Leseprobe
I Inhaltsverzeichnis
I Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Historische Entwicklung der New Home Economics
2.1 Entwicklung in den USA
2.2 Entwicklung in Deutschland
2.3 Entwicklung in weiteren Ländern
3 Internationaler Vergleich
4 Fazit
Literaturverzeichnis
II Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vergleich der lnstitutionalisierung der Haushaltswissenschaften in den USA und in Deutschland.2
III Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Vergleich der traditionellen und der neuen Haushaltstheorie1
1 Einleitung
Der Begriff der Ökotrophologie stammt aus dem Griechischen (oikos = das ganze Haus; trophe = Ernährung, Unterhalten) und steht demnach für die Lehre der Haushaltsund Ernährungswissenschaften, respektive der Lehre des Lebensunterhaltes und der Daseinsvorsorge der Menschen. Die Bezeichnung dieser Fachrichtung findet seit etwa 1965 – wenige Jahre nach Begründung des ersten Studienganges mit haushaltswissenschaftlichem Schwerpunkt an der Justus-Liebig-Universität Gießen – Anwendung (Egner 1985, S.12; Bargatzky 1968, S.65 zit. nach Schweitzer 1991, S. 16).
Synonym verwendete Begriffe stammen aus den angelsächsischen Ländern. Dabei handelt es sich um die (New) Home Economics und Human Ecology (Schweitzer 1991, S. 16). Dabei befassen sich die Begriffe Haushaltswissenschaften und Home Economics mit der sogenannten klassischen Schule der Nationalökonomie und die New Home Economics ebenso wie die Departments of Human Ecology und die aktuelle Lehre der Ökotrophologie mit einer Weiterentwicklung dieser klassischen Theorie (Schweitzer 1991). Während Adam Smith, Thomas Malthus und weitere Vertreter der klassischen Schule der Nationalökonomie die Meinung vertraten, dass der Mensch ausschließlich zu seinem Eigennutz wirtschaftet und die wirtschaftliche Leistungsmaximierung beziehungsweise das Wirtschaftswachstum für ihn das Hauptziel darstellt, beziehen die neuen Hauswirtschaftslehren die Haushaltsproduktion bzw. die Leistungserstellung in Privathaushalten in ihre Analysen mit ein (Bundeszentrale für politische Bildung 2013).
Neben dem bereits erläuterten Begriff der New Home Economics findet sich im Titel der Arbeit der Begriff der Institutionalisierung wieder. Laut Duden bezeichnet eine Institutionalisierung das „Annehmen einer festen [gesellschaftlich anerkannten] Form“ (Dudenredaktion (Hrsg.) o.J.). Demnach befasst sich die Arbeit mit der Entwicklung der Haushaltswissenschaften von einem gesellschaftlich wenig geschätzten Bereich zu einer anerkannten Institution an den Universitäten verschiedener Länder (Schweitzer 1991). Im Vordergrund stehen die historischen Entwicklungen in den USA und in Deutschland. Des Weiteren werden Länder wie Finnland und die Niederlande betrachtet, um auch sie in den Vergleich mit einbeziehen zu können.
Das Ziel der Hausarbeit besteht darin, die historische Entwicklung der Haushaltswissenschaften inklusive der bedeutendsten Vertreterinnen und Vertreter dieser Disziplin aufzuzeigen und in einem internationalen Vergleich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten. Im Fazit dieser Arbeit werden die Ergebnisse des Vergleiches zusammengefasst.
Das Thema dieser Arbeit bildet unter anderem die Grundlage für das Verständnis des Studienganges Ökotrophologie und ist demnach bedeutend für das Modul „Haushalts-, Familienund Gendertheorien“, in dem diese Hausarbeit verfasst wird. Durch die historische Entwicklung der Disziplin der Haushaltswissenschaften an den Hochschulen ist der heutige Stand der Ökotrophologie und der Haushaltswissenschaften erst möglich geworden.
2 Historische Entwicklung der New Home Economics
Die Entwicklung der Haushaltswissenschaften, beziehungsweise der New Home Economics beginnt in den USA und erreicht mehrere Jahrzehnte später den europäischen Kontinent (Schweitzer 1991). Der Rückblick auf die Geschichte der Haushaltswissenschaften stellt den Hauptteil dieser Arbeit dar und beginnt mit den Entwicklungen in den USA, es folgt die Betrachtung Deutschlands. Das Kapitel schließt mit der Betrachtung der Niederlande, Finnlands und weiterer Länder.
Da die Entwicklung in den USA erst im 19. Jahrhundert einsetzt, werden die historisch vorausgegangenen Ereignisse der Antike bis zur klassischen Theorie der Nationalökonomie und Adam Smith nicht eingehend betrachtet.
2.1 Entwicklung in den USA
Im 19. Jahrhundert bestehen in den USA zahlreiche, aus der Industrialisierung entstandene soziale Probleme. Die sozialen Probleme bestehen unter anderem in den Bereichen Ernährung und Versorgung, Kindererziehung, hoher Kindersterblichkeit und schlechter Wirtschaftsführung des Haushalts (Luneburg, 1909 zit. nach Richarz 1991, S. 236). Die Migrationsund Immigrationsrate ist hoch, die Lebenslagen verschlechtern sich. Zudem nimmt die Urbanisierung, also die „Landflucht“ der Menschen in die Städte zu (Cipolla, Borchardt 1985 zit. nach Richarz 1991, S. 235).
Diese Vorgänge nimmt die amtierende Regierung damals zum Anlass über den sogenannten Morrill Act im Jahr 1862 Landschenkungen an die Bürger vorzunehmen (Schweitzer 1996, S. 16). Aufgrund der Landschenkungen ziehen wieder mehr Menschen zurück auf das Land und bewirtschaften dieses. Aus den Erlösen und wegen der steigenden Nachfrage der Siedlerfamilien an Bildungsangeboten werden sogenannte Land-Grant-Universities, also landwirtschaftlich-technisch ausgerichtete Universitäten, gegründet. Sie werden später zu den heutigen Staatsuniversitäten (Tate 1973 zit. nach Richarz 1991, S. 242). An diesen Universitäten gründen sich die ersten Departments of Home Economics (Schweitzer 1996, S. 16). Viele dieser Departments benennen sich in den Folgejahren in Departments of Human Ecology um (Schweitzer 1996, S. 24). Die Gründung der Departments of Home Economics löst ein weiteres Problem: hier können Lehrerinnen und Lehrer für den haushaltswissenschaftlichen Unterricht ausgebildet werden (Bock 1972 zit. nach Richarz 1991, S. 242). Die Ausbildung der Mädchen und Frauen an den Schulen zur „Hausfrau und Mutter“ soll unter anderem die Lebensbedingungen verbessern, indem die angesprochenen Probleme der Privathaushalte gelöst werden (Hauswirtschaftliche Unterweisung für die gesamte weibliche Jugend 1909, S. 23 zit. nach Richarz 1991, S. 236).
Die Departments of Home Economics orientieren sich bezüglich der angebotenen Fächer an den Bedarfen der Siedlerfamilien. Sie nehmen Bezug auf die Disziplinen der Natur-, Sozial-, Erziehungsund Kulturwissenschaften sowie auf Medizin und Technik. Im Vordergrund steht in der Lehre besonders das Lösen von Alltagsproblemen mit Hilfe der gewonnenen Kenntnisse (Hillison und Burge 1988).
Im Laufe der Jahre steigt in den USA das Ansehen des häufig als „Frauenbildungswesen“ bezeichneten Fachgebietes der Home Economics an den Universitäten (Schweitzer 1996, S. 23). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründet sich der internationale Verband für Hauswirtschaft und der Unterricht der Home Economics zeigt erste Erfolge, wie zum Beispiel eine Anerkennung der Rolle der Frau und wie wichtig ihre Bildung ist (Richarz 1991, S. 237f). Aufgrund der auftretenden „Doppelbelastung“ der Frau durch Erwerbsund Hausarbeit kommt es in dieser Zeit zur Anwendung des Taylorismus, der „wissenschaftlichen Betriebsführung“ auf das Haushaltsmanagement. Die Effektivität der Hausarbeit soll erhöht und Ressourcen wie Zeit und Kraft sollen gespart werden (Richarz 1991, S. 249).
Die frühen, als Pioneers bezeichneten, Vertreterinnen und Vertreter der Home Economics kommen auf den sogenannten Lake-Placid-Konferenzen in einer US-amerikanischen Kleinstadt zusammen (Richarz 1991). Der Lake-Placid-Club, gegründet von M.T. Dewey (1851-1931) und dessen Frau Annie C. Dewie (1850-1922) wird unter anderem von der bereits genannten Ellen H. Richards geleitet (von 1899-1908) (East 1980, S. 95 zit. nach Richarz 1991, S. 244). Dort entwickeln sie die erste offizielle Definition der Home Economics (1902), die wie folgt lautet: „das Studium von Gesetzen, Bedingungen, Prinzipien und Idealen in zwei Bereichen – zum einen der unmittelbaren physischen Umwelt, zum anderen des Menschen in seiner Natur als Sozialwesen; schließlich die Beziehung zwischen den beiden“ (East 1980, S. 180 übersetzt und zit. nach Richarz 1991, S. 244). Der deutliche Bezug zur Umwelt in dieser Definition befasst sich vor allem mit den alltäglichen Problemen der Bevölkerung, wie dem Zugang zu einwandfreiem Wasser, einer ausreichenden Versorgung mit Nahrungsmitteln, sauber Luft und der Entsorgung von Müll und Abwasser, welche aus der expandierenden Bevölkerung vor allem in urbanen Gebieten entstehen (Hunt 1980, S.85 zit. nach Richarz 1991, S. 244f). Die Themen der Konferenzen weisen neben der Frage der Definition ein breites Spektrum auf. Neben der bereits genannten Definition beschäftigen sich die Beteiligten vor allem mit den Inhalten, der Struktur sowie der Bezeichnung der Home Economics (Richarz 1991, S. 244).
Zu den Pioneers zählen Ellen H. Richards (1842-1911) sowie Isabelle Bevier (1860-1942) als jeweils erste beziehungsweise zweite Präsidentin der A merican Home Economics Association, welche heute den Namen American Association of Family and Consumer Sciences (AAFCS) trägt (Richarz 1991, S. 242ff, 2001, S. 30). Sie stammen, wie ein Großteil der Pioneers aus der Mittelschicht der Gesellschaft und studierten ursprünglich in einem anderen, meist naturwissenschaftlich geprägten Bereich. Richards und Bevier sind zum Beispiel Chemikerinnen (Richarz 1991, S. 243f). Ein weiterer Vertreter, der jedoch nicht direkt zu den Pioneers zählt, ist Gary S. Becker. Becker entwickelt in den 60er und 70er Jahren in Zusammenarbeit mit weiteren Wissenschaftlern die Theorie der Home Economics zur Theorie der New Home Economics weiter. Abbildung 1 zeigt zum einen das traditionelle Modell, in dem Geldeinkommen in Marktgüter investiert wird, die einen Nutzen stiften. In der neuen Theorie hingegen wird zum einen durch Zeiteinsatz Geldeinkommen geschaffen, mit welchem Marktgüter beschafft werden können, zum anderen gilt der Zeiteinsatz (in Kombination mit den am Markt erworbenen Gütern) der Haushaltsproduktion, welche einen Nutzen stiftet (Harylyshyn 1977, S. 81 zit. nach Schweitzer 1991, S. 75). Für sein Werk verleiht man Becker im Jahr 1992 den Nobelpreis der Wirtschaftswissenschaften (Schweitzer 1991, S. 74ff). Diese Theorie ist nach Rosemarie von Schweitzer zwar „realitätsnäher“ als die „ traditionelle neoklassische Haushaltstheorie“, jedoch auch „nicht unumstritten“ (Schweitzer 1991, S. 71).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Vergleich der traditionellen und der neuen Haushaltstheorie1
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1 Quelle: Harylyshyn, 1977, S.81 (Übersetzung nach Rosemarie von Schweiter); zitiert nach: Krüsselberg, 5 H.-G., Auge, M., Hilzenbecher, M.: Verhaltenshypothesen und Familienzeitbudgets. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1986, Bd. 182 d. Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit.