philosophischen Forschungen fort und schrieb 1097 sein Hauptwerk „Cur Deus Homo“.
In ausgeklügelten Formulierungen befreit er sich in diesem Werk von der bis dahin angewandten Autoritätshörigkeit und stellt das Wesen der Gottheit nicht so dar, wie es die Kirchenväter anführen, sondern wie es ihm seine Vernunft gebietet. ‘Credo ut intelligam’ bezeichnet seinen in Anknüpfung an Augustinus geprägten Grundsatz, der „besagt, dass die Vernunft das Mittel zur Auslegung von Glaubenswahrheiten und der Glaube die Quelle der durch Denken gewonnenen Einsichten ist.“[1]
Anselm von Canterbury wird zum Vater der Scholastik, da er auf die Kraft der menschlichen Vernunft vertraut und im dialektischen Verfahren Glaubenswahrheiten erläutert. Mit der Vernunft und dem Verstand versuchte er den Glauben zu stärken. ‘Fides quaerent intellectum’, Glaube der nach Einsicht sucht, wird zur programmatischen Vorgehensweise bei seiner Suche nach dem Grund der Menschwerdung Gottes. Indem er die geltende Redemptionstheorie durch seine Überlegungen überwindet, zeigt er, wie der unendliche Sühnewert von Jesu Tod die Menschheit mit Gott versöhnt. Im Zentrum steht nicht die Schuld des Menschen, sondern der Wert Jesu Tat und die darin zum Ausdruck kommende Liebe Gottes.
Als Heinrich I. 1100 die Nachfolge des englischen Thrones antrat, konnte Anselm nach Canterbury zurückkehren. Kontroversen auch mit diesem König endeten für Anselm 1103 mit seiner erneuten Verbannung. Erst als sich König Heinrich I. und Papst Paschalis II. einigten, konnte Anselm 1106 wieder zurückkehren und sich seinem Bistum und seinen Studien widmen.
1109 starb Anselm von Canterbury, sein Grab befindet sich in der Kathedrale von Canterbury. 1494 wurde Anselm heilig gesprochen und 1720 zum Kirchenlehrer erhoben.
2. Voraussetzungen für das Werk Cur Deus Homo
Anselm wollte streng nach dem Grundsatz ‘sola ratione’ beweisen, dass die Menschen nur zwingend durch Jesus Christus „ ned nisi per hominem – deum“[2] gerettet werden können (s.h. Preafatio).
Boso und Anselm vereinbaren einige Grundlagen, auf denen die Ausführungen beruhen und die ich kurz aufzählen möchte. Unter anderem setzten sie voraus die Menschwerdung sei nie gewesen ‘remoto Christo’, der Mensch sei zur Seligkeit geschaffen, die in diesem Leben nicht erreicht werden kann und die niemand ohne Nachlassen der Sünden erreichen kann. Kein Mensch aber ist ohne Sünde.[3] Diese Auslegungen entsprechen philosophischen, vernünftigen Grundaussagen.
Hinzu kommen religiöse Vorraussetzungen, dass Gott den Menschen mit Vernunft geschaffen hat und sein Dasein in der vergänglichen Welt Leiden bedeutet. Anselm setzt selbstverständlich voraus, dass Gott der Schöpfer der Welt ist, der die Menschen zur Seligkeit geschaffen hat. Der Mensch kann unterscheiden zwischen Gut und Böse, und indem er nach dem höchsten Gut, nämlich nach dem Genuss Gottes strebt, erlangt er das Heil. Anselm schließt seine Ausführungen hier an die Augustinsche Unterscheidung von ‘uti’ und ‘frui’ an.[4]
„Die gewählte Methode ist dabei ‘ die des Apologeten in seiner doppelten Funktion, dem Ungläubigen die Vernünftigkeit des christlichen Glaubens darzutun und dem Gläubigen den intellectus fidei, der zwischen Glauben und Schauen die Mitte hält, zu vermitteln. Methodisch stellt sich A(nselm) … auf den Standpunkt des Ungläubigen (oder sonstigen Gegners), und indem er diesem gerecht wird, befriedigt und erfreut er auch den Verstand des Gläubigen.’”[5]
2.1 Dogmatische Darstellung der Anselmschen Satisfaktionslehre
Anselms Auffassung der Erlösungslehre wurde in der Geschichte in einem Satz dogmatisch dargestellt. „Das Wesen der Erlösung liegt […] darin, daß der Gottmensch Jesus Christus (Cur deus homo) am Kreuz Gott die gerechte Sühne (iustitia) für unsere Schuld leistet und durch sein Leiden und Sterben die unendliche Genugtuung (satisfactio) für unsere Sünden bezahlt, die wir nicht zahlen können, so dass durch ihn der Gerechtigkeit Gottes (iustitia dei) Genüge getan, sein Zorn besänftigt und Versöhnung zwischen Gott und Menschheit gestiftet wird.“[6]
Es handelt sich in dieser Zusammenfassung Anselms Versöhnungslehre also vordergründig um die Gerechtigkeit Gottes oder die Rechtfertigung der Menschen vor Gott.
So oder ähnlich wird die Satisfaktionslehre des heiligen Anselm gedeutet, doch leider wird damit nicht vollkommen der Kern seiner Aussage und der Wert von dem Tod Christi erkannt.
3. Das Verhältnis der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes nach Anselm
Auf die Problematik der Gerechtigkeit weist das Ende des Mittelalters deutlich hin. Martin Luther, der zunächst über den Begriff der Gerechtigkeit wie er uns im AT oft begegnet stolperte, betrachtete die Gerechtigkeit zunächst als eine strafende, strenge Macht Gottes, die der Gerechtigkeit Genüge tut.
Biblische Beispiele:
5. Mose 6, 25: Und es wird unsere Gerechtigkeit sein, wenn wir darauf achten, dieses ganze Gebot vor dem HERRN, unserm Gott, zu tun, so wie er es uns befohlen hat.
Jer. 9,23: sondern wer sich rühmt, rühme sich dessen: Einsicht zu haben und mich zu erkennen, daß ich der HERR bin, der Gnade, Recht und Gerechtigkeit übt auf der Erde; denn daran habe ich Gefallen, spricht der HERR.
Der Psalm 58 beschreibt ebenfalls, mit welcher Strenge Gott für Recht auf der Erde sorgt.
Im AT meint Gerechtigkeit jedoch ebenfalls die Bundesgerechtigkeit, die die Bundestreue und bundesgemäßes Verhalten bezeichnet.
Biblische Beispiele:
5. Mose 4, 31: Denn ein barmherziger Gott ist der HERR, dein Gott. Er wird dich nicht aufgeben und dich nicht vernichten und wird den Bund deiner Väter nicht vergessen, den er ihnen geschworen hat.
Es geht nicht um belohnende oder strafende Gerechtigkeit, sondern um Gottes Treue und das daraus resultierende rechte Verhalten der Menschen. Diesen Inhalt bezeichnet Paulus mit dem Begriff der ‘δικαιοσυνη’. Auch Luther versteht nach langen Überlegungen welche Bedeutung der Begriff ‘Gottes Gerechtigkeit’ in Röm 1,17 hat. Gott verschenkt demnach seine Gerechtigkeit an den Menschen, indem er ihn gerecht spricht. Gott ist also barmherzig, er stellt sich auf die Seite des Menschen und gibt ihm Leben. Dieses ‘Urteil’ annehmen bedeutet glauben.
In der folgenden griechischen und römischen Philosophie kommt der Gedanke der Gleichheit ‘aequitas’ hinzu. Sie besagt, dass der gerechte Gott an den Menschen so handelt, wie es ihnen gleichkommt. Auch dafür lassen sich Belege in der Bibel finden.
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[1] CD-Rom: Der Brockhaus in Text und Bild 2002, Mannheim: Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG 2001
[2] Anselm von Canterbury: Cur Deus Homo, Warum Gott Mensch geworden lateinisch und deutsch; besorgt und übersetzt von Schmitt, F. S., München: Kösel – Verlag 19935, S.3
[3] Vgl. CDH I,10; S. 39
[4] Vgl. CDH II,1-5; S. 91 ff
[5] zitiert nach: Wenz, Gunther: „Geschichte der Versöhnungslehre in der evangelischen Theologie der Neuzeit“, in: Münchner Monographien zur historischen und systematischen Theologie (Münchner Universitätsschriften Band 1), München: CHR. Kaiser Verlag 1984, S. 50 / F. S. Schmitt, Anselm von Canterbury, in: RGG3 , I. Band, Sp. 397 f, hier: 398; vgl. ders., Die wissenschaftliche Methode in Anselms >Cur deus homo<, in: Spicilegium Beccense I, Paris 1959, 349-370
[6] Kienzler, Klaus: „Gott ist größer / Studien zu Anselm von Canterbury“ in: Bonner dogmatische Studien, hg. von Breuning, Wilhelm; Jorissen, Hans; Menke, Karl-Heinz; Wohlmuth, Josef; Band XXVII, Würzburg: Echter Verlag 1997, S. 110
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