Erwartungsbildung, Lernen und die Dynamik von Finanzkrisen


Seminararbeit, 2001

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Heterogenität und Evolution der Erwartungsbildung
2.1. Modell der Währungskrise
2.1.1. Modell des repräsentativen Agenten
2.1.2. Erweiterung des Modells: Heterogene Agenten
2.2. Modell der Evolution der Erwartungsbildung
2.3. Simulationsergebnisse

3. Lern- und Nachahmungseffekte bei Finanzkrisen
3.1. Lern- und Koordinationsprozeß
3.2. Der Mechanismus lokaler Nachahmung
3.3. Simualtionsergebnisse
3.4. Bewertung

4. Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

1. Simulation mit konstantem δe, pex = 0, 33, Quelle: Arifovic und Masson (2000, S. 28)

2. Histogram der PDF von πit,Quelle:EigeneErstellungnach:ArifovicundMas- son (2000, S. 27)

3. Simulation ohne Nachahmungseffekte mit Konvergenz des Systems, Quelle: Schuschny u. a. (2000, S. 5)

4. Selbstorganisierender Prozeß mit Nachahmungseffekten und Hintergrundrau- schen. Quelle: Schuschny u. a. (2000, S. 6)

5. Vergleich des Bank Runs in Argentinien 1994 mit der Simulation. Links die Simulation ohne, rechts mit Regeln zum Smoothing. Quelle: Schuschny u. a. (2000, S. 8)

1. Einleitung

Die jüngsten Finanzkrisen in den Emerging Markets haben dazu geführt, daß vermehrt über die Ursachen dieser Krisen nachgedacht wird: Sind sie das Ergebnis politscher Fehler, struktureller Probleme oder werden sie gar zufällig ausgelöst, aufgrunder einer Verschiebung der Markter- wartungen.

Im folgenden soll der Einfluß von Lernprozessen und Nachahmungseffekten auf die Erwar- tungsbildung der Anleger untersucht werden, und in wieweit diese Finanzkrisen auslösen oder verstärken. Hierzu werden zwei Artikel ausgewertet, die diese Prozesse beschreiben. Ausgehend von ähnlichen Annahmen über Lern- und Nachahmungseffekte und die Evolution von Erwar- tungen, legen sie unterschiedliche Schwerpunkte: Arifovic und Masson (2000) untersuchen vor allem die Entwicklung der Erwartungen der Agenten, während Schuschny u. a. (2000) ein Sy- stem entwickeln, das anhand der Lern- und Nachahmungseffekte den Übergang infolge eines exogenen Schocks erklärt.

Im ersten Teil des Papers wird der Aufsatz von Arifovic und Masson (2000) zusammenfassend dargestellt. Hierzu wird ein Krugman-Modell der Währungskrise mit einem repräsentativen Agenten erläutert und dieses für den Fall heterogener Agenten erweitert. Anschließend werden die Zusammenhänge bei der Evolution der Erwartungsbildung erklärt. Den ersten Teil schließen dann die Ergebnisse einer Simulation des Modells ab.

Im zweiten Abschnitt wird Schuschny u. a. (2000) erläutert. Für ein bar-attendance-Modell wird der Lern- und Koordinationsprozeß entwickelt und danach der Nachahmungsmechanis- mus. Darauf folgen die Ergebnisse einer Simulation und ihr Vergleich mit den Vorgängen in Argentinien 1994.

Schließlich werden die Ergebnisse der beiden Aufsätze zusammengefaßt und miteinander verglichen.

2. Heterogenität und Evolution der Erwartungsbildung

Arifovic und Masson (2000) beschreiben in ihrem Modell das Verhalten von risikoneutralen Anlegern, die vor der Wahl stehen, ihr Vermögen für eine Periode in einem „Emerging Market“ (EM) oder in den USA anzulegen sowie das Verhalten der Zentralbank eines EM, die einen fixen Wechselkurs mittels Devisenreserven verteidigt, bis diese aufgebraucht sind.

2.1. Modell der Währungskrise

Zunächst wird das Modell mit rationalen Erwartungen eines repräsentativen Agenten dargestellt, das später für den Fall exogener Erwartungen der Wirtschaftssubjekte erweitert wird.

2.1.1. Modell des repräsentativen Agenten

Das US-Wertpapier ist risikofrei und hat den bekannten Zinssatz rt, während der Zinssatz des EM-Wertpapier rt ein Abwertungsrisiko beinhaltet. Der repräsentative Agent investiert einen Anteil λt seines konstanten VermögensW in EM-Wertpapiere, so daß der erwartete Ertrag beider Anlagemöglichkeiten übereinstimmt. Sei nun πt die Wahrscheinlichkeit einer Abwertung um den Betrag δe, ergibt sich die Bedingung für das Portfolio-Gleichgewicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Somit besteht für gegebenen US-Zinssatz und gegebenen Abwertungsbetrag ein negativer Zusammenhang zwischen dem EM-Zinssatz und dem Anteil λt, der sich invertiert wie folgt darstellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie im Krugman-Modell wird eine Abwertung durch einen Rückgang der Devisenreserven unter eine Mindestmenge ausgelöst. Dabei ergibt sich die Veränderung der Reserven durch den Nettokapitalimport zuzüglich der Handelsbilanz, abzüglich der Zinszahlung auf die Nettoaus- landsverschuldung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei wird für die Handelsbilanz angenommen, daß sie einem stochastischem, genauer: einem AR(1)-Prozeß folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Somit erfüllt die bedingte Wahrscheinlichkeit für eine Abwertung in der Folgeperiode πt = Prt(Rt+1 < 0|keineAbwertung) die Bedingungen für rationale Erwartungen. Diese Wahrscheinlichkeit läßt sich dabei unter der Annahme, daß das Reserveniveau Rt zur Informationsmenge des repräsentativen Agenten gehört, so formulieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese letzte Gleichung determiniert die rationalen Erwartungen in Bezug auf die Abwer- tungswahrscheinlichkeit für einen gegebenen stochastischen Prozeß von Tt. Obwohl sich die Dynamik von (5) nur schwer darstellen läßt, kann man für den Fall, daß B nur von πt+1 ab- hängig ist, und daß Übergänge zwischen verschiedenen Gleichgewichten von einer Markov- Übergangsmatrix beschrieben werden, zeigen, daß eine unbegrenzte Anzahl von rationalen Er- wartungslösungen existiert. Somit erscheint es unwahrscheinlich, daß alle Agenten zu einem bestimmten Zeitpunkt die gleiche Einschätzung in bezug auf πt besitzen. Dies widerspricht der Annahme, daß sich das Verhalten aller Wirtschaftssubjekte durch einen repräsentativen Agenten darstellen läßt.

2.1.2. Erweiterung des Modells: Heterogene Agenten

Diese letzte Schlußfolgerung führt zu einem Modell mit heterogenen Agenten. Es gibt n Investo- ren, jeder mit einem VermögenW , die Erwartungen über die Abwertungswahrscheinlichkeit πi t und -höhe δe,it bilden.SolangedererwarteteErtraggleichgroßist,sindsieindifferentzwischen einer Anlage in US-Wertpapieren oder EM-Wertpapieren, da sie risikoneutral sind. Daraus folgt, daß sie ihr gesamtes Vermögen in eine der beiden Anlagemöglichkeiten investieren, solange die erwarteten Zinssätze unterschiedlich sind. Somit gilt für den Anlageanteil λit einesInvestors:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Und es ergibt sich die Nachfrage nach EM-Wertpapieren durch ausländische Investoren aus1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Geschäftsbanken im EM setzten den Zinssatz so, daß er die Markterwartungen hin- sichtlich des Ertrags der EM-Verschuldung wiederspiegelt. Es wird angenommen, daß die Ge- schäftsbanken selbst keine Erwartungen bilden, vielmehr nehmen sie den Durchschnitt der Er- wartungen der Anleger als Maß der Höhe der erwarteten Abwertung. Das heißt, der Zinssatz auf EM-Anlagen entspricht dem US-Zinssatz plus einem gewichteten Durchschnitt der erwarteten Abwertungsrate:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da von heterogenen Erwartungen ausgegangen wird, wird nur derjenige Anleger zutref- fende Erwartungen haben, dessen Erwartungen den durchschnittlichen Erwartungen entspricht. Jeder einzelne Anleger wird seine Investitionsentscheidung von einem Vergleich mit der durch den Zinssatz ausgedrückten durchschnittlichen Erwartung abhängig machen. Wenn er optimisti- scher ist, in dem Sinne, daß er eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine Abwertung annimmt als der Durchschnitt, wird er sein Vermögen im EM anlegen, ansonsten in US-Wertpapiere. In diesem Modell ist die Anleger-Heterogenität der Schlüssel, um den Betrag der EM-Wertpapiere zu ermitteln.

Unter den in den Gleichungen (3) und (4) gemachten Annahmen lassen sich die folgenden Aussagen über das Eintreten einer Abwertung machen:

So lange die Reserven Rt über einem Mindestmaß liegen, das im folgenden bei Null liegen soll, erfolgt keine Abwertung, δt = 0.2 Sollten die Reserven jedoch negativ werden, kommt es zu einer Abwertung, die den Betrag der Schulden reduziert, der zurückgezahlt wird. Dabei be- stimmt sich die Höhe der Abwertung danach, wie groß der Fehlbetrag in der Zahlungsbilanz ist, der die Reserven in den negativen Bereich gedrückt hat, relativ zu den gesamten ausländischen Einlagen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Obwohl die Abwertung den geschuldeten Betrag erst in t + 1, nicht in t verringert, wird angenommen, daß sich die Bestandteile der Zahlungsbilanz so aufaddieren, daß die Reserven in t nicht kleiner als Null werden. Nachdem somit der Modellrahmen gegeben ist, wird im folgenden Abschnitt dargelegt, wie sich die Erwartungen hinsichtlich Wahrscheinlichkeit und Höhe einer Abwertung bilden.

2.2. Modell der Evolution der Erwartungsbildung

Es wird nun ein Lern-Modell untersucht, das n Agenten betrachtet, die begrenzt rational sind und die die Erfahrungen und das Wissen sammeln, die notwendig sind, um ihr Ergebnis im Zeitablauf zu verbessern. Der Lern-Algorithmus beschreibt die nachahmungsbasierte Anpassung der Regeln der Erwartungsbildung, wobei eine Regel hier ein Punktschätzer von (πit,δte,i)ist.Der Maßstab für den Erfolg einer Regel, ihre Fitness µit,istderrealisierteErtrag:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

falls in EM-Wertpapiere investiert wurde und

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

bei Anlage in US-Wertpapiere.

Sollte aufgrund einer Abwertung (δt > rt) die Fitness einen negativen Wert erhalten, wird diese gleich Null gesetzt. Somit erhalten alle Erwartungsregeln, die zu einem der beiden möglichen Werte von λi t führen, den gleichen Fitness-Wert, auch wenn sie unterschiedliche Werte für πi t und δt e,i haben. Es wird unterstellt, daß die Anleger am Ende jeder Periode ihre Erwartungen πt i und δt e,i aktualiseren, entweder durch Nachahmung erfolgreicherer Regeln oder durch zufällige Experimente. Diese beiden Seiten der Erwartungsbildung werden im folgenden behandelt: Bei der Nachahmung wird davon ausgegangen, daß zu Beginn jeder Periode t ein Investor i ∈ [1, . . . , n] seine Regel mit der Regel eines zufällig gewählten Investors j ∈ [1, . . . , n] vergleicht. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit P rt j, daß eine Regel j gewählt wird, gleich der relativen Fitness der Regel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Es wird angenommen, daß das Wertpapierangebot in den USA und im EM unabhängig vom jeweiligen Zinssatz ist und die Nachfrage immer befriedigt wird.

2 Beachte das fehlende Superscript, da es sich um realisierte Werte handelt.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Erwartungsbildung, Lernen und die Dynamik von Finanzkrisen
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Veranstaltung
Seminar zur Geld- und Kredittheorie
Note
1,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
15
Katalognummer
V49000
ISBN (eBook)
9783638455558
ISBN (Buch)
9783638782302
Dateigröße
1082 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erwartungsbildung, Lernen, Dynamik, Finanzkrisen, Seminar, Geld-, Kredittheorie
Arbeit zitieren
Owe Jessen (Autor:in), 2001, Erwartungsbildung, Lernen und die Dynamik von Finanzkrisen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49000

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