Der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 ist ein Symbol für die historische Zäsur in den internationalen Beziehungen. Angestoßen durch die Reformansätze Michail Gorbatschows innerhalb des Sowjetsystems erreichte die friedliche Revolution über Polen, die Tschechoslowakei und Ungarn schließlich auch die DDR. Das bis dahin in den Bereich der Utopie Verdrängte schien mit einem Mal möglich zu sein: Ein Ende der deutschen Teilung. Heute ist bekannt, dass am 3. Oktober 1990 die Wiederherstellung der deutschen Einheit unter Wiedererlangung der vollen Souveränität Deutschlands über seine inneren und äußeren Angelegenheiten gefeiert werden konnte. Der Weg bis zu jenem historischen Tag war jedoch keineswegs logisch vorgegeben, sondern stellte die Regierenden aller Länder – insbesondere diejenigen der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs und der beiden deutschen Teilstaaten – vor große weltpolitische Herausforderungen.
Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa kam auch für das deutsch-französische Paar die Stunde der Wahrheit: Die Teilung Deutschlands war die entscheidende Voraussetzung für die Politik der Annäherung zwischen Frankreich und der Bundesrepublik gewesen. Durch die innerdeutschen Ereignisse der Jahre 1989/90 ging die Geschäftsgrundlage verloren, auf der sich die bilateralen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg so positiv hatten entwickeln können. Wie würde Frankreich und mit ihm der französische Staatspräsident, François Mitterrand, auf das überraschende Ende der alten Ordnung reagieren? Würde Mitterrand zu einer klassischen Balance-of-Power-Politik und somit in das Jahr 1913 zurückkehren oder würde er das wiedererstarkte Deutschland durch die Einbindung in ein sich enger zusammenschließendes Europa zu kontrollieren suchen? Würde er sich als wahrer Freund der Deutschen erweisen?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aufbau der Untersuchung, Quellen und Material
- François Mitterrand und die Deutschen bis 1989
- Das Deutschlandbild bis 1945
- Nachkriegszeit und Opposition
- Der Präsident und die Rückkehr der Deutschen Frage in den achtziger Jahren
- Der Weg zur deutschen Einheit: Eine Chronologie der Ereignisse
- Die Positionen der übrigen Siegermächte
- Fürsprecher der Einheit: Die USA
- Große Vorbehalte in London
- Moskau als Schlüssel zur Einheit
- François Mitterrand im Prozess der Wiedervereinigung Deutschlands
- Sommer - Dezember 1989: „Die Wiedervereinigung ist noch nicht aktuell.“
- Erste Strategieansätze und Bedingungen
- Reaktionen auf den Fall der Mauer
- Das ,,10-Punkte-Programm”
- Dezember 1989 – März 1990: „Das europäische Gleichgewicht hat Vorrang.“
- Auf der Suche nach Verbündeten
- Mitterrand in Kiew
- Neuauflage der, entente cordiale'?
- Der Straßburger EG-Gipfel
- Staatsbesuch in der DDR
- Der Bundeskanzler in Latche
- Der Disput um die Anerkennung der, Oder-Neiẞe-Grenze'
- Auf der Suche nach Verbündeten
- 18. März 1990 – 03. Oktober 1990: „Die Wiedervereinigung kommt schnell und Frankreich möchte mitgestalten.“
- Frankreichs Rolle im „2+4\"-Prozess
- Eine deutsch-französische Initiative für Europa
- Der Abzug französischer Truppen aus Deutschland
- Ein Appell an das französische Selbstvertrauen
- Sommer - Dezember 1989: „Die Wiedervereinigung ist noch nicht aktuell.“
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit widmet sich der Rolle François Mitterrands im Prozess der deutschen Wiedervereinigung. Sie analysiert Mitterrands politische Strategien, seine Motive und seine Beziehungen zu den anderen Akteuren im europäischen Kontext, während sich Deutschland in den Jahren 1989/1990 auf die Wiedervereinigung zubewegte. Die Arbeit beleuchtet die Herausforderungen, vor denen Mitterrand stand, und wie seine Entscheidungen die Entwicklung des europäischen Gleichgewichts beeinflussten.
- Mitterrands Deutschlandbild und seine politische Haltung im Kontext der deutschen Teilung
- Mitterrands Strategieansätze im Hinblick auf die Wiedervereinigung und die Rolle Frankreichs als europäische Führungsmacht
- Die Beziehung zwischen Mitterrand und Helmut Kohl während des Wiedervereinigungsprozesses
- Mitterrands Verhältnis zu den anderen Siegermächten des Zweiten Weltkriegs
- Die Auswirkungen der deutschen Wiedervereinigung auf die deutsch-französischen Beziehungen und auf die europäische Integration
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung legt den Fokus auf den historischen Kontext des Mauerfalls und die damit verbundenen Herausforderungen für die Regierenden in Europa. Sie stellt die Frage nach Mitterrands Reaktion auf das überraschende Ende der alten Ordnung und führt in die zentrale Forschungsfrage der Arbeit ein.
Kapitel 2 beleuchtet den Aufbau der Untersuchung, die verwendeten Quellen und Materialien sowie die Forschungsmethodik. Es beschreibt die Bedeutung der historischen Analyse und die Relevanz von primären Quellen wie Reden und Dokumenten, die den Kontext der Untersuchung einordnen und ein tieferes Verständnis der historischen Ereignisse ermöglichen.
Kapitel 3 befasst sich mit Mitterrands Deutschlandbild bis 1989 und zeichnet den Wandel seiner politischen Haltung gegenüber Deutschland nach. Es untersucht die historischen Wurzeln seiner Politik und analysiert die Entwicklung der deutsch-französischen Beziehungen bis in die 1980er Jahre.
Kapitel 4 verfolgt den Weg zur deutschen Einheit chronologisch und zeichnet die wichtigsten Ereignisse des Jahres 1989/1990 nach. Es beleuchtet den Einfluss der friedlichen Revolutionen in Osteuropa und die Reaktion der deutschen Bevölkerung auf die politische und wirtschaftliche Veränderung in der DDR. Die Kapitel behandelt die Reaktionen der verschiedenen Akteure auf die sich entwickelnde Situation und zeigt die komplizierte und dynamische Entwicklung des Wiedervereinigungsprozesses auf.
Kapitel 5 analysiert die Positionen der übrigen Siegermächte des Zweiten Weltkriegs in Bezug auf die deutsche Einheit. Es betrachtet die unterschiedlichen Perspektiven der USA, Großbritanniens und der Sowjetunion und beleuchtet die geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen, die ihre Entscheidungsprozesse beeinflussten.
Kapitel 6 beleuchtet Mitterrands Positionen und Strategien während des Wiedervereinigungsprozesses. Es analysiert die Entwicklung seiner politischen Linie im Verlauf der Ereignisse von 1989 bis 1990 und setzt Mitterrands Handlungsoptionen in den Kontext der internationalen Politik und des europäischen Gleichgewichts. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse seiner Beziehungen zu Helmut Kohl, den anderen Siegermächten und den anderen europäischen Partnern.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen der deutschen Wiedervereinigung, die deutsch-französischen Beziehungen, die europäische Integration, die Rolle Frankreichs in der internationalen Politik, die Politik von François Mitterrand, die Herausforderungen des europäischen Gleichgewichts und die Analyse von Reden und Dokumenten als primäre Quellen. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die politische Strategie von Mitterrand im Kontext der deutschen Wiedervereinigung.
- Arbeit zitieren
- Anna Léa Rosenberger (Autor:in), 2005, Francois Mitterrand im Prozess der Wiedervereinigung Deutschlands, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48265