Indem man nämlich auf den Gebrauch des Wortes Wahrheit schaute, erkannte man, dass dieses Wort in einem engen Zusammenhang mit unserem Verständnis von Wissen als wahre, gerechtfertigte Meinung steht und darüber hinaus ebenfalls einen engen Bezug zu unserer Auffassung von Vernunft bzw. Rationalität hat. Diese Verknüpfungen mit anderen fundamentalen Begriffen lassen die modernen Erklärungsversuche innerhalb des philosophisch anerkannten Sprachparadigmas weit auseinandertreten. Insbesondere das Verhältnis zwischen den Begriffen der „Wahrheit“ und der „Rechtfertigung“ und ihre Beziehungen zueinander erscheinen problematisch. Es lassen sich zwei grundsätzliche Strategien voneinander abgrenzen; einerseits wird versucht, an den realistischen Intuitionen eines normativen Unterschiedes, nämlich das Wahrheit eine unbedingte und unverlierbare Eigenschaft von Sätzen ist im Gegensatz zu bloßer Rechtfertigung, festzuhalten, andererseits erklärt man den Wahrheitsbegriff für weitgehend normativ irrelevant in unserem Sprachgebrauch und assimiliert seine ursprüngliche Bedeutung an die kontextabhängige Rechtfertigungspraxis in jeweils gegebenen Kommunikationsgemeinschaften. Erstere wird von u.a. von dem Sozialphilosophen Jürgen Habermas vertreten, während die zweite Strategie, welche allgemein als die deflationistische Position bezeichnet wird, in dem Philosophen Richard Rorty einen prominenten Vertreter hat. Aufgabe dieser Arbeit soll es sein, beide widersprüchlichen Ansätze miteinander zu vergleichen und herauszuarbeiten, auf welchem Wege eine angemessenere Erklärung des Begriffes von Wahrheit möglich ist. Zu diesem Zweck wird in einem ersten Schritt die Auffassung von Habermas skizziert, um daraufhin mögliche Stärken und Schwächen mit Hilfe der Position von Richard Rorty aufzuzeigen und beide Ansichten über das Verhältnis von Wahrheit und Rechtfertigung miteinander kontrastieren. Anschließend wird versucht, aufgrund der Argumente von Crispin Wright eine mögliche Versöhnung sowie den Weg zu einer angemessenen, sprachpragmatisch angelegten Auffassung von Wahrheit vorzustellen.
Inhaltsverzeichnis
- Wahrheit und Rechtfertigung
- Die Diskussion zwischen Habermas und Rorty
- Jürgen Habermas
- Geltungsansprüche
- Rechtfertigung
- Richard Rorty
- Crispin Wright
- Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, ob eine normative Auffassung von Wahrheit heute noch überzeugend vertreten werden kann. Der Fokus liegt auf der Diskussion zwischen Jürgen Habermas und Richard Rorty, die sich in ihren Ansätzen zum Verhältnis von Wahrheit und Rechtfertigung deutlich unterscheiden. Die Arbeit analysiert und vergleicht die beiden Positionen und untersucht, welche Schlussfolgerungen sich daraus für ein angemessenes Verständnis von Wahrheit ableiten lassen.
- Der normative Gehalt des Wahrheitsbegriffs
- Die Rolle der Rechtfertigung für die Begründung von Wahrheit
- Das Verhältnis von Sprache, Vernunft und Wahrheit
- Die Kritik an metaphysischen Erklärungsversuchen von Wahrheit
- Die Suche nach einer angemessenen, sprachpragmatisch angelegten Auffassung von Wahrheit
Zusammenfassung der Kapitel
- Im ersten Kapitel wird die Auffassung von Wahrheit und Rechtfertigung bei Jürgen Habermas dargestellt. Habermas argumentiert, dass jede Äußerung einen Geltungsanspruch beinhaltet, der durch Argumente gerechtfertigt werden muss. Die Diskussion über Wahrheit und Rechtfertigung wird dabei im Kontext seiner Theorie des kommunikativen Handelns betrachtet.
- Das zweite Kapitel widmet sich den Argumenten von Richard Rorty, der eine deflationistische Sichtweise auf Wahrheit vertritt. Rorty argumentiert, dass der Begriff Wahrheit in unserem Sprachgebrauch weitgehend normativ irrelevant ist und sich an der kontextabhängigen Rechtfertigungspraxis orientiert.
- Das dritte Kapitel untersucht die Position von Crispin Wright, der eine mögliche Versöhnung zwischen den idealistischen und deflationistischen Ansätzen vorschlägt. Wright argumentiert, dass beide Positionen wichtige Einsichten für ein Verständnis von Wahrheit liefern.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Begriffen wie Wahrheit, Rechtfertigung, Geltungsanspruch, kommunikatives Handeln, Sprachpragmatik, idealistische und deflationistische Theorien von Wahrheit. Die Arbeit untersucht insbesondere das Verhältnis von Wahrheit und Rechtfertigung, sowie die Bedeutung von Sprache und Vernunft für ein Verständnis von Wahrheit.
- Arbeit zitieren
- Kai Lehmann (Autor:in), 2003, Wahrheit und Rechtfertigung - Lässt sich eine normative Auffassung von Wahrheit heute noch überzeugend vertreten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47296