Die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) zählt zu den Kernbestandteilen des deutschen Sozialstaatsprinzips, wie es vor allem in Artikel 20 des Grundgesetzes festgeschrieben ist. [...] Im Laufe der Jahre ist die GRV zu einem Kernbestandteil der monetären Versorgung nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben geworden, gleichwohl dieser Zweig der Sozialversicherung heute vor großen Problemen steht. Niedrige Geburtenraten, eine längere Lebenserwartung und eine lahmende Binnenkonjunktur sind Schlagwörter, die in der politischen Auseinandersetzung immer wieder angeführt werden. Berechnungen des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung und Analysen von Forschungsinstituten haben ergeben, dass in 30 Jahren nur noch zwei Erwerbspersonen die Rente für einen Menschen im Ruhestand aufbringen. Gleichzeitig liegt die Geburtenrate bei 1,4 Kindern pro Frau. Die Lebenserwartung steigt kontinuierlich an. [...] Subsumiert wird diese gesellschaftliche Entwicklung unter dem Begriff des demographischen Wandels. Hinzu kommt, dass ein großer Teil der Ausgaben für die Rente bereits heute aus Steuermitteln finanziert wird. Jährlich überweist der Bundesfinanzminister fast 80 Milliarden Euro an die Rentenversicherungsträger.
Das politische Hauptaugenmerk liegt auf der Höhe des Beitragssatzes, der paritätisch zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufgebracht wird.
Quer durch alle Parteien werden Reformansätze für die GRV formuliert. Das hat nicht zuletzt der zurückliegende Bundestagswahlkampf gezeigt. Dabei herrscht große Einigkeit darüber, dass ein Reformbedarf besteht, die Umsetzung hingegen ist heftig umstritten. Es konkurrieren mehrere Vorschläge. Einerseits wird zur Überwindung der Finanzierungslücke vorgeschlagen, den Beitragssatz zu erhöhen, beziehungsweise das Renteniveau abzusenken. Andererseits soll die GRV auf eine Grundversorgung eingeschränkt werden. Favorisiert wird beispielsweise auch eine Annhebung der Lebensarbeitszeit. Breit diskutiert wird in den vergangenen Jahren auch über eine so genante 2. Säule in der Altersversorgung, das heißt, dass neben der GRV eine kapitalgedeckte Vorsorge den Lebensstandard im Alter sichern soll.
Kurz nach ihrer Wiederwahl im Jahr 2002 ist die rot-grüne Bundesregierung angetreten, die GRV grundlegend zu reformieren. Die zurückliegende Bundestagswahl und die damit verbundene vorzeitige Beendigung der 15. Legislaturperiode stellt einen guten Zeitpunkt dar, die Reformschritte der vergangenen drei Jahren zu analysieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemstellung - Konzeptionalisierung
- Verteilungspolitik - Was ist das?
- Die Wer-Frage
- Die Was-Frage
- Die Wie-Frage
- Gesellschaftliche und ökonomische Veränderungsprozesse
- Der Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung 2004
- Gesellschaftspolitische Aussagen
- Ökonomische Aussagen
- Das Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungsbericht
- Die Rentenpolitik der rot-grünen Bundesregierung
- Der Reformansatz der Sozialdemokraten
- Der Reformansatz von Bündnis90/Die Grünen
- Die Rentenreform 2001 als erste grundlegende Zäsur deutscher Rentenpolitik
- Das Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz
- Das Alterseinkünftegesetz
- Die Rentenpolitik der rot-grünen Bundesregierung in den Jahren 2002 - 2005: Ein verteilungspolitischer Erfolg oder die Anpassung an gesellschaftliche und ökonomische Erfordernisse?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Rentenpolitik der rot-grünen Bundesregierung im Zeitraum von 2002 bis 2005 unter verteilungspolitischen Gesichtspunkten und untersucht gleichzeitig die politische Rückbindung an gesellschaftliche und ökonomische Veränderungsprozesse.
- Definition des Begriffs der Verteilungspolitik, insbesondere die drei Dimensionen der Verteilung
- Analyse gesellschaftlicher und ökonomischer Veränderungsprozesse, die in der Begründung der Rentenpolitik der Bundesregierung immer wieder zum Tragen kommen
- Empirische Untersuchung der Rentenpolitik auf Basis des Rentenversicherungsberichts 2004 und dem Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungsbericht 2004
- Herausarbeitung der spezifischen Reformansätze der Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen
- Bewertung der Auswirkungen der wesentlichen Reformen der GRV in den Jahren 2002-2005 aus verteilungspolitischer Perspektive
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) als ein Kernbestandteil des deutschen Sozialstaatsprinzips vor und beleuchtet die aktuellen Herausforderungen, die durch demographische Veränderungen und finanzielle Belastungen entstehen.
- Problemstellung - Konzeptionalisierung: Die Arbeit definiert den Begriff der Rentenpolitik als einen kontinuierlichen Anpassungsprozess an gesellschaftliche und ökonomische Veränderungen und hebt die verteilungspolitische Dimension hervor. Es wird die zentrale Rolle der Generationengerechtigkeit in der Rentenpolitik betont.
- Verteilungspolitik - Was ist das?: Die Arbeit erläutert den umfassenden Begriff der Umverteilung als Ausdruck eines modernen Sozialstaates und fokussiert auf die drei Dimensionen der Verteilung: „Wer“, „Was“ und „Wie“.
- Gesellschaftliche und ökonomische Veränderungsprozesse: Dieses Kapitel analysiert die gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen, die die GRV beeinflussen. Es werden der Rentenversicherungsbericht 2004 und das Gutachten des Sozialbeirats zu diesem Bericht als Grundlage für die empirische Analyse herangezogen.
- Die Rentenpolitik der rot-grünen Bundesregierung: Dieses Kapitel beleuchtet die spezifischen Reformansätze der Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen. Die Rentenreform 2001 wird als erste grundlegende Zäsur deutscher Rentenpolitik vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Rentenpolitik der rot-grünen Bundesregierung in den Jahren 2002 - 2005 und konzentriert sich auf die verteilungspolitischen Aspekte der Reformen. Schlüsselwörter sind Gesetzliche Rentenversicherung (GRV), Verteilungspolitik, Generationengerechtigkeit, Rentenversicherungsbericht, Sozialbeirat, Rentenreform, Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz, Alterseinkünftegesetz, demographischer Wandel, Sozialstaatsprinzip.
- Quote paper
- Tobias Schwab (Author), 2005, Die Rentenpolitik der rot-grünen Bundesregierung in den Jahren 2002-2005: Ein verteilungspolitischer Erfolg, oder die Anpassung an gesellschaftliche und ökonomische Erfordernisse?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46920