Mit diesen hochemotionalen Sätzen schlug Roland Koch am 22.3.2002 mit der Faust auf den Tisch, und die Ministerpräsidenten der unionsregierten Länder verließen in heller Empörung über den vermeintlichen Rechtsbruch die Bundesratssitzung. Das Votum des Landes Brandenburgs war trotz unterschiedlicher Stimmabgabe durch Innenminister Schönbohm (CDU) und Ministerpräsident Stolpe (SPD) von Bundesratspräsident Wowereit (SPD) als einheitliche Stimmabgabe zugunsten des Zuwanderungsgesetzes gewertet worden. „Das hat Konsequenzen“, drohte Kanzlerkandidat Edmund Stoiber dem Bundesratspräsidenten und der gesamten SPD an, bevor er den Raum verließ. Und das hatte in der Tat Konsequenzen. Nachdem Bundespräsident Rau am 20. Juni das umstrittene Zuwanderungsgesetz unterzeichnete, klagten die unionsgeführten Länder Sachsen, Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Saarland und Thüringen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Zustandekommen des Gesetzes. Eine Entscheidung des Gerichts steht bislang noch aus. Die Bundesregierung spricht von einer Totalblockade der Union im Bundesrat. Sie spricht von einem parteipolitischen Mißbrauch des Bundesrates. Der Ruf der Bundesregierung nach einer Verringerung der zustimmungspflichtigen Gesetze ist aus ihrer Sicht durchaus verständlich: Als ob es nicht schwer genug wäre, die mühsam in der Regierungskoalition ausgehandelten Kompromisse im Bundestag zu verabschieden, wird es im Bundesrat regelmäßig durch eine Totalblockade der Opposition torpediert. Bei einem Nein des Bundesrates wäre die Gesetzesvorlage des Zuwanderungsgesetzes an den Vermittlungsausschuss weitergegangen und wäre - wenn überhaupt - stark verändert und ihres eigentlichen Sinnes beraubt, schließlich vom oppositionsdominierten Bundesrat abgesegnet worden. Wie soll man bei so einer Blockadehaltung jemals ein großes Reformpaket auf den Weg bringen ? [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Teil I: Das Zuwanderungsgesetz
- I. Die politische Ebene
- 1. Hintergründe zu der Abstimmung
- 2. Die Abstimmungstabelle über das Zuwanderungsgesetz
- 3. Theaterbühne Bundesrat
- II. Die rechtliche Ebene
- 1. Die Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten
- 2. Was steht im Grundgesetz
- 3. Die zwei möglichen Urteile
- Teil II: Der Bundesrat als Blockadeinstrument
- 1. Die Vorläufer des Bundesrates
- 2. Die Entstehung des Bundesrates
- 3. Der parteipolitische Missbrauch des Bundesrates
- 1. Die Funktion des Bundesrates
- 2. Die rechtliche Ebene
- 3. Die politische Ebene
- II.4. Lösungsmöglichkeiten
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert das Zustandekommen des Zuwanderungsgesetzes im Jahr 2002 und untersucht die Rolle des Bundesrates in diesem Prozess. Im Fokus steht die Frage, ob der Bundesrat durch die Union parteipolitisch missbraucht wird und ob eine Machtbeschneidung des Bundesrates erforderlich ist.
- Das Zuwanderungsgesetz 2002 und seine Verfassungsrechtlichkeit
- Die Rolle des Bundesrates bei der Gesetzgebung
- Die politische Ebene des Bundesrates und die Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz
- Die rechtliche Ebene des Bundesrates und die Frage des Verfassungsbruchs
- Die historische Entwicklung des Bundesrates und seine Funktion im politischen System der BRD
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Kontext des Zuwanderungsgesetzes 2002 dar und beschreibt den Konflikt zwischen der Bundesregierung und den unionsgeführten Ländern im Bundesrat. Der erste Teil der Arbeit fokussiert auf das Zustandekommen des Zuwanderungsgesetzes. Er analysiert die politische und rechtliche Ebene der Abstimmung im Bundesrat und diskutiert die Frage, ob es zu einem Verfassungsbruch kam. Im zweiten Teil wird die Rolle des Bundesrates als Blockadeinstrument untersucht. Die Entstehung des Bundesrates und seine Entwicklung im politischen System der BRD werden beleuchtet. Zudem wird die Frage des parteipolitischen Missbrauchs des Bundesrates diskutiert.
Schlüsselwörter
Zuwanderungsgesetz, Bundesrat, Verfassungsrecht, politische Ebene, rechtliche Ebene, Blockadeinstrument, parteipolitischer Missbrauch, Machtbeschneidung, Bundestagswahlkampf, Totalblockade, Richtlinienkompetenz, Grundgesetz.
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- Roland Bernecker (Autor), 2002, Der Bundesrat, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47971