Bei der Analyse der Spanienreiseführer von Polyglott fiel in der 1994er Ausgabe die folgende gleich auf dem vorderen Klappentext angeordnete Aussage besonders auf:
„Fremde Kulturen kennenlernen und gastfreundlichen Menschen begegnen – wie sehr genießen wir das auf Reisen. Zu Hause bei uns jedoch wird mancher Ausländer von einer kleinen Minderheit beschimpft, bedroht und sogar mißhandelt. Alle, die in fremden Ländern Gastrecht genossen haben, tragen hier besondere Verantwortung. Deshalb: Lassen Sie es nicht zu, daß Ausländer diffamiert und angegriffen werden. Lassen Sie uns gemeinsam für die Würde des Menschen einstehen.
Verlagsleiter und Mitarbeiter des Polyglott-Verlages“
Dieser Absatz lässt sich ausschließlich im 1994er Band finden, weder davor noch danach taucht ein ähnlich gearteter Appell auf. Offenbar sah sich die Polyglott-Redaktion veranlasst, unter dem Eindruck der zahlreichen ausländerfeindlichen Übergriffe vor allem im Osten Deutschlands (z. B. 1992 in Rostock-Lichtenhagen) nach der deutschen Wiedervereinigung, einen solchen Mahnruf gegen Ausländerfeindlichkeit zu formulieren. Dieser Aufruf richtet sich hier explizit an den Touristen. Die Redaktion ruft dazu auf, dass Menschen, die selbst im Ausland waren, Fremden aufgeschlossener und freundlicher gegenübertreten sollten. Man kann daraus die Hoffnung der Polyglott-Mitarbeiter ableiten, dass das Reisen zur besseren Verständigung der Menschen untereinander beiträgt. Ob das Reisen, vor allem die, in den meisten Fällen kurze, lediglich dem Ausspannen dienende, Urlaubsreise diesem Anspruch in der Realität gerecht werden kann, ist fraglich. Nichtsdestotrotz hegten Tourismuswissenschaftler wie Jost Krippendorf und nicht nur diese, die Hoffnung, dass der Massentourismus neben seinen zahlreichen negativen Begleiterscheinungen, zum besseren Verständnis und Miteinander der unterschiedlichen Länder, Völker und Kulturen seinen Anteil beisteuert.
Wenn in das Reisen solche Erwartungen gesetzt werden, erscheint es interessant, ein wichtiges Medium des Reisens, den Reiseführer, einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Welche Informationen werden über das beschriebene Land gegeben und wie werden sie vermittelt? Welchen Veränderungen unterliegen diese Darstellungen? Mit diesen Themen wird sich auf den folgenden Seiten detailliert auseinandergesetzt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Gegenstand, Ziel und Aufbau der Arbeit
- 3. Das Medium „Reiseführer“
- 3.1. Forschungsstand
- 3.2. Definitionsversuche
- 3.3. Typologie des Reiseführers
- 3.4. Zur Historie
- 3.5. Angebot an Reiseführern und Leseranalyse
- 3.6. Der,,ideale“ Reiseführer
- 3.6.1. Merkmale eines guten Reiseführers aus der Sicht der Verlage
- 3.6.2. Merkmale eines guten Reiseführers aus der Sicht des Lesers
- 3.6.3. Forderungen an einen guten Reiseführer
- 4. Das Spanienbild im Kleinen Polyglott von 1959 bis 2001
- 4.1. Einführung
- 4.2. Das Hauptcharakteristikum des Kleinen Polyglotts: Die Sehenswürdigkeit
- 4.3. Das Spanienbild im Kleinen Polyglott 1959-1994
- 4.3.1. Äußere Gestaltung (Cover, Rückseite, innerer Klappentext)
- 4.3.2. Aufbau und quantitative Analyse
- 4.3.3. Textanalyse
- 4.3.4. Analyse der Reiseführereinleitungen – Teil I
- 4.3.5. Analyse der Reiseführereinleitungen – Teil II
- 4.3.6. Analyse der Routenabschnitte
- 4.4. Der Umbruch 1994 und seine Gründe
- 4.5. Das Spanienbild im Kleinen Polyglott 1994-2001
- 4.5.1. Äußere Gestaltung (Cover, Rückseite, innerer Klappentext)
- 4.5.2. Aufbau und quantitative Analyse
- 4.5.3. Textanalyse
- 4.5.4. Analyse der Reiseführereinleitungen
- 4.5.5. Analyse der Routenabschnitte
- 4.6. Bilanz der Analyse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit beschäftigt sich mit dem Spanienbild in deutschen Reiseführern. Sie untersucht dabei die Entwicklung dieses Bildes anhand des Kleinen Polyglott, einem Reiseführer, der seit 1959 herausgegeben wird. Die Arbeit analysiert die Veränderungen im Spanienbild im Kontext der Entwicklung des Tourismus und des Reiseführermarktes.
- Die Rolle des Reiseführers als Informationsquelle und sein Einfluss auf die Wahrnehmung des Reiseziels
- Die Veränderung des Spanienbildes im Kleinen Polyglott zwischen 1959 und 2001
- Die Bedeutung des Tourismus und des Reiseführermarktes für die Gestaltung des Länderbildes
- Der Kulturkontakt zwischen Spaniern und Deutschen und seine Darstellung im Reiseführer
- Die Relevanz des Spanienbildes für die Entwicklung eines gemeinsamen „europäischen Hauses“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Kontext und die Relevanz des Themas darlegt. Anschließend wird der Reiseführer als Medium genauer betrachtet, wobei auf Forschungsstand, Definitionsversuche, Typologie, Historie und Leseranalyse eingegangen wird.
Im Hauptteil wird das Spanienbild im Kleinen Polyglott von 1959 bis 2001 analysiert. Dabei werden die äußere Gestaltung, der Aufbau, die Textanalyse und die Analyse der Reiseführereinleitungen und Routenabschnitte beleuchtet.
Der letzte Teil des Hauptteils beschäftigt sich mit dem Umbruch im Jahr 1994 und dessen Ursachen. Anschließend wird die Entwicklung des Spanienbildes im Kleinen Polyglott von 1994 bis 2001 untersucht.
Schlüsselwörter
Spanienbild, Reiseführer, Polyglott, Tourismus, Kulturkontakt, Länderbild, Wahrnehmung, Reiseführermarkt, europäisches Haus, Deutschland.
- Arbeit zitieren
- M.A. Henrico Hummel (Autor:in), 2003, Das Spanienbild in deutschen Reiseführern am Beispiel Polyglott, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48719