Die Ständegesellschaft des Mittelalters und der Frühen Neuzeit war durch eine Hierarchie zahlreicher mehr oder weniger strikt voneinander getrennter Schichten gekennzeichnet. Dieser Gesellschaftsaufbau brachte eine Vielzahl von Ab- und Ausgrenzungen mit sich, von denen u.a. die Gruppe der so genannten „Unehrlichen“ 1 und mit ihr der „Unehrlichste unter den unehrlichen Leuten“ 2 - der Henker oder auch Scharfrichter - betroffen war.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, was den Henker in der frühneuzeitlichen Stadt zum Außenseiter machte. Unter diesem Leitaspekt werden die Fragen zu beantworten sein, warum er als Paradebeispiel des „Unehrlichen“ angesehen wurde und welche rechtlichen und sozialen Auswirkungen sein „unehrliches“ Dasein hatten.
Der Aufbau der Arbeit ist ein induktiver. Von der Vorgehensweise vom Allgemeinen zum Besonderen verspreche ich mir die Möglichkeit, strukturell und inhaltlich nachvollziehbar auf die Ursprünge und Ursachen der „Unehrlichkeit“ des Henkers und seine Stellung als Prototyp des „Unehrlichen“ hinzuarbeiten. Ich werde mich also zuerst mit dem Aspekt der frühneuzeitlichen „Unehrlichkeit“ im Generellen beschäftigen (Kapitel 2.1), bei dem es mir insbesondere um die für das Verständnis des gesamten Themas wichtige Unterscheidung von „Unehre“ und „Unehrlichkeit“ geht. Nach der Definition des von dem Problem betroffenen Personenkreises wende ich mich dann im Speziellen dem Henker zu (Kapitel 2.2). Die Entstehung seines Berufes sowie seine Tätigkeiten werden erläutert und nach Darstellung der sozialen und rechtlichen Auswirkungen, mit denen er wegen seines Berufes leben musste, versuche ich, den Ursachen auf den Grund zu gehen, die den Henker in der Frühen Neuzeit zum Prototyp des „Unehrlichen“ machten. Zu diesem Zweck nutze ich die zahlreich vorliegende Forschungsliteratur, 3 die sich in ihren Aussagen vielfach uneinheitlich präsentiert. Ich werde die verschiedenen Forschungsmeinungen darstellen und gegeneinander abwiegen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Die frühneuzeitliche Unehrlichkeit:
- Ehre, Unehre und Unehrlichkeit: Definitionen und Abgrenzung
- Unehrliche Personen
- Der Henker als Prototyp des „Unehrlichen“:
- Die Entstehung des Henkerberufes
- Die Tätigkeit des Henkers
- Seine Aufgaben und Nebenverdienstmöglichkeiten
- Das Paradoxon seiner „Doppelrolle“
- Soziale und rechtliche Auswirkungen der „,,unehrlichen“ Tätigkeit des Henkers
- Ursprung und Ursachen seiner „Unehrlichkeit“
- Die frühneuzeitliche Unehrlichkeit:
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Außenseiterrolle des Henkers in der frühneuzeitlichen Stadt. Sie analysiert, warum der Henker als Paradebeispiel des „Unehrlichen“ angesehen wurde und welche rechtlichen und sozialen Auswirkungen sein „unehrliches“ Dasein hatte.
- Definition von „Unehrlichkeit“ in der frühen Neuzeit und Abgrenzung von „Unehre“
- Analyse der Entstehung und Tätigkeiten des Henkerberufs
- Untersuchung der sozialen und rechtlichen Auswirkungen der Henkerrolle
- Identifizierung der Ursachen für die „Unehrlichkeit“ des Henkers
- Einordnung des Henkers als Prototyp des „Unehrlichen“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung des Henkers als Prototyp des „Unehrlichen“ in der Ständegesellschaft des Mittelalters und der Frühen Neuzeit und stellt die Forschungsfrage nach den Ursachen seiner Außenseiterrolle.
Das erste Kapitel „Die frühneuzeitliche Unehrlichkeit“ untersucht die Bedeutung der Begriffe „Ehre“, „Unehre“ und „Unehrlichkeit“ im frühneuzeitlichen Gesellschaftskonzept. Es werden verschiedene Ansätze zur Definition und Abgrenzung dieser Begriffe diskutiert und die Bedeutung von Ehre für die soziale Integration und Ausgrenzung von Individuen und Gruppen beleuchtet.
Das zweite Kapitel „Der Henker als Prototyp des „Unehrlichen““ befasst sich mit der Entstehung des Henkerberufs, seinen Aufgaben und Nebenverdienstmöglichkeiten sowie dem Paradoxon seiner „Doppelrolle“. Die sozialen und rechtlichen Auswirkungen der „unehrlichen“ Tätigkeit des Henkers werden analysiert und die Ursachen für seine Einstufung als „Unehrlicher“ untersucht.
- Quote paper
- Stefanie Mensing (Author), 2005, Der Henker in der frühneuzeitlichen Stadt. Darstellung seiner Außenseiterrolle als Prototyp des "Unehrlichen", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48027