Die Auseinandersetzung mit real erlebten psychischen Traumata sowie Fragen zur Therapie traumatisierter Menschen stellten bis vor wenigen Jahren noch ein unattraktives und zudem tabuisiertes Thema dar, insbesondere wenn es um sexuelle Gewalt an Frauen und Kindern ging. Dies zeigte sich über Jahrzehnte hinweg unter anderem in einer Diskontinuität der Psychotraumatologie-Forschung sowie der Tendenz, die Bedeutung realer Traumatisierungen für die Genese psychischer Störungen zu relativieren und die Glaubwürdigkeit von Opfern anzuzweifeln.
Erst in den letzten zehn bis 15 Jahren ist bezüglich der psychologischen Erforschung von den Vorgängen und Behandlungsmöglichkeiten bei traumatisierenden Erfahrungen sehr viel wissenschaftlich gearbeitet und veröffentlicht worden. Psychische Folgen real erlebter Traumata in Form der posttraumatischen Belastungsreaktionen und posttraumatischen Belastungsstörung sowie deren Intervention werden seitdem als hochbedeutsam betrachtet. Die plötzliche Akzeptanz und das wissenschaftliche Interesse an realen Traumatisierungen sind damit in Zusammenhang zu bringen, dass sich Anfang der 80er Jahre in den USA und Europa neben der Diskussion über die Langzeitfolgen des Holocaust und des Vietnamkriegs parallel dazu soziale Bewegungen wie der Feminismus, die kritische Psychiatrie und Medizin, welche insbesondere sexuelle Gewalt als Trauma wieder ins Bewusstsein von Fach- und Laienöffentlichkeit gerückt haben, entwickelten.
Vor dem Hintergrund dieser Bewegung und der neuen Erkenntnisse der Psychotraumatologie-Forschung zur Entstehung, Verlauf und Intervention von posttraumatischen Störungen wurde im Jahre 2002 in der parteilich arbeitenden Beratungsstelle Wildwasser Magdeburg e.V. das Gruppentraining „Stressbewältigung und Stabilisierung“ für von sexueller Gewalt betroffene jugendliche Mädchen und Frauen, die unter posttraumatischen Störungen leiden, konzipiert. Es wird seitdem in regelmäßigen Abständen in der Einrichtung durchgeführt.
Aufgrund meiner eigenen Teilnahme an diesem Kurs im Rahmen eines Praktikums bei Wildwasser Magdeburg e.V. entwickelte ich die Idee für das Thema der vorliegenden Arbeit. Mein Interesse an dem Gruppenangebot bestand insbesondere darin, herauszufinden, welche Wirkung die im Training angebotenen Methoden auf die von traumatischen Stress betroffenen Probandinnen haben und wie das Kurskonzept von ihnen generell bewertet wird.
Inhaltsverzeichnis
- AUSMAß SEXUELLER GEWALT
- DEFINITION UND AUSMAß SEXUELLER GEWALT
- ZUR DEFINITIONSPROBLEMATIK
- Inzidenz und Dunkelziffer
- Prävalenz sexueller Gewalt bei Kindern und Jugendlichen
- Prävalenz sexueller Gewalt bei erwachsenen Frauen
- PSYCHISCHE FOLGEN SEXUELLER GEWALT
- SCHWEREGRAD UND KLASSIFIKATION SEXUELLER TRAUMATISIERUNG
- Einfache Posttraumatischen Belastungsstörung
- Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung
- Dissoziation
- Somatisierung
- Dysregulation von Gefühlen
- Schwierigkeiten in Beziehungen
- Negatives Selbstbild
- PSYCHOTHERAPIE NACH SEXUELLER TRAUMATISIERUNG
- KOGNITIV BEHAVIORALE VERFAHREN
- PSYCHODYNAMISCHE VERFAHREN
- TRAUMAZENTRIERTE IMAGINATIVE PSYCHOTHERAPIE
- EVALUATION PSYCHOTHERAPEUTISCHER VERFAHREN NACH SEXUELLER TRAUMATISIERUNG
- EFFICACY VERSUS EFFECTIVENESS
- WIRKSAMKEITSSTUDIEN ZUR PSYCHOTHERAPIE NACH SEXUELLER TRAUMATISIERUNG
- EVALUATION DES GRUPPENTRAININGS „STRESSBEWÄLTIGUNG UND STABILISIERUNG“
- DAS STRESSBEWÄLTIGUNGS- UND STABILISIERUNGSTRAINING
- Stabilisierung
- Entspannung
- Belastungsausgleich
- STUDIENDESIGN UND METHODIK
- Untersuchungsdesign
- Methodischer und inhaltlicher Aufbau des Fragebogens
- Methodisches Vorgehen bei der Auswertung
- Validierung der Antwortkategorien
- DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE
- Veränderung des Umgangs mit Stress
- Bewertung der im Kurs vermittelten Methoden
- Rückmeldung zum Kurskonzept
- INTERPRETATION DER ERGEBNISSE
- DISKUSSION DER ERGEBNISSE
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Evaluation eines Gruppentrainings für jugendliche Mädchen und Frauen, die traumatische Stresserfahrungen nach sexuellen Gewalterfahrungen erleben. Ziel ist es, die Wirksamkeit des Trainings „Stressbewältigung und Stabilisierung“ zu untersuchen und die Auswirkungen des Trainings auf die Bewältigung von Stress, die Bewertung der vermittelten Methoden und die allgemeine Zufriedenheit der Teilnehmerinnen zu analysieren.
- Ausmaß und Definition sexueller Gewalt
- Psychische Folgen sexueller Traumatisierung
- Psychotherapie nach sexueller Traumatisierung
- Evaluation psychotherapeutischer Verfahren nach sexueller Traumatisierung
- Evaluation des Gruppentrainings „Stressbewältigung und Stabilisierung“
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Dieses Kapitel befasst sich mit der Definition und dem Ausmaß sexueller Gewalt. Es analysiert die Problematik der Definition von sexueller Gewalt und beleuchtet verschiedene definitorische Zugänge, insbesondere das Konzept des wissentlichen Einverständnisses. Darüber hinaus werden Inzidenz und Dunkelziffer sexueller Gewalt untersucht, sowie die Prävalenz sexueller Gewalt bei Kindern und Jugendlichen und bei erwachsenen Frauen.
- Kapitel 2: In diesem Kapitel werden die psychischen Folgen sexueller Gewalt beleuchtet. Es wird die Definition von sexueller Traumatisierung behandelt, sowie der Schweregrad und die Klassifikation sexueller Traumatisierung. Zudem werden verschiedene Symptome wie einfache und komplexe Posttraumatische Belastungsstörung, Dissoziation, Somatisierung, Dysregulation von Gefühlen, Schwierigkeiten in Beziehungen und negatives Selbstbild im Kontext sexueller Traumatisierung erörtert.
- Kapitel 3: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit psychotherapeutischen Verfahren nach sexueller Traumatisierung. Es werden verschiedene Ansätze wie kognitive Verhaltenstherapie, psychodynamische Verfahren und traumazentrierte imaginative Psychotherapie vorgestellt und deren Anwendung in der Behandlung von sexuellen Traumata erläutert.
- Kapitel 4: In diesem Kapitel wird die Evaluation psychotherapeutischer Verfahren nach sexueller Traumatisierung behandelt. Es werden die Begriffe Efficacy und Effectiveness in Bezug auf die Wirksamkeit von psychotherapeutischen Interventionen definiert und diskutiert. Zudem werden relevante Wirksamkeitsstudien zur Psychotherapie nach sexueller Traumatisierung vorgestellt.
- Kapitel 5: Das Kapitel widmet sich der Evaluation des Gruppentrainings „Stressbewältigung und Stabilisierung“. Es werden die Inhalte des Trainings, wie Stabilisierung, Entspannung und Belastungsausgleich, vorgestellt. Anschließend wird das Studiendesign und die Methodik der Evaluation des Trainings erläutert. Dazu gehören die Darstellung des Untersuchungsdesigns, des methodischen und inhaltlichen Aufbaus des Fragebogens, des methodischen Vorgehens bei der Auswertung und der Validierung der Antwortkategorien. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Evaluation in Bezug auf die Veränderung des Umgangs mit Stress, die Bewertung der vermittelten Methoden und die Rückmeldung zum Kurskonzept dargestellt und interpretiert.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter der Diplomarbeit sind sexuelle Gewalt, Traumatisierung, Posttraumatische Belastungsstörung, Psychotherapie, Kognitive Verhaltenstherapie, Psychodynamische Verfahren, Traumazentrierte Imaginative Psychotherapie, Stressbewältigung, Gruppentraining, Evaluation, Wirksamkeit.
- Arbeit zitieren
- Diplom-Rehabilitationspsychologin (FH) Agate Wiekiera (Autor:in), 2005, Evaluation eines Gruppentrainings für jugendliche Mädchen und Frauen - Zur Bewältigung traumatischen Stresserlebens nach sexuellen Gewalterfahrungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47152