„Das Wahre ist das Ganze“ formulierte Hegel in seiner Phänomenologie des Geistes.
Das „Ganze“ bedeutet in diesem Verständnis nicht eine zwangsverordnete harmonische Vereinheitlichung im Sinne einer unterschiedslosen Identität, sondern umfasst vielmehr immer auch das Andere in Einem, beinhaltet also das Differente, das Gegensätzliche in seiner Gegensätzlichkeit. Das Ganze bedeutet daher immer auch Unterschiedenheit und implizierter Widerspruch.
Wie aus Hegels „Geschichte der Philosophie“ hervorgeht, verdankt Hegel seinen Grundgedanken der Phänomenologie einem Philosophen namens Heraklit: „Es ist kein Satz des Heraklit, den ich nicht in meine Logik aufgenommen.“ Heraklit von Ephesos - auch der Dunkle genannt - spielte schon bereits in der Zeit ca. 480 vor Christi Geburt auf eine Form der „Einheit der Gegensätze“ an, die sich ihm in einem „allumfassenden Willen“ – dem λόγος – äußert.
Nach Heraklit scheint alles aus einem Gegensatz zu entstehen: Warmes aus Kaltem, Leben aus Tod und Junges aus Altem. Doch vereint gleichzeitig auch eine Sache einen Gegensatz in sich selbst, beinhaltet in der Gegenwart das Differente. Die Widersprüche erscheinen dem Menschen – „trotz all ihrer Erfahrung mit derlei Worten und Werken“ - im Alltäglichen als unvereinbar, erscheinen vielmehr als objektiv getrennt Widereinanderstehendes. Hätten die Menschen allerdings den logos vernommen, wären sie in der Lage zu sagen: „Eins ist alles“ (Fragment B 50) und es erschiene „das Widereinanderstehende zusammenstimmend und aus dem Unstimmigen die schönste Harmonie“ (Fragment B 8). Doch wie können wir uns dieses Eine vorstellen? Das Eine, das als „einsichtsvoller Wille“ verstanden werden kann, der alles durch alles hindurchsteuert ? (Fragment. B 40,41)
Was verbirgt sich hinter Heraklits λόγος?
Auch wenn Heraklit davon ausgeht, dass „immer die Menschen zu töricht sein, so ehe sie gehört, wie wenn sie erst gehört haben“, die Lehre des logos zu verstehen (Fragment B 1), möchten wir in dieser Abhandlung trotzdem den Versuch wagen, uns dem Begriff des logos anzunähern, einen Überblick über das Wirken und die Struktur des logos zu schaffen.
Inhaltsverzeichnis
- Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zum Begriff des λόγος
- Das Wesen des λόγος
- λόγος ALS GESETZ?!
- DER LOGOS ALS METHODE?
- DIE GEGENSATZLEHRE IM λóyoç. ODER: DER STANDPUNKT DES BETRACHTERS
- Gefangen im λόγος?!
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Abhandlung befasst sich mit dem Logosbegriff des griechischen Philosophen Heraklit und will dessen Bedeutung im Kontext seiner Gesamtphilosophie erforschen. Die Arbeit möchte dem Leser einen Überblick über das Wirken und die Struktur des Logos verschaffen, indem sie sich auf die überlieferten Heraklit-Fragmente und mögliche Zusammenhänge stützt.
- Der Begriff des Logos als zentrale Kategorie in Heraklits Denken
- Die unterschiedlichen Interpretationen des Logos in der Philosophiegeschichte
- Die Bedeutung des Logos für die Einheit von Gegensätzen in Heraklits Philosophie
- Die Rolle des Logos als allumfassendes Gesetz und als Methode des Denkens
- Die Frage, ob Heraklit das Wort „Logos“ terminologisch oder operativ verwendet hat
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung führt in die Grundidee der „Einheit der Gegensätze“ bei Heraklit ein und stellt den Logos als zentralen Begriff in seiner Philosophie vor. Sie skizziert den historischen Kontext und die Bedeutung Heraklits für spätere Philosophen wie Hegel.
- Das Kapitel „Zum Begriff des λόγος“ beleuchtet verschiedene Bedeutungen des Wortes „Logos“ im griechischen Sprachgebrauch und in der Philosophiegeschichte. Es geht auf unterschiedliche Interpretationen des Begriffs ein und stellt die Frage nach seiner spezifischen Bedeutung bei Heraklit.
- Das Kapitel „Das Wesen des λόγος“ beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten des Logos in Heraklits Philosophie. Es untersucht den Logos als Gesetz, als Methode und als Prinzip der Einheit von Gegensätzen. Die Bedeutung des Logos als Standpunkt des Betrachters wird ebenfalls beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Abhandlung befasst sich mit den zentralen Themen des griechischen Philosophen Heraklit, insbesondere mit seinem Logosbegriff. Hierbei werden wichtige Aspekte wie die Einheit von Gegensätzen, die Rolle des Logos als Gesetz und Methode, die unterschiedlichen Interpretationen in der Philosophiegeschichte und die Frage nach der terminologischen oder operativen Verwendung des Wortes „Logos“ untersucht.
- Quote paper
- Timo Nitz (Author), 2005, Der Logos. Über den Grundgedanken Heraklits, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48656