politische Kommunikation im Internet


Hausarbeit, 2005

18 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. ÜBERBLICK

2. DESKRIPTIVE DARSTELLUNG
2.1. Bürger
2.2. Bürgerbewegungen
2.3. Parteien, Politiker und Regierungen
2.4. Blogs und Journalisten
2.5. Verwaltung und eGovernement

3. WIRKUNGEN POLITISCHER KOMMUNIKATION IM INTERNET
3.1. Digital Devide
3.2. Mobilisierung durch das Internet

4. FAZIT UND POLEMIK

LITERATURLISTE

1. Überblick

In den letzten 10 Jahren hat sich in den westlichen Demokratien, neben den etablierten Kommunikationskanälen, das neue mächtige Instrument „Internet“ etabliert, welches auf Grund seiner strukturellen Vielschichtigkeit den Prozess der politischen Kommunikation in diesen Ländern auf so vielfältige Weise neu gestaltet und ergänzt, dass sich sowohl die politischen als auch die Medienwissenschaften herausgefordert fühlen dürfen. Aus Sicht der politischen Akteure, repräsentieren diese 10 Jahre lediglich 2 oder 3 Legislaturperioden mit den entsprechend vorgeschalteten Wahlkampfphasen. Entsprechend wenige Gelegenheiten hatten Empiriker bisher diese Zeiten des verstärkten Einsatzes medialer Mittel genauer zu analysieren und an Hand der existierenden Längsschnittuntersuchungen den spezifischen Einfluss des Internets offen zu legen.

Bevor eine genauere Auseinandersetzung mit diesen Wirkungen erfolgt, soll eine Bestandsaufnahme der genutzten und ungenutzten Optionen des Interneteinsatzes im politischen Feld den Einstieg bilden. Dieser deskriptive Teil orientiert sich an den Stakeholdern des politischen Prozesses, weil sich die einzelnen Nutzungsmotive so am besten differenzieren lassen.

Die Vorstellung zweier gegenläufiger Hypothesen zur gesellschaftlichen Wirkung der Internetnutzung soll die politische Relevanz der kommunikativen Frage unterstreichen und die Formulierung einer Hypothese zur Bedeutungsverschiebung innerhalb des politischen Medienmixes sowie dessen gesellschaftlicher Konsequenz erlauben.

2. Deskriptive Darstellung

2.1. Bürger

Dass man bei der Bewertung des Internets von einem etablierten Medium ausgehen muss, unterstreichen die Nutzerzahlen. Seit dem Jahr 2003 nutzen mehr als die Hälfte der Bürger der Bundesrepublik eine Möglichkeit, „online“ zu gehen. Der (N)Onliner Atlas weißt für das Jahr 2005 55% Onliner aus, hinzu kommen mit 6% der Bevölkerung solche Personen, die sich mit dem Gedanken tragen, innerhalb der nächsten 12 Monate in die Nutzung einzusteigen1 . Dass die Zuwächse zuletzt geringer ausfielen als in den vergangenen Jahren, kann als Indiz für das Erreichen einer Sättigungsgrenze aufgefasst werden2 . Neben der Zahl der Nutzer, steigt auch die Nutzungsdauer des Einzelnen. Etwa die Hälfte der Nutzer geht aus beruflichen und privaten Gründen jeden oder fast jeden Tag online3 . Der Anstieg dieser Nutzungsdauer geht gerade bei Jüngeren zu Lasten der Fernsehnutzung4 . Dass das Internet seiner Rolle als Informationsmedium gerecht wird, beweist der Anteil von 91% der Nutzer, die angeben, online Informationssuche zu betreiben5 . Hier muss jedoch berücksichtigt werden, dass wahrscheinlich mehr als bei Zeitung und Fernsehen die Suche nach Informationen zu Dienstleitungen und Waren als die nach explizit politischen Informationen im Vordergrund steht.

2.2. Bürgerbewegungen

Da es der Einzelne oft schwer hat, mit seinem Anliegen auf der größeren politischen Bühne Gehör zu finden, existieren in einer lebendigen Demokratie Zusammenschlüsse von Bürgern mit gleichem Anliegen. Im Gegensatz zu Parteien handelt es sich dabei häufig um eine temporäre Zusammenarbeit, die auf ein spezifisches Sachthema fokussiert ist. Diese Charakterisierung macht bereits deutlich, dass hier keine feste Organisation vorhanden ist, die Zeit hatte sich über viele Jahre zu entwickeln und zu bewähren. Vielmehr ist man auf spontane Aktionsformen angewiesen, um zu informieren und zu mobilisieren. In der Vergangenheit waren Bürgerbewegungen deshalb schon wegen der leichteren Organisation eher lokal aufgestellt. Man traf sich regelmäßig und versuchte, durch Protest- und Informationsveranstaltungen - etwa in der örtlichen Fußgängerzone - auf sein Anliegen aufmerksam zu machen. Mit Flugblättern und Infotelefonen waren die Möglichkeiten der medialen Außendarstellung bereits ausgeschöpft.

Mit den Mitteln des Internets ergeben sich in diesem Punkt weitreichende Veränderungen. Organisation, Rekrutierung, Information und Aktion lassen sich online abwickeln und ermöglichen so die Überwindung der Grenzen die bisher von verfügbaren Ressourcen wie Zeit und Geld sowie der räumlichen Limitierung gesetzt wurden. Informationen lassen sich im Internet nicht nur in beliebiger Detailtiefe rund um die Uhr für alle Interessierten zugänglich machen sondern dienen auch der eigenen Information und damit der Entwicklung einer eigenen fundierten Position. In Bezug auf den Hochschulstreik 1998 stellt Christoph Bieber fest: „Die Mittel zur Erlangung von Medienpräsenz befanden sich somit unter Umgehung der klassischen Gatekeeper in der Hand der studentischen Träger des Protests.“6 Auch eine überregionale Vernetzung mit Gleichgesinnten gestaltet sich weitgehend problemlos und erlaubt es, sich Problemen anzunehmen, die keine direkten lokalen Bezug aufweisen (Softwarepatente, genetisch manipulierte Lebensmittel usw.) Kontaktaufnahmen können unverbindlich und anonym erfolgen und senken so die Einstiegsschwelle bei einem Erstkontakt mit Interessierten. Aus gesellschaftspolitischer Sicht stellt die Möglichkeit, den eigenen Standpunkt ungehindert und in nahezu beliebigem Umfang der Öffentlichkeit darzulegen, sicher den größten Fortschritt dar. Dies dient dem politischen Diskurs und kann im Idealfall für wesentlich mehr Transparenz auf allen Ebenen sorgen. Ein Beispiel hierfür ist die Kampagne der Organisation campact gegen die

Einführung von Softwarepatenten7 . Neben umfangreichen Informationen und einer Darstellung der eigenen Position findet sich im Internet Angebot der Kampagne auch die Aktion „Parla-Watch“, welche die Position jedes deutschen Abgeordneten im europäischen Parlament auf einer Skala „dafür -unentschieden - dagegen“ farblich einordnet. Dieser Beitrag zur politischen Aufklärung wird gleichzeitig kombiniert mit einer Möglichkeit zur direkten Teilnahme am politischen Diskurs. Mittels einer automatisierten Funktion, lässt sich allen Abgeordneten, die sich nicht eindeutig gegen Softwarepatente positioniert haben, eine Mail mit eigenem oder vorformuliertem Text schicken. Ähnlich kreativ mit den neu hinzugewonnen Möglichkeiten spielt die „Online-Demo“ derselben Kampagne8 . Hier kann jeder Unterstützer sein Foto auf die Seite laden, woraus sich ein großes Mosaik formt, das die virtuellen Demonstration repräsentiert.

2.3. Parteien, Politiker und Regierungen

Die politischen Akteure sind auf Kommunikation und damit auf die Medien angewiesen, um nicht nur ihre Repräsentationsfunktion, sondern durch so entstehende Bürgernähe und gefühlte Demokratie die Volkssouveränität glaubhaft zu verwirklichen9 . In dieser oft medialen Kommunikation zwischen Politik und Bürger ist das Internet zu einem integralen Bestandteil geworden. Nicht nur, weil die Bürger schneller, direkter und umfassender erreicht werden können, die durch traditionelle Medien nicht mehr oder nicht ausreichend zu erreichen sind, sondern weil im Dreieck Politik-Wähler-Medien, wie bereits erwähnt, der Gatekeeper „Journalist“ wegfällt und so die politischen Akteure die Chance haben, ihre Botschaften ungefiltert zu publizieren10 .

Dass die deutsche Politik das Potential des Internets für sich entdeckt hat, zeigt sich in der Aktivität aller bundesweiten Parteien inklusive diverser Teil-, Unter-und Nebenorganisationen und auch diverser Bundestagsabgeordneter im Netz. Die großen politischen Akteure haben das Netz längst als Medium der politischen Werbung entdeckt und sind mit verschiedenartigen Informationen präsent. Allerdings auch nicht mehr als das, weil sich inhaltlich vor allem Informationen zum Programm, der Struktur und zur Untermauerung der politischen Richtung finden, kaum jedoch die viel zitierte Interaktivität des Netzes eine Rolle spielt11 . Es zeigt sich eine klar verteilte Sender- und Empfängerrolle, in der das Netz hauptsächlich einer permanenten Wahlveranstaltung zur Wähler- und Mitgliederwerbung gleicht. Denn im deutschen Internet-Wahlkampf 2002 fand nach wie vor nur eine einseitige politische Online-Kommunikation mit dem Bürger statt, in der eine netzbasierte politische Interaktion nur ansatzweise erkennbar war. Die Potentiale einer möglichen Online-Beziehung zu Bürgern, Wählern und möglichen Unterstützern wurden keinesfalls ausgeschöpft und so eine wertvolle Möglichkeit zur Kontaktaufnahme und Beziehungspflege zu Zielgruppen verstreichen gelassen. Trotzdem verkleinert das Internet den Abstand zwischen Politikern und Bürgern und beeinflusst so den politischen Prozess, so wie die Art und Weise, wie Politik gemacht wird12 . Gerade jetzt in diesen politischen hektischen Zeiten seit der Ausrufung der Neuwahl und dem dadurch überraschenden und kurzen Wahlkampf, können die Vorzüge des Internet und der schnellen Reaktion die es ermöglicht, erstmals in Deutschland richtig genutzt werden und die deutschen Wahlkampfmanager können in die Fußstapfen des britischen Wahlkampfes vom April/Mai 2005 treten, der durch die kurz gehaltene, knapp 4-wöchige Wahlkampfperiode als „der modernste Walkampf, den Europa je gesehen hat“ bezeichnet wurde13 . Denn mit Hilfe des Internet lässt sich die Nachfrage nach Informationen leichter ermitteln und das Angebot kann so schneller angepasst werden. Bei dem derzeitig zu beobachteten abnehmenden politischen Interesse und der Parteienbindung entwickelt sich das Netz nach und nach zu einem unverzichtbaren Mittel zum Umwerben von Zielgruppen und zum Bewerben von Inhalten14 .

[...]


1 TNS Infratest, 2005

2 SPIEGEL, 2005

3 Statistisches Bundesamt, 2005: Seite 32

4 EIAA, 2005

5 Statistisches Bundesamt, 2005: Seite 35

6 Bieber 1999: Seite 181

7 STOPPT SOFTWAREPATENTE, 2005a

8 STOPPT SOFTWAREPATENTE, 2005b

9 Meckel, 2004, S. 40

10 Schemel, 2004, S. 24

11 Bieber, 1996, S. 152

12 Schemel, 2004, S. 23

13 Busse, 2005, S. 17

14 Schemel, 2004, S. 23

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
politische Kommunikation im Internet
Hochschule
Hochschule für Musik und Theater Hannover  (Institut für Journalimus- und Kommunikationsforschung Hannover)
Veranstaltung
Politische Kommunikation
Note
1.3
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V48262
ISBN (eBook)
9783638450195
Dateigröße
443 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In den letzten 10 Jahren hat sich in den westlichen Demokratien, neben den etablierten Kommunikationskanälen, das neue mächtige Instrument 'Internet' etabliert, welches auf Grund seiner strukturellen Vielschichtigkeit den Prozess der politischen Kommunikation in diesen Ländern auf so vielfältige Weise neu gestaltet und ergänzt, dass sich sowohl die politischen als auch die Medienwissenschaften herausgefordert fühlen dürfen.
Schlagworte
Kommunikation, Internet, Kommunikation
Arbeit zitieren
Nikolaus Pohle (Autor:in), 2005, politische Kommunikation im Internet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48262

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