Formen der Affektivität und Spontaneität im Interview


Hausarbeit, 2017

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Theoretischer Teil – Das Interview.
2.1 Definition und Merkmale
2.2 Formen
2.3 Planung und Methoden

3 Empirischer Teil – Transkription und Analyse
3.1 Auswahl der Interviews und Begründung
3.2 Die Person Per Mertesacker
3.3 Transkription
3.4 Analyse und Vergleich

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Interviews spielen im Zeitalter der Medien eine immer größere Rolle. Einen Sachverhalt durch die Interaktion zweier Menschen darzustellen, ist eine lebendigere Form der Berichterstattung als ein erzählender Bericht oder eine Meldung. Gerade diese Interaktion macht das Interview zu einer spannenden und journalistisch anspruchsvollen Aufgabe, denn es handelt sich nicht um ein einfaches Gespräch zwischen zwei Personen, sondern um ein zielgerichtetes Geflecht von Fragen und Antworten, die an die Öffentlichkeit gerichtet sind.1 Diese Art der Kommunikation findet sowohl auf sachlicher als auch auf emotionaler Beziehungsebene statt. Zur sachlichen Ebene gehören der Gesprächsinhalt, die Frageformen, die Interviewziele und der Informationsgehalt der Antworten. Zur emotionalen Ebene gehören die Gefühle, das gegenseitige Rollenverständnis, die verbale und nonverbale Ausdrucksweise sowie das Einfühlungsvermögen des Fragenden und die Antwortbereitschaft des Befragten. Die emotionale Ebene umfasst, wie bei einem Interview miteinander umgegangen wird.2 Diese Arbeit untersucht die Frage, in welchem Umfang Emotionen das Gesprächsverhalten einer befragten Person im Interview verändern.

Um diese Frage zu klären, werden zunächst im theoretischen Teil Merkmale, Formen und Methoden des Interviews dargestellt. Darüber hinaus wird erklärt, worin sich das Interview von einem Gespräch unterscheidet. Im empirischen Teil werden dann unter deduktiver Vorgehensweise zwei Interviews aus dem Bereich Sport ausgewählt, gesprächsanalytisch transkribiert, analysiert und schließlich miteinander verglichen. Da es sich bei dem Thema Interview um ein sehr weites Feld handelt, steht im empirischen Teil das journalistische Fernsehinterview, genauer das personalisierte Interview, im Fokus. Durch die Wahl des Fernsehinterviews sind nicht nur die verbale und paraverbale Kommunikation hörbar, sondern vor allem auch die nonverbale Kommunikation sichtbar, die auf der emotionalen Beziehungsebene eine große Rolle spielt.3 Dies ermöglicht eine Analyse auf allen relevanten Ebenen und somit eine verlässliche Schlussfolgerung zur Beantwortung der Forschungsfrage.

2 Theoretischer Teil – Das Interview

2.1 Definition und Merkmale

Ursprünglich stammt der Begriff „Interview“ von dem französischen Verb „entrevoir“ ab, was „einander begegnen, sich kurz sehen“ bedeutet.4 Dabei ist hervorzuheben, dass sich bei einem Interview meist Menschen begegnen, „die ohne ihre Interviewabsicht kaum zusammenkämen – weil sie aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft, Lebenswege, Beschäftigungen, Geistesentwicklungen und Befindlichkeiten ansonsten Welten trennen.“5 Das journalistische Interview lässt sich als zielgerichteten Wechsel von Fragen und Antworten definieren, wobei eine Person – der Fragende – nur fragt und die andere Person – der Befragte – nur antwortet, was das Interview vom natürlichen Gespräch abgrenzt. Somit ist jedes Interview asymmetrisch in seiner Rollenverteilung. Das Interview schlägt in ein Gespräch um, wenn der Interviewer seine Frage mit einer eigenen inhaltlichen Stellungnahme beginnt, oder wenn der Befragte eine Gegenfrage stellt, der Interviewer sich darauf einlässt und inhaltlich antwortet. Die Rollenverteilung eines Interviews ist damit aufgehoben und wird erst dann wieder eingehalten, wenn der Befragte ohne Rückfrage antwortet.6

Jedes Interview hat zwei bedeutsame Ebenen: Die inhaltliche Ebene mit Informationsziel, Art der Fragen, Klarheit der Aussagen, Knappheit der Antworten, Informationsgehalt, und die emotionale Ebene mit nonverbalem Verhalten, Suggestivfragen, Unterstellungen, Eingehen auf den Interviewer und den Befragten sowie das Klima oder auch die sozial-emotionale Beziehung, die die Qualität des Kontaktes zwischen Interviewer und Befragtem beeinflusst. Entscheidendes Merkmal und weitere Abgrenzung zum Gespräch ist die Ausrichtung auf die Öffentlichkeit, auf die sich die Sprechenden beziehen. Dadurch entsteht für die Interviewsituation ein Beziehungsdreieck aus Interviewer, Befragtem und Empfänger. Zu den journalistischen Interviews gehören das Sachinterview, das Meinungsinterview, das personalisierte Interview und das personalisierte Sachinterview. Diesen unterschiedlichen Interviewformen liegen auch unterschiedliche Ziele zu Grunde, welche im folgenden Abschnitt dargestellt werden.

2.2 Formen

Unterschiedliche Informationsziele werden durch unterschiedliche Interviewformen realisiert. Dabei stehen unterschiedliche Personengruppen im Mittelpunkt, wie Anwälte, Mediziner, Politiker, Wissenschaftler, Manager oder – wie im Fall dieser Arbeit – Sportler.7

Das Sachinterview dient allein der Klärung von Fakten und Tatsachen. Dabei werden meist unbekannte Sachverständige wie Polizisten, Wissenschaftler oder Rechtsanwälte befragt. Dieses Interview ist meist relativ oberflächlich und findet vor allem auf der sachlichen Kommunikationsebene statt. Die emotionale Beziehung zwischen Fragendem und Befragtem spielt dabei keine Rolle.

Ziel des Meinungsinterviews ist es, darzustellen, wie der Befragte die Aussage oder Meinung einer anderen Person, oder einen Sachverhalt beurteilt. Hier werden allgemein Menschen befragt, die mit den Fragethemen direkt oder indirekt zu tun haben. Die Charaktere und die emotionale Beziehung sind hier zweitrangig, weil sich das Interview vorrangig auf der sachlichen Kommunikationsebene abspielt.

Im Gegensatz dazu steht das personalisierte Interview, bei dem der Befragte im Fokus steht. Dies beinhaltet auch dessen Eigenheiten, Emotionen und Meinungen. Bei dieser Interviewform werden oft Prominente, Künstler oder auch Sportler befragt, wobei sich das Interview vor allem auf der emotionalen Kommunikationsebene abspielt. Dadurch gestaltet sich das personalisierte Interview für den Journalisten schwieriger als das Sach- oder das Meinungsinterview.

Beim personalisierten Meinungsinterview handelt es sich um eine Mischform aus Sach-, Meinungs- und personalisiertem Interview. Ziel ist es, sowohl Fakten als auch Meinungen darzustellen, was meist durch längere Interviews mit Managern, Politikern, Zeugen oder anderen Personen von öffentlichem Interesse realisiert wird. Da es sich um eine Mischform handelt, spielen bei dieser Interviewform alle Merkmale des Sach-, des Meinungs- und des personalisierten Interviews eine Rolle.8

Um die Informationsziele im Interview erfolgreich umsetzen zu können, muss der Journalist sein Interview sorgfältig planen und schließlich verschiedene Methoden anwenden. Diesem Bereich ist der folgende Abschnitt gewidmet.

2.3 Planung und Methoden

Für die optimale Vorbereitung eines Interviews spielen für den Journalisten folgende Faktoren eine zentrale Rolle: Die Sendung, die Zielgruppe, das Informationsziel, der Informationsstand des Interviewers, die Wahl des geeigneten Befragten, das Vorgespräch und schließlich die Strategie.9 Für die Durchführung des eigentlichen Interviews relevant sind der Zeitrahmen, der Ort des Interviews, die Dokumentation und – je nach Interview – die Ausarbeitung. Zur Strategie gehört die Fragetechnik, ein entscheidendes Element der Interviewmethode.

Die Fragetechnik treibt das Interview voran und bestimmt die Ergebnisse der Fragen. Es werden drei Typen von Fragen unterschieden: Offene Fragen, geschlossene Fragen und Sonderformen. Offene Fragen ermöglichen Antworten in mehreren Dimensionen und setzen gleichzeitig voraus, dass der Fragende daraufhin keine vorbereitete Frage stellt, sondern flexibel auf den Befragten reagiert. Mit geschlossenen Fragen hat der Interviewer das Ziel, den Befragten festzulegen, da in diesem Fall eine klare Antwort mit „ja“ oder „nein“ erwartet wird.

Unter Sonderformen versteht man Varianten von geschlossenen und offenen Fragen. Dazu gehören Information plus Frage, interpretierende Nachfrage, Suggestivfrage und indirekte Frage. Sie haben alle eine besondere strategische Bedeutung in der Befragung: Information plus Frage treibt das Interview voran, indem sie das Interview durch zusätzliche Informationen von überflüssigen Fragen entlastet. Bei der interpretierenden Nachfrage möchte der Journalist den Befragten dazu bringen, eine unklare, ausweichende oder zu lange Antwort auf den Punkt zu bringen. Suggestivfragen dienen dazu, den Befragten zu provozieren und dessen Position zu verdeutlichen. Da diese Art der Frage eine Unterstellung enthält, ist es wahrscheinlich, dass der Befragte emotionaler, weniger überlegt und spontaner antwortet. Unter Umständen verschlechtert sich dadurch das sozial-emotionale Klima im Laufe des Interviews. Bei der indirekten Frage zitiert der Interviewer Meinungen oder Äußerungen anderer Personen, um eine kontroverse Haltung einzunehmen, ohne dabei die eigene Meinung zu äußern.10

Von besonderer Bedeutung ist die Einstiegsfrage. Sie ist aus emotionaler Sicht immer gleich wichtig.11 Wie diffizil dieser kommunikative Spagat zwischen emotionaler und sachlicher Ebene sein kann und welche Rolle dabei die Emotionen des Befragten spielen, wird im nächsten Teil dieser Arbeit dargestellt.

3 Empirischer Teil – Transkription und Analyse

3.1 Auswahl der Interviews und Begründung

Um darzustellen, wie Emotionen den Verlauf eines Interviews beeinflussen, werden im Folgenden zwei Interviews gesprächsanalytisch transkribiert und analysiert. Das gesprächsanalytische Material wird ausgehend von der Fragestellung gewählt.12 Um eine verlässliche Schlussfolgerung ziehen zu können, müssen die Interviews folgende Kriterien erfüllen: Es soll sich um personalisierte Interviews handeln, bei denen der Befragte mit seinen Eigenheiten, Emotionen und Meinungen im Fokus steht.13 Diese Interviews sollen sich auf dieselbe Person beziehen, sie sollen am gleichen Tag stattfinden, sie sollen sich auf denselben Sachverhalt beziehen, aber sie sollen die befragte Person in unterschiedlichen Situationen und damit verbunden in unterschiedlichen Emotionen präsentieren. Diese Kriterien erfüllen zwei Interviews im Bereich Sport. Es handelt sich jeweils um ein Interview mit dem Fußballer Per Mertesacker während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Interview 1 bezieht sich auf das zu diesem Zeitpunkt noch bevorstehende Achtelfinale zwischen Deutschland und Algerien. Interview 2 bezieht sich auf dasselbe Ereignis, findet aber direkt nach dem Spiel statt. Welchen Einfluss dies auf den Verlauf der Befragung hat, zeigt sich später im Transkript der Interviews und in der darauffolgenden Analyse. Da die interviewte Person im Fokus steht, werden im nächsten Abschnitt Informationen über Per Mertesacker gegeben, die für diese Arbeit relevant sind.

3.2 Die Person Per Mertesacker

Per Mertesacker wurde am 29.09.1984 in Hannover geboren.14 Er ist Fußballprofi und spielt auf der Position des Innenverteidigers. Seit 31.08.2011 ist Per Mertesacker Spieler bei FC Arsenal in England, sein Vertrag wurde dort am 19.01.2017 bis 30.06.2018 verlängert. Als ehemaliger Nationalspieler für Deutschland war er an 140 Länderspielen beteiligt und erzielte dabei insgesamt 4 Tore. Sein 104. und letztes Länderspiel war das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien am 13.07.2014 mit einem Sieg gegen Argentinien (1:0 n.V.) und dem damit verbundenen Weltmeistertitel.15 Per Mertsacker kommt aus einer Fußballerfamilie. Sein Vater ist Fußballtrainer, sein Bruder ist ehemaliger Fußballer und nun Bankkaufmann.16 Beide sind im Vorstand der Per-Mertesacker-Stiftung,17 die sozial benachteiligte Jugendliche fördert und unterstützt.18 Mertesacker ist in einer Kleinstadt bei Hannover aufgewachsen, sein Schulabschluss ist das Abitur. Seit 2008 ist Per Mertesacker mit der Handballerin Ulrike Stange liiert. 2011 und 2014 kamen ihre gemeinsamen Kinder zur Welt.19

3.3 Transkription

Für die Transkriptionen der beiden Interviews wird die Textnotation im Einfachsystem verwendet, da jeweils nur zwei Gesprächspartner beteiligt sind und es sich größtenteils um längere Redebeiträge handelt.20 Die verbale Kommunikation wird mittels der gängigen modifizierten orthographischen Transkription erfasst.21 Die paraverbale und nonverbale Kommunikation orientiert sich an den Transkriptionskonventionen nach GAT.22 Details sind in den Legenden jeweils am Ende der Transkription zu finden. Da die Interviews an die Öffentlichkeit gerichtet und die Äußerungen somit nicht geschützt sind, können juristisch-ethische Aspekte in dieser Arbeit vernachlässigt werden.23

Interview 1:

Kopf: „WM-Studio Stenger (11)“. Thema: Angst vor Algerien – Per Mertesacker im Gespräch. WM Kolumnist Harald Stenger besucht das deutsche Lager vor dem Achtelfinale gegen Algerien und trifft Per Mertesacker. Der Abwehrspieler spricht über die K.O.-Phase und die Aussichten für das anstehende Spiel am Abend. Beide Personen begrüßen sich im Stehen und setzen sich für das Interview an einen Tisch. Das Interview ist eingebettet in eine Berichterstattung über die Lage vor dem WM-Achtelfinalspiel Deutschland-Algerien bei der Fußball-WM 2014 in Brasilien.

Quelle: Spiegel Online, URL: http://www.spiegel.de/video/wm-studio-stenger-angst-vor-algerien-per-mertesacker-video-1504387.html, Interview vom 30.06.2014, Gesamtlänge der Berichterstattung 3:59 Minuten, Länge des Interviews 1:40 Minuten, Transkription: Marcel Gustke

[...]


1 Vgl. Fichtel, Kathrin (2002), S. 16

2 Vgl. Müller-Dofel, Mario (2017), S. 20

3 Vgl. Müller-Dofel, Mario (2017), S. 146

4 Vgl. Müller-Dofel, Mario (2017), S. 16

5 Vgl. Müller-Dofel, Mario (2017), S. 16

6 Vgl. Friedrichs, Jürgen; Schwinges, Ulrich (2016), S. 11

7 Vgl. Müller-Dofel, Mario (2017), S. 38

8 Vgl. Müller-Dofel, Mario (2017), S. 16ff

9 Vgl. Friedrichs, Jürgen; Schwinges, Ulrich (2016), S. 43-45

10 Vgl. Friedrichs, Jürgen; Schwinges, Ulrich (2016), S. 66-72

11 Vgl. Müller-Dofel, Mario (2017), S. 134

12 Vgl. Brinker, Klaus; Sager, Sven F. (2010), S. 23

13 Vgl. Müller-Dofel, Mario (2017), S. 17

14 Vgl. https://www.facebook.com/pg/mertesacker.per/about/?ref=page_internal

15 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nderspiele_der_deutschen_Fu%C3%9Fballnationalmannschaft

16 Vgl. http://www.transfermarkt.de/per-mertesacker/profil/spieler/6710

17 Vgl. http://www.per-mertesacker-stiftung.de/de/stiftungsorgane/

18 Vgl. http://www.per-mertesacker-stiftung.de/de/

19 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Per_Mertesacker

20 Vgl. Brinker, Klaus; Sager, Sven F. (2010), S. 40f

21 Vgl. Brinker, Klaus; Sager, Sven F. (2010), S. 46f

22 Vgl. http://teachsam.de/deutsch/d_lingu/gespraechsanalyse/gespraech_9_4_3_6.htm

23 Vgl. Brinker, Klaus; Sager, Sven F. (2010), S. 26-31

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Formen der Affektivität und Spontaneität im Interview
Hochschule
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
17
Katalognummer
V486559
ISBN (eBook)
9783668967779
ISBN (Buch)
9783668967786
Sprache
Deutsch
Schlagworte
formen, affektivität, spontaneität, interview
Arbeit zitieren
Marcel Gustke (Autor:in), 2017, Formen der Affektivität und Spontaneität im Interview, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/486559

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