In der vorliegenden Arbeit werde ich mich mit Konzeptio nen verschiedener Autoren der Erwachsenenbildung beschäftigen, deren Denken durch die theoretischen Überlegungen zur Lebenswelt beeinflusst sind.. Darüber hinaus werde ich im ersten Teil zur Lebenswelt als philosophischen Versuch Stellung nehmen. Dies aber nur als ergänzender Hinweis. Die gleiche Funktion erfüllen die psychologischen, bzw. soziologischen Überlegungen dazu. Im Hauptteil wird nach der Vorstellung andragogischer Theorien, ein Versuch der Kritik an denselben folgen. In einer Auswahl bestimmter Texte von Erwachsenenbildnern, die sich von einer lebensweltorientierten Erwachsenenbildung kritisch distanzieren, soll dies erfolgen. Dass der Lebensweltansatz in der Erwachsenenbildung seine Berechtigung hat, ist Ausgangspunkt dieser kritischen Auseinandersetzung. Zwei Thesen, die ohne eine weitere Untersuchung ihrer quantitativen Berechtigung aufgestellt werden können, verdeutlichen dies in aller Klarheit. 1. Jeder Lehrende würde von seiner Art des Lehrens behaupten, lebensweltorientiert zu sein.
2. Die Auswahl der Lernangebote durch die Teilnehmer ist von Anfang an lebensweltlichen Kriterien unterworfen.
In der Feststellung dieser grundlegenden Berechtigung der lebensweltlichen Orientierung der Erwachsenenbildung, sowohl auf Seiten der Lehrenden, als auch auf Seiten der Lernenden, grenzt sich die kritische Stellungnahme dieser Arbeit ein. Sie zielt nicht auf eine grundsätzliche Absprechung jeglicher Relevanz des Lebensweltbegriffes in der Erwachsenenbildung ab, sondern versucht vielmehr einzelne Aspekte der praxisorientierten Umsetzung herauszugreifen. Diese sollen in ihrer Problematik dargestellt werden. Es wird sich im Verlaufe dieser Auseinandersetzung zeigen, dass Freiheits- und Autonomitätsbestreben immer wieder auf Einschränkungen stößt. Bezogen auf die lebensweltorientierte Erwachsenenbildung sind diese festzumachen am System, das in vielen Bereichen der Bildung der Antagonist der Lebenswelt ist. Weiter wird deutlich werden, dass im Lebensweltansatz als Theorie, selbst ein Impuls liegt, System zu werden, bzw. sich systemischen Strukturen anzugeichen und somit, zumindest teilweise, in dasjenige umzuschlagen, was Anlass der Abgrenzung war.
Gliederung
I. Einleitung
II. Lebenswelt als Rückkehr zum Eigentlichen
III. Grundsatzproblematiken bezüglich eines Umgangs mit Lebenswelt
IV. Versuch des Nachweises der Berechtigung kritische Ansätze
IV.1. Transformatives Lernen
IV.1.1. Transformatives Lernen in seiner Ähnlichkeit und Abgrenzung zum reflexiven Lernen
IV.1.2. Kritik am transformativen Lernen
IV.1.2.1. Handlungsdruck
IV.1.2.2. Distanz und Anonymität
IV.2. Deutungslernen
IV.2.1. Kritik an Deutungslernen als Wissensvermittlung
IV.2.2. Kritik am Deutungslernen als Erfahrungsaustausch
IV.2.3. Kritik am Deutungslernen nach Schüßler
V. Schluss
I. Einleitung
In der vorliegenden Arbeit werde ich mich mit Konzeptionen verschiedener Autoren der Erwachsenenbildung beschäftigen, deren Denken durch die theoretischen Überlegungen zur Lebenswelt beeinflusst sind.. Darüber hinaus werde ich im ersten Teil zur Lebenswelt als philosophischen Versuch Stellung nehmen. Dies aber nur als ergänzender Hinweis. Die gleiche Funktion erfüllen die psychologischen, bzw. soziologischen Überlegungen dazu. Im Hauptteil wird nach der Vorstellung andragogischer Theorien, ein Versuch der Kritik an denselben folgen. In einer Auswahl bestimmter Texte von Erwachsenenbildnern, die sich von einer lebensweltorientierten Erwachsenenbildung kritisch distanzieren, soll dies erfolgen. Dass der Lebensweltansatz in der Erwachsenenbildung seine Berechtigung hat, ist Ausgangspunkt dieser kritischen Auseinandersetzung. Zwei Thesen, (Vgl. Siebert, 1988, S. 147) die ohne eine weitere Untersuchung ihrer quantitativen Berechtigung aufgestellt werden können, verdeutlichen dies in aller Klarheit.
1. Jeder Lehrende würde von seiner Art des Lehrens behaupten, lebensweltorientiert zu sein.
2. Die Auswahl der Lernangebote durch die Teilnehmer ist von Anfang an lebensweltlichen Kriterien unterworfen.
In der Feststellung dieser grundlegenden Berechtigung der lebensweltlichen Orientierung der Erwachsenenbildung, sowohl auf Seiten der Lehrenden, als auch auf Seiten der Lernenden, grenzt sich die kritische Stellungnahme dieser Arbeit ein. Sie zielt nicht auf eine grundsätzliche Absprechung jeglicher Relevanz des Lebensweltbegriffes in der Erwachsenenbildung ab, sondern versucht vielmehr einzelne Aspekte der praxisorientierten Umsetzung herauszugreifen. Diese sollen in ihrer Problematik dargestellt werden. Es wird sich im Verlaufe dieser Auseinandersetzung zeigen, dass Freiheits- und Autonomitätsbestreben immer wieder auf Einschränkungen stößt. Bezogen auf die lebensweltorientierte Erwachsenenbildung sind diese festzumachen am System, das in vielen Bereichen der Bildung der Antagonist der Lebenswelt ist. (Vgl. Allheit, 1983, S. 155 – 166) Weiter wird deutlich werden, dass im Lebensweltansatz als Theorie, selbst ein Impuls liegt, System zu werden, bzw. sich systemischen Strukturen anzugeichen und somit, zumindest teilweise, in dasjenige umzuschlagen, was Anlass der Abgrenzung war. Um diese spezifische Entwicklung und die sich damit ergebende Problemstellung vollständig erfassen zu können, scheint es sinnvoll, sich über die Grundlagen des Lebensweltansatzes klar zu werden. Dies erfordert einen kurzen Ausblick über die Erwachsenenbildung hinaus, hin zur Philosophie, Psychologie und Soziologie.
II. Lebenswelt als Rückkehr zum Eigentlichen
Zu verstehen ist der Lebensweltansatz in der Philosophie als eine Reaktion auf eine zunehmende Entfremdung. Entfremdung hier nicht im marxschen Sinne verstanden, sondern eher als im erkenntnistheoretischen Bereich angesiedelte Entfernung von alltäglichen Gegebenheiten. Ohne weiter auf diese der Phänomenologie vorläufige Entwicklung einzugehen, erscheint dann die Rückkehr zu den Dingen als eine an der Lebenswelt orientierte Philosophie. Nach Husserl, dem Begründer derselben, ist Lebenswelt, „der aller objektiv-logischen Wissenschaft vorgegebene, intersubjektive in ursprünglicher Evidenz erfahrene und sich in der Praxis bewährende Weltzusammenhang“ (Schischkoff, 1991, S. 421). Da alle Wissenschaften auf diese ursprüngliche Wirklichkeit verwiesen sind, „ist das philosophische Problem der Lebenswelt, [...] das philosophische Universalproblem, da in ihr alle anderen Gegebenheiten wurzeln.“ (Ebd., S. 421). Selbst ohne weitere Ausführungen wird aus dieser kurzen Definition vor allem eines deutlich: Die Hoffnung auf Antworten. Berechtigt ist diese gerade eben durch die Fokussierung der Überlegungen auf vorhandene Dinge, d.h. dem Menschen ursprünglich zugängliche. Damit schien die anfangs angesprochene Entfremdung überwunden. Relevanz erhält diese Ausführung in Bezug auf die Erwachsenenbildung durch die Bemühung um die Nähe zum Menschen. Dies ist trotz allen Unterschieden der verbindende Punkt, der rückwirkend die hier erbrachten Ausführungen rechtfertigt.
III. Grundsatzproblematiken bezüglich eines Umgangs mit Lebenswelt
In Darstellungen psychologischer, bzw. soziologischer Überlegungen zur Lebenswelt, stellt sich ein Grundmuster von Problemzusammenhängen dar, das durch seine Darstellung den Umgang mit spezifischen, erwachsenenbildnerischen Problemen im Lebensweltkontext erleichtert. Es sei hier in Aufzählung der einzelnen Momente dargestellt und kann für die folgenden Teile dieser Arbeit immer wieder als Schablone dienen, um spezielle Problembereiche auf die ihnen immanenten Grundstrukturen. zurückzubeziehen (Vgl. Legewie, 1993, S. 271-295).
1. Komplexität und Vernetztheit: Die Beeinflussung eines Merkmals bleibt nicht isoliert, sondern führt meist zu übersehenen Neben- und Fernwirkungen.
2. Dynamik: die Lebenswelt der Teilnehmer ist nicht als statische Größe zu betrachten, d.h. sie ändert sich ohne Zutun des Lehrenden und steht in Wechselwirkung mit der Eigendynamik des Systems → Unsicherheit.
3. Intransparenz: Der Lehrende besitzt weder die erschöpfende Erkenntnis über die Strukturen der Lebenswelten der Teilnehmer noch über die des Systems → Unsicherheit.
4. Unbestimmtheit der Ziele: In der Realisierung des Lebensweltzusammenhangs ergibt sich eine Pluralität der Ziele der Teilnehmer. Diese sind aber in ihrer Ganzheit nicht zu erreichen.
5. Geschichtlichkeit: Wegen der Historizität sind die Erfahrungsberichte aus dem Diskurskontext nicht gesetzmäßig übertragbar, sondern nur als „Beispielfälle“, deren Geltungsbereich im neuen historischen Kontext geprüft werden muss.
6. Im selben Sinne die Kontextgebundenheit, d.h. Sozial-, bzw. Diskurswelten (struktureller Kontext).
7. Sprach- und Symbolhaftigkeit: Die in der Kommunikation enthaltene Normstruktur muss für ein gemeinsames Verständnis herausgearbeitet werden. Schwierigkeit: Oft ist das den Akteuren selbst nicht explizit bewusst.
8. Paradoxie der Lebenswelt: Lebenswelten produzieren „von innen“ unerwartete und unplanbare Phänomene, d.h. es ergeben sich Schwierigkeiten für die auf die Lebenswelt der Teilnehmer gegründete Organisation.
Ohne auf die in diesen Thesen enthaltenen weiterreichenden Einzelaspekte einzugehen, werde ich jetzt versuchen, kritische Argumentationslinien nachzuzeichnen, die direkt aus der Literatur der Erwachsenenbildung stammen. Wie sich zeigen wird, sind aber auch dort durchaus Ähnlichkeiten zum gerade Dargestellten auszumachen. Wo dies der Fall ist, werde ich im Einzelnen darauf hinweisen. Wichtiger aber erscheint mir im Folgenden der Versuch, die Kritikpunkte auf spezifische Theorievorschläge der Erwachsenenbildung zu beziehen. Dabei werde ich mich auf die Betrachtung zweier Ansätze beschränken. Transformatives Lernen von Mezirow und Deutungslernen von Schüßler sollen hier als Plattform dienen, um die Relevanz der Kritik an Lebenswelt, als Grundlage einer Erwachsenenbildungstheorie, zu verdeutlichen.
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- Arbeit zitieren
- M.A. Mirko Jungkunz (Autor:in), 2004, Kritische Betrachtung der lebensweltorientierten Erwachsenenbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48614
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