Augustus Res Gestae 5 und 6


Seminararbeit, 2000

22 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsübersicht

0. Einleitung

1. Kapitel 5
1.1. Die Nahrungsmittelbeschaffung
1.2. Die Diktatur
1.3. Das jährliche Konsulat auf Lebenszeit

2. Kapitel 6
2.1. Der Hüter von Gesetz und Sitte
2.2. Die Einrichtungen der Vorväter
2.3. Tribunicia potestas
2.4. Die Amtsgenossen

Literatur- und Quellenverzeichnis

0. Einleitung

Augustus (63 v. Chr. – 14. n. Chr.) beginnt seinen Tatenbericht mit der Darstellung der Anfänge seiner politischen Laufbahn und Würden (Kap. 1) als Erbe und Rächer Caesars (2). Im folgenden führt der Verfasser seine Ämter, Amtsbefugnisse und Ehrungen auf militärischem wie zivilem Gebiet an (4, 7, 10, 11, 12, 14) – auch die, die er abgelehnt hat (5, 6) – und listet die Bereiche seines 56jährigen Wirkens auf. So erwähnt er auf außenpolitischem Sektor die Grenzsicherung, diplomatische Beziehungen zu Klientelstaaten und unabhängigen Völkern, ebenso die im Reichsinteresse geführten Feldzüge (3, 25, 26, 27, 29, 30, 31, 32, 33) und als Folge seiner Bemühung die dreimalige Schließung des Janustempels (13). Als innenpolitische Aufgabenbereiche bringt Augustus Volkszählungen und politische Reformen (8), die Versorgung der Bevölkerung Roms mit Wasser und Lebensmitteln (5, 15), die Verteilung von Geldspenden an die Bürger anläßlich von Jubiläen, Siegen und Feiern im Kaiserhaus, die Versorgung der Veteranen mit Land oder Geldabfindungen (3, 15, 16), die Aufrechterhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Staates (17, 18), die Sorge für den Kult aller Gottheiten (24), die Errichtung und Erneuerung von Bauten für verschiedenste Zwecke (19, 20, 21), die Durchführung von Spielen und religiösen Festen in Rom (9, 22, 23) und die Gründung von römischen Städten (28) zur Sprache.

Augustus schließt seinen Bericht mit der Erwähnung seiner Machtentäußerung des Jahres 27 v. Chr. und der ihm daraufhin zugestandenen Ehren (34) und der Verleihung des Ehrennamens „Vater des Vaterlandes“ als der Krönung seines Lebens im Staatsdienst (35).

Die Res gestae divi Augusti ist nur als Abschrift überliefert. Das Original, vielmehr die erste Veröffentlichung des zusammen mit seinem Testament und Anweisungen für seine Beerdigung sowie einer Auflistung des militärischen und finanziellen Standes des Reiches bei den Vestalischen Jungfrauen hinterlegten Tatenberichts, war eine Inschrift auf Bronzetafeln vor Augustus Mausoleum auf dem Marsfeld, also eine Grabinschrift. Weil der Text allerdings nach Augustus’ Tod überall im Reich in den Amtssprachen Latein und Griechisch an öffentlichen Gebäuden angeschlagen wurde, ist der Wortlaut erhalten: 1555 wurde am Tempel der Roma und des Augustus in Ancyra eine Inschrift mit der lateinischen und griechischen Fassung des Tatenberichts entdeckt. Vervollständigt und gesichert werden konnte der Text des sog. Monumentum Ancyranum anhand von Funden einer griechischen Abschrift in Apollonia (Pisidien) und einer lateinischen in Antiochia (Pisidien).[1]

Um den Aussagewert der Quelle abschätzen zu können, um aus der Quelle überhaupt erst Aussagen gewinnen zu können – aussagekräftig ist sie zweifellos, Kuhoff etwa bezeichnet den Tatenbericht als „eine der historisch und politisch aussagekräftigsten Inschriften der gesamten römischen Geschichte“[2] –, ist es nötig, nach der Absicht und den Motiven von Augustus zu fragen, die er bei der Abfassung seines Berichts verfolgte, nach dem Zweck seiner Schrift.[3]

Daß hier ein unmittelbar Beteiligter subjektiv Rückschau hält und eine Auswahl seiner Leistungen darstellt, läßt an der uneingeschränkten Glaubwürdigkeit des Berichts zweifeln.

Die kritisch distanzierte Betrachtung der Quelle, die erforderlich ist, um Augustus Tatenbericht nutzbar zu machen, wird allerdings dadurch erschwert, daß Augustus seinen Rechenschaftsbericht in lapidare, packende Worte kleidet. Dadurch, daß er die Schrift nicht chronologisch abfaßt, kommt es stellenweise zu einer enormen Konzentration von Augustus’ Leistungen. Die Darstellung, hinter der sich unbemerkt Augustus’ Interpretationen verbergen, gewinnt so eine starke Überzeugungskraft.

Der Quelle vorbehaltlos zu glauben, machen auch folgende Überlegungen unmöglich: Augustus war auf dem Weg der Adoption zum Nachfolger Caesars bestimmt worden. Dieser Legitimation zur Herrschaft – von Augustus im Bürgerkrieg gewaltsam beansprucht – mußte der Nachweis folgen, zur Herrschaft auch befähigt gewesen zu sein. Die Res gestae liefert nachträglich diesen Beweis.

Gerade zum Lebensende des Augustus wurde es immer dringlicher, ihn zu erbringen – den Tatenbericht hat Augustus kurz vor seinem Tod, in seinem 76. Lebensjahr geschrieben (vgl. RGDA, Kap. 35), erste Fassungen möglicherweise angesichts seiner labilen Gesundheit schon früher[4] –, weil die Nachfolgefrage akut wurde. Die neue Staatsform war noch stark personenbezogen, sie sollte „sich erst langsam institutionalisieren“[5], so daß die Herrschaft des amtierenden Prinzeps gerechtfertigt sein mußte. Nur dann konnte es auch die des von ihm designierten Nachfolgers sein. Daß angesichts der schweren Krankheit und des zu erwartenden Todes des Augustus 23 v. Chr. sogleich republikanische Strömungen erstarkten, macht deutlich, wie notwendig es für Augustus war, die Übergabe diplomatisch geschickt vorzubereiten und nicht zuletzt durch die Res gestae den Legitimationsnachweis für sie zu erbringen. Daß die Erztafeln mit der Inschrift der Res gestae vor dem Mausoleum aufgestellt werden sollten, zeigt, daß es Augustus in seinem Bericht um die Nachfolgefrage ging. Das Grabmal nämlich war ganz offensichtlich zur Begründung einer neuen Dynastie angelegt worden. Würde Augustus sein Werk hier als Erfolg darstellen können, konnte das seinem Nachfolger nur nutzen. Der würde auf die Verdienste seines Vaters verweisen können.

Daß Abschriften des Tatenberichts überall im Reich aufgestellt wurden, läßt darauf schließen, daß Augustus beabsichtigte, sich im Gedächtnis der Menschen, auch der der Nachwelt, zu verankern.[6] Der Tatenbericht ist „ein Produkt jenes typischen römischen Strebens nach gloria, nach einem den eigenen Tod weit überdauernden Nachruhm“[7]. So verwundert es nicht, wenn Augustus seine Leistungen für Reich und Bevölkerung herausstellt, Ereignisse hingegen unerwähnt bleiben, die zwar der wirklichen Politik des Augustus entsprachen, nicht aber dem öffentlichen Anspruch einer erfolgreichen Herrschertätigkeit.

Nicht zu übersehen in der Res gestae ist ferner die Absicht des Augustus, seine Auffassungen von der neuen Staatsform kund zu tun und somit auch erfahrbar zu machen. Er appelliert indirekt an seine Nachfolger, seinem offensichtlich erfolgreichen Regierungsweg zu folgen; er will eine Richtschnur geben, anhand der seine Nachfolger die von ihm begründete Staatsform würden fortsetzen können.

Würden seien Nachfolger die Erinnerung an seine Herrschaft verzerren, indem sie Politik nicht in seinem Sinne betreiben würden, würde man in der Res gestae nachlesen können, wie sie aus seiner Sicht wirklich ausgesehen hatte und auszusehen habe.

Weil Augustus aus diesem Grund alle Regierungsbereiche abzudecken bemüht scheint, könne man durch die Res gestae – wie Kuhoff herausstellt[8] – ein fast vollständiges Bild vom Eigenverständnis des Augustus erhalten. Vittinghof spricht davon, Augustus habe mit der Res gestae beabsichtigt, „eine Ideologie des Prinzipats zu entwerfen“[9]. Christ ist zwar der Auffassung, der Tatenbericht enthalte kein klares politisches Programm, Grundsätze und Richtlinien der Politik würden aber immanent bekannt gemacht und seien unmerklich in den Text eingefügt.[10]

Im folgenden soll, angeleitet durch Tacitus, versucht werden, den Worten des Augustus in den Kapiteln 5 und 6 der Res gestae [11] ein wenig nachzuspüren, sie ggf. der politischen Realität gegenüberzustellen, ferner zu sehen, was Augustus zwischen den Zeilen schreibt oder völlig verschweigt, um so einige Stationen des Augustus auf dem Weg zu seiner neuen Staatsform, dem Prinzipat, zu beleuchten.

1. Kapitel 5

In Kapitel 1 hat Augustus den Lesern seines Berichts sozusagen seine frühe Karriere vorgestellt, wie er in den Senat aufgenommen worden sei, dort sogleich bei Abstimmungen konsularischen Rang erlangt habe, der Senat ihm militärische Befehlsgewalt zuerkannt habe, er zum Proprätor, schließlich zum Konsul und Triumvirn gewählt worden sei. In den folgenden Kapiteln 2 bis 4 rühmt sich Augustus zahlreicher Heldentaten und Ehrungen. In Kapitel 5 nennt Augustus nun solche ihm angetragene Ämter, die er abgelehnt habe: die Diktatur, die Volk und Senat ihm unter den Konsuln M. Marcellus und L. Arruntius (22 v. Chr.) während seiner Abwesenheit wie Gegenwart angetragen hätten, und das jährliche Konsulat auf Lebenszeit. Der Nahrungsmittelbeschaffung habe er sich aber nichtsdestoweniger angenommen und Abhilfe schaffen können.

1.1. Die Nahrungsmittelbeschaffung

Bis 36 v. Chr. hatte der „Seeräuber“ – so Augustus’ Bezeichnung (vgl. RG 25) – Pompeius Sextus immer wieder die Getreidezufuhr von Sizilien nach Rom behindert, ihn hatte Augustus aber besiegt. Auch die Getreidezufuhr aus Ägypten galt seit dem Sieg von Actium 31 v. Chr. (vgl. RG 25 u. 27) als gesichert. Dennoch berichtet Kapitel 5 von Getreidemangel im Jahr 22 v. Chr. Mit ihr einher gingen Teuerung, Seuchen – ihr fiel auch der Neffe und Schwiegersohn des Augustus, Marcellus, zum Opfer – und eine Tiberüberschwemmung. In dieser Zeit kaufte Augustus auf eigene Kosten, wie er durch die Formulierung „ meine Aufwendungen und meine Fürsorge“ betont, Brotgetreide, um es stark verbilligt wieder zu verkaufen. Aus Kapitel 15 wissen wir, daß Getreidemangel in Rom schon 23 v. Chr. herrschte, denn Augustus berichtet dort, daß er „der Bevölkerung in Rom ... zwölf Getreidespenden [hat] zuweisen lassen“, und zwar „aus [seinen] eigenen Mitteln“. Die Getreidezuweisungen nehmen überhaupt zusammen mit den Geldzuweisungen in der gesamten Res gestae einen großen Raum ein, so berichtet etwa auch Kapitel 18 von solchen besonderen Zuwendungen, Kapitel 15 spricht von ständigen Empfängern staatlichen Getreides.

[...]


[1] Vgl. M. Giebel, Augustus. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 96, und Augustus. Meine Taten. Res gestae divi Augusti. Nach dem Monumentum Ancyranum, Apolloniense und Antiochenum, hrsg. v. E. Weber, Darmstadt 51989, S. 6-9, 51, und Res gestae divi Augusti. Das Monumentum Ancyranum, hrsg. v. H. Volkmann, Berlin 31969, S. 4 f., und Res gestae divi Augusti. The Achievements of the devine Augustus, hrsg. v. P. A. Brunt u. J. M. Moore, Oxford u. a. 1967 (Neudr.: 1989), S. 1-7.

[2] W. Kuhoff, Felicior Augusto melior Traiano. Aspekte der Selbstdarstellung der römischen Kaiser während der Prinzipatszeit, Bern 1993, S. 32.

[3] Im wesentlichen anhand Kuhoff, S. 17-28, 31-36, 58-67, 317-340.

[4] Vgl. Brunt u. Moore, S. 6.

[5] K. Christ, Zur Beurteilung der Politik des Augustus, S. 343, GWU 19, 1968, S. 329-343.

[6] Brunt u. Moore bezweifeln allerdings angesichts der starken Rom-Zentriertheit des Berichts, daß Augustus von der Verbreitung seines Berichts über Rom hinaus ausging (vgl. S. 4). D. Kienast, Augustus. Prinzeps und Monarch, Darmstadt 21992, S. 177 f., ist der Auffassung, die Verbreitung in den Provinzen habe Tiberius veranlaßt, weil er den letztgenannten Zweck des Berichts, auf die Verdienste des Vaters verweisen zu können, erkannt habe.

[7] Weber, S. 52.

[8] Vgl. S. 33.

[9] F. Vittinghof, Kaiser Augustsus, Göttingen u. Zürich 31991, S. 11.

[10] Vgl. Christ, Beurteilung, S. 331.

[11] Zitate nach der Edition Webers.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Augustus Res Gestae 5 und 6
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (Geschichte)
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
22
Katalognummer
V4727
ISBN (eBook)
9783638128902
ISBN (Buch)
9783638638715
Dateigröße
565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Augustus, Gestae
Arbeit zitieren
Marcel Haldenwang (Autor:in), 2000, Augustus Res Gestae 5 und 6, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4727

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