Von semiotischen Codes und plakativen Zeichen in der Werbung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

24 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Werbung und Semiotik
2.1. Werbung
2.2. Semiotik
2.3. Werbung als semiotisches Genre

3. Exkurs: Begriff und Eigenschaften von semiotischen Kodes

4. Semiotische Analyse
4.1. Aufbau und Gestaltung der Werbeanzeige
4.2. Verbaler und visueller Kode der Werbeanzeige

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die heutige Werbung steht aktuell einer immer stärkeren Übersättigung des Marktes gegenüber. Die Produkte ähneln sich mehr und mehr, so dass es immer schwieriger wird, den entscheidenden Vorteil eines Produktes gegenüber dem Konkurrenzprodukt herauszustellen. Diese Entwicklung ist auch auf dem Automobil-Markt zu beobachten: Die Technik der einzelnen Autos ist heute weitestgehend identisch, so dass sich daraus für die Werbung kein entscheidender Verkaufsvorteil mehr generieren lässt. Es ist vielmehr notwendig, dem Auto als Werbeprodukt durch Zeichen eine unverwechselbare Persönlichkeit zu verleihen, um es so für die anvisierte Zielgruppe interessant zu machen. Daher arbeitet Automobilwerbung heute sehr stark mit Images. Sie beschäftigt sich mit Vorstellungsbildern, die nicht die technischen Eigenschaften eines Produktes hervorheben, sondern es emotional aufladen.

In der vorliegenden Arbeit wird daher exemplarisch das Image und die semiotische Enkodierung einer Automobilwerbung entschlüsselt, da sich Werbung aus dieser Branche sehr gut dazu eignet, semiotische Codes sichtbar zu machen. Dazu wird eine Werbeanzeige der Mercedes S-Klasse semiotisch untersucht. Da das Thema verschiedene Disziplinen berührt, ist der semiotischen Analyse ein kurzer, einleitender Teil vorangestellt.

In diesem Abschnitt wird zunächst in das Rahmenthema ,Werbung’ als Kommunikationsphänomen eingeführt, da für das Verständnis der Anzeige die Kenntnis von aktuellen Tendenzen in der Werbung sehr hilfreich sein kann. Außerdem soll dort eine kurze Einführung in den linguistischen Teilbereich der Semiotik gegeben werden, der ebenfalls das Verständnis und die Interpretation der folgenden Ausführungen erleichtern soll. Anschließend wird geklärt, in welchem Verhältnis Werbung und Semiotik zueinander stehen und wie sich die beiden Disziplinen ergänzen können. In einem kleinen Exkurs wird abschließend das Phänomen semiotischer Codes beleuchtet, um den Entstehungsprozess einer Anzeigenwerbung in Bezug auf die Wirkungsabsichten besser nachvollziehen zu können bzw. um eventuelle Fehler im Enkodierungsprozess aufzudecken. Dieser Teil bildet den methodischen Rahmen, anhand dessen dann die linguistische Analyse und Interpretation der Anzeige erfolgt.

Abschließend soll geklärt werden, ob und inwiefern die Werbeanzeige für die Mercedes S-Klasse plakativen Charakter hat, wie der semiotische Code dieser Anzeige zu interpretieren ist und ob diese Interpretation durch die Enkodierung gewährleistet ist. Außerdem soll das Image der Marke Mercedes Benz bzw. der S-Klasse aus der Anzeige herausgefiltert und charakterisiert werden.

Äquivalent zur Literatur werden auch in dieser Arbeit beide Schreibweisen für Codes und Kodes verwendet.

2. Werbung und Semiotik

Um darzustellen, in welchem Verhältnis Semiotik und Werbung zueinander stehen und inwiefern die Semiotik neue Erkenntnisse für die Werbung und deren Enkodierungsprozesse liefern kann, müssen zunächst beide Wissenschaftsbereiche kurz vorgestellt werden. Erst dann kann der Frage nachgegangen werden, in welchem Verhältnis die beiden Disziplinen zueinander stehen und wie sie sich gegenseitig ergänzen.

2.1. Werbung

Werbung ist der „planmäßige Einsatz von Personen, Mitteln und Techniken zur gezielten Beeinflussung menschlichen Verhaltens, zur Weckung von Bedürfnissen oder Verbreitung ideeller Güter. Ziel der Werbung ist die Erfüllung eines materiellen oder immateriellen Zwecks“. Hauptfunktion der Wirtschafts- und Produktwerbung, die Gegenstand dieser Analyse ist, ist die Persuasion des Rezipienten. Das beworbene Produkt soll durch Werbung von der Vielzahl an Konkurrenzprodukten abgegrenzt werden und den Rezipienten so zum Kauf bewegen bzw. überreden. Um dieses Ziel zu erreichen, stehen dem Werbetreibenden verschiedene Gestaltungsmittel zur Verfügung, die im Rahmen der Analyse noch näher betrachtet werden.

Die Abfolge der einzelnen Wirkungsschritte von Werbung wird in der viel zitierten AIDA-Formel deutlich: Zunächst soll die Aufmerksamkeit des Rezipienten erregt werden (attention), um das Interesse für das Produkt zu wecken (interest) und so Wünsche und Bedürfnisse wachrufen (desire), die schließlich zur Kaufhandlung führen sollen (action).

Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist Werbung persuasiv gestaltet, die Werbesprache stark intentional, konstruiert und inszeniert. Da die Produkte – wie bereits angedeutet, qualitativ immer gleichwertiger werden, kommt der sprachlichen und visuellen Gestaltung der Werbeanzeigen eine immer größere Bedeutung zu. An Stelle des Produkts steht immer häufiger die gesellschaftliche Umgebung im Mittelpunkt der Werbung. Diese Art der Werbung wird auch als Lifestyle-Werbung bezeichnet.

Es kommt immer weniger darauf an, die USP (unique selling proposition) herauszustellen. Vielmehr zielt die heutige Werbung darauf ab, das Produkt in der Nähe einer bestimmten Zielgruppe bzw. Gesellschaftsschicht zu positionieren. Die Kaufhandlung soll mehr und mehr durch die Verbreitung subjektiver Inhalte, die mit dem Produkt verbunden sind, ausgelöst werden. Die Werbewirtschaft spricht in diesem Zusammenhang auch von Low-Involvement-Werbung. Diese Werbeform richtet sich im Gegensatz zur High-Involvement-Werbung an eher passive Rezipienten, die Werbung nur flüchtig wahrnehmen und kein bestimmtes Interesse an dem Produkt haben. Sie appelliert daher vorrangig über visuelle Elemente an das Gefühl des Rezipienten und versucht, diesem positive Sinneseindrücke zu vermitteln. Diese Form der emotionalen Werbung funktioniert am besten über Bilder bzw. visuelle Elemente, während rationale Werbung besser über Sprache transportiert werden kann.

Kommunikation in der Werbung bedeutet, ein „Werbetreibender übermittelt eine Werbebotschaft, um die Einstellungen gegenüber einem Produkt oder einer Dienstleistung in den Augen des potentiellen Rezipienten derart zu manipulieren, dass ein Kaufreiz provoziert wird“.

Um während des Encodierungs- bzw. Decodierungsprozesses Fehler zu vermeiden, muss berücksichtigt werden, dass Werbung als Form der Massenkommunikation spezifischen Kommunikationsbedingungen unterliegt. So steht ein einzelner Sender unter Umständen einem vielschichtigen Publikum gegenüber. Außerdem verläuft Werbekommunikation einseitig. Da keinerlei Rückmeldung von Seiten des Rezipienten zu erwarten ist, muss die Anzeige so gestaltet sein, dass die Botschaft leicht zu entschlüsseln ist und keine Missverständnisse auftreten. Nur so kann das Verständnis der Werbebotschaft und damit der Erfolg der Werbemaßnahme gesichert werden.

2.2. Semiotik

Die Semiotik untersucht die Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten von Zeichensystemen. Eine semiotische Analyse erfolgt auf drei Ebenen: der syntaktischen, der semantischen und der pragmatischen.

Die Syntaktik ist traditionell der Bereich der Linguistik, der die Anordnung und Beziehung von Zeichen untersucht. Diese Disziplin befasst sich unabhängig von bedeutungs- und wirkungsbezogenen Aspekten mit den formalen Beziehungen der Zeichen untereinander und versucht, über die Erforschung der Regeln und ihrer sinnvollen Verknüpfung zu Aussagen über die Konstruktion von Zeichensystemen zu gelangen. Als Grunddimension der Semiotik bildet die Syntaktik die Basis für semantische und pragmatische Betrachtungen des Zeichengebrauchs.

Die Semantik befasst sich mit der Beschreibung und Analyse der wörtlichen Bedeutung von Ausdrücken. Diese Fachrichtung untersucht die Relationen des Zeichens bzw. Zeichenträgers zu seinem Objekt, d.h. die Bedeutung des Zeichens. Innerhalb dieser semantischen Untersuchungen zu Zeichenträger-Objekt-Relationen ist besonders die Zeichentypologie von Peirce bekannt geworden, die zwischen Ikon, Index und Symbol unterscheidet. Diese Zeichentrichotomie ist besonders in der Werbung zum Ausgangspunkt vielfältiger angewandter semiotischer Analysen geworden.

Die Pragmatik untersucht die kommunikativen Absichten, auf die ein Sprecher zielt. Sie beschäftigt sich daher mit der Beziehung zwischen den Zeichen und den Menschen, die sie verwenden und mit ihrer Hilfe kommunizieren, d.h. mit dem Ursprung und der Wirkung der Zeichen.

In ihrer modernen Form wurde die Semiotik von Charles S. Peirce begründet. Er schuf den Terminus des semiotischen Dreiecks, das auf den Dreierbezug zwischen Objekt, Zeichen und dem Interpreten verweist. Das Zeichen an sich wird von Peirce in drei Klassen unterteilt: Ikon, Index und Symbol. Ikonische Zeichen stehen danach in unmittelbarer Beziehung zum Objekt, indem sie dieses in Form eines Abbildes imitieren (z.B. Verkehrsschilder). Indizielle Zeichen weisen eine kausale Beziehung zum Objekt auf und fungieren dabei als Anzeichen (z.B. Rauch für Feuer, Husten für Erkältung etc.). Bei symbolischen Zeichen beruht die Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem dagegen ausschließlich auf Konvention, es besteht keine naturgemäße Beziehung zwischen Zeichenträger und Objekt (z.B. Herz für Liebe, Kreuz für Glauben etc.). Außerdem unterscheidet man indikative Zeichen, die an den Verstand gerichtet sind, suggestive Zeichen, die an das Gefühl gerichtet sind und imperative Zeichen, die den Willen beeinflussen sollen.

Entsprechend dem Bühlerschen Organon-Modell hat jedes sprachliche Zeichen drei grundlegende Funktionen: eine Darstellungsfunktion in Bezug auf das Benannte, das Referenzobjekt; eine Ausdrucksfunktion für den das Zeichen benutzenden Sender und eine Appell- oder Signalfunktion gegenüber dem Empfänger.

Peirce betont besonders den funktionalen und relationalen Charakter des Zeichens. Ein Zeichen referiert demzufolge nicht von selbst auf etwas, sondern benötigt dafür einen Interpreten. Dadurch entsteht eine unendliche Zahl an möglichen Interpretationen.

Eco geht in einer späteren Definition außerdem auf die Heterogenität dieser Interpreten ein. Er spricht von einem Zeichen, „wenn einer signifikanten Form aufgrund bestehender, kultureller Kodes Bedeutung zugeschrieben wird“. Eco stellt also eine eindeutige Beziehung zwischen der Interpretation und dem Umfeld bzw. der Kultur des Interpreten her. Während beispielsweise die Farbe ,schwarz’ in westlichen Kulturen als Trauerfarbe gilt, kommt diese Bedeutung in Japan der Farbe ,weiß’ zu. Insofern wird die Zahl an möglichen Interpretationen durch kulturelle Konventionen eingegrenzt, was sich die Werbung zunutze macht. Diese Tatsache kann die Arbeit der Werbetreibenden jedoch auch erschweren. Soll die Werbung interkulturell wirksam sein, also Konsumenten über verschiedene Kulturzonen hinweg ansprechen und als Käufer für das Produkt gewinnen, können Werber auf das Unverständnis der globalen Zielgruppe stoßen, wenn sie den semiotischen Kode nicht an den jeweiligen kulturellen Kode anpassen. Am besten eignen sich Ikone für die interkulturelle Werbung. Symbole lassen sich hingegen weit schwieriger global einsetzen, da die Assoziationen hier nicht überall die gleichen sind.

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Von semiotischen Codes und plakativen Zeichen in der Werbung
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Seminar für deutsche Sprache und Literatur)
Veranstaltung
Zur Semiotik von Wort und Bild
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
24
Katalognummer
V48636
ISBN (eBook)
9783638452953
Dateigröße
468 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit besteht im Wesentlichen aus einer ausführlichen linguistisch-semiotischen Analyse einer Werbeanzeige. Vor der Analyse erfolgt ein Überblick über die wichtigsten Disziplinen, die diese Arbeit berührt: Werbung/Werbesprache, Semiotik, Zusammenhang von Werbung + Semiotik und der Begriff "Semiotischer Code", Analyse eingeteilt in "Aufbau und Gestaltung" + "Verbaler und visueller Code" der Werbeanzeige, Schlussbetrachtung.
Schlagworte
Semiotische, Codes, Werbung, Plakative, Zeichen, Semiotik, Wort, Bild
Arbeit zitieren
Anne-Meike Stuke (Autor:in), 2003, Von semiotischen Codes und plakativen Zeichen in der Werbung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48636

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