Nach Karl Meuli, ein Altphilologe, der sich zeitlebens mit volkskundlichen Forschungen zur Deutung des menschlichen Verhaltens dem Tod und dem Toten gegenüber beschäftigte, beherrschen drei Themen die Vorstellung vom Toten, die sich sich in den jeweiligen Verhaltensnormen äußern. Die sind die Anschauung vom Weiterleben des Toten, die Überzeugung von seiner Macht und der Glaube, dass der Tote gut und böse zugleich sei. Der Tote bleibt demnach noch längere Zeit in der Wirk- und Wohngemeinschaft der Lebenden und hat seinen rechtlichen Status. Ebenfalls sind die Toten sehr mächtig, sie wachen über Sitte und Recht und ahnden deren Missachtung. Auch die Reden, die oft bei der „Bewirtung“ des Verstorbenen gehalten werden, verfolgen den Zweck, ihn von einer Wiederkehr abzuhalten. Der Totenkult will generell die Toten gnädig stimmen und ihr Wohlwollen gewinnen. Das Volk der Tscheremissen, von dem das folgende ausführliche Beispiel erzählt, ist eine geographisch völlig abgesonderte Gruppe, deren Gesamtzahl sich auf schätzungsweise 400 000 Seelen beläuft. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Die Tscheremissen
- Beispiel: „Feier des Totengeleits“ bei den Westtscheremissen – „Je satter die Gäste, desto satter der Tote, je fröhlicher die Gäste, desto froher der Tote“
- Unterschiede der Trauerfeier nach abweichendem Lebensraum der Tscheremissen….....
- Osttscheremissen und Bergtscheremissen..
- Westtscheremissen des Kreises Carevokoksajsk und Grenzgebiete der Tscheremissen.....
- Wesensverwandte Parallelen bei anderen Völkern.
- Figürliche Darstellung des Toten.
- Grabgesänge und Abschiedsreden
- Andere Formen der Verkörperung eines Verstorbenen durch einen Lebenden .....
- Versuch einer Deutung - Suche nach Gemeinsamkeiten, Ursache und Sinn
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text beleuchtet den Totenkult bei den Tscheremissen. Er untersucht die verschiedenen Rituale und Traditionen, die mit dem Tod und dem Weiterleben der Verstorbenen verbunden sind. Der Text beleuchtet die Vorstellung vom Weiterleben des Toten, seine Macht und die Ambivalenz der Wahrnehmung als gleichzeitig gut und böse.
- Die Feier des Totengeleits als zentrales Ritual bei den Westtscheremissen
- Die unterschiedlichen Formen der Totenkultur in verschiedenen Regionen des Tscheremissen-Volkes
- Die Bedeutung des „Ört“ (Schattenseele) und seine Rolle im Leben und Tod
- Die Rolle des Stellvertreters des Toten in den Trauerfeierlichkeiten
- Die Suche nach Gemeinsamkeiten und Deutungsmöglichkeiten des Totenkults bei den Tscheremissen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Totenkult bei den Tscheremissen und stellt die zentrale Rolle des „Feier des Totengeleits“ bei den Westtscheremissen vor. Es werden die Rituale, die Bedeutung der Speisen und Getränke sowie die Rolle des „Ört“ (Schattenseele) beschrieben. Das zweite Kapitel widmet sich den Parallelen des Tscheremissen-Totenkults zu anderen Völkern. Das dritte Kapitel untersucht weitere Formen der Verkörperung eines Verstorbenen durch einen Lebenden. Abschließend versucht das vierte Kapitel eine Deutung der beobachteten Rituale und Traditionen, indem es nach Gemeinsamkeiten, Ursache und Sinn sucht.
Schlüsselwörter
Der Text beleuchtet die Themen Totenkult, Tscheremissen, „Feier des Totengeleits“, „Ört“ (Schattenseele), Stellvertreter des Toten, Trauerrituale, Rituale, Traditionen, Folklore, Ethnografie.
- Quote paper
- Irene Schleifer (Author), 2004, Totenrepräsentanten - Totenrepräsentanten bei den Tscheremissen und wesensverwandte Parallelen bei anderen Völkern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48824