Der blutige Herbst 2003, bei dem in Bolivien knapp 80 Menschen bei Demonstrationen gegen den daraufhin zurückgetretenen Präsident de Lozada umkamen, zeigte einmal mehr den zunehmenden Einfluss zivilgesellschaftlicher Gruppen auf die Politik in Südamerika. Ein neues Selbstverständnis indigener Bevölkerungsteile hat sich in den letzten 10 Jahren in der Südamerikanischen Andenregionen entwickelt und den Drang nach mehr Selbst- und Mitbestimmung verstärkt. Seit den 80er Jahren entwickelten sich die sog. „neuen sozialen Bewegungen“ zu einem treibenden Faktor der Transformation in Südamerika. International wurden diese Bewegungen als neuer Machtfaktor der Zivilgesellschaft gefeiert. Wenngleich auch kritische Stimmen zu hören sind, so ist die Zivilgesellschaft durch dieses breite Engagement der bisher unterdrückten Bevölkerungsteile nachhaltig gestärkt worden.
Die neuen sozialen Bewegungen haben sich mittlerweile gewandelt, vom breiten Anti-Autoritären Bündnis zu einer Bewegung mit vielen unterschiedlichen Interessen und Einstellungen. Wie ist die neue Zivilgesellschaft in den Andenregionen also heute zu beurteilen? Welchen Beitrag leistet sie zur Konsolidierung der noch instabilen Demokratien in den ärmsten Ländern Lateinamerikas? Zu diesen Fragen soll diese Arbeit Antworten finden.
Dabei soll das Phänomen „neue soziale Bewegungen“ von mehreren Blickwinkeln her untersucht werden. Erstens sollen sie als Teil der Zivilgesellschaft auf ihre generelle Funktionslogik hin analysiert werden. Zweitens werden die „neuen sozialen Bewegungen“ anhand von drei Länderbeispielen der Andenregion analysiert. Drittens wird daraus eine eigene Typologie für diese Bewegungen erstellt. Viertens sollen die sozialen Bewegungen als Teil der Zivilgesellschaft auf ihre konsolidierungsfördernde Wirkung hin untersucht werden. Diese vier Forschungsdimensionen sollen dazu dienen die Kernfrage dieser Arbeit zu beantworten: Welchen Beitrag leisten „neue soziale Bewegungen“ zur Konsolidierung der Demokratie? Die Arbeitsthese lautet dabei, dass sie sowohl positive wie auch negative Impulse auf den Demokratisierungsprozess geben können.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Zivilgesellschaft - eine Arbeitsdefinition
- 3. Funktionslogik von Zivilgesellschaft
- 4. „Five Democratic Features of Civil Society“
- 5. Indigenas als „neue soziale Bewegung“
- 5.1. Länderbeispiele
- 5.1.1. Ecuador
- 5.1.2. Bolivien
- 5.1.3. Peru
- 5.2. Eine Typologie „neuer sozialer Bewegungen“
- 6. Die Konsolidierungswirkung „neuer sozialer Bewegungen“
- 6.1. „democratic features“
- 6.2. Funktionalität
- 7. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Einfluss zivilgesellschaftlicher Gruppen auf die Politik in Südamerika, insbesondere in den Andenregionen. Sie fokussiert auf die Rolle indigener Bevölkerungsteile als „neue soziale Bewegung“ und analysiert deren Beitrag zur Konsolidierung der noch instabilen Demokratien in den ärmsten Ländern Lateinamerikas.
- Analyse der Funktionslogik der Zivilgesellschaft
- Untersuchung der „neuen sozialen Bewegungen“ anhand von Länderbeispielen (Ecuador, Bolivien, Peru)
- Erstellung einer eigenen Typologie für diese Bewegungen
- Bewertung der konsolidierungsfördernden Wirkung der „neuen sozialen Bewegungen“
- Beurteilung des Beitrags der „neuen sozialen Bewegungen“ zur Konsolidierung der Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einleitung
Die Einleitung führt das Thema ein, indem sie die wachsende Bedeutung zivilgesellschaftlicher Gruppen in Südamerika, insbesondere die neue Rolle indigener Bevölkerungsteile als „neue soziale Bewegung“, beleuchtet. Sie stellt die Forschungsfragen und die Arbeitsthese der Arbeit vor, die sich mit dem Beitrag dieser Bewegungen zur Konsolidierung der Demokratie beschäftigt.
Kapitel 2: Zivilgesellschaft - eine Arbeitsdefinition
Dieses Kapitel widmet sich der Definition des Begriffs „Zivilgesellschaft“ und trennt ihn von anderen Begriffen wie „bürgerliche Gesellschaft“ und „politische Kultur“. Es untersucht die Rolle der Zivilgesellschaft im tripartistischen Spannungsfeld von Staat, Markt und Zivilgesellschaft und entwickelt eine eigene Definition, die sich auf das Kollektiv-Agieren und die Interessenvertretung von Organisationen und Bewegungen konzentriert.
Kapitel 3: Funktionslogik von Zivilgesellschaft
In diesem Kapitel wird die Funktionslogik der Zivilgesellschaft als Subsystem des politischen Systems dargestellt. Es analysiert die Rolle der Zivilgesellschaft in der Artikulation und Durchsetzung von Interessen sowie ihre Funktion als Vermittler zwischen Staat und Bürgern.
Kapitel 4: „Five Democratic Features of Civil Society“
Dieses Kapitel untersucht die „Five Democratic Features of Civil Society“ nach Larry Diamond und bewertet die Zivilgesellschaft hinsichtlich ihrer demokratischen Verfasstheit. Es analysiert, ob die Merkmale einer demokratischen Zivilgesellschaft in den Andenregionen vorhanden sind.
Kapitel 5: Indigenas als „neue soziale Bewegung“
Dieses Kapitel analysiert die „neuen sozialen Bewegungen“ in den Andenregionen anhand von Länderbeispielen (Ecuador, Bolivien, Peru). Es stellt die Herausforderungen und Chancen der indigenen Bevölkerungsteile im Kontext der Konsolidierung der Demokratie dar und beleuchtet die spezifischen Ziele und Strategien der Bewegungen.
Kapitel 6: Die Konsolidierungswirkung „neuer sozialer Bewegungen“
Dieses Kapitel untersucht die konsolidierungsfördernde Wirkung der „neuen sozialen Bewegungen“ in den Andenregionen. Es analysiert die Beiträge der Bewegungen zur Gewährleistung der Systemfunktionalität und zur demokratischen Verfasstheit der Zivilgesellschaft.
Schlüsselwörter
Zivilgesellschaft, soziale Bewegungen, Indigene, Demokratie, Konsolidierung, Andenregionen, Südamerika, Lateinamerika, Funktionslogik, „democratic features“, Länderbeispiele, Ecuador, Bolivien, Peru, Typologie, politische Partizipation, Interessenvertretung, Menschenrechte, Selbstbestimmung, postkoloniale Gesellschaften, Transformations Prozesse.
- Arbeit zitieren
- Robert Huber (Autor:in), 2005, Zivilgesellschaft in den Andenländern - Indigenas als 'neue soziale Bewegung' und ihr Beitrag zur Konsolidierung der Demokratie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47678