Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, welche Faktoren und Strukturen beigetragen haben, dass ein Netzwerk wie die al Qaida entstehen und sich im Laufe der Jahre grenzüberschreitend entfalten konnte. Zudem wird untersucht, welche Organisations- und Handlungslogik dem al Qaida-Netzwerk zugrunde liegt.
Ausgangspunkt bildet die These, dass das Ende des Kalten Krieges die ideologische, politische und ökonomische Neuausrichtung vormals staatlich geförderter militanter Vereinigungen, wie die in Afghanistan kämpfende, multinationale Mudschahedin-Truppe, wesentlich gefördert hat, indem es die Gruppierungen zur Erschliessung neuer politischer und ökonomischer Betätigungsfelder zwang. Im Zuge dieser Transformation emanzipierten sich die ehemals staatlich abhängigen Gruppen von ihren Geldgebern, um fortan als autonome, gewissermassen "privatisierte" politische Akteure in Erscheinung zu treten, wobei die in diesem Abkoppelungsprozess dazugewonnene Handlungsautonomie als Machtgewinn begriffen werden muss, da nun eigene Ressourcen für eigene politische Ziele eingesetzt werden konnten.
Die al Qaida gilt diesbezüglich als Musterbeispiel einer solchen Transformation. Speziell an der al Qaida ist jedoch der Umstand, dass sie im besonderen Masse von den strukturellen Veränderungen, die seit den 1990er Jahren in gesteigerter Form in Bereichen des globalen Warenhandels und der internationalen Finanzarchitektur, sowie in den Informations- und Kommunikationstechnologien ablaufen, profitieren konnte. So entwickelte sich die al Qaida im Verlauf der 1990er Jahre schrittweise von einer kleinen Gruppe loyaler bin Laden-Anhänger zu einem weit verzweigten, dezentral aufgebauten, transnationalen terroristischen Netzwerk. Diese transnationale Netzwerkstruktur ermöglicht es ihr, an verschiedenen Orten gleichzeitig aktiv zu sein, ohne dabei Gefahr laufen zu müssen, entdeckt und zerschlagen zu werden. Kommt noch hinzu, dass das durch die Jihad-Ideologie zusammengeschweisste al Qaida-Netzwerk viel dynamischer, flexibler und unsichtbarer arbeitet als das mehrstimmige Konzert der Nationalstaaten, das durch Interessendivergenzen auf nationaler und internationaler Ebene in seiner Handlungsfähigkeit gelähmt wird. Ferner ist das transnationale al Qaida-Netzwerk nicht direkt territorial gebunden, was es schwer lokalisier- und fassbar macht, wohingegen der Staat aufgrund seines territorial fixierten und legitimierten Gewaltmonopols als träge angesehen werden muss.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung ins Thema
- Ziel der Arbeit und Fragestellung
- Thesen
- Die Restrukturierung des politischen Raumes
- Globalisierung, Entgrenzung, Denationalisierung
- Transnationalisierung von Problemlagen
- Ursachen der Gewalttransnationalisierung
- Mangelnde staatliche Unterstützung
- Verändertes Feindbild
- Neue Möglichkeiten
- Veränderungen in der internationalen Finanzarchitektur
- Veränderungen in der globalen Wirtschaftsstruktur
- Technologische Entwicklungen
- Funktionsweise von Netzwerken
- Definition und Charakteristika
- Netzwerktypologie
- Die Frage der Macht
- Machtverteilung innerhalb von Netzwerken
- Macht von Netzwerken
- Die Macht transnationaler terroristischer Netzwerke
- Al Qaida
- Phase 1: Geburtsstunde der al Qaida
- Phase 2: Netzwerkaufbau und Zielfokussierung
- Phase 3: Al Qaida als Netzwerk der Netzwerke
- Phase 4: 2001 bis heute
- Die unerschöpflichen Geldquellen der al Qaida
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Faktoren und Strukturen, die zur Entstehung und transnationalen Ausbreitung des terroristischen Netzwerks al Qaida beigetragen haben. Sie beleuchtet die Organisations- und Handlungslogik des Netzwerks.
- Transformation ehemaliger staatlich geförderter militärischer Gruppierungen nach dem Kalten Krieg
- Einfluss der Globalisierung auf die Entstehung und Entwicklung von transnationalen Terrornetzwerken
- Netzwerkstruktur von al Qaida und ihre Auswirkungen auf Handlungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit
- Die Rolle von Technologie, Finanzen und Kommunikation in der Funktionsweise von al Qaida
- Analyse der politischen Ziele und Strategien von al Qaida
Zusammenfassung der Kapitel
- Einführung ins Thema: Der Text stellt die Bedrohung des globalen Systems durch den Terrorismus dar, wobei die Terroranschläge vom 11. September 2001 als Wendepunkt in der Wahrnehmung des Terrorismus hervorgehoben werden. Zudem wird der Übergang von staatlich abhängigen terroristischen Organisationen hin zu transnationalen Netzwerken, wie al Qaida, beleuchtet.
- Ziel der Arbeit und Fragestellung: Die Arbeit untersucht die Entstehungs- und Funktionsweise transnationaler Terrornetzwerke am Beispiel von al Qaida.
- Thesen: Die Arbeit argumentiert, dass die Globalisierung und die damit verbundenen strukturellen Veränderungen in der Finanzarchitektur, der globalen Wirtschaftsstruktur und den Informations- und Kommunikationstechnologien die Entstehung und Entwicklung transnationaler Terrornetzwerke wie al Qaida begünstigt haben.
- Die Restrukturierung des politischen Raumes: Dieses Kapitel analysiert die Auswirkungen von Globalisierung, Entgrenzung und Denationalisierung auf die Entstehung transnationaler Problemlagen, insbesondere im Bereich der Gewalt.
- Funktionsweise von Netzwerken: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Definition und Charakteristika von Netzwerken, untersucht verschiedene Netzwerktypologien und analysiert die Frage der Machtverteilung innerhalb von Netzwerken.
- Al Qaida: Dieses Kapitel schildert die Entstehung, Entwicklung und Struktur von al Qaida in vier Phasen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themenbereichen transnationaler Terrorismus, al Qaida, Netzwerkstruktur, Globalisierung, Finanzarchitektur, Informations- und Kommunikationstechnologie, politische Zielsetzung und Machtverteilung innerhalb von Netzwerken.
- Quote paper
- Robert van de Pol (Author), 2005, Al Qaida - Netz des Terrors. Entstehungs- und Funktionsweise transnationaler Terrorismus-Netzwerke, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47674