Unter dem Begriff des 'öffentlichen Raums' hat man in der Regel Straßen, Plätze oder Parks vor Augen. Diese Räumlichkeiten sind Orte des Austausches, der zufälligen Begegnung, des Kennenlernens von Neuem und Andersartigem, hier spielt sich gesellschaftliches Leben ab - eben Orte, wo Menschen zusammenkommen und in Interaktion treten. Dieser öffentliche Raum hat im vergangenen Jahrhundert die Vorstellung von Stadt bzw. Urbanität geprägt. Gegenwärtig erlebt dieser öffentliche Raum einen tief greifenden Wandel, der sich vorläufig in zwei Aspekte gliedern lässt:
1. der öffentlicher Raum wird aufgelöst, zu Gunsten simulierter von einander getrennter öffentlicher Räume.
2. diese simulierten öffentlichen Raume werden dominiert durch neue Formen der Sicherheitsherstellung.
Die Veränderung des öffentlichen Raums bzw. seine Auflösung hin zu unterschiedlichen Simulationen von öffentlichen Räumen, bedeutet aber mehr als nur die Veränderung der äußeren Bedingungen von städtischem Leben. Sie markiert zugleich eine neue Technologie von Herrschaft und Verhaltenskontrolle. Es ist eine neue Form der Kontrolle entstanden, um sich Räume anzueignen und Sicherheit zu gewähren. So werden in der vorliegenden Arbeit diese Neudefinitionen der Räume aufgezeigt und anhand eines Fallbeispieles existente, unsichtbare und diskursive Ausgrenzungsmechanismen beschrieben. Konkret wird hier der Wandel der Hamburger Innenstadt durch die Passagesierung, mit einhergehender Privatisierung, benannt.
Im ersten Kapitel wird das theoretische Gerüst der Arbeit erläutert. Als theoretische Grundlage der Analyse wird das Konstrukt der Kontrollgesellschaft von Gilles Deleuze und die new penology von Jonathan Simon und Malcom M. Feeley in der Arbeit verwendet.
Der Begriff Kontrollgesellschaft ruft in erster Linie Orwell’sche Fantasien in Form eines diktatorischen Überwachungsstaates hervor, der mit der heutigen Realität nicht in Verbindung gebracht wird. Diese Orwellschen Fantasien spiegeln aber eine fiktionale Realität wider, die sich mittlerweile in immer mehr Archipelen unserer Gesellschaft wieder finden lässt. Galt es früher, die Gesellschaft zu disziplinieren (Disziplinargesellschaft), ist man, nach Foucault mittlerweile in einer Phase, in der Menschen nicht mehr 'erzogen' werden, sondern man ist dazu übergegangen, die Individuen in Form von Ausschluss (aus Räumen) zu kontrollieren (Kontrollgesellschaft).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Was ist Raum, oder wo leben wir eigentlich?
- Disziplinargesellschaft oder Kontrollgesellschaft
- Sicherheit kennt keine Grenzen
- Raum und Ort
- Sicherheit und gefährliche Orte
- Sicherheit durch Architektur
- Crime Prevention Through Environmental Design
- Ästhetisierung und Sauberkeit
- Nicht - Orte
- Fazit
- Shopping Mall - eine Form des öffentlichen Raumes?
- Die Shopping Mall
- Passagen
- Skywalks
- Fazit
- Konkretisierungen am Beispiel der geplanten Europapassage in HH und ihrer Zugangsmechanismen
- Wirtschaftliche Legitimation des Standortes
- Architektur
- Design und Raummobiliar
- Architektur der Europapassage
- Fazit
- Die Gestaltung der Sicherheit durch Licht
- Das gestalterische Mittel Licht in der Europapassage
- Fazit
- Kameraüberwachung
- Closed Circuit Television
- Kameraüberwachung in Shopping Malls
- Geplanter Einsatz von Kameraüberwachung in der Europapassage
- Fazit
- Sicherheitspersonal
- Sicherheitspersonal in einer Shopping Mall
- Geplanter Einsatz von Sicherheitspersonal in der Europapassage
- Fazit
- Die Europapassage als Archipel der Sicherheit in der Hamburger Innenstadt - eine Veränderung der Innenstadt?
- Die Theorie der Inseln, oder wie darf ich mich verhalten?
- Ausblick-Szenarien
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Veränderung des öffentlichen Raums im Kontext der Kontrollgesellschaft, wobei der Fokus auf die Transformation von städtischen Räumen durch die Privatisierung und Sicherheitsmechanismen liegt.
- Die Entwicklung vom öffentlichen zum simulierten öffentlichen Raum
- Die Rolle von Sicherheitsmechanismen in der Gestaltung von Räumen
- Die Analyse der Europapassage als Beispiel für eine 'Kontrollgesellschaft' im öffentlichen Raum
- Die Auswirkungen der Europapassage auf die Hamburger Innenstadt und die Verhaltenskontrolle von Individuen
- Die Frage nach der Veränderung der städtischen Ordnung durch die zunehmende Privatisierung und Kontrolle des öffentlichen Raumes
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die theoretischen Grundlagen der Arbeit, indem es die Konzepte der Kontrollgesellschaft und der Disziplinargesellschaft von Gilles Deleuze und Michel Foucault sowie die new penology von Jonathan Simon und Malcom M. Feeley einführt. Das zweite Kapitel befasst sich mit der Beschreibung von kontrollierten Orten, die die Grundlage für die Analyse der Europapassage im dritten Kapitel bilden. Das dritte Kapitel analysiert die Europapassage in Hamburg anhand von architektonischen Ausschlussmechanismen wie Licht und Gestaltung sowie Sicherheitsmaßnahmen wie Kameraüberwachung und Sicherheitspersonal. Das vierte Kapitel widmet sich den Auswirkungen der Europapassage auf die Hamburger Innenstadt und die Verhaltenskontrolle von Individuen.
Schlüsselwörter
Kontrollgesellschaft, Disziplinargesellschaft, öffentlicher Raum, Privatisierung, Sicherheit, Kameraüberwachung, Architektur, Stadtentwicklung, Europapassage, Hamburg, Verhaltenskontrolle
- Arbeit zitieren
- Bodil Pohl (Autor:in), 2005, Ausgrenzung und urbane Kontrolle am Beispiel der Europapassage in der Hansestadt Hamburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48397