Der Einfluss des Europäischen Parlaments auf die Gesetzgebung in der Europäischen Union


Seminararbeit, 2005

19 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die geschichtliche Entwicklung der Gesetzgebung

3. Die Verfahren der Gesetzgebung
3.1 Das Unterrichtungsverfahren
3.2 Das Konsultationsverfahren
3.3 Das Kooperations- oder Zusammenarbeitsverfahren
3.4 Das Zustimmungsverfahren
3.5 Das Mitentscheidungs- oder Kodezisionsverfahren

4. Das Haushaltsverfahren

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nach dem Scheitern der Abstimmung über die geplante Verfassung der Europäischen Union in Frankreich und den Niederlanden und der danach aufkommenden Diskussion über die Frage „Wie soll es mit der Europäischen Union weitergehen?“, ist es wichtig sich genauer mit den einzelnen Organen der Europäischen Union zu beschäftigen, um so ein besseres Verständnis für die Sensibilität des Problems zu erhalten.

In der nachfolgenden Arbeit soll das Thema: „Der Einfluss des Europäischen Parlaments auf die Gesetzgebung in der EU“ diskutiert und untersucht werden.

Dabei werde ich die fünf verschiedenen Verfahren der Gesetzgebung vorstellen und dann untersuchen welche Möglichkeiten der Einflussnahme dem Parlament zur Verfügung stehen.

Die Leitfrage meiner Hausarbeit ist: „Hat sich das Europäische Parlament hinsichtlich seines Einflusses auf die Gesetzgebung von einem Forum zu einem aktiven Mitgestalter gewandelt?“

Dabei habe ich diese Frage unter folgenden Gesichtspunkten untersucht:

- kann das Europäische Parlament Änderungsvorschläge einbringen und durchsetzen
- wie viele Lesungen im Parlament sind für ein Verfahren vorgeschrieben
- hat das Parlament eine Vetomöglichkeit

Dazu habe ich meine Arbeit in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil stelle ich die historische Entwicklung der Gesetzgebung in der Europäischen Union vor. Der daran anschließende zweite Teil stellt den Schwerpunkt der Arbeit dar. In ihm stelle ich die verschiedenen Verfahren der Gesetzgebung vor und arbeite die Möglichkeiten der Einflussnahme durch das Parlament heraus. Dabei liegt mein Hauptaugenmerk auf dem Mitentscheidungsverfahren, denn wie schon aus dem Namen ersichtlich, scheint das Parlament hier die größten Einflussmöglichkeiten zu haben. Weiterhin lege ich in diesem Teil die Entwicklung dieses Verfahrens von seiner Einführung 1993 bis zum Vertrag von Nizza 2001 dar.

Im dritten Teil meiner Arbeit stelle ich das Verfahren der Haushaltsaufstellung vor. Dieser Teil ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig, da die Festsetzung und Kontrolle des Haushaltes zwei der wichtigsten Kompetenzen eines Parlaments sind.

Im abschließenden Fazit werde ich meine Leitfrage beantworten und die Ergebnisse dieser Arbeit zusammenfassen.

Ich werde in dieser Arbeit nicht auf die geplante Europäische Verfassung eingehen, da es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie in ihrer bestehenden Form jemals Gültigkeit erlangen wird und die Arbeit daher einen spekulativen Charakter erhalten würde.

Es gibt ein breites Spektrum an Literatur über das Europäische Parlament und in fast allen Büchern findet sich auch etwas über die Gesetzgebungskompetenzen. Jedoch ist mir auch nach der Literatursuche kein Buch bekannt, welches sich ausschließlich mit den Gesetzgebungskompetenzen des Europäischen Parlaments befasst. Als primäre Quelle habe ich das Buch von Andreas Maurer und Wolfgang Wessels „Das Europäische Parlament nach Amsterdam und Nizza“ benutzt, da in ihm die einzelnen Verfahren ausführlich vorgestellt werden und es außerdem den neuesten Forschungsstand widerspiegelt. Im Gegensatz dazu werden in dem Buch von Peter Schönberger „Hauptsache Europa“ zwar auch die Verfahren vorgestellt, da es aber schon elf Jahre alt ist, fehlen daher die Neuerungen beim Mitentscheidungsverfahren. Eine weitere ausführliche Darstellung über den

Gesetzgebungsprozess bietet der Text von Stephan Dreischer „Das Europäische Parlament. Eine Funktionsbilanz.“ aus dem Buch von Werner Patzelt: „Parlamente und ihre Funktionen. Institutionelles Lernen im Vergleich“. Auch dieser Text stellt den neuesten Forschungsstand dar und zeigt auf, an welchen Stellen die einzelnen Verfahren ihre Schwachpunkte haben.

Das Buch von Werner Weidenfeld „Amsterdam in der Analyse“ beleuchtet den Vertrag von Amsterdam und hierbei besonders die Reformen beim Verfahren der Mitentscheidung. Claus Giering stellt in seinem Text „Die institutionellen Reformen von Nizza“ die Neuerrungen am Mitentscheidungsverfahren nach dem Vertrag von Nizza vor. Jedoch sind sowohl der Text von Weidenfeld als auch der von Giering nicht so umfangreich und für das Thema ergiebig, aber beide Texte gehören dem neuesten Forschungsstand an. Ein weiteres Werk, in dem die einzelnen Verfahren der Gesetzgebung detailliert vorgestellt werden, ist der Text von Andreas Maurer: „Parlamentarische Demokratie in der Europäischen Union“.

2. Die geschichtliche Entwicklung der Gesetzgebung

Bereits mit den ersten Anfängen einer gemeinsamen Europäischen Politik und der damit verbundenen Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) im Jahre 1951, bekam das Europäische Parlament sein erstes Recht auf dem Gebiet der Gesetzgebung. Damals wurde das Verfahren der Unterrichtung eingeführt, welches die bis heute schwächste Form der parlamentarischen Mitgestaltung darstellt, und auch gegenwärtig noch Anwendung findet.

Bereits am 27. November 1959 kam das Verfahren der Konsultation hinzu. Zu diesem Verfahren gehört auch der Sonderfall des Konzertierungsverfahrens. Dieses ergab sich daraus, dass die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) ein Eigenmittelsystem einführte und seit dem 22. April 1970 die Letztentscheidungsgewalt über die nicht- obligatorischen Ausgaben des Haushalts beim Parlament liegt. Denn dadurch entstand ein Missverhältnis zwischen den Rechtssetzungskompetenzen und den Haushaltsbefugnissen des Parlaments[1]. Bei diesem Missverhältnis ging es darum, dass das Parlament zwar die Letztentscheidungsgewalt bei den nicht- obligatorischen Ausgaben hatte, aber der Rat allein entscheiden konnte, was obligatorische und was nicht- obligatorische Ausgaben sind. Die obligatorischen Ausgaben sind dabei solche, die sich aus den Verträgen oder entsprechenden Rechtsakten ergeben. Darunter fallen die Ausgaben zur Stützung der Agrarpreise, der landwirtschaftlichen Strukturpolitik, der gemeinsamen Fischereipolitik sowie auch Teile der Entwicklungshilfe.[2] In dieser Situation drohte das Europäische Parlament der Kommission mit einem Misstrauensvotum, falls diese nicht einen Vorschlag zur Erweiterung der Gesetzgebungskompetenzen des Parlaments einbringen würde. Um dem Misstrauensvotum zu entgehen, wurde 1975 gemeinsam von Parlament, Rat und Kommission das Konzertierungsverfahren eingeführt.

Des Weiteren hat das Europäische Parlament seit 1975 auch die Möglichkeit, den gesamten Haushaltsplan abzulehnen.

Seit der Einführung der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) im Jahr 1987 stehen dem Europäischen Parlament zwei neue Verfahren im Bereich der Gesetzgebung zur Verfügung. Denn mit der EEA wurden die Verfahren der Zustimmung und der Kooperation eingeführt, was für das Parlament einen weiteren Kompetenzzuwachs darstellte.

Das bis dato letzte neue Verfahren ist das Mitentscheidungsverfahren, welches seit 1993 mit dem In-Kraft-Treten des Vertrags von Maastricht zur Anwendung kommt.

In den Nachfolgeverträgen von Amsterdam 1997 und von Nizza 2001 wurden keine neuen Verfahren in den Gesetzgebungsprozess integriert, sondern das Mitentscheidungsverfahren wurde immer weiter reformiert, auf weitere Bereiche ausgedehnt und effizienter gestaltet.

Wie aus dieser geschichtlichen Darstellung und den Namen der einzelnen Verfahren ersichtlich, wurden die Kompetenzen des Europäischen Parlaments im Bereich der Gesetzgebung immer mehr erweitert und ausgebaut. Wurde es anfangs nur über die Gesetzesvorlage unterrichtet, ist es heute ein aktiver Mitgestalter in diesem Prozess.

3. Die Verfahren der Gesetzgebung

3.1 Das Unterrichtungsverfahren

Bei diesem Verfahren wird das Europäische Parlament lediglich über die Gesetzesvorlage informiert und kann keinen Einfluss auf den Inhalt dieser Vorlage nehmen, oder diese ablehenen. Dieses Verfahren wurde im Laufe der weiteren Entwicklung immer weiter zurückgedrängt. Heute findet es noch in den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und Innen- und Justizpolitik Anwendung. Es kommt also bei der zweiten und dritten Säule der Europäischen Union zum Tragen.[3]

3.2 Das Konsultationsverfahren

Beim Verfahren der Konsultation hat das Europäische Parlament im Gegensatz zum Unterrichtungsverfahren die Möglichkeit, sich zu den Gesetzesvorlagen zu äußern. Dabei bringt die Kommission auf Grund ihres Initiativrechts einen Gesetzesvorschlag in den Rat ein, welcher dann an das Parlament weitergeleitet wird. Daraufhin kann sich das Parlament zu dieser Vorlage äußern und Änderungsvorschläge einbringen. Jedoch ist der Rat bei diesem Verfahren nicht gezwungen, auf eventuelle Vorschläge des Parlaments einzugehen, wenn er seine Entscheidung über die Gesetzesvorlage trifft. Aber der Europäische Gerichtshof hat 1980 in seinem „Isoglucose- Urteil“ festgehalten, dass eine Unterlassung der Konsultation einer Verletzung der Formvorschrift darstellt, welche zu einer Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof führen kann.[4] Damit wurde klargestellt, dass das Parlament beim Zustandekommen von Rechtsakten nicht ausgeschlossen werden darf. Als Folge dieses Gerichtsurteils hat das Parlament eine Technik entwickelt, die eine Rücküberweisung des Vorschlags an den zuständigen Parlamentsausschuss dann vorsieht, wenn die Kommission erkennen lässt, dass sie keine Änderungsvorschläge übernehmen will.[5]

Dies hat zur Folge, dass das Parlament, bei dringenden Entscheidungen, Druck auf die Kommission ausüben kann, damit diese ihren Vorschlag vor der Überweisung an den Rat, den Minimalanforderungen des Parlaments anpassen muss. Jedoch hat diese Technik auf die Ratsentscheidung keinen Einfluss.[6]

Im Rahmen des Konsultationsverfahrens gibt es noch den Sonderfall der Konzertierung.

Dieses Verfahren findet immer dann Anwendung, wenn es sich um Entscheidungen mit finanziellem Inhalt handelt. Der Kern dieses Verfahrens ist der Konzertierungsausschuss, welcher dem Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag ähnelt. Dabei dient dieser dem Interessenausgleich zwischen Rat und Parlament.[7] Dieser Ausschuss gibt dem Parlament die Möglichkeit, seinen Standpunkt gegenüber dem Rat genauer zu erläutern, wenn dieser von den Vorschlägen des Parlaments abweichen will. Aber auch in diesem Verfahren hat das Parlament letztendlich keine Möglichkeit, die Entscheidung des Rates zu verhindern, es kann lediglich den Rat durch zeitliches Verzögern des Verfahrens dazu bringen, auf die Vorschläge des Parlaments einzugehen.

[...]


[1] Dreischer, Stephan (2003): Das Europäische Parlament. Eine Funktionsbilanz, in: Patzelt, Werner (Hrsg.) (2003): Parlamente und ihre Funktionen. Institutionelle Mechanismen und institutionelles Lernen im Vergleich, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 239.

[2] Maurer, Andreas / Wessels, Wolfgang (2003): Das Europäische Parlament nach Amsterdam und Nizza: Akteur, Arena oder Alibi? Baden- Baden: Nomos Verlagsgesellschaft S.75.

[3] Dreischer, S. 2003, S. 238.

[4] Maurer, Andreas / Wessels, Wolfgang 2003, S.68f..

[5] Maurer, Andreas (2003): Parlamentarische Demokratie in der Europäischen Union. Der Beitrag des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente, Baden- Baden: Nomos Verlagsgesellschaft S. 121f.; siehe auch Maurer, A./Wessels, W. 2003, S. 68f..

[6] Maurer, A 2003, S. 121 f..

[7] Dreischer, S. 2003, S. 240.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss des Europäischen Parlaments auf die Gesetzgebung in der Europäischen Union
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
2,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V49064
ISBN (eBook)
9783638456043
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einfluss, Europäischen, Parlaments, Gesetzgebung, Europäischen, Union
Arbeit zitieren
Robert Küster (Autor:in), 2005, Der Einfluss des Europäischen Parlaments auf die Gesetzgebung in der Europäischen Union, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49064

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