Predigt über Joh 6,1-15 mit exegetischen und homiletischen Vorarbeiten


Examensarbeit, 2013

18 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Erste Annäherung an Joh 6,1-15

3 Situationsanalyse

4 Homiletischer Kommentar

5 Exegetischer Kommentar

5.1 Arbeitsübersetzung von Joh 6,1-15
5.2 1. Szene (Verse 1-4)
5.3 2. Szene (Verse 5-13)
5.4 3. Szene (Verse 14 und 15)

6 Predigt

7 Reflexion zum Arbeitsprozess

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die folgende Arbeit befasst sich mit den Schritten, die mich zu meiner Predigt über Joh 6,1-15 geführt haben. Die in einem Erstkontakt mit dem biblischen Text entstandenen Bilder, Gedanken und Assoziationen werden in ihrer lebensnahen Entstehungsart alltagssprachlich skizziert. In einem weiteren Arbeitsschritt beschreibe ich die Situation der kon- kreten Gemeinde. Dabei wird auf soziale, kulturelle und politische Prob- leme des Stadtteils hingewiesen, die insoweit Auskunft geben über die „homiletische Großwetterlage“ der ortsansässigen Gemeinde. Mit Hilfe des homiletischen Konzepts – Predigt als Unterhaltung – nach Albrecht Grözinger1 und seinen homiletischen Ausführungen zur „Politischen Predigt“2 wird ein homiletischer Kommentar erstellt, in dem ich meine Rolle als Predigerin reflektiere. Darüber hinaus verweise ich auf Pre- digtideen und Predigtschwerpunkte und lasse Raum für eigene Anfra- gen. Mit Hilfe der historisch-kritischen Methode wurde ein exegetischer Kommentar erstellt. Die Wahl der Methode begründete sich darin, auf textinterner Ebene nachzuvollziehen, wie der Evangelist Johannes die ihm vorgegebenen Traditionen verwendet hat, um sie in seinem Evan- gelium zu einem Glaubensdokument zu gestalten. Es wird insofern auf sprachlich-syntaktische Besonderheiten und Traditionsfelder hingewie- sen, die zur Verdeutlichung theologischer Themen in der Predigt die- nen sollen. Im Anschluss an die Predigt wird die Evaluation der Arbeitsschritte im Kontext der gesamten Predigtarbeit vorgestellt.

2 Erste Annäherung an Joh 6,1-15

Aufgrund der Dialoge habe ich zunächst den Eindruck, Zuschauer ei- nes Theaterstücks zu sein: Jesus, seine Jünger, das Kind befinden sich auf der „Bühne des Lebens“. Dabei bleiben die 5000 Menschen für mich unsichtbar. Sie stellen für mich eine anonyme Masse dar, die schon aufgrund der Größe den Rahmen meiner Wahrnehmung sprengt. Darüber hinaus wird mir klar, dass mir das Thema „Hunger“ und der Zugang zu ihm fremd sind. Lebensmittel sind für mich jederzeit verfügbar, sodass ich zeitweise kaum unterscheiden kann, ob ich nun wirklich Hunger habe oder nur einfach Appetit verspüre. Hunger bzw. das Hungrigsein erschließt sich mir erst durch das Verhalten meiner Kinder. Vor mir sitzt mein zweijähriger Sohn, dem ich seinen Brei rei- che. Plötzlich wird das Bild von einem blubbernden Brei präsent, der wie im Schlaraffenland nie enden wird. Mein zweiter Sohn, drei Monate alt, fängt an vor Hunger zu schreien. Hier wird der Zusammenhang von Schreien vor Hunger und Stillen und Stillsein deutlich. Nahezu bedroh- lich wirkt die Forderung meiner Kinder nach Nahrung. Im Einfordern von Nahrung wird gerade bei ihnen eine große Angst sichtbar. Eine Angst davor, „zu wenig“ zu bekommen, eine Angst, „nicht gesehen zu werden“, „allein gelassen zu werden“. Erst wenn Sättigung eintritt, ist die Angst weg. Ich denke an Martin Heidegger und ein Zitat aus seinem Buch „Sein und Zeit“: „Wenn die Angst sich gelegt hat, dann pflegt die alltägliche Rede zu sagen: ‚es war eigentlich nichts’.“ Ich sehe, dass Hunger und Angst zum Leben gehören und wir zeitlebens mit ihnen konfrontiert sind.

Ich sehe die Angst der zwei Jünger: Der eine rechnet und der andere verweist verlegen auf das Kind. In mir schreit es: „Fünf Gerstenbrote und zwei Fische sind Peanuts!“ Ich denke noch: „Wir haben immer zu wenig und sind nicht satt zu kriegen.“ Und noch dazu die paradoxe Ansage von Jesus: „soviel sie wollten“. Ich frage mich: „Wie viele Brote und Fische müssten es logistisch gesehen sein?“ Unsere Rechnung geht nicht auf. Aus einem Mangel an Nahrung wird ein Vermehrungs- wunder – sogar ein Verteilungswunder! Es steht wohl kein Zaubertrick dahinter, sondern ein Dankgebet und dabei denke ich an „Unser tägli- ches Brot gib uns heute“.

3 Situationsanalyse

In der Wichernkirche in Hamburg-Hamm bin ich selbst ein Gemeinde- mitglied, daher kann ich mir die ansässige Gemeinde als Hörer/innen meiner Predigt gut vorstellen. Darüber hinaus wohne ich seit 14 Jahren in diesem Stadtteil, so dass sich mir die sogenannte „homiletische Großwetterlage“ aus dieser wohnortnahen Perspektive gut erschließt. Die Wichernkirche stellt sich ihrem Stadtteil als „offen, lebendig und überschaubar“ vor und es stellt sich die Frage, wen sie mit ihren Got- tesdiensten, Veranstaltungen und sonstigen Angeboten erreichen möchte. Im Folgenden werde ich daher auch auf die sozialen, politi- schen und räumlichen Aspekte des Stadtteils Hamm hinweisen.

Der Stadtteil Hamm befindet sich im Bezirk Hamburg-Mitte und hat ca. 37.000 Einwohner.3 Der Stadtteil Hamm wurde vor etwas mehr als zwei Jahren zusammengelegt. Vorher war er in drei Abschnitte unterteilt, diese waren Hamm-Nord, Hamm-Mitte und Hamm-Süd. Die Aufhebung der Grenzen ist als politische Motivation zu deuten, nunmehr in einen einheitlichen Stadtteil hineinzuwirken und ihm den Raum für kulturelle und soziologische Differenzen zu entziehen. Diese politischen Tenden- zen sind zwar erkennbar, spiegeln aber nicht die gegenwärtige soziale Realität wider. So kommt es aktuell in Hamm-Nord zu einem Mangel an Wohnraum, bei gleichzeitigem Anstieg der Mietpreise. Der „Hammer Park“ ist ein attraktives Naherholungsgebiet und wird oft als Argument für höhere Mietpreise angeführt. Mit der Folge, dass ein Wandel im alten Stadtteil Hamm-Nord entsteht. Zunehmend beobachtet man sporttreibende Singles im modernem Look und Kleinfamilien aus der besseren Mittelschicht, die ihre Kinder mit Trendlabels ausstatten.

Hamm-Mitte hat aufgrund seiner geografischen Lage und seiner Be- wohnerstruktur, eine viel größere Nähe zu Hamm-Süd als zu Hamm- Nord. Eine ältere Teilung sah noch „Oben-Hamm“ (Hamm-Nord, auf dem Geestrücken) und „Unten-Hamm“ (Hamm-Mitte und Hamm-Süd auf der alten Elbmarsch liegend) vor. Damals lebten Oberschicht und Unterschicht, nicht nur durch „den Berg“ voneinander getrennt.

Im Gegensatz zum Norden präsentiert sich der Süden als großflächi- ges überwiegend anonymes Industriegebiet, in dem vor knapp zehn Jahren verstärkt sozialer Wohnungsbau durch Genossenschaften be- trieben wurde. Bekannt ist Hamm-Süd vor allem durch den Straßen- strich entlang der Süderstraße und diversen Erotikclubs geworden. Nach Angaben des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig- Holstein ist der Anteil der Alleinerziehenden, der ausländischen Mitbür- ger/innen und der Bürger/innen mit Migrationshintergrund, sowie der Arbeitsuchenden und der Senioren/innen im Vergleich zum Großraum Hamburg – in Hamm deutlich höher.4

Die Wicherngemeinde befindet sich in Hamm-Mitte, in unmittelbarer Nähe der U-Bahnstation „Rauhes Haus“. Die Struktur der Stadtteilbe- wohner spiegelt sich auch in der Zusammensetzung der Gemeindemit- glieder charakteristisch wider. Die „Offenheit“ dieser Kirche zeigt sich in ihrer diakonischen und missionarischen Ausrichtung. Die Wichernkir- che hat eine eigene Kindertagesstätte, eine kircheneigene „Kleider- kammer“ und eine „Bücherstube“ und spricht damit ein breites Spekt- rum an Menschen an, die sonst eher nichts mit der Gemeinde, dem Stadtteil oder der Kirche zu tun haben. Es besteht ein Kontakt zum „Rauhen Haus“, das die Betreuung von Menschen mit psychischen und körperlichen Behinderungen übernimmt und bei der Pflege von Senio- ren/innen mitwirkt, und auch zur nahegelegenen Wichernschule.

Die „erste Wichernkirche“ wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und 1954 von dem Architekten W. Manshardt neu errichtet. Der Raum für den Gottesdienst befindet sich im ersten Stock und ist aufgrund einer langen und steilen Treppe nicht barrierefrei zu erreichen. Auf dem Grundstück der Wichernkirche befindet sich ein Bunker, der kurz nach Beginn des Zweiten Weltkrieges gebaut wurde. Heute dient er für Ge- schichtsinteressierte als „Bunkermuseum“ und wird in Kooperation mit der Stadtteilinitiative Hamm geführt. Die Wichernkirche ist mit derzeit 2270 Gemeindemitgliedern „überschaubar“. Im Gottesdienst finden sich sonntags ca. 20 bis 35 Teilnehmer.5

4 Homiletischer Kommentar

Das Konzept „Predigt als Unterhaltung“ ist eines, das mir aus biogra- phischen Gründen nahesteht. Wenn Grözinger feststellt, das Unterhal- tung lange Zeit in der Geschichte des Protestantismus als verpönt und nicht präsent galt, so sehe ich die Gottesdienste aus meiner Kinder- und Jugendzeit vor mir, in denen sich atmosphärisch Ermahnungen, Belehrungen und Strenge verdichtet hatten. Daher stellt sich mir schon aus biographischen Gründen heutzutage die Frage, wie ich als Predi- gerin neben dem docere und movere nunmehr das delectare integrie- ren kann.

„Predigt als Unterhaltung – so fasse ich zusammen – ist also kein der Sache der Predigt von außen angeheftetes Prädikat, um sie modisch aufzupäppeln, sondern ‚Predigt als Unterhaltung’ hat ihren sachlichen Grund in der Tatsache, daß das Wesen Gottes nur als ein Nacherzäh- len seiner Geschichte, die nun wahrlich voller Spannung ist, expliziert werden kann, eine Tatsache, die selbst noch in der abstrahierenden dogmatischen Begrifflichkeit der Trinitätslehre ihren Niederschlag gefunden hat.“6

Anhand seiner These skizziert Grözinger im Wesentlichen drei homile- tische Konsequenzen. Wenn Grözinger betont, der Prediger sollte in die Schule des unterhaltenden Erzählens gehen, meint er damit die besonders dramatische Verbindung des eigenen Lebens, der eigenen Geschichtlichkeit mit der biblischen Geschichte, die gerade in der Pre- digt transparent werden soll.7 Zunächst halte ich es bei 15 Versen für angemessen, diese vor der Predigt zu lesen und sie auch in die Predigt zu integrieren. Der Raum, in dem Jesus und die anderen Personen sich bewegen, ist in der biblischen Erzählung begrenzt. Daher ist es nötig, zu Beginn der Predigt möglichst viel Raum zu gewinnen, in dem das Thema Essen und Hunger in Bildern oder auch in Sätzen verarbei- tet wird, die eine visuelle und auditive Wahrnehmung ermöglichen. Ich beziehe mich konkret auf eine Gemeindveranstaltung, einen „Koch- abend“ und verarbeite darüber hinaus die Bilder aus meiner Meditation, z.B. „Schlaraffenland“. Da sich im Gottesdienst viele ältere Menschen befinden, halte ich es für angebracht, im biographischen Sinne eine Verbindung von Hunger und Kriegs- bzw. Nachkriegszeiten mit aufzu-

[...]


1 Grözinger, Albrecht, Predigt als Unterhaltung. Bemerkungen zu einer verach- teten homiletischen Kategorie, PTh 76 (1987), 425-440.

2 Grözinger, Albrecht, Homiletik, 320-326.

3 Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, Hamburger Stadtteil- Profile 2012, Band 13, 36 f.

4 A. a. O., 36 f.

5 Wichernkirche online (03.03.2013), http://www.wichernkirche-hamburg.de/

6 Grözinger, A., Predigt als Unterhaltung, 436 f.

7 Vgl. a. a. O., 437.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Predigt über Joh 6,1-15 mit exegetischen und homiletischen Vorarbeiten
Hochschule
Universität Hamburg  (Praktische Theologie)
Note
1,8
Autor
Jahr
2013
Seiten
18
Katalognummer
V490191
ISBN (eBook)
9783668959354
ISBN (Buch)
9783668959361
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Exegese Joh 6, Predigt
Arbeit zitieren
Diplom Theologin Martina Klüver (Autor:in), 2013, Predigt über Joh 6,1-15 mit exegetischen und homiletischen Vorarbeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/490191

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