Gegenstand dieser Semesterarbeit sind die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten (NPEA) im Dritten Reich. Dabei verfolgt die Arbeit drei Ziele. Im ersten und kürzesten Teil der Arbeit soll knapp das Erziehungskonzept der Nationalsozialisten erläutert werden, um das pädagogische Grundverständnis für die Betrachtung der NS-Ausleseschulen zu schaffen. Im zweiten Teil der Arbeit sollen diese Internatsschulen näher beschreiben werden. Was genau verbirgt sich hinter diesen Eliteschulen? Wie waren sie strukturiert? Wie sah der Alltag der Schüler aus? Auf was wurde besonderen Wert gelegt?
Dass es von Napola zu Napola mitunter Unterschiede in ihrer pädagogischen Ausrichtung gab, die Gewichtung von Unterricht und Sport unterschiedlich war oder auch die Lehrkräfte der nationalsozialistischen Zielsetzung nicht immer gleichermaßen folgten kann hier nur erwähnt werden. Eine detaillierte Betrachtung dieser Unterschiede erfordert eine eigenständige Arbeit. Allerdings kommen diese Unterschiede im dritten Teil der Arbeit noch einmal zur Sprache, wenn die Erlebnisse ehemaligen Schüler an den Napolas näher betrachtet werden. Aufgrund des komplexen Themas ist es leider nicht möglich auf die weiteren Eliteschultypen im Dritten Reich einzugehen und sie politisch und pädagogisch von den Nationalpolitischen Erziehungsanstalten abzugrenzen. Auch muss darauf verzichtet werden, die drei Anstalten für Mädchen näher zu beschreiben, die es während des Dritten Reiches gab. Die Gesellschaft im nationalsozialistischen Deutschland war patriarchal ausgerichtet und das männliche Geschlecht stand auch im Zentrum der Erziehung. Um dieser Gewichtung gerecht zu werden, müssen die Napolas für Mädchen als Sonderform leider außen vor bleiben. Im dritten Teil der Arbeit geht es darum zu untersuchen, wie einzelne ehemalige Schüler der NPEA’s sich Jahrzehnte nach ihrem Internatsbesuch an das Leben dort erinnern. Dass diese Erinnerungen sehr persönlich sind und in ihren Beschreibungen der Zustände weit von einander abweichen können ist wohl verständlich. Ich möchte dennoch aufzeigen, wie unterschiedlich die Wahrnehmung des Lebens an einer Napola ist, bzw. wie unterschiedlich das Leben tatsächlich war. Dass es bei den Zeitzeugenberichten zu einer Vermischung objektiver Realität und subjektiver Empfindungen kommt, ist zu erwarten.
1. Einleitung
Gegenstand dieser Semesterarbeit sind die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten (NPEA) im Dritten Reich. Dabei verfolgt die Arbeit drei Ziele. Im ersten und kürzesten Teil der Arbeit soll knapp das Erziehungskonzept der Nationalsozialisten erläutert werden, um das pädagogische Grundverständnis für die Betrachtung der NS-Ausleseschulen zu schaffen. Im zweiten Teil der Arbeit sollen diese Internatsschulen näher beschreiben werden. Was genau verbirgt sich hinter diesen Eliteschulen? Wie waren sie strukturiert? Wie sah der Alltag der Schüler aus? Auf was wurde besonderen Wert gelegt?
Dass es von Napola zu Napola mitunter Unterschiede in ihrer pädagogischen Ausrichtung gab, die Gewichtung von Unterricht und Sport unterschiedlich war oder auch die Lehrkräfte der nationalsozialistischen Zielsetzung nicht immer gleichermaßen folgten kann hier nur erwähnt werden. Eine detaillierte Betrachtung dieser Unterschiede erfordert eine eigenständige Arbeit. Allerdings kommen diese Unterschiede im dritten Teil der Arbeit noch einmal zur Sprache, wenn die Erlebnisse ehemaligen Schüler an den Napolas näher betrachtet werden.
Aufgrund des komplexen Themas ist es leider nicht möglich auf die weiteren Eliteschultypen im Dritten Reich einzugehen und sie politisch und pädagogisch von den Nationalpolitischen Erziehungsanstalten abzugrenzen. Auch muss darauf verzichtet werden, die drei Anstalten für Mädchen näher zu beschreiben, die es während des Dritten Reiches gab. Die Gesellschaft im nationalsozialistischen Deutschland war patriarchal ausgerichtet und das männliche Geschlecht stand auch im Zentrum der Erziehung. Um dieser Gewichtung gerecht zu werden, müssen die Napolas für Mädchen als Sonderform leider außen vor bleiben.
Im dritten Teil der Arbeit geht es darum zu untersuchen, wie einzelne ehemalige Schüler der NPEA’s sich Jahrzehnte nach ihrem Internatsbesuch an das Leben dort erinnern. Dass diese Erinnerungen sehr persönlich sind und in ihren Beschreibungen der Zustände weit von einander abweichen können ist wohl verständlich.
Ich möchte dennoch aufzeigen, wie unterschiedlich die Wahrnehmung des Lebens an einer Napola ist, bzw. wie unterschiedlich das Leben tatsächlich war. Dass es bei den Zeitzeugenberichten zu einer Vermischung objektiver Realität und subjektiver Empfindungen kommt, ist zu erwarten. Dennoch vermitteln die Berichte einen Eindruck von den Unterschieden der Schulrealität. Zudem könnte es interessant sein nach den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der persönlichen Erinnerungen zu suchen. Woran denken die meisten gern zurück? Wie bewerten sie ihre Schulzeit auf einer NPEA? Haben sie Fähigkeiten erworben, die ihnen später dienlich waren?
Die Auswahl der Zeitzeugenberichte ist begrenzt. Andere ehemalige Schüler hätten womöglich anderes berichtet. Viele ehemalige Schüler sind nie an die Öffentlichkeit getreten und haben ihre Erfahrungen nicht mit anderen geteilt. Daher bilden die Berichte ehemaliger Schüler, die zur Untersuchung herangezogen werden können, nur einen Ausschnitt aus der Realität der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten. Und auch wenn über den objektiven Erkenntnisgewinn der Aussagen gestritten werden kann, bin ich der Meinung, dass es sich um einen interessanten Aspekt handelt, der es wert ist untersucht zu werden und der trotz aller Einschränkungen durchaus hilfreich sein kann die objektive Realität zu verstehen.
2. Das nationalsozialistische Selbstverständnis von Erziehung
Aus dem Glauben an die „rassische Einzigartigkeit“ und Überlegenheit des deutschen Volkes heraus, sollte die Erziehung im Nationalsozialismus das Volk wehrhaft und widerstandsfähig machen, um im Kampf gegen innere und äußere Bedrohungen bestehen zu können. Um jedoch im Überlebenskampf diesen Aufgaben gewachsen zu sein, wurde besonderer Wert auf eine körperliche Ausbildung gelegt, die bereits im Kindesalter begann und teilweise mit militärischem Drill umgesetzt wurde. Obwohl es nach Vorstellung Hitlers eine klare Trennung der Geschlechter geben sollte, die sich im traditionellen Bild der Frau als Hausfrau und Mutter, bzw. des Mannes als Soldat und Ernährer widerspiegelt, gab es bei der Erziehung beider Geschlechter Gemeinsamkeiten. Für beide galt es sich, neben schulsportlichen Aktivitäten, körperlich zu betätigen, wobei der Leistungsgedanke bei den Jungen höher war, da sie frühzeitig auf ihre zukünftige Rolle als Soldaten im System vorbereitet werden sollten.[1] Insbesondere das Boxen und Geräteturnen wurden als ideologisch adäquat empfunden, da sie das Durchsetzungsvermögen und Selbstvertrauen stärken und somit ein Überlegenheitsgefühl entwickeln sollten. Die starke Betonung von körperlicher Betätigung zeigt sehr deutlich die Schwerpunktverschiebung innerhalb des Erziehungssystems. Es sei die Aufgabe der „völkische“ Erziehung in erster Linie körperlich starke Menschen auszubilden. Die Vermittlung von Wissen wäre absolut zweitrangig und rangiert in seiner Wertigkeit noch hinter Charakterschulung und Verantwortungsbewusstsein (vgl. Hitler, S. 451-482; zitiert nach: Gamm 1990, S. 48ff.). Hinzu kommt, dass die in der Schule vermittelten Wissensbestände stark nationalsozialistisch geprägt waren und im Sinne der NS-Propaganda Feindbilder erschufen, welche die Legitimation für die vermeintliche Überlegenheit der arischen Rasse lieferten. Es lag also nicht im Interesse der Nationalsozialisten die Jugend zu selbstständigem und kritischem Denken zu erziehen, sondern sie mit Hilfe von Pseudowissen im Sinne der eigenen Ideologie nutzbar zu machen und somit den Fortbestand des Systems zu sichern und seine Feinde zu vernichten.
Um möglichst lückenlos auf die Jugend einwirken zu können, wurde der Familie als Erziehungsinstanz zunehmend die Kompetenz entzogen und in die Hand von Staat und Partei gelegt. So wurde neben dem Schulbesuch auch der Eintritt in das Jungvolk bzw. die Jungmädel mit 10 Jahren und die Hitler-Jugend (HJ) bzw. den Bund Deutscher Mädel (BDM) mit 14 Jahren obligatorisch. Nach dem Verlassen der Hitler-Jugend mit 18 Jahren banden der Reichsarbeitsdienst, das Landjahr oder Parteiorganisationen, wie SA oder SS den Einzelnen weiterhin an das System. Zentraler Bestandteil dieser außerschulischen Aktivitäten war die Formationserziehung, die durch einer Mischung von Indoktrination und körperlicher Betätigung, aus einer ausdifferenzierten Masse von jungen Menschen eine Volksgemeinschaft schaffen sollte.
Um möglichst effektiv und lückenlos auf die Schüler einwirken zu können, wurden Schulen gegründet, die sich von den Volksschulen unterschieden. Es handelte sich dabei um Ausleseschulen, deren Zugang denjenigen vorbehalten blieb, von denen man sich erhoffte, dass sie höheren Anforderungen gewachsen wären, um später Verantwortung im Staat tragen zu können. Sie waren die Kaderschmieden für die zukünftige Führungselite im nationalsozialistischen Deutschland.
3. Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten
3.1. Historische Entwicklung und Etablierung der NPEA’s
Neben der alltäglichen Einflussnahme des Nationalsozialismus auf die Jugend, durch die flächendeckende Organisation in der Hitlerjugend bzw. die Umgestaltung des Unterrichts mit nationalsozialistischen Inhalten, entstanden auch Bildungseinrichtungen, die, durch eine spezielle Auslese und einer zielgerichteten Schulung, die kommende Führergeneration ausbilden sollten. Von staatlicher und Parteiseite wurde dieser Aufgabe besondere Priorität eingeräumt. Bereits unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, am 20.April 1933, wurde vom Staatskommissar des preußischen Kultusministeriums und späteren „Preußischen Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung“ Bernhard Rust verfügt, dass drei ehemalige Staatliche Bildungsanstalten, (sog. Stabilas) in Plön, Köslin und Potsdam zu Nationalpolitischen Erziehungsanstalten (sog. Napolas) umzugestalten seien (vgl. Feller 2001,S. 15). Mit dieser Verfügung verbunden waren die Anordnung einer Auslese unter den potentiellen Schülern, die Neubesetzung bzw. Neuordnung der Lehrerstellen und eine Veränderung der Lehrpläne. Die Uniform der Hitlerjugend wurde zunächst als Schuluniform verbindlich (vgl. Fröhlich 1999,S. 243). Erst im August 1934 erhielten die Napolas ihre eigenen olivfarbenen Uniformen, die sich durch die Farbe ihrer Schulterklappen unterschieden.
Dieser Versuch der Elitenbildung war allerdings kein Novum. Bereits 1890 entstanden in Preußen nach dem Willen Kaiser Wilhelms II Kadettenanstalten mit einer besonderen, dem System angepassten pädagogischen Ausrichtung. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg wurden diese Einrichtungen dann zu“ Staatlichen Bildungsanstalten“, den sog. Stabilas umgestaltet, die wiederum dem pädagogischen Geist dieser Zeit Rechnung tragen sollten (vgl. Scholtz 1973, S. 29f.).
Die angedachte Funktion der NPEA’s wurde sehr bald deutlich. In diesen Schulen sollte der Führungskader von Staat und Partei der kommenden Generationen herangezogen werden. So wurden nach den ersten drei Anstalten in Plön, Köslin und Potsdam in der kommenden Zeit eine große Anzahl von Nationalpolitischen Erziehungsanstalten gegründet. Bis 1935 entstanden insgesamt elf und bis 1944 sogar 22 Napolas auf deutschem Boden. Hinzu kamen noch 13 Anstalten in besetzten Gebieten. Insgesamt drei Schulen waren für die Erziehung von Mädchen eingerichtet worden. 1941 betrug die geschätzte Schüleranzahl in allen Schulen ca. 6000 Schüler (vgl. Fröhlich 1999,S. 245). Ab 1941 sah die Planung vor, dass jährlich zehn weitere Internatsschulen eingerichtet werden sollten. Der Kriegsverlauf allerdings verhinderte eine Realisierung dieses Vorhabens. Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten stellten somit zu keinem Zeitpunkt eine Konkurrenz zum herkömmlichen Schulsystem dar.
Die NPEA’s waren nur kurzzeitig der staatlichen Schulverwaltung unterstellt. Bereits 1934 wurden sie ausgegliedert und Joachim Haupt übernahm als Inspekteur der „Landesverwaltung der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten“ die Verantwortung. Diese Institution entwickelte sich in der folgenden Zeit zu einer Zentralbehörde und wurde ab März 1936 von August Heißmeyer, dem Chef des SS Hauptschulungsamtes geleitet, nachdem die SS bereits vorher immer wieder versuchte Einfluss auf die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten zu nehmen (Feller 2001,S. 16f.). 1939/40 wurden die Schulen der neueingerichteten Dienststelle Heißmeyer überstellt, wodurch sie immer stärker in den Einfluss der SS gerieten. Der Versuch die Anstalten dem Einfluss des Reichserziehungsministeriums völlig zu entziehen, gelang jedoch nicht. Trotz der faktischen Nähe zu SA und SS wurden die Napolas jedoch keine Kaderschmieden für den SS Führernachwuchs, sondern blieben in ihrer Zielsetzung stets Einrichtungen mit freier Berufswahl für die Absolventen. Diese sollten vielmehr überzeugte Nationalsozialisten werden, die als Führungskräfte in allen Bereichen des öffentlichen Lebens das Fortbestehen des Nationalsozialismus sichern.
[...]
[1] Die Verantwortlichkeit hierfür übernahmen die Parteiorganisation der Hitlerjugend (HJ), welcher der Bund Deutscher Mädel (BDM) angegliedert war. Die Beteiligung war zunächst freiwillig, setzte aber bestimmte Reize, denen viele erlagen. Mit dem Hitlerjugendgesetz von 1936 war die Mitgliedschaft für alle zwischen 10 und 18 Jahren verpflichtend.
- Arbeit zitieren
- Jan Kirk (Autor:in), 2005, Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten im Dritten Reich - Objektivität versus subjektive Wahrnehmung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47201
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