Mode-Revolution, Technik-Revolution, industrielle Revolution, usw. - nicht viele Wörter schaffen eine derart inflationäre Benutzung im Sprachgebrauch, wie „Revolution“. Für viele ist es ein Synonym für Wandel und Veränderung, nur wenige benutzen es im historischen Sinn für eine totalitäre Umwälzung bestehender Strukturen. Assoziationen sind dabei oft die Französische oder Englische Revolution, aber vor allem auch für den in Plauen geboren und aufgewachsenen Autor die Umbrüche in Ostdeutschland 1989/90. Denkt man an die ersten Proteste gegen das DDR-Regime im Jahr 1989, so wird häufig Leipzig als erste Stadt genannt, in der am 9.10. Massendemonstrationen stattfanden. Nur wenige wissen, dass bereits zwei Tage vorher in Plauen Bürger gemeinsam auf die Straße gingen. Auch wenn die Situation zu eskalieren drohte, da Polizisten mit Wasserwerfern erschienen, blieb es am 7.10.1989 weitgehend friedlich. Für dieses Engagement bekam die Stadt Plauen zum Tag der deutschen Einheit 2011 von der Bundeszentrale für politische Bildung einen Sonderpreis. In der Pressemitteilung begründeten sie ihre Entscheidung so: „Mit dem Sonderpreis der Jury für die Stadt Plauen will die Jury an die Zivilcourage der dortigen Bevölkerung erinnern, die sich am 7. Oktober 1989, dem Nationalfeiertag der DDR, von Stasi, Volkspolizei und Wasserwerfern nicht daran hindern ließ, für ein Ende der SED-Diktatur zu demonstrieren. In der öffentlichen Wahrnehmung standen die Plauener im Schatten von Leipzig und Berlin, aber sie markierten den Wende-Punkt im dramatischen Revolutionsherbst von 1989.“ (Bundeszentrale für politische Bildung, 2011) Auf Grund dieser fehlenden Gewalt werden die Umbrüche häufig als friedliche oder demokratische Revolution bezeichnet. Doch kann man dann überhaupt noch von einer „echten“ Revolution sprechen? Welche anderen Faktoren sprechen gegen oder für die Benutzung des Revolutionsbegriffs?
Zunächst wird die historische Soziologie erklärt. Vor allem die sogenannte zweite Welle dieser Subdisziplin beschäftigte sich in den 1980er Jahren intensiv mit dem Revolutionsbegriff. Zwei Mitglieder dieser Phase waren Theda Skocpol und Charles Tilly, von denen die Revolutionstheorie näher betrachtet wird. Als Ergänzung folgt die der politischen Theoretikerin Hannah Arendt. Weiterhin wird zunächst der historische Verlauf der Umbrüche näher dargestellt, auf die unterschiedlichen Bezeichnungsmöglichkeiten der Situationen eingegangen und zuletzt mit den drei Theorien verglichen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historische Soziologie
- Wieso gibt es die historische Soziologie?
- Der Revolutionsbegriff
- Was versteht man unter einer Revolution?
- allgemeine Definitionen
- Tilly und die Revolution
- Arendt und die Revolution
- Skocpol und die Revolution
- Was versteht man unter einer Revolution?
- Die Situation 1989/90 in Ostdeutschland
- Semantik
- Verlauf der Umbrüche 1989/90 in Ostdeutschland
- Vorgeschichte bis 1989
- Von der Ausreiswelle bis zur Wiedervereinigung
- Revolution oder nicht?
- Waren die Umbrüche 1989/90 für Arendt eine Revolution?
- Waren die Umbrüche 1989/90 für Skocpol eine Revolution?
- Waren die Umbrüche 1989/90 für Tilly eine Revolution?
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Frage, ob die Ereignisse 1989/90 in Ostdeutschland eine Revolution darstellten. Sie analysiert die Umbrüche anhand dreier Revolutionsbegriffe von Theda Skocpol, Charles Tilly und Hannah Arendt und untersucht, ob die Ereignisse in Ostdeutschland den Kriterien dieser Theorien entsprechen.
- Der Revolutionsbegriff
- Die historische Soziologie
- Die Situation in Ostdeutschland 1989/90
- Die Anwendung der Revolutionsbegriffe von Skocpol, Tilly und Arendt auf die Umbrüche in Ostdeutschland
- Die Frage, ob die Ereignisse 1989/90 in Ostdeutschland eine Revolution waren
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Ambivalenz des Begriffs "Revolution" und die Bedeutung der Umbrüche 1989/90 in Ostdeutschland. Kapitel 2 erläutert die historische Soziologie und ihre Relevanz für die Analyse historischer Prozesse. In Kapitel 3 wird der Revolutionsbegriff aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet, wobei die Theorien von Tilly, Arendt und Skocpol im Fokus stehen. Kapitel 4 schildert die Situation in Ostdeutschland vor und während der Umbrüche 1989/90 und analysiert, ob diese Ereignisse als Revolution betrachtet werden können, indem die Theorien der genannten Soziologen angewandt werden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Revolutionsbegriff, der historischen Soziologie, den Umbrüchen in Ostdeutschland 1989/90, den Theorien von Skocpol, Tilly und Arendt sowie der Frage, ob die Ereignisse 1989/90 in Ostdeutschland eine Revolution waren.
- Arbeit zitieren
- Nathalie Mainka (Autor:in), 2019, Ostdeutschland 1989/90. Eine Revolution?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/489065