Am Anfang der Untersuchung werden zunächst das Wahlsystem der Bundesrepublik Deutschland dargestellt und die rechtlichen Rahmenbedingungen erläutert, die dem Handeln der Politiker in der Gesundheitspolitik Grenzen setzen. Insbesondere wird der Gesetzgebungsprozess vorgestellt und dabei die Rolle des Bundesrats als zweite Kammer der Legislative erläutert. Es werden die Gesetzgebungskompetenzen in der Gesundheitspolitik konkretisiert und der Brisanz von Zustimmungsgesetzen nachgegangen.
Im weiteren Verlauf werden Theorien zur Erklärung des politischen Handelns erläutert. Zunächst wird auf die gemeinsamen Annahmen und Axiome eingegangen, um dann die Kosten-Nutzen-Abwägungen in der Politik darzulegen. Die Grundlagen für das Handeln in Kollektiven werden gelegt und die Abhängigkeit der Parteien von Interessenverbänden näher betrachtet. Die Auswirkungen von der unterschiedlichen Ausgestaltung des Abstimmungs- mechanismus werden in einer Theorie der Verfassung gegenübergestellt und dabei zusätzlich die Rolle von Vetospielern beleuchtet. Ergänzt werden die Theorien durch die Theorie der Pfadabhängigkeit, die sich vor allem für die Analyse von geschichtlichen Abläufen anbietet.
Nach der Schilderung der Theorie steht im vierten Kapitel die Empirie im Vordergrund. Die größeren Gesundheitsreformen und Gesundheitsreformversuche in Deutschland seit 1955 werden analysiert. Dabei sollen vor allem die Positionen der unterschiedlichen Parteien und gesellschaftlichen Akteure verglichen werden und jeweils hinsichtlich der politischen Strategie wahlökonomisch bewertet werden.
Im Rahmen des fünften Kapitels werden die grundlegenden Einflussfaktoren auf die Reformen zusammengefasst, vor allem diejenigen, die die Intensität und Nachhaltigkeit der Reformen verringerten und somit zu einer Erhöhung der Frequenz der Gesundheitsreformen aufgrund weiterhin steigender Beitragssätze führten. Es werden Lösungen vorgeschlagen, die abschließend nach ihrer Wirkung und ihren Realisierungschancen erörtert werden.
Schließlich sollen die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst werden und ein Ausblick auf die nächsten Gesundheitsreformen gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
- KAPITEL 1: GEGENSTAND, ZIEL UND METHODIK DER ARBEIT
- 1.1. REFORMBAUSTELLE GESUNDHEITSWESEN
- 1.2. METHODIK DER ARBEIT
- KAPITEL 2: WAHLEN UND GEWALTENTEILUNG IN DER BRD
- 2.1. WAHLEN
- 2.1.1. Wahlgrundsätze
- 2.1.2. Repräsentationssystem
- 2.1.3. Einflussfaktoren auf die Wähler
- 2.2. GEWALTENTEILUNG
- 2.2.1. Gesetzgebungsverlauf
- 2.2.2. Zustimmungsgesetze und Kompetenzen der Länder bei der gesetzlichen Krankenversicherung
- 2.1. WAHLEN
- KAPITEL 3: ERKLÄRUNGSANSÄTZE DER ÖKONOMISCHEN THEORIE DER POLITIK
- 3.1. GEMEINSAME ANNAHMEN UND AXIOME
- 3.1.1. Der methodologische Individualismus
- 3.1.2. Das Rationalitätsprinzip
- 3.1.3. Die gegebenen Präferenzen
- 3.1.4. Das Wettbewerbsprinzip im politischen Bereich
- 3.2. DIE ÖKONOMISCHE THEORIE DER DEMOKRATIE
- 3.2.1. Die Grundstruktur
- 3.2.2. Die Rolle der Ungewissheit
- 3.2.3. Die Bedeutung von Informationskosten
- 3.3. DIE LOGIK KOLLEKTIVEN HANDELNS
- 3.3.1. Gruppenprozesse
- 3.3.2. Der Einfluss von Interessenverbänden auf die Politik
- 3.4. DIE POLITISCHE ÖKONOMIE DER VERFASSUNG
- 3.4.1. Das Modell nach Buchanan und Tullock
- 3.4.2. Log-Rolling
- 3.4.3. Vetospieler
- 3.5. DIE ÖKONOMISCHE THEORIE DER PFADABHÄNGIGKEIT
- 3.5.1. Ergänzung der bisherigen Theorien
- 3.5.2. Der Kern der Theorie
- 3.1. GEMEINSAME ANNAHMEN UND AXIOME
- KAPITEL 4: DER EINFLUSS POLITISCHER RATIONALITÄT AUF REFORMEN DER GKV
- 4.1. REFORMNOTWENDIGKEIT IN DER GKV
- 4.2. REFORMVERSUCHE UNTER ADENAUER UND ERHARD
- 4.2.1. Wichtige Reforminhalte und Positionen der gesellschaftlichen Gruppen
- 4.2.2. Wahlökonomische Bewertung
- 4.3. DAS KRANKENVERSICHERUNGS-KOSTENDÄMPFUNGSGESETZ (KVKG)
- 4.3.1. Wichtige Reforminhalte und Positionen der gesellschaftlichen Gruppen
- 4.3.3. Wahlökonomische Bewertung
- 4.4. DAS GESUNDHEITSREFORMGESETZ (GRG)
- 4.4.1. Die Entwicklungen vom KVKG bis zum GRG
- 4.4.2. Wichtige Reforminhalte und Positionen der gesellschaftlichen Gruppen
- 4.4.3. Wahlökonomische Bewertung
- 4.5. DAS GESUNDHEITSSTRUKTURGESETZ (GSG)
- 4.5.1. Wichtige Reforminhalte und Positionen der gesellschaftlichen Gruppen
- 4.5.2. Wahlökonomische Bewertung
- 4.6. KOSTENDÄMPFUNGSGESETZE UND DAS GESUNDHEITS-SYSTEM-MODERNISIERUNGSGESETZ (GMG)
- 4.6.1. Die Entwicklungen bis zum Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz 2004
- 4.6.2. Wichtige Reforminhalte und Positionen der gesellschaftlichen Gruppen
- 4.6.3. Wahlökonomische Bewertung
- KAPITEL 5: LÖSUNGSANSÄTZE FÜR NACHHALTIGERE REFORMEN
- 5.1. ZUSAMMENFASSUNG DER WESENTLICHEN EINFLUSSFAKTOREN AUF DIE REFORMGESETZGEBUNG
- 5.1.1. Zeitliche Einschränkungen durch Wahlen
- 5.1.2. Der Bundesrat als politisiertes Blockadeorgan
- 5.1.3. Der Rentneranteil in der Bevölkerung als Ursache und Lösung von Blockaden
- 5.1.4. Leichter umsetzbare Reformen durch das Verständnis der Wähler
- 5.1.5. Schutz vor Belastungen durch homogene Akteursstrukturen
- 5.2. LÖSUNGSANSÄTZE UND AUSWIRKUNGEN
- 5.2.1. Verringerung der Dependenz von Wahlterminen
- 5.2.2. Aufbrechung der Vetomacht des Bundesrats
- 5.2.3. Reduktion der Bevorzugung von Rentnern
- 5.2.4. Steigerung der Informiertheit der Wähler
- 5.2.5. Zersplitterung der Akteure
- 5.2.6. Auswirkungen
- 5.3. REALISIERUNG UND BEWERTUNG DER LÖSUNGSANSÄTZE
- 5.3.1. Realisierungschancen
- 5.3.2. Bewertung der Lösungsansätze
- 5.1. ZUSAMMENFASSUNG DER WESENTLICHEN EINFLUSSFAKTOREN AUF DIE REFORMGESETZGEBUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit analysiert die Reformdynamik im Gesundheitswesen Deutschlands seit 1955. Sie untersucht die Auswirkungen von politischen Rationalitäten auf die Gesetzgebung und die Gestaltung von Gesundheitsreformen im Spannungsfeld von Wahlzyklen, Interessenverbänden und Verfassungsstrukturen. Die Arbeit verfolgt das Ziel, ein besseres Verständnis für die Schwierigkeiten und Herausforderungen bei der Implementierung nachhaltiger Reformen im Gesundheitswesen zu entwickeln.
- Einfluss von Wahlzyklen auf Reformen
- Rolle von Interessenverbänden und Lobbyismus
- Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen und ihre Auswirkungen
- Theoretische Modelle zur Erklärung von Reformen
- Entwicklung von Lösungsansätzen für nachhaltige Reformen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 legt den Fokus auf den Gegenstand, die Zielsetzung und die Methodik der Arbeit. Es wird die Relevanz von Gesundheitsreformen in Deutschland hervorgehoben und die methodischen Ansätze der Arbeit vorgestellt. Kapitel 2 befasst sich mit den Wahlsystemen und der Gewaltenteilung in der Bundesrepublik Deutschland, wobei insbesondere die Relevanz der Wahlgrundsätze, des Repräsentationssystems und der Einflussfaktoren auf die Wähler beleuchtet werden. Die Rolle der Gewaltenteilung im Gesetzgebungsprozess, insbesondere in Bezug auf das Gesundheitswesen, wird ebenfalls analysiert. Kapitel 3 beschäftigt sich mit den Erklärungsansätzen der ökonomischen Theorie der Politik. Es werden die gemeinsamen Annahmen und Axiome dieser Theorie vorgestellt, darunter der methodologische Individualismus, das Rationalitätsprinzip, die gegebenen Präferenzen und das Wettbewerbsprinzip. Die Arbeit untersucht die ökonomische Theorie der Demokratie, die Logik kollektiven Handelns sowie die politische Ökonomie der Verfassung. Außerdem werden die relevanten Konzepte der Pfadabhängigkeit eingeführt. Kapitel 4 analysiert den Einfluss politischer Rationalitäten auf Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Es wird die Notwendigkeit von Reformen in der GKV und die Reformversuche unter Adenauer und Erhard dargestellt. Die Arbeit untersucht die wichtigen Reforminhalte des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG), des Gesundheitsreformgesetzes (GRG), des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) sowie der Kostendämpfungsgesetze und des Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetzes (GMG). Für jedes dieser Gesetze werden die wichtigen Reforminhalte und Positionen der gesellschaftlichen Gruppen sowie die wahlökonomische Bewertung betrachtet. Kapitel 5 befasst sich mit Lösungsansätzen für nachhaltigere Reformen der GKV. Die Arbeit fasst die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Reformgesetzgebung zusammen, darunter die zeitlichen Einschränkungen durch Wahlen, die Vetomacht des Bundesrats, den Einfluss des Rentneranteils in der Bevölkerung, die Informiertheit der Wähler und die Strukturen der Akteure. Ausgehend von diesen Erkenntnissen werden Lösungsansätze wie die Verringerung der Dependenz von Wahlterminen, die Aufbrechung der Vetomacht des Bundesrats, die Reduktion der Bevorzugung von Rentnern, die Steigerung der Informiertheit der Wähler und die Zersplitterung der Akteure vorgestellt. Die Arbeit diskutiert die Realisierungschancen und die Bewertung dieser Lösungsansätze.
Schlüsselwörter
Diese Diplomarbeit befasst sich mit den Themen Gesundheitsreformen, politische Rationalitäten, Wahlzyklen, Interessenverbände, Verfassungsrecht, ökonomische Theorie der Politik, Pfadabhängigkeit, gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und nachhaltige Reformen. Die Arbeit analysiert die Reformdynamik im Gesundheitswesen Deutschlands und stellt verschiedene Lösungsansätze für nachhaltigere Reformen vor.
- Quote paper
- Diplom Staatswissenschaftler (Univ.) Michael Grüner (Author), 2005, Ansätze zu einer Theorie der Reformen in einem demokratischen Staat - dargestellt am Beispiel der Gesundheitsreformen seit 1955 in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47168