1. Einleitung
1.1. Zum Thema
Das 18. Jh. wird häufig als das "pädagogische Jahrhundert" bezeichnet. Insbesondere die Aufklärung, die an die Allmacht der Bildung glaubte, brachte eine breite Diskussion über Bildung auf den Weg.
Diese Diskussion wurde in Deutschland durch die gesellschaftlichen Veränderungen im Zuge der französischen Revolution noch verstärkt. So führte Preußen unter dem Eindruck der Niederlagen gegen Napoleon 1806 mehrere Reformen durch, zu denen auch ein größeres Engagement auf dem Gebiet der Bildungspolitik gehörte. Die Tendenz zu Reformen in der Bildungspolitik lässt sich aber nicht nur in Preußen beobachten, sondern ist im beginnenden 19. Jh. ein gesamtdeutsches Phänomen.
Eine besondere Rolle in dieser Debatte um Bildung spielte die Frage nach der Erziehung und Ausbildung des weiblichen Geschlechts. Im Bereich der Knabenbildung kam es im Zuge der bildungspolitischen Neuerungen zu umfangreichen Reformen. So wurde das bereits vorhandene Schulsystem für die Knabenbildung durch Reglementierungen verbessert und erneuert. Besonders der Staat zeigte hier großes Interesse. Für das weibliche Geschlecht stellte sich die Ausgangssituation um einiges schwieriger dar. Ein Schulsystem, das sich mit dem der Knaben vergleichen ließ, gab es nicht. Zudem war Bildung in dieser Zeit auch noch sehr stark abhängig von den finanziellen Mitteln der Eltern. Dabei fiel die Entscheidung, wem man eine bessere Bildung ermöglicht, natürlich immer zugunsten der Jungen.
Alles in allem gesehen stand es um die Mädchenbildung im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jh. nicht gut. Von besonderer Wichtigkeit waren deshalb die neuen Ideen über die Bildung und Erziehung des weiblichen Geschlechts. Eine besondere Rolle dabei spielte die Geschlechteranthropologie der Aufklärung. In ihr wurde das Verhältnis von Mann und Frau für die bürgerliche Gesellschaft definiert. Sie übte damit einen großen Einfluss auf die Mädchenschulpolitik aus. In diesem Zusammenhang stellen sich einige Fragen: Welche Rolle sollten die Frauen in der bürgerlichen Gesellschaft überhaupt spielen? Wie war ihre Position gegenüber dem Mann? Und wie wirkte sich die Anthropologie letztlich im Alltag auf die Ausbildung der Mädchen aus? Auf diese Fragen soll im ersten Teil der Arbeit eine Antwort gefunden werden.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zum Thema
- Der Forschungsstand
- Die Quellen
- Geschlechteranthropologie und Bildungsvorstellungen
- Die Theoretiker der bürgerlichen Gesellschaft
- Rousseau
- Kant
- Fichte
- Die Bildungsbewegungen
- Die Philanthropen
- Der Neuhumanismus
- Pädagogen
- Fröbel
- Berta von Marenholtz- Bülow
- Zusammenfassung theoretischer Teil
- Die Stadt Saalfeld- ein Überblick
- Saalfeld und die Umwälzungen der Zeit
- Saalfeld und seine Mädchenbildung
- Gesellschaftliche Veränderungen und die Mädchenbildung
- Aufklärung und staatliche Bildungspolitik
- Wirtschaftliche Einflüsse und die Mädchenbildung
- Industriebildung und niederes Schulwesen
- Wirtschaftliche Einflüsse auf mittlere und höhere Töchterschulen
- Die Anforderungen der sich formierenden bürgerlichen Gesellschaft an die Mädchen
- Die Frau als Mutter
- Bürgerliche Geselligkeit
- Die Stellung der Frau im bürgerlichen Haushalt
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Mädchenbildung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie analysiert die theoretischen Grundlagen dieser Bildung sowie die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einflüsse auf die Entwicklung von Mädchenschulen und die Rolle der Frau in der sich formierenden bürgerlichen Gesellschaft.
- Die Bedeutung der Geschlechteranthropologie der Aufklärung für die Bildungsvorstellungen des 19. Jahrhunderts
- Die Rolle von Pädagogen wie Rousseau, Kant, Fichte und Fröbel für die Entwicklung der Mädchenbildung
- Die Auswirkungen der gesellschaftlichen Veränderungen und der sich entwickelnden Wirtschaftsstruktur auf das Mädchenschulwesen
- Die Anforderungen der bürgerlichen Gesellschaft an die Frau und ihre Rolle als Mutter und in der Gesellschaft
- Die Analyse der Bildungslandschaft in Saalfeld als Fallbeispiel für die Entwicklung der Mädchenbildung in dieser Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung führt in das Thema der Mädchenbildung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Sie beschreibt den historischen Kontext und die besondere Bedeutung der Frage nach der Bildung des weiblichen Geschlechts in dieser Zeit. Zudem werden die wichtigsten Quellen und den Forschungsstand zur Mädchenbildung beleuchtet.
- Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Geschlechteranthropologie der Aufklärung und ihren Auswirkungen auf die Bildungsvorstellungen. Es analysiert die Theorien von Rousseau, Kant und Fichte und zeigt deren Einfluss auf die Bildungsideen der Philanthropen und des Neuhumanismus auf.
- Im dritten Kapitel werden die Pädagogen Fröbel und Berta von Marenholtz- Bülow vorgestellt. Fröbels Verhältnis zur Mädchenbildung und die Rolle von Berta von Marenholtz- Bülow als Pionierin der Mädchenbildung werden untersucht.
- Das vierte Kapitel widmet sich der Stadt Saalfeld und beleuchtet die Bildungslandschaft der Stadt sowie die Auswirkungen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen auf die Entwicklung der Mädchenbildung.
- Das fünfte Kapitel analysiert die Anforderungen der bürgerlichen Gesellschaft an die Frau. Es untersucht die Rolle der Frau als Mutter, ihre Stellung in der bürgerlichen Geselligkeit und ihre Aufgaben im bürgerlichen Haushalt.
Schlüsselwörter
Mädchenbildung, Geschlechteranthropologie, Aufklärung, Bildungsvorstellungen, bürgerliche Gesellschaft, Philanthropismus, Neuhumanismus, Pädagogik, Fröbel, Berta von Marenholtz- Bülow, Saalfeld, wirtschaftliche Einflüsse, Frau, Mutter, bürgerliche Geselligkeit, Haushalt, Bildungslandschaft.
- Arbeit zitieren
- Reiner Heubach (Autor:in), 2000, Die Mädchenbildung in der ersten Hälfte des 19. Jh.: Theorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4827