Als Thomas S. Kuhn im Jahr 1962 seine Monographie "The Structure of Scientific Revolutions" veröffentlichte, präsentierte er damit eine radikal neue Theorie des wissenschaftlichen Fortschritts. Sein Modell sollte das bisher in Wissenschaftstheorie und -geschichte herrschende, klassische Verständnis der Wissenschaft ablösen: dieser bisherigen Auffassung entsprechend ist wissenschaftlicher Fortschritt ein linear "kumulativer Prozess, von dem man glaubte, er habe die einzelnen Beiträge zur Wissenschaft zusammengefügt" (Kuhn,1993: 17). In diesem Bild, das aus der pädagogisch-didaktischen Struktur resultiert, mit welcher Wissenschaft und ihre Geschichte gelehrt und gelernt wird, ist wissenschaftliches Arbeiten also die schrittweise und stetige Anhäufung oder Enthüllung von Wissen. Frühere Forschungsansätze und Theorien, die als widerlegt und veraltet angesehen werden, und nicht direkt zum momentanen Wissensstand beigetragen haben, werden daher als Irrwege betrachtet und weitgehend ignoriert (Kuhn, 1993: 16f). In ihrem eigenen Zeitalter und vor dem Hintergrund technischer Möglichkeiten und historischer Einflüsse gesehen, sind jedoch auch die veralteten Theorien durchaus logisch und nachvollziehbar, obwohl sie sich später als falsch erwiesen haben (Kuhn, 1993: 17). Im Gegensatz zu dem Bild der Wissenschaft als kumulativem Prozess entwickelt Kuhn sein Modell von einer Entwicklung, die von revolutionären Sprüngen gekennzeichnet ist und in dem die wissenschaftliche Gemeinschaft von einem Paradigma geleitet wird.
Dieses Kuhn'sche Modell der Struktur wissenschaftlichen Forschritts soll im Folgenden in seinen Grundzügen dargestellt werden: das Konzept des Paradigmas, die sogenannte Phase der "normalen Wissenschaft" und wie diese durch eine Krise beendet werden kann. Ausführlicher behandelt wird dann der Ablauf der eigentlichen wissenschaftlichen Revolution, bevor abschließend noch die Frage untersucht werden soll, wie Kuhns Theorie - die sich im wesentlichen mit den naturwissenschaftlichen Disziplinen beschäftigt - auf die Entwicklung der Soziologie angewandt werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Kuhns Modell als neuer Ansatz in der Wissenschaftstheorie...
- Das Paradigma und seine Funktion.
- Die Phase der "normalen Wissenschaft"
- Das Auftreten von Anomalien und die Krise der "normalen Wissenschaft".
- Die wissenschaftliche Revolution......
- Der Begriff der Revolution.......
- Die Notwendigkeit wissenschaftlicher Revolutionen...
- Der Ablauf der Revolution.
- Die Durchsetzung wissenschaftlicher Revolutionen.
- Die Rückwirkungen der Revolution auf die Wissenschaft
- Kuhns Modell und seine Anwendung auf die Soziologie.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text untersucht die Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen, die Thomas S. Kuhn in seinem Werk "The Structure of Scientific Revolutions" (1962) dargelegt hat. Dabei wird Kuhns Modell als ein radikal neuer Ansatz in der Wissenschaftstheorie präsentiert, der das klassische Verständnis vom linearen und kumulativen wissenschaftlichen Fortschritt in Frage stellt.
- Das Paradigma als Grundlage für die "normale Wissenschaft"
- Die Herausforderungen und Krisen der "normalen Wissenschaft"
- Die wissenschaftliche Revolution als ein Prozess des Wandels und der Erneuerung
- Die Bedeutung wissenschaftlicher Revolutionen für die Entwicklung von Wissen
- Die Anwendung von Kuhns Modell auf die Soziologie
Zusammenfassung der Kapitel
2. Das Paradigma und seine Funktion
Dieses Kapitel erläutert das Konzept des Paradigmas in Kuhns Modell. Paradigmen werden definiert als "allgemein anerkannte wissenschaftliche Leistungen, die für eine gewisse Zeit einer Gemeinschaft von Fachleuten maßgebende Probleme und Lösungen liefern" (Kuhn, 1993: 10). Das Kapitel analysiert die Funktionen des Paradigmas für die wissenschaftliche Gemeinschaft, wie beispielsweise die Abgrenzung und Strukturierung des jeweiligen Fachbereichs, die gemeinsame Basis für die Forschung, den Aufbau von Kommunikationsstrukturen und die Konstituierung von gemeinsamen Werten.
3. Die Phase der "normalen Wissenschaft"
Dieses Kapitel fokussiert auf die Phase der "normalen Wissenschaft", die durch das Vorhandensein eines Paradigmas charakterisiert ist. Es wird beschrieben, wie Wissenschaftler während dieser Phase versuchen, die Reichweite des Paradigmas zu erforschen, Fakten zu beleuchten, die im Zusammenhang mit der Entstehung des Paradigmas stehen und die Theorie zu manipulieren, um ihre präzisere Anwendung zu ermöglichen.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Textes sind: Thomas S. Kuhn, wissenschaftliche Revolutionen, Paradigma, normale Wissenschaft, Anomalien, wissenschaftlicher Fortschritt, kumulativer Prozess, revolutionärer Sprung, Soziologie.
- Arbeit zitieren
- Florian Seidl (Autor:in), 2004, Thomas S. Kuhns Theorie von der Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49001