"Shareconomy". Konsumverhalten im Wandel und die Bedeutung für das Marketing


Bachelorarbeit, 2015

40 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Vorgehensweise

2 Share Economy
2.1 Der Weg zur Share Economy
2.2 Merkmale der Ökonomie des Teilens

3 Das Konsumverhalten
3.1 Theoretische Grundlagen des Konsumverhaltens
3.1.1 Psychische Faktoren
3.1.2 Soziale Faktoren
3.1.3 Persönliche Faktoren
3.2 Das Konsumverhalten in der Share Economy
3.2.1 Psychische, soziale und persönliche Faktoren in der Share Economy
3.2.2 Sharing-Motive in den unterschiedlichen Share Economy Modellen

4 Die Herausforderungen für das Marketing
4.1 Herausforderungen durch die Umweltbedingungen
4.2 Herausforderungen durch das Konsumverhalten

5 Strategien für das Marketing in der Share Economy
5.1 Branchenspezifische Strategien
5.2 Branchenübergreifende Strategien

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Bedürfnishierarchie nach Maslow

Abb. 2: Die Sinus-Milieus in Deutschland

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

„Die Ära des Eigentums geht zu Ende, das Zeitalter des Zugangs beginnt.‟1 Das Konsumverhalten und die Werteeinstellungen innerhalb der Gesellschaft haben sich in den letzten Jahren verändert:2 Die eigene Lebensweise wird immer häufiger hinterfragt und Aspekte wie Nachhaltigkeit und Lebensqualität rücken in den Fokus der Menschen. In diesem Zusammenhang gewinnt die „Share Economy“3 zunehmend an Bedeutung. Die Share Economy beruht auf dem Grundsatz zum gemeinschaftlichen Teilen, Tauschen und Leihen. Die Share Economy wird häufig als zusammengesetztes Wort „Shareconomy“ oder auch als „Sharing Economy“, „Collaborative Consumption“ oder „P2P Economy“ (Peer-to-Peer-Economy) bezeichnet.4 Sie geht ursprünglich auf Martin L. Weitzman mit dem Werk „The share economy: Conquering stagflation“ aus dem Jahr 1984 zurück. Der amerikanische Ökonom sieht mit der Share Economy die Möglichkeit Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Stagflation aufzuhalten.5 Weltweit wurde im Dezember 2004 das erste Mal online bei Google nach dem Begriff Share Economy gesucht.6 Mittlerweile werden Autos, Wohnungen, Bücher, Kleidung, Schmuck und vieles mehr mithilfe von Online-Plattformen zur Verfügung gestellt, ausgeliehen und getauscht.7 Dies stellt Unternehmen und folglich auch das Marketing vor ungeahnte Herausforderungen, da weniger Produkte verkauft werden: Die Menschen wollen die Unternehmensmarke erleben, sich mit ihr verbunden fühlen und dies mit anderen teilen. Dafür müssen sie allerdings nicht mehr zwingend kaufen. Dies bewirkt einen Wandel in den Konsumgewohnheiten und fordert das Marketing zum Umdenken auf. Doch wie kam es zu den Veränderung in der Gesellschaft und zum derzeitigen Vormarsch der Share Economy? Welche Umweltbedingungen und welche Motive bewirken den Erfolg der neuen Konsumkultur und worin liegt dabei die Bedeutung für das Marketing? Mit der Beantwortung dieser Fragestellung befasst sich diese Arbeit auf den folgenden Seiten.

1.2 Vorgehensweise

Die Zielsetzung dieser Arbeit liegt darin, einen Beitrag zum Verständnis der Share Economy und dem einhergehenden verändertem Konsumverhalten zu leisten. Außerdem soll aufgezeigt werden, welche Bedeutung diese Veränderungen haben und welche Strategien sich aus der neuen Ökonomie des Teilens für das Marketing ableiten lassen. Dafür wird zunächst die Share Economy genauer betrachtet und erläutert, welche grundlegenden Veränderungen diese neue Konsumform begünstigen. Außerdem werden die Ursprünge und Anfänge der Share Economy betrachtet. Darüber hinaus werden Merkmale und Ausprägungen veranschaulicht, sowie Differenzierungen aufgezeigt. Im nächsten Abschnitt liegt der Fokus auf den Konsumgewohnheiten. Die theoretischen Grundlagen des Konsumverhaltens umfassen hierbei die psychischen, sozialen und persönlichen Faktoren der Kaufentscheidung. Die psychischen Faktoren der Kaufentscheidung beinhalten unter anderem Emotionen, Motive und Motivation.8 Die sozialen Faktoren der Kaufentscheidung beinhalten die Faktoren Familie, Bezugsgruppen und soziale Milieus.9 Außerdem werden die persönlichen Faktoren der Konsumenten betrachtet. Anschließend werden die verschiedenen Faktoren auf die Share Economy angewandt und analysiert. Nach der Betrachtung der theoretischen Grundlagen, wird die Blickrichtung auf die Motivation der Konsumenten gerichtet. Diese Vorgehensweise verfolgt das Ziel erklären zu können, inwiefern die Entwicklung der Share Economy durch bestimmte Motive der Konsumenten begünstigt wird. Die Motive für die unterschiedlichen Sharing Modelle werden mithilfe von zwei Studien analysiert und diskutiert. Im nächsten Abschnitt werden die Herausforderungen für das Marketing betrachtet. Die Betrachtung und Analyse der veränderten Umweltbedingungen und dem gewandelten Konsumverhalten der Gesellschaft soll es ermöglichen, Strategien für das Marketing in der Share Economy abzuleiten. Abschließend verdeutlicht das Fazit die wesentlichen Erkenntnisse der Arbeit und reflektiert die Ergebnisse kritisch. Außerdem wird ein Ausblick gegeben, welche Wissenslücken sich aus der Arbeit ergeben und welche Übertragungsfelder sich aufgetan haben.

2 Share Economy

2.1 Der Weg zur Share Economy

Bryan Walsh verdeutlichte 2011 im US-amerikanischen Nachrichtenmagazin TIME, dass die Share Economy weitreichende Veränderungen mit sich bringen wird: „Someday we’ll look back on the 20th century and wonder why we owned so much stuff.“10 Dabei ist die Idee des wirtschaftlichen Teilens nicht neu. Es gibt bereits seit dem 18. Jahrhundert traditionsreiche genossenschaftliche Geschäftsmodelle. Zwischen Unternehmen gibt es schon lange Zusammenschlüsse wie beispielsweise der Maschinenring in der Landwirtschaft oder auch unterschiedliche Lesezirkel. Aber auch zwischen Privatpersonen ist das Teilen nichts Neues. Mitfahrzentralen, Wohngemeinschaften, Bibliotheken oder auch Videotheken gehören schon lange Zeit der Gesellschaft an.11 Dennoch konsumierten die Menschen in den letzten 50 Jahren im Vergleich zu heute sehr individuell. Heutzutage ist allerdings eine neue Tendenz zu beobachten: Die Share Economy dringt in das kulturelle, politische und wirtschaftliche System ein und die Konsumenten erleben, welchen Nutzen sie aus dem gemeinschaftlichen Teilen ziehen können.12 Zum einen findet in der Gesellschaft die Suche nach mehr Nachhaltigkeit statt. Viele Konsumenten legen mehr Wert darauf, nachhaltig zu konsumieren. Ressourcen sollen geschont werden und auch noch für spätere Generationen zur Verfügung stehen. Dies sind Faktoren, welche durch die Share Economy erfüllt werden können. Zunehmend wird mehr Wert auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit gelegt. Außerdem verlieren Statussymbole, wie beispielsweise das eigene Auto, verstärkt an Relevanz, denn die Bedeutung des eigenen Besitzes ist nicht mehr so hoch wie zuvor.13 Pelzer und Burgard erläutern, dass der Besitz zunehmend als Last angesehen wird und kontinuierlicher Konsum immer weniger erstrebenswert ist.14 Die Menschen besitzen das Selbstbewusstsein die Dinge, die sie brauchen zu leihen und müssen sie uneingeschränkt besitzen. Beispielsweise das Auto, welches bisher als Statussymbol angesehen wurde, wird durch Haltungskosten wie Versicherung, Kraftstoff und Abnutzung zunehmend als Belastung empfunden.15 Die temporäre Verfügbarkeit der Güter in der Share Economy ermöglichen außerdem kleine Vergnügen die sonst nicht möglich waren: Ein Fahrt bei gutem Wetter mit einem Cabrio ist nur noch ein Mausklick entfernt. Es geht nicht mehr darum das Auto selbst zu besitzen, sondern das Erlebnis und die Freude an der Nutzung. Dafür wird kein Eigentum mehr benötigt, sondern nur noch das Nutzungsrecht übertragen.16 Der beschleunigte Konsum ermöglicht dadurch wesentlich einfacher neue Konsumerlebnisse.17 Der Fokus liegt zunehmend auf der Leistung der Konsumgüter an sich und einer hohen Lebensqualität.18

Vor allem informationstechnologische Fortschritte begünstigen die Entwicklung und verbreiten zudem den neuen Trend rasant und global.19 Die bedeutendste technische Innovation stellt hierbei das Internet dar, welches seit dem Jahr 1990 existiert. Seitdem erfuhr das Internet ein rasantes Wachstum und inzwischen setzt sich der neue Zeitabschnitt Web 2.0 durch.20 Der Begriff Web 2.0 wurde erstmals im Jahr 2003 von Eric Knorr, Chefredakteur des amerikanischen IDG Magazins InfoWorld, verwendet.21 Das Web 2.0 wird auch Social Web bezeichnet und schafft eine neue Kultur des Teilens, an der sich 83 Prozent der gesamten Internet-Nutzer beteiligen. Die jüngere Generation im Alter von 14 bis 29 Jahren beteiligen sich sogar zu 97 Prozent.22 Die Entstehung des Internets und des Web 2.0 ermöglichte ein neues Transparenzverständnis und eine Kultur die untereinander teilt.23 Zimmermann geht noch einen Schritt weiter und sagt, das Web 2.0 (web of communication) gehöre schon bald der Vergangenheit an. Er spricht von dem neuen „web of participation“24, indem Smartphones und SmartTV sowie soziale Medien in den Alltag integriert sind und das Verhalten der Nutzer nicht nur beeinflusst, sondern sogar schon bestimmt. Vor allem die Generation, die es gewohnt ist Fotos, Videos, Musik, Standorte oder Inhalte mit vielen anderen Menschen im Internet zu teilen, treibt die Share Economy voran. Das Teilen ist längst in das Bewusstsein übergegangen und es herrscht eine große Mitteilsamkeit einiger Menschen. Dabei geht es vor allem um das menschliche Bedürfnis sich mitzuteilen oder darzustellen. Allerdings erfolgt dies häufig auf Kosten der Offenlegung von persönlichen Daten.25

Die Digitalisierung verändert nicht nur das Verhalten der Menschen, sondern auch die Mechanismen der Märkte grundlegend. Alle Ressourcen, die nicht ständig vom Eigner genutzt werden, können über das Internet vorrübergehend verliehen werden. Das Internet reduziert die Suchkosten um ein Vielfaches und ermöglicht dadurch auch die kurzweiligen Transaktionen von Gütern. Außerdem ist es wesentlich einfacher geworden einen Tauschpartner zu finden.26 Ohne das Internet waren die Menschen auf unmittelbar regionale Märkte begrenzt, damit überhaupt Interaktionen zustanden kommen können. Es wäre unsicher, ob Nachfrager bestehen und ob überhaupt ein Tausch möglich ist. Die digitale Interaktion mithilfe des Internets vereinfacht die Suche nach einem Tauschpartner und ist wesentlich zeitsparender.27 Außerdem löst das Internet kontroverserweise das Problem der Anonymität zwischen den Anbietern und folglich des fehlenden Vertrauens: Aufgrund von Informationsproblemen von weitgehend anonymen Anbietern und Nachfragern war ein Austausch häufig riskant. Die eigene Wohnung oder das Auto einem Fremden zu überlassen war undenkbar und dadurch kamen diese Transaktionen nicht zustande. Mithilfe von Bewertungs- und Reputationsmechanismen kann das Vertrauensproblem gelöst werden. Die Anonymität der Nutzer wird aufgebrochen und die Reputation der Tauschpartner verhilft zu mehr Vertrauen. Diese Faktoren haben es zur Folge, dass private Transaktionen zustande kommen, die zuvor aufgrund zu hoher Such- und Transaktionskosten gescheitert sind.28 Weitere technologische Entwicklungen über das Internet hinaus ermöglichen neue wirtschaftliche Aktivitäten und bereiten der Share Economy eine Umgebung mit besten Entwicklungsmöglichkeiten.29 Das Free-Floting Modell des Car Sharings beispielsweise verdeutlicht dies eindrucksvoll: Das Auto wird im Internet gebucht, das Fahrzeug per GPS geortet und die Autotür wird mithilfe einer App geöffnet.30 Solche Geschäftsmodelle wurden erst durch den technischen Fortschritt möglich und verdeutlichen, welches Potential in neuer Technologie auch für die Share Economy steckt.

Der Share Economy kommt außerdem zu Gunsten, dass sich der Gütermarkt derzeit wandelt, da Grenzen zunehmend erreicht werden und Bedürfnisse gesättigt sind. Der heutige Markt ist geprägt von Massenprodukten. Die Tendenz geht allerdings hin zur Qualität und weg von billigen Massenproduktionen. Der Fokus wird auf den Nutzen und die Funktionalität gerichtet, wohingegen zuvor nur vertriebs- und absatzorientiert agiert wurde. Der Markt ist von Wachstumszwängen geprägt und Produkte werden ausgetauscht, statt repariert. In diesem Zusammenhang ist im Gegensatz dazu das Entstehen von Selbsthilfewerkstätten oder auch Repair Cafés zu beobachten, welche sich auf die Reparatur defekter Gegenstände konzentrieren. Der kollaborative Konsum setzt somit auf Eigenproduktion, Gemeinschaftsnutzen und längere Nutzungsdauern.31 Die Share Economy wird dadurch vorangetrieben, dass das stetige Wachstum des Marktes vorbei ist. Es findet aufgrund von Reizüberflutung eine Neuorientierung und die Suche nach Alternativen statt. Dies hängt damit zusammen, dass sich der Markt auf die Post-Wachstumsökonomie zubewegt. „Peak Everything“ beschreibt den Zeitpunkt, an dem Ressourcen maximal gefördert wurden. Dieser verdeutlicht derzeit, dass die Wachstumsgrenzen der Wirtschaft erreicht worden sind und dies kommt der neuen Ökonomie des Teilens zugute.32 Außerdem wird in der Literatur der Vertrauensverlust der Gesellschaft gegenüber Unternehmen durch die Finanzmarktkrise diskutiert.33 Traditionelle Geschäftsmodelle gerieten dadurch in die Kontroverse und neue Unternehmen, welche auf die Bedürfnisse der Nachfrager stärker eingehen, heben sich von diesen ab. Ob die Finanzmarktkrise allerdings tatsächlich ein Einflussfaktor für die Share Economy war, stellen Botmans und Rogers in Frage. Diese erklären das plötzliche Wachstum der Share Economy dadurch, dass es sich um eine ständig wachsende Bewegung von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt handelt, die sich an der Ökonomie des Teilens beteiligen.34 In Deutschland allerdings beteiligen sich nur eine kleine Zahl der potentiellen Nachfrager an der Share Economy. Die Voraussetzung zur Teilnahme stellt allerdings die Nutzung des Internets dar, bei der eine zunehmende Tendenz zu beobachten ist.35 In diesem Zusammenhang muss Vertrauen zur Share Economy aufgebaut werden. Einem Fremden die eigene Wohnung, das Auto oder sonstige persönliche Dinge zu überlassen, wirft bei vielen Menschen Fragen auf. Wie sicher ist die Wohnung oder kann das eigene Auto gestohlen werden? Ein Vergleich stellt das Online-Shopping dar, welches vor 15 Jahren in Amerika neu entstanden ist. Damals waren die Menschen um die Sicherheit des Online-Shoppings besorgt. Heutzutage ist das Einkaufen im Internet nicht mehr aus der Gesellschaft wegzudenken. Auch zur Share Economy muss erst ein gewisses Vertrauen aufgebaut werden, bis sich immer mehr Menschen ohne Bedenken auf die Share Economy einlassen.36

2.2 Merkmale der Ökonomie des Teilens

Bei der Betrachtung der Share Economy wird schnell deutlich, dass eine Differenzierung notwendig ist, da sie zu vielfältig und facettenreich ist. So kann die Share Economy einerseits in Form eines nachbarschaftlichen oder freundschaftlichen Austauschs stattfinden. Andererseits kann die Share Economy aber auch kommerziell orientiert sein.37 Heinrichs und Grunenberg definieren dabei noch weitere Abstufungen: „Kommerziell‌“ im Sinne von unternehmerischen Sharing-Ansätzen, „gemischt“ als Ausprägung von öffentlichen Ansätzen und „nicht-kommerziell“ in bürgergesellschaftlichen Modellen.38 Da im Mittpunkt dieser Arbeit allerdings die Bedeutung für das Marketing steht, wird nachfolgend auf die kommerziellen Sharing-Ansätze eingegangen. Weiter ist eine Differenzierung zwischen dem Teilen online und dem Teilen offline möglich. Wie im vorherigen Kapitel allerdings bereits erläutert wurde, gehen mit dem Teilen online im Internet wesentliche Vorteile einher (geringe Such- und Transaktionskosten), welches das Teilen offline aus kommerzieller Sicht unattraktiv macht. Darüber hinaus kann eine Differenzierung über die Organisationsform stattfinden. Das Teilen ist zwischen Unternehmen, Kunden, Vereinen, Initiativen, öffentlichen Einrichtungen oder zwischen Privatpersonen möglich.39 Grundsätzlich gibt es nach Botsman und Rogers drei Systeme, wie in der Share Economy konsumiert wird. Sie unterscheiden zwischen Product Service Systems, Redistribution Markets und Collaborative Lifestyles.40 Product Service Systems (Produkt-Dienstleistungssysteme) basieren auf dem Prinzip, bestimmte Güter nicht selbst kaufen zu müssen, da sie alternativ auch ausgeliehen werden können. Entweder stellen Unternehmen eine Auswahl von Produkten zur Verfügung oder Privatpersonen teilen oder vermieten ihre privaten Güter. Das Teilen zwischen Privatpersonen wird als „Peer-to-Peer“ bezeichnet.41 Gegen eine entsprechende Gebühr stehen dadurch unterschiedlichste Produkte zur Verfügung. Dies bewirkt, dass der traditionelle Markt, auf dem der private Besitz im Mittelpunkt steht, in Gefahr gerät. Die Konsumenten genießen den Vorteil das Produkt nicht kaufen zu müssen. Außerdem fallen keine Belastungen durch Wartung, Reparatur oder Versicherungen an. Darüber hinaus können die Produkte flexibel gewählt werden und spontaner an die Bedürfnisse angepasst werden, als wenn sie selbst gekauft werden müssten.42 Außerdem geht der Ansatz auf den Grundgedanken zurück, dass nicht die Dinge an sich benötigt werden, sondern nur der Nutzen und die Erlebnisse, die mit den jeweiligen Gütern einhergehen, von Bedeutung sind. So muss beispielsweise die CD nicht unbedingt im eigenen Besitz sein, sondern nur die musikalischen Daten zur Verfügung stehen. Entscheidend ist das damit verbundene Erlebnis.43 In die Kategorie Product Service Systems fallen beispielsweise klassische Car-, Bike- oder Ride-Sharing Angebote.44 Darüber hinaus aber auch eines der bekanntesten und erfolgreichsten Unternehmen der Share Economy Airbnb (ursprünglich Airbedandbreakfast). Dieses Start-Up Unternehmen aus dem Jahr 2008 erwirtschaftet inzwischen Millionengewinne mit dem Konzept, private Unterkünfte weltweit zwischen Privatpersonen zu vermitteln. Dabei war die ursprüngliche Intention der Gründer lediglich ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. „We never considered the notion we were participating in a new economy, [...]“ erläuterte der CEO und Mitbegründer von Airbnb Brian Chesky dem Forbes Magazine.45

Das zweite System nach Botsman und Rogers sind die Redistribution Markets (Umverteilungsmärkte). Hierbei liegt der Fokus auf neuen oder gebrauchten Produkten, welche der Eigentümer nicht mehr benötigt und dorthin weitergibt, wo Bedarf besteht.46 Diese Form der Share Economy verdeutlicht, dass Produkte wesentlich längere Lebensdauern haben können, als zuvor auf dem klassischen Markt üblich war. Die Produkte bleiben infolgedessen länger im Umlauf und dadurch wird der Nutzen maximiert. Gleichzeitig wird die Verschwendung reduziert. Dies hat zufolge, dass Ressourcen geschont werden und weniger CO2 ausgestoßen wird, da weniger Produkte neu produziert werden müssen. Sogar das erneute Verschicken von gebrauchten Produkten belastet die Umwelt weniger, als wenn sie neu produziert werden würden.47 Redistribution Markets fordern folglich ebenfalls den traditionellen Markt und die Beziehungen zwischen Produzent, Einzelhandel und Kunde heraus. „Kaufe mehr“ und „kaufe neu“ finden keinen Anklang mehr in der Gesellschaft. Botsman und Rogers benennen in diesem Zusammenhang für die Redistribution Markets die fünf „R“ - reduce, recycle, reuse, repair and redistribute.48 Dies bedeutet reduzieren, wiederaufbereiten, wiederverwenden, reparieren und umverteilen und stellt die Kernpunkte dieses nachhaltigen Systems des Konsums dar. Die unterschiedlichsten Produkte können auf Plattformen wie beispielsweise eBay unter Privatpersonen vertrieben werden. Bei diesem Beispiel werden die Produkte gegen Geld angeboten. Anderen Plattformen ermöglichen auch das Verschenken von Produkten oder der Verkäufer erhält Punkte in einem speziellen Punktesystem. Die meisten Plattformen verbinden die Nutzer anonym untereinander. Es gibt allerdings auch Modelle, bei denen Menschen miteinander verbunden werden, die sich untereinander bereits kennen. Ein Beispiel hierfür ist „NeighborGoods“, ein amerikanisches Unternehmen. Diese speziellen Systeme sind allerdings in Deutschland bisher noch nicht weit verbreitet und bisher überwiegend in den USA anzutreffen.49 Derzeit etablieren sich hierzulande allerdings auch neue Unternehmen wie Kleiderkreisel und foodsharing.de, welche sich auf einzelne Produktarten, wie in diesem Fall Kleidung und Nahrung, spezialisieren.

Die dritte Kategorie nach Botsman und Rogers sind Collaborative Lifestyles. Dies beschreibt den gemeinschaftlichen Lebensstil von Menschen mit häufig ähnlichen Interessen. Hierbei wird deutlich, dass nicht nur Autos, Fahrräder oder gebrauchte Produkte geteilt werden können. Es geht nicht um physische Gegenstände, sondern um Dienste und den Tausch in Form von Geld, Zeit, Platz oder Fähigkeiten. Dabei wird jedoch vorausgesetzt, dass jeder einen Teil seiner Fähigkeiten zur Verfügung stellt, dafür allerdings auch eine Zugang zur Gesellschaft beziehungsweise der „Nachbarschaft“ erlangt.50 Eines der bekanntesten Beispiele für Collaborative Lifestyle ist das Crowdfunding. Darunter wird die Finanzierung von Unternehmen, Organisationen oder ähnlichem durch zahlreiche private Investoren verstanden. Andere Möglichkeiten des Collaborative Lifestyles stellen Nachbarschaftautos, das gemeinsame Reisen oder das Teilen von Parkplätzen, Gärten, Lagerräumen oder Arbeitsplätzen dar.51 Auch der Austausch von Wissen gegen beispielsweise handwerkliche Fähigkeiten ist möglich. Allerdings muss eine gewisse Wertschätzung vorhanden sein, da häufig kein Austausch von Geld stattfindet und ohne die Währung als Zahlungsmittel das Abwägen der gegenseitigen Dienstleistungen schwierig ist. Der gemeinschaftliche Lebensstil setzt darüber hinaus einen hohen Grad an Vertrauen untereinander voraus. Dies liegt daran, dass eine Mensch-zu-Mensch Interaktion stattfindet und nicht einfach nur ein Produkt übergeben wird. Außerdem geschieht der Austausch überwiegend auf einem lokalen Level.52

Neben den drei Systemen nach Botsman und Rogers, wie in der Share Economy konsumiert wird, ist noch eine Differenzierung der speziellen Dienste in der Share Economy möglich. Die Studie „The New Sharing Economy“ aus dem Jahr 2010 von Kim Gaskins und dem britischen Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Latitude in Zusammenarbeit mit dem Shareable Magazine kategorisiert die Dienste in Life-Cycle, Community Design und Currency.53 Die erste Dimension stellt der Life-Cycle oder auch Lebenszyklus dar. Dieser ist noch einmal unterteilt in Synchron, Asynchron und Kollaborativ und ähnelt stark den drei Systemen nach Botsman und Rogers. Der synchrone Lebenszyklus beschreibt Güter, die in einem zentralen Pool für die Nutzer zugänglich sind. Die Güter werden dann gemietet oder geliehen und anschließend wieder zurück gegeben. Es geht somit im Wesentlichen um den Austausch und synchronen Zugriff auf Güter. Diese Konsumform stimmt mit dem Product Service System überein. Der asynchrone Lebenszyklus kommt den Redistribution Markets nahe. Unterschiedlichste Güter können verkauft, verschenkt, getauscht oder wiedergekauft werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Wiederverwendung von Produkten. Beim kollaborativen Lebenszyklus werden Ressourcen zusammengelegt um gemeinsam auf ein Ziel hingearbeitet. Dabei ist das Bereitstellen und Annehmen von Ressourcen wie Zeit, Geld und Fachkenntnisse von Bedeutung, genau wie beim Collaborative Lifestyle nach Botsman und Rogers. Die nächste Dimension nach Gaskins ist Community Design. Hier wird zwischen zentralisiert und Peer-to-Peer unterschieden. Beim zentralisierten Community Design sind alle Nutzer die Mieter und die gemeinsam nutzbaren Güter werden zentral verwaltet. Im Peer-to-Peer System hingegen können die Nutzer selbst Produkte anbieten, sowie gleichzeitig von anderen Nutzern mieten. Die letzte Dimension Currency kategorisiert die Währung in der Share Economy. Zum einen ist es möglich traditionell Geld als Währung zu verwenden. Alternativ kann allerdings auch wie im Collaborative Lifestyle deutlich wird, mit Fähigkeiten, Zeit, Raum oder Wissen die Bezahlung vorgenommen werden.54

[...]


1 Rifkin 2007, S. 104

2 Vgl. Hamari et al. 2015, S. 1

3 Botsman; Rogers 2011

4 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 95

5 Weitzman 1984

6 Google Trends o.J.

7 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 87

8 Vgl. Preißner 2008, S. 79

9 Vgl. Preißner 2008, S. 89 ff.

10 Walsh 2011

11 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 91

12 Vgl. Bortsman; Rogers 2010, S. 69

13 Vgl. Heinrichs; Grunenberg 2012, S. 24

14 Vgl. Pelzer; Burgard 2014, S. 23 f.

15 Vgl. Botsman; Rogers 2010, S. 107 ff.

16 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 102

17 Vgl. Wala 2011, S. 26 f.

18 Vgl. Heinrichs; Grunenberg 2012, S. 24

19 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 87

20 Vgl. Wala 2011, S. 23ff.

21 Vgl. Knorr 2003, o.S.

22 Wala 2011, S. 28.

23 Vgl. Wala 2011, S. 26 ff.

24 Zimmermann 2014, S. 754

25 Vgl. Schönefeld 2014, S. 167

26 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 92

27 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 96

28 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 92

29 Vgl. Schulist 2012, S. 7

30 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 96

31 Vgl. Bernard 2015, S. 6

32 Vgl. Bernard 2015, S. 7

33 Vgl. Theurl et al. 2015, S 96

34 Vgl. Botsman; Rogers 2010, S. xvi

35 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 97

36 Vgl. Pelzer; Burgard 2014, S. 27

37 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 87

38 Vgl. Heinrichs; Grunenberg 2012, S. 13

39 Vgl. Heinrichs; Grunenberg 2012, S. 13

40 Vgl. Botsman; Rogers 2010, S. xvi

41 Vgl. Theurl et al. 2015, S. 95

42 Vgl. Botsman; Rogers 2010, S. 72

43 Vgl. Botmans; Rogers 2010, S. 97

44 Vgl. Schnur; Günter 2014, S. 403

45 Vgl. Geron 2013, S. 61 f.

46 Vgl. Schnur; Günter 2014, S. 403

47 Vgl. Botsman; Rogers 2010, S. 129

48 Vgl. Botsman; Rogers 2010, S. 73

49 Vgl. Botsman; Rogers 2010, S. 72

50 Vgl. Botsman; Rogers 2010, S. 180

51 Vgl. Schnur; Günter 2014, S. 403

52 Vgl. Botsman; Rogers 2010, S. 73

53 Vgl. Gaskins 2010, S. 11

54 Vgl. Gaskins 2010, S. 11

Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
"Shareconomy". Konsumverhalten im Wandel und die Bedeutung für das Marketing
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Note
1,7
Jahr
2015
Seiten
40
Katalognummer
V489552
ISBN (eBook)
9783668966987
ISBN (Buch)
9783668966994
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Shareconomy Sharing Economie, Collaborative Consumption, P2P Economy
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, "Shareconomy". Konsumverhalten im Wandel und die Bedeutung für das Marketing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/489552

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Im eBook lesen
Titel: "Shareconomy". Konsumverhalten im Wandel und die Bedeutung für das Marketing



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden