Wolfgang Koeppens Roman "Tauben im Gras" (1951) ist eine schonungslose und zutiefst pessimistische Momentaufnahme der jungen Bundesrepublik Deutschland und zeigt eine Gesellschaft zwischen Zusammenbruch, Neuanfang und Restauration. Eine Verdichtung des Zeitgeschehens gelingt durch geschickte Montage von Figuren und Schicksalen verschiedener Milieus im Verlauf eines einzigen Tages. Tief geprägt von der unmittelbaren, noch unbewältigten Vergangenheit sowie der als leidvoll empfundenen Gegenwart, fühlen sich die Figuren als Opfer ihrer Zeit, die sie als labilen Schwebezustand empfinden.
Die vorliegende Arbeit stellt die vielfältigen Schwierigkeiten bei der Bewältigung der destabilisierten Gegenwart heraus, wie sie an den Figuren und ihren Beziehungen untereinander sichtbar werden – in der geistigen und psychischen Bewältigung des Daseins ebenso wie im zwischenmenschlichen Verhalten –, und verfolgt das Scheitern der versuchten Lösungsansätze.
Nach einer Einführung, in der der Roman in das Koeppen'sche Gesamtwerk eingeordnet (2.1), sowie ein Abriss des historischen Hintergrunds, der für den Roman maßgeblich ist, dargelegt wird (2.2), folgt ein Überblick über zentrale Stilmittel und Elemente der Erzählstruktur (3.). Der Hauptteil (4.) analysiert und interpretiert den oben genannten Themenbereich hinsichtlich folgender Aspekte: Während der erste Teil das den Roman dominierende Grundgefühl der Angst (4.1), mit den Elementen der allgemeinen Bedrohung durch Krieg, der individuell verschiedenen Ängste sowie der zwischenmenschlichen Folgen der Angst, darstellt, befasst sich der zweite Teil mit den sozialen Defiziten (4.2), wie sie sich innerhalb der Paar- und Familienbeziehungen, aber auch unter dem Aspekt der Kommunikation manifestieren. Der dritte Teil (4.3) zeigt die Suche nach Orientierung in Bezug auf Werte, Normen und Sinngebung und charakterisiert diesbezüglich verschiedene Weltbilder. Überdies untersucht das Kapitel die Verfolgung persönlichen Lebensglücks und das Element der Psychotherapie als professionelle Hilfe bei der Bewältigung von Vergangenheit und Gegenwart. Das Scheitern aller genannten Aspekte verweist auf den vierten Teil (4.4), der sich mit den Folgen des Scheiterns für die Lebenseinstellung und das Geschichtsverständnis nicht nur der Figuren befasst. Hier, wie auch im abschließenden Kapitel (5.), weitet sich die Perspektive auf Wolfgang Koeppen selbst.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einführung
- ,„Tauben im Gras“ im Rahmen des Gesamtwerks
- Der historische Hintergrund – ein Abriss
- Stilmittel und Erzählstruktur im Überblick
- Schwierigkeiten bei der Bewältigung einer destabilisierten Gegenwart
- Angst
- Kriegsangst und die Rolle der 'Seher'
- Individuelle Ängste
- Vereinzelung und soziale Angst
- Soziale Defizite
- Paarbeziehungen
- Philipp und Emilia
- Christopher und Henriette Gallagher
- Washington Price und Carla
- Herr Behrend und Vlasta
- Odysseus Cotton und Susanne
- Familienbeziehungen
- Kontinuität
- Carla und Heinz
- Ezra Gallagher
- Hillegonda
- Kommunikation
- Paarbeziehungen
- Mühsame Suche nach Orientierung und Lebensglück
- Weltbilder
- Amerikanische Weltbilder
- Christlich-humanistisches Weltbild
- Die Bedeutung von Kunst und Literatur
- Wissenschaftliches Weltbild
- Religion
- Kontinuität - Unverändertes Weltbild
- Persönliches Glück
- Carla
- Tochter der Hausbesorgerin
- Fräulein
- Emilia
- Susanne
- Henriette Gallagher
- Messalina und Alexander
- Psychoanalyse und Psychotherapie
- Weltbilder
- Kontingenz und Sinnlosigkeit
- Titel „Tauben im Gras“
- Geschichtsverständnis
- Angst
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Roman „Tauben im Gras“ von Wolfgang Koeppen und analysiert die Schwierigkeiten der Figuren, sich in der destabilisierten Gegenwart zurechtzufinden. Sie beleuchtet die Auswirkungen der jüngsten Vergangenheit, insbesondere des Nationalsozialismus und des Krieges, auf die Lebenswelt der Menschen in der jungen Bundesrepublik.
- Die Bedeutung der Angst als prägendes Element im Roman
- Soziale Defizite und ihre Auswirkungen auf Beziehungen
- Die Suche nach Orientierung und Sinn in einer destabilisierten Welt
- Die Rolle von Weltbildern und ihre Auswirkungen auf das Individuum
- Kontingenz und Sinnlosigkeit als zentrale Themen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Romans „Tauben im Gras“ ein und beleuchtet dessen Bedeutung im Kontext des Gesamtwerks von Wolfgang Koeppen. Die Einführung bietet einen Abriss des historischen Hintergrunds, der für den Roman maßgeblich ist.
Das Kapitel über Stilmittel und Erzählstruktur gibt einen Überblick über die zentralen Elemente der Erzählweise, die Koeppen in „Tauben im Gras“ verwendet.
Der Hauptteil der Arbeit analysiert die Schwierigkeiten bei der Bewältigung der destabilisierten Gegenwart. Der erste Teil widmet sich der Angst, die sich in unterschiedlichen Ausprägungen zeigt: Kriegsangst, individuelle Ängste und soziale Angst. Der zweite Teil beleuchtet die sozialen Defizite, die sich in den Beziehungen der Figuren, sowohl in Paarbeziehungen als auch in Familienbeziehungen, manifestieren. Der dritte Teil untersucht die Suche nach Orientierung und Lebensglück in der destabilisierten Welt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen des Romans „Tauben im Gras“ von Wolfgang Koeppen, die im Kontext der jungen Bundesrepublik Deutschland zu sehen sind. Diese Themen sind: Destabilisierte Gegenwart, Angst, Soziale Defizite, Orientierungslosigkeit, Kontingenz und Sinnlosigkeit.
- Arbeit zitieren
- Claudia Kollschen (Autor:in), 2004, Analyse und Interpretation von Wolfgang Koeppens "Tauben im Gras" (1951), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48231