Lehrwerke für den Deutschunterricht als Medien zur Darstellung und Thematisierung unterschiedlicher Sprachen und Kulturen


Bachelorarbeit, 2018

42 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. „Interkulturelles Lernen“ als Zielsetzung in Schule und Unterricht
2.1. Von der „Interkulturellen Pädagogik“ zum „Interkulturellen Lernen“
2.2. Zielsetzungen und Umsetzungsvorschläge
2.3. „Interkulturelles Lernen“ im Fach Deutsch
2.3.1. Aussagen in Lehrplänen, Bildungsstandards und Kompetenzbereichen
2.3.2. Beispiele für „Interkulturelles Lernen“ im Unterrichtsfach Deutsch

3. Lehrwerke für den Deutschunterricht als Medien zur Darstellung und Thematisierung unterschiedlicher Sprachen und Kulturen
3.1. Zur Lehrwerksforschung
3.2. Analyse von Lehrwerken für den Deutschunterricht

4. Zusammenfassung

5. Analyse ausgewählter Lehrwerke für den Deutschunterricht der Sekundarstufe
5.1. Ziele der Analyse
5.2. Die ausgewählten Lehrwerke
5.3. Methodisches Vorgehen
5.4. Vorstellung der Analysekriterien

6. Durchführung der Lehrwerkanalysen
6.1. Analyse von „Doppel-Klick. Das Sprach- und Lesebuch“
6.1.1. Analysekriterium „Themen“
6.1.2. Analysekriterium „Texte“
6.1.3. Analysekriterium „Bilder“
6.2. Analyse von „P.A.U.L. D.“
6.2.1. Analysekriterium „Themen“
6.2.2. Analysekriterium „Texte“
6.2.3. Analysekriterium „Bilder“

7. Auswertung und Darstellung der Analyseergebnisse

8. Diskussion der Analyseergebnisse

9. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kompetenzbereiche des Faches Deutsch (RS)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Kriterien zur Analyse der beiden Deutschlehrwerke

Tabelle 2: Analysekriterium "Themen" in Bezug auf „Doppel-Klick. Das Sprach- und Lesebuch“

Tabelle 3: Analysekriterium "Texte" in Bezug auf „Doppel-Klick. Das Sprach- und Lesebuch“

Tabelle 4: Analysekriterium "Bilder" in Bezug auf „Doppel-Klick. Das Sprach- und Lesebuch“

Tabelle 5: Analysekriterium "Themen" in Bezug auf „P.A.U.L. D.“

Tabelle 6: Analysekriterium "Texte" in Bezug auf „P.A.U.L. D

Tabelle 7: Analysekriterium "Bilder" in Bezug auf „P.A.U.L. D.“

1. Einleitung

In Deutschland leben viele Menschen mit einem Migrationshintergrund. Fast jeder fünfte Ein- wohner hat zumindest ein Elternteil, welches nicht mit der deutschen Staatsangehhörigkeit ge- boren wurde. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies ca. 18,5 Millionen Menschen mit Migrati- onshintergrund (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2018). Daher ist es nicht verwun- derlich, dass in allen Lebenssituationen, ganz gleich ob auf der Arbeit, bei dem Einkaufen oder bei Freizeitaktivitäten, Deutsche auf Menschen mit Migrationshintergrund stoßen. Das Zusam- menleben, von Menschen mit unterschiedlichen Kulturen in Deutschland, ist nicht mehr nur in den Großstädten wie zum Beispiel Berlin, Frankfurt oder Hamburg unausweichlich. Auch auf der Schwäbischen Alb oder im Sauerland wird die deutsche Gesellschafft mit der multikultu- rellen Wirklichkeit konfrontiert (vgl. Böhm/Böhm/Deiss 1999, S. 19). Anhand dieser Zahlen von der Bundeszentrale für politische Bildung wird deutlich, dass es auf den deutschen Schul- höfen sehr multikulturell zugeht. In nahezu allen Schulklassen, ganz gleich ob Grundschule, Realschule Plus oder Gymnasium, befinden sich Schüler und Schülerinnen mit einem Migrati- onshintergrund. Die Aufgaben der Lernstätten bestehen darin, die Kinder auf das Leben in der Gesellschaft vorzubereiten und mit der multikulturellen Vielfalt in Deutschland umgehen zu können (vgl. ebd., S. 20). Die Schule ist dafür einer der wichtigsten Orte, da hier schon sehr früh Einfluss auf die Entwicklung und somit auch auf das interkulturelle Lernen des heran- wachsenden Kindes, genommen wird. Denn wie Auernheimer beschreibt, sehen viele Pädago- gen die Notwendigkeit, Kinder früh die Erfahrung machen zu lassen, welche zum Nachdenken über soziale Kategorisierung veranlassen und dadurch für interkulturelles Verstehen im Er- wachsenenalter bedeutsam ist (vgl. Auernheimer 2007, S.127). Diese Tatsache ist Grund genug, die Lehrwerke, welche für den Deutschunterricht genutzt werden, genauer zu untersuchen.

Daher lässt sich die Forschungsfrage ableiten, ob und inwieweit die ausgewählten Deutschlehr- werke unterschiedliche Sprachen und Kulturen darstellen und thematisieren.

Mit Hilfe fachlicher Literatur, von Experten auf dem Gebiet der Interkulturalität, wurde die nachfolgende Arbeit ausgearbeitet. Insbesondere zwei Lehrwerke, welche für die 8. und 10. Klassenstufe konzipiert wurden, dienen als Grundlage für den Analyseteil der Bachelorarbeit.

Insgesamt besteht die Arbeit aus neun Kapiteln. In der Einleitung wird zunächst ein kleiner Überblick über die folgende Thematik gegeben. Des Weiteren wird die Zielsetzung, in Form der Forschungsfrage, dargelegt. Im anschließenden Hauptteil steht die kritische Analyse und die Auswertung von den zwei Lehrwerken, in Kapitel sechs und sieben, im Vordergrund. Durch diese Analyse soll nachgewiesen werden, ob die zwei Lehrwerke einen Beitrag zum „interkul- turellen Lernen“ leisten können. Zuvor gibt es im zweiten Kapitel allgemeine Informationen über interkulturelles Lernen und speziell das Schulfach Deutsch, wird in diesem Abschnitt unter dem Aspekt des interkulturellen Lernens genauer untersucht. Im dritten Kapitel der Bachelor- arbeit, wird die Lehrwerksforschung behandelt, bevor im darauffolgenden vierten Kapitel eine kleine Zusammenfassung des bisher Recherchierten und Verfassten folgt. Anschließend geht es konkreter in die Lehrwerksforschung hinein. Die Ziele, das methodische Vorgehen, sowie die Vorstellung der ausgewählten Lehrwerke, beinhalten das fünfte Kapitel. Nachdem der wich- tigste Teil der Bachelorarbeit, in den Hauptabschnitten sechs und sieben dargelegt wurde, folgt in Kapitel acht eine Diskussion der Ergebnisse. Mit dem neunten Kapitel, dem Fazit, wird die Bachelorarbeit abgeschlossen.

2. „Interkulturelles Lernen“ als Zielsetzung in Schule und Unter- richt

2.1. Von der „Interkulturellen Pädagogik“ zum „Interkulturellen Ler- nen“

Der Anfang des „interkulturellen Lernens“ geht zurück in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. In dieser Zeit herrscht in Deutschland, bedingt durch die Folgen des Zweiten Weltkrieges, ein großer Mangel an Arbeitskräften. Dadurch kommt es zu einer Zuwanderung von Hilfsarbeitern, allen voran aus dem süd- und osteuropäischen Raum. Die zuständigen Verantwortlichen aus der Wirtschaft und Politik, werben die Migranten an und schließen Abkommen mit Ländern wie zum Beispiel Griechenland, Italien oder der Türkei. Anfangs ist der Plan der deutschen Regierung, dass die Gastarbeiter maximal fünf Jahre in Deutschland leben und arbeiten, um danach wieder in ihr Heimatland zurückzukehren und durch Neue ersetzt werden. Da sie aller- dings ihre Ziele, welche in erster Linie darin bestehen, soviel Geld wie möglich zu sparen, um sich in der Heimat selbständig zu machen, viel langsamer als gedacht erreichen, ziehen die Familien der männlichen Arbeitsmigranten nach (vgl. Böhm/Böhm/Deiss-Niethammer 1999, S. 13). Durch die Zuwanderung von ausländischen Familien kommen auch sehr viele ausländi- sche Kinder nach Deutschland und müssen, bedingt durch die in Deutschland herrschende Schulpflicht, die Schule besuchen. Lehrer und Erzieher sind in ihrer pädagogischen Ausbildung allerdings nicht darauf vorbereitet worden, Kinder zu unterrichten, welche der deutschen Spra- che nicht mächtig sind. Da sie ihre ersten Lebensjahre in einem anderen Land verbracht haben und somit auch andere Kulturen und Gebräuche gewöhnt sind. Sie sind mit der Situation völlig überfordert gewesen. Deshalb unterstützten zwischen den Siebziger und Achtziger Jahre der Staat und einige Stiftungen, mit Hilfe von Hochschulen, die „Ausländerpädagogik“ (vgl. ebd., S. 14). In diesem Zusammenhang werden die ausländischen Schulkinder nicht nur in der sich gegenwärtigen Lebenssituation bewertet, „sondern auch deren soziokultureller Hintergrund, die Lebenssituation im Herkunftsland [] und vieles mehr“ (ebd., S. 14). Die „Ausländerpädago- gik“, bleibt trotz allem nicht sehr lange ohne Kritik. Die Kritiker bemängeln unter anderem, dass ausländische Kinder ausgegrenzt und somit an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Die entscheidendste Kritik ist aber die, dass sich die „Ausländerpädagogik“ ausschließlich an Migranten richtet und die Einheimischen nicht berücksichtigte Sie verlangt von eben diesen, eine maximale Anpassung an unsere Kultur. Menschen, welche in ein anderes Land auswan- dern können jedoch, nicht ohne weiteres ihre Sprache, Kultur und Gewohnheiten aufgeben (vgl. ebd., S. 15 f.)

Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre kommen schließlich die ersten Überlegungen bezüg- lich der „Interkulturellen Pädagogik“ auf. Angeschoben werden diese Überlegungen von euro- päischen Initiativen. Bedingt durch die Kritik an der „Ausländerpädagogik“ wird das Echo, welches durch die „Interkulturelle Pädagogik“ entsteht, immer lauter (vgl. Nohl 2014, S. 50). Ihre Entwicklung wird von der Migrantenflut ab den 50er Jahren, durch welche eine neue Art der Multikulturalität in Deutschland Einlass findet, angestoßen (vgl. Auernheimer 2007, S. 9). Die „Interkulturelle Pädagogik“ basiert auf zwei Grundsätzen. Zum einen auf dem Prinzip der Gleichheit und zum anderen auf dem Prinzip der Anerkennung. Durch diese beiden Prinzipien setzt sich die Idee einer multikulturellen Gesellschaft, welche die „Interkulturelle Pädagogik“ verfolgt, zusammen (vgl. ebd., S.20). Zudem besteht die „Interkulturelle Pädagogik“ aus päda- gogischen Grundprozessen, zu denen unter anderem „interkulturelles Lernen“ zählt (vgl. ebd., S. 166). Nohl definiert den Begriff des „interkulturellen Lernens“ als „Erwerb von Wissen über fremde Milieus und von Kompetenzen im Umgang mit ihnen“ (ebd., S. 167)

„Interkulturelles Lernen“ ist im Gegensatz zur „Ausländerpädagogik“ nicht mehr nur für Per- sonen mit Migrationshintergrund, sondern auch für Inländer gedacht. Sie bezieht sich ebenfalls auf die Mitglieder der Mehrheitskultur, wie auf die Migranten der unterschiedlichen Minder- heiten. Das Konzept „Interkulturelles Lernen“ wird konzipiert, um die Gesellschaft auf ein mul- tikulturelles und puristisches Leben vorzubereiten (vgl. ebd., S. 16). „Interkulturelles Lernen“ wird nicht in einer Unterrichtseinheit oder durch ein bestimmtes Thema den Schülern beige- bracht. Vielmehr eignet sich der Mensch, die Fähigkeiten, welche „interkulturelles Lernen“ mit sich bringen, durch ein lebenslanges Lernen in den vielfältigsten Beziehungen an (vgl. ebd., S 35). Es kann daher davon gesprochen werden, dass „Interkulturelles Lernen [] in diesem Verständnis kein eigenes Fach, sondern Prinzip der Unterrichtsplanung und der didaktischen Reflexion [ist]“ (Roth 2000, S.47)

2.2. Zielsetzungen und Umsetzungsvorschläge

Ein Ziel „interkulturellen Lernens“ wird darin gesehen, dass die Mehrheit, in diesem Fall die deutschen Einheimischen, und Minderheiten auf ein gleichberechtigtes Zusammenleben vorbe- reitet werden. Das Miteinander zwischen Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft steht hierbei im Mittelpunkt (vgl. Böhm/Böhm/Deiss-Niethammer 1999 S. 35). Dieses Ziel kann durchaus als übergeordnetes Ziel „interkulturellen Lernens“ verstanden werden. Denn, zum Beispiel das von Peter Doyé aufgestellte Ziel, Fähigkeiten zu erwerben, mit Menschen aus einer fremden Kultur zu kommunizieren, wird durch dieses übergeordnete Ziel impliziert (vgl. Doyé 1994, S. 43). Darüber hinaus wird „interkulturelles Lernen als eine Spezifikation sozialen Ler- nens verstanden“ (Auernheimer 2007, S. 128). „Soziales Lernen“ setzt sich aus insgesamt fünf Bereichen zusammen: Einfühlungsvermögen, Toleranz, Konfliktfähigkeit, Kooperationsfähig- keit und Solidarität. „Interkulturelles Lernen“ kann auf jedes einzelne dieser fünf Bereiche an- gewendet werden. Das Einfühlungsvermögen spiegelt sich zum Beispiel auf die Empathie ge- genüber Minderheiten und Migranten wieder und Toleranz ist die Vorrausetzung, dass es zu keiner kulturellen Abweichung kommt. Ein großes Ziel „sozialen Lernens“, und in diesem Zu- sammenhang auch von „interkulturellem Lernen“, ist es zudem, dass es zu einem Abbau von Vorurteilen kommt (vgl. Auernheimer 2007, S. 128)

Ein Problem „interkulturellen Lernens“, welches Reinhold Freudenstein aufzeigt ist, dass es sich in der Schule nicht über Diskussionen, Textarbeit oder sonstige schulische Verfahren über- mitteln lässt. Es kann für die Schüler nur durch eigene Erfahrungen erlebbar gemacht werden (vgl. Freudenstein 1994, S. 59). Überdies sind nicht in allen Gebieten Deutschlands dieselben Voraussetzungen. In Großstädten, wie etwa Berlin und dem damit verbundenen hohen Auslän- deranteil, lässt sich vermutlich „interkulturelle Erfahrung“ leichter vermitteln als in einer bay- rischen Landgemeinde (vgl. ebd., S. 60). Entscheidend ist daher, wie „interkulturelles Lernen“ in allen Schulen Deutschlands umgesetzt werden kann, so dass es den Schülern didaktisch nä- hergebracht wird. Vorrausetzung für eine multiperspektivische Didaktik ist hierbei der Perspek- tivenwechsel. Diese Didaktik des Perspektivenwechsels, fordert den Schüler dazu auf, seinen ausländischen Mitschüler als kulturell anders wahrzunehmen (vgl. Roth 2000, S. 47). Erst wenn dieser Schritt vollzogen ist, „ergibt sich die Möglichkeit, übergeordnete – transkulturelle – Per- spektiven einzunehmen und die Dezentrierung des eigenen kulturellen Blicks anzugehen“ (ebd., S. 47)

Durch diesen Perspektivenwechsel sollen die einzelnen Schüler bestimmte Ziele, wie der Auf- bau zu kulturellem Wissen oder dem Anerkennen von der Gleichwertigkeit der Kulturen, er- werben (vgl. ebd., S. 48). Dazu gilt es, die Logik von fremden Wert-, sowie Vorstellungssyste- men zu erkennen und zu verstehen. Ziel ist es, nachzuvollziehen, dass andere kulturelle Hinter- gründe, zwar anders, aber keinesfalls besser oder schlechter, als die eigenen sind. Ein weiterer wichtiger Punkt des Perspektivenwechsels, ist das Feststellen von Gemeinsamkeiten unter- schiedlicher Kulturen. Diese dienen als Grundlage für gegenseitiges Verstehen und Akzeptie- ren (vgl. Huse 2003, S. 3). Eine weitere Möglichkeit, um „interkulturelles Lernen“ in der Schule umzusetzen, ist der Fremdsprachenunterricht in der Grundschule. Infolgedessen erleben die Kinder schon sehr früh, dass verschiedene Kulturen und Sprachen eine Normalität sind und das „interkulturelle Verstehen“ kann in der Zukunft besser vertieft und gefördert werden. Sofern die Möglichkeit für die Schule besteht, eine Lehrkraft aus einem anderen Kulturkreis einzuset- zen, sollte diese Chance genutzt werden. Natürlich nur, wenn die Qualität des Unterrichts nicht darunter leidet. Auf diese Weise stellen sich nachhaltige Erlebnisse auf Seiten der Schüler ein, da es sich um eine echte Vermittlung mit einer anderen Sprache und Kultur handelt (vgl. Freu- denstein 1994, S. 59 f.)

2.3. „Interkulturelles Lernen“ im Fach Deutsch

„Interkulturelles Lernen“ sollte in der Schule selbstverständlich in jedem Schulfach eine Rolle einnehmen. Ganz gleich ob es sich um Hauptfächer wie Deutsch und Mathematik, oder um Nebenfächer wie zum Beispiel Sport, Religion oder Geschichte, handelt. Die folgenden Aus- führungen konzentrieren sich auf das Fach Deutsch, da die untersuchten Lehrmaterialien aus- schließlich für den Deutschunterricht entwickelt wurden.

2.3.1. Aussagen in Lehrplänen, Bildungsstandards und Kompetenzbereichen

Im rheinland-pfälzischen Lehrplan der Sekundarstufe I für das Unterrichtsfach Deutsch, ist in einigen Stellen verankert, welche Bedeutung „interkulturelles Lernen“ in der Schule spielt. Be- reits im Vorwort wird in einem Stichpunkt erläutert, dass es zu einer „Verstärkung der inter- kulturellen Erziehung im Hinblick auf Europa und die eine Welt“ kommen muss (Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung 1998, S. 3). Im zweiten Kapitel ‚Didaktische As- pekte‘, kommt es im ersten Unterpunkt ‚Aufgaben und Ziele des Deutschunterrichts‘ zu einem erneuten Verweis auf „interkulturelles Lernen“. In diesem Zusammenhang wird dargestellt, dass bei der Auswahl von Unterrichtsmethoden und -inhalten „interkulturelle Aspekte“ mitein- bezogen werden sollten. Dies dient zur Förderung der Zweisprachigkeit, für Schüler und Schü- lerinnen, dessen Muttersprache nicht Deutsch ist (vgl. ebd., S. 11). Im Lehrplan gibt es zusätz- lich einen Abschnitt, in welchem Hinweise zur Förderung von Schülern nicht-deutscher Mut- tersprache gegeben werden. Hierbei heißt es, dass diese Förderung unter anderem dadurch ge- schehen kann, wenn es zu einer verstärkten Auswahl von interkulturellen Themen für den Un- terricht, kommt. Die Themen sollen insbesondere kulturelle Aspekte aus den entsprechenden Herkunftsländer der Schüler aufgreifen, welche nicht aus Deutschland kommen (vgl. ebd., S 54). Im Abschnitt ‚Soziales Lernen‘, wird die Thematik ebenfalls kurz erläutert. Hierbei wird verdeutlicht, dass Schüler und Schülerinnen, welche sich mit einer Lernschwäche auseinander- setzten oder deren Muttersprache nicht Deutsch ist, betreut werden müssen. Tritt dieser Fall ein, werden Mitschüler zu sogenannten Paten und kümmern sich um die leistungsschwächeren Kinder, damit diese dem Unterricht so gut es geht folgen können (vgl. ebd., S. 47). Abschlie- ßend ist im Erfahrungsfeld ‚Medien‘ für die Klassenstufe neun und zehn eine Auflistung von Zielen zu finden. In diesen Zielen befindet sich ein Stichpunkt, in welchem konkretisiert wird, dass die Bereitschaft zu „interkulturellem Lernen“ über das Internet erfolgen muss (vgl. ebd., S. 260). Auf Grund der hohen Migrationsdichte an deutschen Schulen, auch in Rheinland–Pfalz gab es 2016/2017 etwas mehr als 5000 Kinder, die von der Grundschule auf weiterführende Schule geschickt wurden, sind diese Verweise auf „interkulturelles Lernen“ notwendig (vgl. statistisches Landesamt Rheinland – Pfalz 2018, S. 121). Dennoch ist der vorliegende Lehrplan seit 20 Jahren nicht verändert worden. In dieser Zeit hat sich in Deutschland viel getan, vor allem im Hinblick auf Migration und Interkulturalität, so dass es an der Zeit wäre, diesen Lehr- plan umzuschreiben und gegeben falls, mit Sicht auf „interkulturelles Lernen“, zu erweitern.

Die Kultusministerkonferenz, kurz: KMK, stellte in ihrem Beschluss am 4.12.2003, Bildungs- standards im Fach Deutsch für den mittleren Schulabschluss auf. Die KMK nimmt es sich zur Aufgabe „die Qualität schulischer Bildung, die Vergleichbarkeit schulischer Abschlüsse sowie die Durchlässigkeit des Bildungssystems zu sichern“ (KMK 2004, S. 3). Die Bildungsstandards sind dafür ein wesentlicher Bestandteil, um diese Vorgaben umsetzen zu können. Sie bestim- men Kompetenzen und Lernziele, welche die Schüler und Schülerinnen in der jeweiligen Klas- senstufe erwerben sollen. Des Weiteren zielen die Standards auf die Entwicklung der Persön- lichkeit und Weltorientierung, welche sich aus Begegnungen mit unserer Kultur ergeben soll, ab. Es sind fachspezifische aber auch fächerübergreifende Basisqualifikationen, die den Schü- lern in ihrer schulischen sowie beruflichen Ausbildung helfen sollen. Die KMK hat die Bil- dungsstandards für die Hauptfächer Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache, entweder Englisch oder Französisch, erarbeitet (vgl. ebd., S. 3). Der Begriff ‚Interkulturelles Lernen‘ findet, im Gegensatz zum Rheinland – pfälzischen Lehrplan, in den soeben genannten Bil- dungsstandards weniger Beachtung. Es wird erläutert, dass Schülerinnen und Schüler mit di- versen Spracherfahrungen wichtige Beiträge zu Sprachfragen einbringen. Diese Mehrsprachig- keit im Unterricht, führt unter anderem zu einer vertiefenden Sprachkompetenz und Sprachbe- wusstsein und unterstützt somit interkulturelles Lernen (vgl. ebd., S.9). Selbstverständlich be- schränkt sich „interkulturelles Lernen“ längst nicht nur auf die Sprache oder Mehrsprachigkeit, jedoch gibt es in den Bildungsstandards keine weiteren und spezifischeren Einträge zum „in- terkulturellen Lernen“. Ebenso wird in den Bildungsstandards festgehalten, dass allen voran die Schüler und Schülerinnen mit einem Migrationshintergrund, dadurch Unterstützung erfahren, dass es ein breit angelegtes sprachliches Lernen in der Schule gibt. Desweitern empfehlen die Bildungsstandards, diese Ausbildung der sprachlichen Fähigkeiten nicht nur im Deutschunter- richt zu fördern, sondern auch in den restlichen Schulfächern bewusst zu stärken und damit auch weiterzuentwickeln (vgl. ebd., S. 9)

Neben den Bildungsstandards der KMK, gibt es auch die Kompetenzstandards für das Fach Deutsch. Die Kompetenzstandards setzten sich aus den vier folgenden Kompetenzbereichen zusammen: ‚Sprechen und Zuhören‘, ‚Lesen – mit Texten und Medien umgehen‘, ‚Schreiben‘ und ‚Sprache und Sprachgebrauch‘. Der Bereich ‚Sprache und Sprachgebrauch‘ steht mit jedem der drei restlichen Bereiche in Verbindung (vgl. Bildungsstandards Realschule – Deutsch, S

1). Verdeutlicht wird diese Aufteilung der Kompetenzen in der nachfolgenden Abbildung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Kompetenzbereiche des Faches Deutsch (RS) (Quelle: Unterrichtsdiagnostik)

Allerdings wird nur im Kompetenzbereich ‚Sprache und Sprachgebrauch untersuchen‘, ein Punkt angesprochen, welcher mit „interkulturellem Lernen“ in Verbindung gesetzt werden kann. In diesem Stichpunkt, welcher in dem Unterpunkt ‚Äußerungen/Texte in Verwendungs- zusammenhängen reflektieren und bewusst gestalten‘ zu finden ist, heißt es, dass die Mehrspra- chigkeit von Schülern und Schülerinnen mit einer anderen Muttersprache zur Entwicklung der Sprachbewusstheit und zum Sprachvergleich genutzt werden kann (vgl. ebd., S. 8). Es ist daher eine Parallele der Kompetenzbereiche zu den Bildungsstandards festzustellen, da diese im Be- zug zum „interkulturellen Lernen“ auch nur auf die Sprache eingehen.

2.3.2. Beispiele für „Interkulturelles Lernen“ im Unterrichtsfach Deutsch

Es gibt mehrere Möglichkeiten diese Ziele mit Hilfe des Schulunterrichts zu erreichen. Im Fol- genden werden drei mögliche Vorgehensweisen vorgestellt, welche alle im Deutschunterricht umsetzbar sind. Zum einen gibt es die Methode, dass die Schüler verschiedenste Kulturen, mit- tels einer Umfrage, auf dem Schulhof kennenlernen. In Partnerarbeit laufen sie über den Pau- senhof und sprechen ausländisch aussehende Schüler an, ob diese bereit wären an ihrer Um- frage teilzunehmen. Ausgestattet mit einem bereits vorher erstellten Fragebogen, arbeiten sie mit dem Migrantenkind die Fragen ab. Denkbare Fragen wären zum Beispiel:

- In welchem Land bist du geboren?
- Hast du dich schon einmal fremd gefühlt?
- Wurdest du schon einmal wegen deines Aussehens geärgert?
- Welche Sprache/n spricht du täglich?

Anschließend tragen alle Schüler der Klasse ihre Ergebnisse zusammen und werten die Frage- bögen aus. Anhand der ermittelten Antworten wissen die Schüler, welche verschiedenen Kul- turen auf ihrem Schulhof und dem damit täglichen Schulalltag aufeinandertreffen. Gegenfalls kann die Klasse anschließend nach Lösungen suchen, falls sich einige interviewte Schüler, auf Grund ihrer Herkunft diskriminiert fühlen (vgl. ebd., S. 29 f.)

Eine weitere Methode, den Schülern andere Kulturen näher zu bringen, kann über Rollenspiele geschehen. Vier Schüler aus der Klasse bekommen eine Rollenkarte zugesteckt und bekommen kurz Zeit, um sich auf ihre Rolle vorzubereiten. Mögliche Rollenkarten könnten so aussehen:

- Interviewer
- Anna-Maria (Kolumbien)
- Hasan (Türkei)
- Patricia (Niederlande)

Auf den Rollenkarten der geflüchteten Personen, sind vor allem die Beweggründe der jeweili- gen Flucht aufgelistet. Der Interviewer oder die Interviewerin eröffnet anschließend die Talk- runde mit speziellen Fragen an die drei Talkrundengäste. Die restlichen Mitschüler schreiben auf, weshalb welche Person geflüchtet ist (vgl. ebd., S. 51). Dadurch soll den Schülern gezeigt werden, dass es verschiedene Gründe, manchmal freiwillig aber auch manchmal unfreiwillig, gibt sein ursprüngliches Heimatland zu verlassen. Diese Methode kann in mehreren Schulfä- chern angewendet werden. Deutsch, Geschichte und Geographie eignen sich wohl am besten dazu.

[...]

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Lehrwerke für den Deutschunterricht als Medien zur Darstellung und Thematisierung unterschiedlicher Sprachen und Kulturen
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Note
3,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
42
Katalognummer
V477961
ISBN (eBook)
9783668958227
ISBN (Buch)
9783668958234
Sprache
Deutsch
Schlagworte
lehrwerke, deutschunterricht, medien, darstellung, thematisierung, sprachen, kulturen
Arbeit zitieren
Maximilian Oehl (Autor:in), 2018, Lehrwerke für den Deutschunterricht als Medien zur Darstellung und Thematisierung unterschiedlicher Sprachen und Kulturen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/477961

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