In der Literatur lassen sich eine unüberschaubare Fülle von Definitionen von Kommunikation finden. Dies reicht vom klassischen Modell (Sender-Nachricht-Kanal-Empfänger) von Shannon /Weaver 1, welches auch in den Sozialwissenschaften breit rezipiert wurde, bis zu den neueren Entwürfen, die mit den Namen Schulz von Thun, Watzlawick oder Rogers verbunden sind. Die Soziologie jedoch wurde über lange Zeit als Handlungswissenschaft verstanden2. Im Anschluss an die Arbeiten von George Herbert Mead veränderte sich jedoch die Sichtweise auf das soziale Phänomen Kommunikation. Zögerlich verschoben sich die Perspektiven auch in der Soziologie, von der Handlung hin zur Kommunikation als Grundprinzip der gesellschaftlichen Organisation. Soziologisch fundierte Kommunikationsbegriffe werden jedoch erst durch Habermas um 1970 und Luhmann um 1975 in die Theoriebildung integriert. Nicht umsonst werden diese beiden Soziologen als die Protagonisten respektive auch Antagonisten der neueren deutschen Soziologie bezeichnet. Ihre Ansätze wurden und werden in Deutschland heftig diskutiert und auch sie selbst begaben sich in diese Debatte, die unter dem Namen Frankfurt-Bielefeld-Kontoverse für einiges aufsehen sorgte und in der sie ihre verschiedenen Ansätze und Positionen vertraten und gegeneinander stellten. Ihre Konzepte, das zeigt sich auch und vor allem in ihrer Auffassung von Kommunikation, am profiliertesten entlang der Begriffe Verständigung (Habermas) und Verstehen (Luhmann), unterscheiden sich in vielen grundlegenden Positionen. Gerade weil die beiden Theoretiker einen Paradigmenwechsel in der Soziologie, durch die kommunikationstheoretische Fundierung ihrer Theorien einläuteten, ist es interessant die beiden Entwürfe herauszuarbeiten und gegeneinander zustellen. Dies soll auch die Zielsetzung dieser Arbeit sein. Meine Vorgehensweise ist dabei, zuerst die Theorie von Habermas darzustellen, um dann Luhmanns Entwurf nachzuzeichnen und daran anschließend die beiden Ansätze zu vergleichen und die Unterschiede herauszuarbeiten. Den Schwerpunkt meiner Erörterungen lege ich dabei auf die jeweilige Konzeptionierung von Kommunikation, Verständigung vs. Verstehen.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG, ÜBERBLICK, FRAGESTELLUNG
- JÜRGEN HABERMAS: KOMMUNIKATIVES HANDELN
- VON DER HANDLUNG ZUR KOMMUNIKATION
- KOMMUNIKATION UND SPRACHE
- DER DISKURS
- KRITERIEN DER GÜLTIGKEIT BZW. INTERSUBJEKTIVITÄT
- VERSTÄNDIGUNG ALS ELEMENT SOZIALER INTEGRATION VON SUBJEKTEN
- HABERMAS KONZEPTION DER GESELLSCHAFT –ERSCHAFFUNG DES ORTES DES HERRSCHAFTSFREIEN DISKURSES
- SYSTEM
- LEBENSWELT
- ZUSAMMENFASSUNG
- NIKLAS LUHMANN: KOMMUNIKATION ALS KONSTITUTIONSELEMENT SOZIALER SYSTEME
- DIE UNWAHRSCHEINLICHKEIT DER KOMMUNIKATION
- BESTIMMUNG DES LUHMANNSCHEN KOMMUNIKATIONSBEGRIFFS
- DIE KOMMUNIKATIONSMEDIEN
- SYSTEMBILDUNG UND KOMMUNIKATION
- ZUSAMMENFASSUNG
- GEMEINSAMKEITEN UNTERSCHIEDE DER BEIDEN GESELLSCHAFTSKONZEPTIONEN
- KOMMUNIKATION, VERSTÄNDIGUNG, VERSTEHEN
- SCHLUSSBEMERKUNGEN, KRITIK
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das Paradigma der Kommunikation in neueren soziologischen Theorien, insbesondere im Vergleich der Ansätze von Niklas Luhmann und Jürgen Habermas. Die Arbeit untersucht die Konzeptualisierung der gesellschaftlichen Basisoperation Kommunikation und stellt die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Ansätzen dar.
- Kommunikation als Basis der gesellschaftlichen Ordnung
- Der Unterschied zwischen Verständigung (Habermas) und Verstehen (Luhmann)
- Die Rolle von Sprache und Diskurs in der Kommunikation
- Die Konzepte von System und Lebenswelt
- Die Integration von Subjekten in die Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung, Überblick, Fragestellung: Die Arbeit beleuchtet die Bedeutung der Kommunikation in der Soziologie und stellt die unterschiedlichen Ansätze von Habermas und Luhmann vor.
- Jürgen Habermas: kommunikatives Handeln: Habermas' Theorie des kommunikativen Handelns basiert auf der Idee, dass Kommunikation das zentrale Element der sozialen Integration ist. Dabei spielt Sprache eine zentrale Rolle, da sie die Bedingungen für Verständigung und Handlungskoordination schafft.
- Niklas Luhmann: Kommunikation als Konstitutionselement sozialer Systeme: Luhmann sieht Kommunikation als ein eigenständiges System, das die soziale Ordnung konstituiert. Kommunikation ist für ihn unwahrscheinlich, da sie auf der Übertragung von Sinn beruht und immer mit der Gefahr der Missverständnisse behaftet ist.
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Gesellschaftskonzeptionen: Trotz der unterschiedlichen Ansätze haben Habermas und Luhmann Gemeinsamkeiten in ihrer Betonung der Rolle der Kommunikation in der Gesellschaft. Ihre Unterschiede liegen vor allem in ihrer Konzeptualisierung von Verständigung und Verstehen sowie in ihrer Sicht auf die Rolle von Sprache und Diskurs.
Schlüsselwörter
Kommunikation, Verständigung, Verstehen, Sprache, Diskurs, System, Lebenswelt, Habermas, Luhmann, Soziologie
- Arbeit zitieren
- Holger Bertsch (Autor:in), 2005, Das Paradigma der Kommunikation in neueren soziologischen Theorien - Niklas Luhmann und Jürgen Habermas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46734