Seit der Einführung der Grundschule für alle Kinder zu Beginn der 20er Jahre stellen der Schulanfang und die Gestaltung des Unterrichts in den ersten zwei Schuljahren eine besondere pädagogische Herausforderung für Lehrerinnen und Lehrer dar.
In dieser Zeit gewinnt das Kind in der neuen schulischen Lebenswelt erste Eindrücke vom Leben und Lernen unter den Bedingungen der Institution Schule. Die besondere Bedeutung des Schulanfangs resultiert daher, dass in dieser Phase die persönlichen Einstellungen des Kindes zu Schule und Lernen nicht nur entstehen, sondern seinen gesamten weiteren Lebenslauf wesentlich prägen.
In den letzten Jahren hat sich der Blick mehr und mehr vom ‚schulgerechten Kind’ hin zur ‚kindgerechten Schule’ verschoben. Mit meiner Arbeit möchte ich die Notwendigkeit für ein verändertes Verständnis der Schuleingangsphase aufzeigen. Der für einen kindgerechten Schulanfang und Anfangsunterrichts bedeutsame zeitliche Rahmen beginnt etwa ein halbes Jahr vor der Einschulung und endet nach dem zweiten Schuljahr.
Spätestens seit den wenig erfreulichen Ergebnissen der internationalen Vergleichsstudie PISA werden in Deutschland lautstark Veränderungen und Reformen des Erziehungs- und Bildungswesens gefordert. Da der Anfang der Veränderungen an der Basis ansetzen muss, sind speziell der Kindergarten und die Grundschule in den Mittelpunkt der Diskussionen gerückt. Im neuen Jahrtausend wird nach jahrgangsübergreifenden Klassen sowie individueller Förderung der Kinder ohne Hürden und Selektion verlangt. Im Zentrum der Gespräche stehen der Schulfähigkeitsbegriff, die Übergangsgestaltung und die neue Schuleingangsphase.
Aber wie kann ein kindgerechter Schulanfang eigentlich verwirklicht werden? Welche Voraussetzungen bringen die Kinder in den Anfangsunterricht mit? Welche Aspekte zeichnen die heutige Kindheit aus? Auf welchen gesetzlichen Grundlagen basiert das Einschulungsverfahren? Was verstehen wir unter Schulfähigkeit, wie hat sich der Begriff entwickelt und wodurch wurde er beeinflusst? Was bedeutet die neue Schuleingangsphase und wie kann sie umgesetzt werden? Welche Möglichkeiten gibt es, den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule, im Sinne des Kindes zu gestalten? Wie können alle Kinder am Schulanfang bestmöglich begleitet und gefördert werden und wie kann ein gelungener Anfangsunterricht aussehen?
In der vorliegenden Arbeit beabsichtige ich, über solche und ähnliche Fragen Aufschluss zu geben.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Hinführung zum Thema
- Quellenlage
- Entwicklungspsychologische und Sozialwissenschaftliche Grundlagen
- Körperliche und Motorische Entwicklung
- Kognitive Entwicklung
- Sozial-Emotionale Entwicklung
- Motivationsentwicklung
- Moralische Entwicklung
- Veränderte Kindheit
- Historische Lebensbedingungen von Kindern
- Aspekte veränderter Kindheit
- Konsequenzen für einen kindgemäß veränderten Schulanfang
- Zusammenfassung
- Schuleingangsentwicklung – Veränderungen für einen kindgerechten Schulanfang
- Gesetzliche Regelungen zur Einschulung
- Von Schulreife zur Schulfähigkeit
- Schulreife auf Grundlage der Reifungstheorie
- Schulfähigkeit auf Grundlage der Lerntheorie
- Schulfähigkeit aus ökosystemischer Sicht
- Die neue Schuleingangsphase – Das Konzept für einen kindgerechten Schulanfang?
- Idee des neuen Konzeptes
- Merkmale des neuen Konzeptes
- Umsetzung der neuen Schuleingangsphase in NRW
- Wie ist die Einführung des Konzeptes in NRW zu bewerten?
- Zusammenfassung
- Kindgemäße Übergangsgestaltung: Vom Kindergarten in die Grundschule
- Kooperation Grundschule – Kindergarten
- Die Schulanmeldung
- Kontaktaufnahme
- Der erste Schultag
- Zusammenfassung
- Gestaltung des Anfangsunterrichts
- Aufgaben des Anfangsunterrichts
- Individualität annehmen und stärken
- Soziale Integration – Erfahrungen in einer Klassengemeinschaft
- Lernförderlicher Anfangsunterricht: Offene Unterrichtsformen
- Tages-/Wochenplanarbeit
- Freie Arbeit
- Projektarbeit
- Schülerbeobachtung
- Der Klassenraum als Lern- und Lebensraum
- Rhythmisierung
- Regeln und Rituale
- Spiel und Bewegung
- Stille und Entspannung
- Zusammenarbeit mit den Eltern
- Hausaufgaben
- Zusammenfassung
- Abschließende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Bedeutung eines kindgerechten Schulanfangs und der Gestaltung des Anfangsunterrichts in den ersten beiden Schuljahren. Sie will die Notwendigkeit für ein verändertes Verständnis der Schuleingangsphase aufzeigen und beleuchtet die Frage, wie ein kindgerechter Schulanfang verwirklicht werden kann.
- Entwicklungspsychologische Erkenntnisse zum Kind im Alter von sechs bis sieben Jahren
- Der Begriff der Schulfähigkeit und seine Entwicklung
- Die neue Schuleingangsphase und ihre Umsetzung in Nordrhein-Westfalen
- Gestaltungsmöglichkeiten des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule
- Lernförderliche Unterrichtsformen im Anfangsunterricht
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Thematik des kindgerechten Schulanfangs und beschreibt die besondere Bedeutung dieser Phase für die Entwicklung des Kindes. Anschließend werden grundlegende entwicklungspsychologische Erkenntnisse erläutert, die sich auf die Entwicklung des Kindes im Alter von sechs bis sieben Jahren beziehen. Hierbei werden die körperliche, kognitive, sozial-emotionale und moralische Entwicklung des Kindes beleuchtet, und die Beziehungen und Abhängigkeiten der Entwicklungsaspekte untereinander geklärt. Die Arbeit widmet sich außerdem der veränderten Kindheit und den damit verbundenen Herausforderungen für den Schulanfang. Im Anschluss werden die gesetzlichen Regelungen zur Einschulung und der Begriff der Schulfähigkeit in seiner historischen Entwicklung dargestellt. Die neue Schuleingangsphase als Konzept für einen kindgerechten Schulanfang wird vorgestellt, ihre Umsetzung in Nordrhein-Westfalen erläutert und kritisch bewertet. Im weiteren Verlauf widmet sich die Arbeit der Gestaltung des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule und stellt Möglichkeiten zur Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule dar. Der Fokus liegt dabei auf der Gestaltung des ersten Schultages und der Schaffung einer positiven ersten Schul-Erfahrung. Die Arbeit endet mit einer Betrachtung der Gestaltungsmöglichkeiten des Anfangsunterrichts. Hier werden verschiedene Aufgaben des Anfangsunterrichts, wie die Förderung der Individualität und die soziale Integration, diskutiert. Die Arbeit beleuchtet außerdem verschiedene lernförderliche Unterrichtsformen, wie Tages-/Wochenplanarbeit, Freie Arbeit und Projektarbeit. Die Arbeit endet mit einem Überblick über den Klassenraum als Lern- und Lebensraum, den Umgang mit Regeln und Ritualen, sowie die Bedeutung von Spiel und Bewegung im Anfangsunterricht.
Schlüsselwörter
Kindgerechter Schulanfang, Schuleingangsphase, Entwicklungspsychologie, Schulfähigkeit, neue Schuleingangsphase, Kindergarten, Grundschule, Übergangsgestaltung, Anfangsunterricht, Lernförderliche Unterrichtsformen, Sozial-Emotionale Entwicklung, Individualität, Integration.
- Quote paper
- Julia van Risswick (Author), 2005, Kindgerechter Schulanfang, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47744