Sekundäranalytische Reflexion einer qualitativen empirischen Arbeit


Hausarbeit, 2003

19 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Zusammenfassung der Ergebnisse

3. Darstellung der qualitativen Methoden - Angewandte Methode in der Studie

4. Eigene kritische Reflexion

5. Literaturliste

1. Einleitung

Die vorliegende sekundäranalytische Reflexion befaßt sich mit der empirischen Studie von Ralf Bonsack (u.a.): Die Suche nach Gemeinsamkeit und die Gewalt der Gruppe – Hooligans, Musikgruppen und andere Jugendcliquen.

Abweichendes und gewaltbereites Handeln Jugendlicher wird in dieser Studie als Grundlage bzw. als Ausgangspunkt der Überlegungen gestellt. Motivation für die Forschungsgruppe war das bisherige Fehlen von Forschung über Straftaten der Gruppe männlicher Lehrlinge, der Beschränkung der Diskussion auf Kontrollinstanzen bzw. –diskursen und die mangelnde theoretische Analyse der Gewaltbereitschaft innerhalb bestimmter peer-groups.

Aufgrund der milieuspezifischen Fremdheit der Forscher wird hier unter anderem auf die komparative Analyse zurück gegriffen. Mit Hilfe den Methoden des narrativen Interviews, der teilnehmenden Beobachtung und dem Gruppendiskussionsverfahren vergleichen die Forscher Hooligans mit Musikgruppen aus Ost- und West-Berlin. Aus beiden Kerngruppen der Jugendlichen gehen nichtkriminalisierte und kriminalisierte Jugendliche hervor. Empirische Vorarbeiten über jugendliche Cliquen aus dem Kleinstadt- bzw. Dorfmilieu werden zusätzlich zum Vergleich herangezogen.

Berlin, hier unter anderem speziell Oststadt, wurde von den Wissenschaftlern gerade deshalb ausgewählt, weil sie Brennpunkt jugendlicher Gewalt ist und zu einer der größten mitteleuropäischen Trabantensiedlungen zählt. Auch läßt sich gerade innerhalb und im nahen Umkreis Berlins eine starke Mobilität erkennen, die unter anderem zu Desintegrationen bei Jugendlichen beitragen kann.

Bei dem vorliegenden empirisch - analytischen Ansatz verfahren die Forscher induktiv. Das Forschen erfolgt voraussetzungslos und verzichtet auf jede Form der Aufstellung von Thesen. Der vorstrukturierte Ansatz ist gekennzeichnet durch formale und metatheoretische Kategorien: „Habituelles Handeln“ ® Betrachtung des Sozialisationsprozesses ® Betrachtung bestimmter Biographien (Mündung in Aktionismen körperlicher Gewalt) ® Erkenntnis.

Währenddessen die Forscher mit qualitativen Methoden arbeiten, kann das Konzept nur genutzt werden, da Makro- und Mikroebene zusammen betrachtet werden. Das wird gerade dann wichtig, wenn bei der Biographieanalyse eine Analyse der gemeinsamen Erlebnisse der untersuchten Gruppen bei der Erkenntnis mit herangezogen wird.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich intensiver mit den Gruppen der Hooligans. Mit Hilfe der vorliegenden Originaltexte und Transkripte ist es möglich eigene Interpretationen zu entwickeln und die vorliegenden Aussagen zu überprüfen. Zur Auswahl dieser im Zeitraum 1992 bis 1995 untersuchten Gruppe gewaltbereiter Hooligans kam es aufgrund einer selbst verfaßten Hausarbeit über Provokation gewaltbereiter Jugendlicher, die als zusätzliches Material mit heran gezogen wurde.

Nachdem im nächsten Teil der Arbeit eine Zusammenfassung der Ergebnisse dargestellt wird, erfolgt im 3. Teil die Darstellung der Arbeitsweise. In diesem Abschnitt sollen die Gründe für diese Methoden gezeigt werden und wie zur Erkenntnis gekommen wird. Im letzten Teil soll es zu einer eigenen kritischen Reflexion kommen, die unter anderem beinhaltet, ob es nicht auch zu anderen Vorgehensweisen hätte kommen können bzw. ob eventuell ergänzende oder kontrastierende Nachfolgeuntersuchungen sinnvoll gewesen wären.

2. Zusammenfassung der Ergebnisse

In allen untersuchten Gruppen werden die Jugendlichen während ihrer beruflichen Ausbildung das erste Mal mit den ständig wieder kehrenden Arbeitsabläufen und Strapazen konfrontiert. Jedoch ist festgestellt wurden, daß es in jeder der Gruppen zu unterschiedlich ausgeprägten Krisen kommt. In diesen Krisenphasen orientieren sich die Jugendlichen aufgrund entstandener Sinnprobleme gerade an ihren milieuspezifischen Lebenszusammenhängen und sind auf der Suche nach habitueller Übereinstimmung.

Bei der Musikgruppe Hiptext wird nach dem Gruppendiskussionsverfahren und der Biographieanalyse deutlich, daß es hier zur Gemeinsamkeit aufgrund des „Miteinanderspielens“ bzw. des gemeinsamen „Musikmachens“ kommt. Die Verarbeitung der Alltagsprobleme wird in den Musiktexten erreicht. Dadurch ist es möglich, daß jeder Gruppenangehörige persönliche und individuelle Stilelemente in den Rahmen der habituellen Übereinstimmung integrieren kann. Die jeweiligen Biographieanalysen der Gruppenmitglieder zeigten, daß das Lernen von Kommunikation innerhalb der Familien vorhanden war, so daß die Jugendlichen im Bandleben die Möglichkeit besitzen durch Kommunikation Regeln des Miteinanders zu entwerfen oder neu zu bestimmen. Eine kritische Reflexion und Selbstbeobachtung „erzwungen“ durch die Anforderungen vor Publikum zu spielen, brachten hier Weiterentwicklung und Perfektionierung der eigenen Persönlichkeit. Dadurch war es den Gruppenangehörigen möglich aus der Adoleszenskrise heraus zu kommen, und ihre persönliche Individualität zu festigen.

Ein anderer Verlauf zeigt sich bei den Hooligans. Die prekäre Beziehung zur eigenen Biographie wird besonders bei der Biographieanalyse deutlich. Durch das teilweise ganz fehlende bzw. nur lückenhafte Erzählen der eigenen Kindheits- und Familiengeschichte wird dem Forscher und auch dem Leser klar, daß hier die eigene Identität eliminiert wird. Grenzen und Prinzipien wurden durch fehlende Erfahrungen der innerfamilialen Kommunikation nicht erfahren. Deshalb kommt es hier zu einem anderem Umgang mit der aus dem Alltagsleben entstehenden Krise.

Zusammenhalt und Übereinstimmung, auf dessen Suche auch diese Jugendlichen sind, basiert auf der Eigendynamik des Kampfes und die Selbstverstrickung der Jugendlichen in ihre kriminellen Handlungen. Innerhalb der Hooligan – Gruppen wird die eigene Persönlichkeit bedeutungslos, andere Mitglieder der Gruppe erscheinen als „Kamerad“ oder „Kumpel“. Hinzu kommt, daß dadurch eine gruppenspezifische Identität neu konstituiert werden kann. Das heißt Geschlechtsrollenstereotype wie „Maskulinität“ und Narrationen der eigenen Nation werden als soziale Identitäten mit der persönlichen Identität zusammen gebracht. Diese Elemente unterstützt durch Stilelemente des Outfits stützen die Provokation und dienen dem gewaltbereiten Aktionismus. Dieser situative Aktionismus übernimmt hierbei mehrere Funktionen. Zum einen schaffen die Jugendlichen kurzfristig ihre Alltagsexistenz zu negieren, zum anderen erfahren sie dadurch Anerkennung und Zugehörigkeit. Die episodale Schicksalsgemeinschaft wird allerdings nur durch das im Kampf notwendige „Aufeinanderangewiesensein“ konstituiert. Von einem „freiwilligen“ Zusammenhalt kann nicht gesprochen werden, vielmehr wird er aktionistisch erzwungen. Dieser Kampf, der üblicherweise zwischen zwei Hooligan – Gruppen erfolgt, orientiert sich nicht am Sieg. Durch bestehende Regeln, welche zum „fairen fight“ führen sollten, ergibt sich eine gewisse „Freundschaftsbereitschaft“ zur anderen Gruppe. Habituelles Handeln wird innerhalb der Hooligan – Szene durch die situativ inszenierten Kampfhandlungen hergestellt.

Von Selbstverstrickung kann man deshalb sprechen, da die Hooligans die Fremdetikettierung, welche durch ihre Umwelt erfolgt, als politische Selbststilisierung übernehmen. Entsprechend dessen folgen daraus stärkere Konsequenzen bei der Strafverfolgung. Angehörige der Hooligan – Gruppe Kunde besitzen unter anderem deshalb bereits Erfahrungen im Strafvollzug. Es ist eine doppelte Bedeutung erkennbar. Auf der einen Seite bewirken diese Erfahrungen eine Führungsübernahme innerhalb der Gruppe, auf der anderen Seite bewähren sich auch im Strafvollzug die Kampfhandlungen. Beide Bedeutungen binden den Jugendlichen fester an seine Hooligan – Karriere.

Aufgrund der entstandenen Ergebnisse ist es wichtig kommunikatives und habituelles Handeln zu unterscheiden. Eine Herstellung von Intersubjektivität wird dann erreicht, wenn bei einem Zusammentreffen fremder Perspektiven durch Kommunikation eine neue Perspektive ausgehandelt wird. Bei der Musikgruppe Hiptext kann dies geschehen, da die Mitglieder der Gruppe bereit sind, ihre Regeln des Miteinanderspielens durch Kommunikation zu definieren. Dagegen drückt das habituelle Handeln gemeinsam erlebte Handlungen, die trotz milieuspezifischer Unterschiede entstehen können, aus. Die Erkenntnis die Forscher und Leser aus den durchgeführten qualitativen Untersuchungen ziehen können ist, daß Desintegration und Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen nicht milieuspezifisch feststellbar sind, sondern individuell und speziell betrachtet werden müssen. Aufgrund der einzelnen narrativen Interviews wurde unter anderem auch deutlich, daß nicht jede Hooligan – Gruppe in ihrer Gewaltbereitschaft identisch ist.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Sekundäranalytische Reflexion einer qualitativen empirischen Arbeit
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V49072
ISBN (eBook)
9783638456111
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die vorliegende sekundäranalytische Reflexion befaßt sich mit der empirischen Studie von Ralf Bonsack (u.a.): Die Suche nach Gemeinsamkeit und die Gewalt der Gruppe - Hooligans, Musikgruppen und andere Jugendcliquen.
Schlagworte
Sekundäranalytische, Reflexion, Arbeit
Arbeit zitieren
Melanie Glaewe (Autor:in), 2003, Sekundäranalytische Reflexion einer qualitativen empirischen Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49072

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