Die vorliegende Ausarbeitung ist ein Unterrichtsentwurf für eine Lehrprobe zum Drama "Emilia Galotti" von Lessing. Das Thema lautet "Rollenbiografien zur Charakterisierung der weiblichen Hauptfiguren Emilia und Orsina und der Frauenrolle im 18. Jahrhundert". Im Zentrum stehen dabei Handlungs- und Produktionsorientierung und kreatives Schreiben.
Die Schüler und Schülerinnen verfassen in der Unterrichtseinheit kritierienorientiert Rollenbiografien zu Emilia und Orsina. Diese werden vorgetragen, kriterienorientiert ausgewertet und auf die Frauenrolle im 18. Jahrhundert reflektiert und mit der heutigen Frauenrolle kontrastiert.
Anhand der beigefügten Materialien kann die Unterrichtsstunde in der 11. Klasse Gymnasium durchgeführt werden.
1. Analyse der Lehr- und Lernbedingungen
Ich unterrichte die Klasse 11/1 im beruflichen Gymnasium seit Beginn des neuen Schuljahres mit zwei Doppelstunden wöchentlich im Fach Deutsch. Sie besteht aus 8 weiblichen Schülerinnen und 17 männlichen Schülern1 im Alter von 16 bis 17 Jahren. Alle besitzen die mittlere Reife und streben die Allgemeine Hochschulreife im Jahr 2018 an. Die folgenden Einschätzungen beruhen auf Informationen der Klassenlehrerin, auf meinen Aufzeichnungen zur mündlichen Mitarbeit sowie auf der Auswertung eingesammelter Hausaufgaben zum kreativen Schreiben.
Die Klasse 11/1 kann insgesamt als leistungsstarke Klasse bezeichnet werden, wobei fünf SuS die Klasse wiederholen. Die mündliche Mitarbeit ist hoch und erstreckt sich auf etwa die Hälfte der Klasse, was ich als Indikator für das Interesse am Fach Deutsch deute. L., S., M., T., P., C., S. und T. können als Leistungsträger der Klasse bezeichnet werden. Sie analysieren mühelos Textstellen in „Emilia Galotti“, können komplexe Zusammenhänge zwischen den Figuren herstellen und begründen ihre Ansichten präzise. Die Mehrheit der Klasse tut sich ein wenig schwer mit dem Analysieren der Textgrundlage, beteiligt sich aber dennoch regelmäßig bei einfachen Verständnisfragen – wenn auch ohne nähere Begründungen. Einzig L., M. M. und L. verhalten sich sehr ruhig, was jedoch auch in anderen Fächern der Fall ist. Es herrscht ein freundlich-wertschätzendes Lehr-Lern-Klima. Arbeitsaufträge werden i.d.R. konzentriert und engagiert von den SuS bearbeitet. Nach einer Einführung zur Epoche der Aufklärung haben sich die SuS die Situation des Adels und des Bürgertums erarbeitet, wobei besonders die Welt des Hofes, die Figur des Prinzen und die seines Kammerherrn Marinellis thematisiert wurden. Sodann haben sich die SuS Hintergrundwissen zur damaligen Situation der Familie angeeignet und die Figuren Claudia und Odoardo Galotti und ihre Einstellungen zur Erziehung Emilias mit einer Szenenanalyse herausgearbeitet. In der letzten Stunde haben die SuS Textstellen zu Emilia und Orsina gelesen und sich wichtige Aspekte zu den Figuren herausgeschrieben. Die Ergebnisse wurden stichwortartig an der Tafel fixiert und bilden die Grundlage für die heutige Stunde, in der sich die SuS in eine der beiden Figuren hineinversetzen und aus deren Perspektive eine Rollenbiografie verfassen sollen (Fachkompetenz). Die Lernenden haben bereits Erfahrungen damit, ihre Aufsätze in Kleingruppen auszutauschen und sich mithilfe der bekannten Beurteilungskriterien für kreative Texte2 eine Rückmeldung zu geben. Da sie in verschiedenen Konstellationen effektiv zusammenarbeiten, dürfte es heute kein Problem für die SuS sein, sich gegenseitig ein wertschätzendes Feedback zu geben und sich am Gruppentisch auf diejenige Rollenbiografie zu einigen, die die Kriterien am besten erfüllt (Sozialkompetenz). Die SuS haben kein Problem damit, längere Zeit konzentriert Aufsätze zu verfassen. Gerade bei komplexen, produktiven Verfahren benötigen sie aber präzise, schriftliche Handlungsaufträge sowie die ihnen bekannten Kriterien für kreative Schreibaufgaben zur Orientierung. Dann jedoch stellen sie ihre Aufsätze gerne in Kleingruppen oder im Plenum zur Diskussion. Daneben fällt es vielen jedoch schwer, anhand behandelter Themen, einen Bezug zur eigenen Lebenswelt herzustellen. Der abschließende Vergleich zwischen damaliger und heutiger Rolle der Frau als Transfer der heutigen Arbeitsergebnisse könnte daher einigen Schwierigkeiten bereiten (Personalkompetenz). Die SuS haben Erfahrungen damit, mithilfe vorgegebener Kriterien produktive Texte zu verfassen und haben bereits einmal zur Figur Marinellis eine Rollenbiografie verfasst. Im Rahmen des freiwilligen Vorlesens einiger Aufsätze fiel mir allerdings auf, dass es einigen schwer fällt, sich vertieft in Figuren hineinzudenken und aus deren Perspektive heraus zu argumentieren, was auch bei der heutigen Anwendung der Methode zu erwarten ist. In Kleingruppen Texte auszutauschen, mit bekannten Kriterien zu beurteilen und sich gemäß der Methode „Prüfstand“3 eine Rückmeldung zu geben, stellt hingegen kein Problem für die Lernenden dar (Methodenkompetenz).
2. Angestrebte Kompetenzziele
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3. Didaktisch-methodische Überlegungen
Die Lernenden sollen heute das produktionsorientierte Verfahren „Figuren in der Ich-Form vorstellen“ (=Rollenbiografie)4 anwenden. Dieses fordert von den SuS die eigene Perspektive zu verlassen und sich intensiv in eine andere Figur hineinzudenken, was die Empathiefähigkeit der Lernenden fördert.5 Sie gelangen durch die Methode zu einem höheren Textverständnis, da sie sich wesentliche Motive und Handlungsabsichten der Figuren erschließen und den Handlungsverlauf des Dramas besser interpretieren können. Zur Vorbereitung der Rollenbiografie haben sich die SuS in der vorangegangen Stunde mit wichtigen Textstellen zu den beiden Frauenfiguren beschäftigt und sich wichtige Charaktereigenschaften herausgeschrieben. Um Diskussionen in der heutigen Stunde zu vermeiden, sollten die SuS zum Abschluss der letzten Stunde – ihrem Interesse entsprechend – entscheiden, zu welcher Figur sie heute eine Rollenbiografie verfassen wollen.
Darauf aufbauend sollen sich die Lernenden heute schriftlich in die Figuren einfühlen und aus der Ich-Perspektive vorstellen. Damit dies auch den schwächeren SuS gelingt, habe ich in der Schreibanleitung zur Methode mit Leitfragen gearbeitet, die wir uns nach dem Vorstellen des Stundenverlaufs gemeinsam durchlesen.
Die SuS beginnen sodann, mithilfe der ihnen bekannten Kriterien6 in Einzelarbeit ihre Aufsätze zu schreiben, wobei ausreichend Zeit eingeplant ist, damit sich die SuS auf die Figuren einlassen und deren Einstellung und Verhalten reflektieren können. Nach dem Schreibprozess werden von mir homogene Gruppen7 gebildet. Die SuS werden dazu aufgefordert, ihre Texte in den Kleingruppen gegenseitig zu lesen und sich mithilfe der Beurteilungskriterien nach der Methode „Prüfstand“ eine Rückmeldung zu geben, sodass eine methodische Ergebnissicherung gewährleistet wird. Da einige ungern ihre Schreibergebnisse veröffentlichen, erhält jeder auf diese Weise dennoch in Kleingruppen ein Feedback zu seiner Rollenbiografie. Die Rückmeldungen sorgen für eine hohe Schüleraktivierung, da jeder aufgefordert wird, die anderen drei Texte in der Gruppe zu beurteilen und seine Bewertung gegenüber den anderen zu begründen.
Nach der Feedbackrunde bestimmt jede Gruppe für die Auslosung diejenige Rollenbiografie, die ihrer Meinung nach die Anforderungen am besten erfüllt. Sodann wird zu beiden Figuren eine Gruppe per Zufall bestimmt, deren ausgewählter Aufsatz im Plenum vorgelesen wird. Für die inhaltliche Ergebnissicherung werden die SuS mithilfe von Leitfragen beim Zuhören dazu aufgefordert, sich zu überlegen, welches Bild der Frau durch die Rollenbiografien entstanden ist und wie ihre Rolle in der damaligen Zeit aussah. Nach den Beiträgen erhalten die Lernenden einen Moment Zeit, um sich wichtigste Aspekte zur damaligen Frauenrolle, anhand der vorgesellten Figur, zu notieren. Die SuS werden dann dazu aufgefordert, ihren Eindruck zu schildern und ein Fazit nach jeder Figur zu ziehen. In der anschließenden Vertiefungsphase sollen sich die SuS in ihren Kleingruppen überlegen, welche Merkmale das heutige Frauenbild kennzeichnen. Hierzu erhält jede Gruppe die Aufgabe, ihre Ideen auf 4 DIN-A4-Metaplankarten festzuhalten.8 Diese werden anschließend an der Tafel vorgestellt,9 damit ein kritisches Reflexionsgespräch zu den Rollenerwartungen der verschiedenen Epochen die Stunde abrunden kann. Durch diese Art der Reflexion wird die heutige Thematik um das Frauenbild im 18. Jh. auf eine höhere Ebene gebracht. Der Transfer zur eigenen Lebenswelt soll motivierend auf die SuS wirken und sie dazu anregen, Rollenerwartungen, die die Gesellschaft uns zuschreibt, kritisch zu hinterfragen.
4. Verlaufsskizze
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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- Arbeit zitieren
- Lorraine Möller (Autor:in), 2017, Unterrichtsentwurf zu Rollenbiografien in "Emilia Galotti" von Lessing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/474366
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