Die Agrarkrise von 1770/74 und die Einführung der Kartoffel im 18. Jahrhundert im geographischen und politischen Raum „Grafschaft/Fürstentum Lippe"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

30 Seiten, Note: 1,5

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Agrarstruktur und Agrarkrisen im 18. Jahrhundert
1. Die Strukturen der Agrarwirtschaft im 18. Jahrhundert.
2. Agrarkrisen im 18. Jahrhundert
3. Die Agrarkrise von 1770/ 74 in Lippe

III. Die Einführung der Kartoffel in Europa
1. Die Einführung der Kartoffel als Pflanze in den botanischen Gärten Europas
2. Die Einführung der Kartoffel als Garten- und Küchenpflanze
3. Die Einführung der Kartoffel als Feldpflanze
3.1. Die Maßnahmen in Preußen
3.2. Die Maßnahmen in Lippe
4. Untersuchung der Lippischen Intelligenzblätter von 1769-1800 unter der Berücksichtigung von Artikeln zur Kartoffel

IV. Schlußbetrachtung unter der besonderen Berücksichtigung der Bedeutung der Agrarkrise von 1770/74 auf die Einführung der Kartoffel

Bibliographie

I. Einleitung

In der Bundesrepublik Deutschland werden jedes Jahr rund 12 Millionen Tonnen Kartoffeln auf 254.000 ha Agrarfläche geerntet. Jeder Einwohner konsumiert jährlich ca. 72 kg Kartoffeln, davon etwa 30 kg weiterverarbeitet zu Pommes Frites, Chips, Reibekuchen oder Schnaps.[1]

Im Mittelpunkt dieser Hausarbeit soll, neben der Darstellung der Geschichte der Einführung der Kartoffel und der Darstellung der Agrarkrisen im 18. Jahrhundert, eine Überprüfung des Zusammenhanges zwischen der Einführung und der Agrarkrise von 1770/ 74 stehen.

Hierzu gehe ich in einem ersten Teil, nach einem kurzen Exkurs über die allgemeinen Strukturen der Agrarwirtschaft des 18. Jahrhunderts, auf die Gründe und Auswirkungen der Agrarkrise von 1770/ 74 ein. In einem zweiten Teil versuche ich, die drei Phasen der Einführung der Kartoffel in Europa und Deutschland mit dem Schwerpunkt der Kartoffel als Feldpflanze im 18. Jahrhundert darzustellen.

In beiden Teilen nutze ich Daten- und Quellenmaterial des Fallbeispiels des geographischen und politischen Raumes „Lippe“, um am Ende auf den in der wissenschaftlichen Literatur immer wieder herangezogenen Zusammenhang der Einführung der Kartoffel mit der Agrarkrise von 1770/ 74 einzugehen.

Neben den Schriften von Wilhelm Abel über Agrarkrisen in Deutschland und Europa für den ersten Teil sind noch einige Klassiker über die Geschichte der Kartoffel zu nennen, die ich als herausragende Literaturhilfen nutzen konnte. So stechen hier v.a. die Pionierarbeiten von Wilhelm Fueß über die Einführung der Kartoffel in Deutschland (1938) und von Redcliffe N. Salaman über die Einführung der Kartoffel auf den britischen Inseln (1949) hervor.

Es ist bemerkenswert, daß es zur Kartoffelgeschichte eine Unmenge von Arbeiten der jüngeren Zeit gibt, die sich mit dem Thema in lokalen Bereichen beschäftigen. Besonders in heimatkundlichen, also eher unwissenschaftlicheren Schriften sind diese häufig zu finden. Für Lippe habe ich so zwei Arbeiten von H. Muth und Hermann L. Schäfer aus dem „Lippischen Dorfkalender“ und aus „Heimatland Lippe“ berücksichtigt. Hier liest man zwar sehr interessante Anekdoten, die in der „wissenschaftlicheren“ Literatur nicht erwähnt werden, doch fehlen leider meistens jegliche Quellenhinweise, was beim Umgang mit diesen entsprechend berücksichtigt werden muß.

Für die Kapitel, die sich mit Lippe beschäftigen, konnte ich allerdings auch selbst auf Primärquellen aus dem Nordrheinwestfälischen Staatsarchiv Detmold zurückgreifen. So habe ich mich im Archiv v.a. mit den Ausgaben des „Lippischen Intelligenzblattes“ von 1769-1810 beschäftigt.

Aus Gründen meiner eingeschränkten Nutzerzeit und der Transskriptionsschwierigkeiten war es mir aber nicht mehr möglich, die handschriftlichen Quellen der Titel „L 37 XXIV“ und „L 92 A“ (lippische Regierungsakten im 18. Jahrhundert) in meine Recherche miteinzubeziehen, so daß ich hier aus der Sekundärliteratur zitieren mußte.

Abschließend möchte ich noch auf eine Quelle der etwas anderen Art verweisen. So findet man auf den Internetseiten des sogenannten „potato-klaus“ in einem seit 1998 stetig wachsenden „Buch“ neben einer amüsanten und witzigen Einführung in die Geschichte der Kartoffel auch wertvolle Quellen- und Literaturtips.[2]

II. Agrarstruktur und Agrarkrisen im 18. Jahrhundert

1. Die Strukturen der Agrarwirtschaft im 18. Jahrhundert

Bei einer Arbeit, die sich mit einem landwirtschaftlichen Thema beschäftigt, ist es bedeutend, kurz auf die wichtigsten Strukturen der deutschen Agrarwirtschaft im 18. Jahrhundert einzugehen.

Die deutsche Landwirtschaft war vor den Reformen um 1800 und mit der damit einhergehenden Bauernbefreiung noch stark feudalistisch geprägt. Trotz unterschiedlich gewichteter Rechtsformen der Abhängigkeit des Großteils der Bauern gegenüber dem Guts- oder Grundherren kann man festhalten, „...daß sich die herrschaftliche Grundstruktur der Agrarverfassung erhalten hat.“[3] Auf den Bauern entfielen diverse Lasten wie Zehnt- und Pachtzahlungen sowie die verschiedensten Frondienste, die für den Feudalherren zu entrichten waren. Dazu kamen seit Mitte des 18. Jahrhunderts auch verstärkt Steuerzahlungen an den Landesherren.[4]

Neben den enormen finanziellen und „zeitlichen“ Belastungen (Frondienste), die der Bauernstand zu tragen hatte, sind Eigenarten der spätfeudalistischen Agrarverfassung zu nennen, die die eigene Wirtschaftstätigkeit und Innovationskraft des Bauernstandes außerhalb ihrer privaten Küchengärten lähmte. Hier sind vor allem die Beschränkungen der Mobilität (Schollenpflichtigkeit), die Vorgabe des Anbauproduktes (Flurzwang), aber auch auf den ersten Blick für den Bauernstand positive Einrichtungen wie die Dorfallmende aufzuzählen.

Zwar gab es auch schon vor 1800 Beispiele von obrigkeitsstaatlichen Agrarreformen, doch sind diese Einzelfälle. Zu nennen ist hier die Einführung der sogenannten „Koppelwirtschaft“ in Schleswig-Holstein, wo schon nach 1700 Frondienste in Pachtdienste abgelöst und Landbesitz arrondiert wurde. Wichtig zu erwähnen ist, daß die Bauern hier zwar vom Gutsherren kontrolliert und beaufsichtigt wurden, sie jedoch selbständig auf dem Markt als Käufer und Verkäufer auftreten konnten und mußten, d.h. erstmals individuell eigenwirtschaftlich tätig waren.[5]

Walter Achiles erwähnt in seiner „Deutschen Agrargeschichte“ schließlich noch die Agrarreformen in Österreich, wo seit 1782 die Leibeigenschaft aufgehoben und Naturaldienste in Geldrenten abgelöst, bzw. 1790 in Böhmen, Mähren, Schlesien, Galizien und Ungarn ganz abgeschafft wurden. Allerdings war die Umsetzung dieser Gesetzesvorhaben beim Adel so umstritten, daß sich die endgültige Regelung v.a. der Ablösungszahlungen bis zur Revolution von 1848 hingezogen hat.[6]

Abgesehen vom liberalen Baden vollzogen sich die Agrarreformen dann im übrigen Deutschland ähnlich wie in Preußen, wo der eigentliche Beginn der Reformen erst im berühmten Oktoberedikt von 1807 zu sehen ist.[7] Aber auch hier gestaltete sich der Prozeß des Wechsels vom spätfeudalen Agrarsystem zur vorindustriellen Landwirtschaft als lang und schwierig und dauerte ebenfalls z.T. bis zum Zeitpunkt der Revolution von 1848 an.

Bei der Frage nach dem Grund der Durchführung der Agrarreformen ist nicht nur auf die Schreckwirkung der französischen Revolution von 1789 zu verweisen. Vielmehr entscheidend war die Entstehung einer landwirtschaftlichen Bewegung seit Anfang des 18. Jahrhunderts. Besonders mit der Frage beschäftigt, wie man die wachsende Bevölkerung Europas im 18. Jahrhundert ernähren könne,[8] aber auch in der Motivation, dem Landesherren im merkantilistischen System mehr Einnahmen durch eine höhere Nahrungsproduktion zu verschaffen, rückte die Landwirtschaft in das öffentliche Interesse. Neben diesen „populationistische[n] und fiskalische[n] Bestrebungen“[9] sind interessanterweise nach Wilhelm Abel auch „modisch-spielerische Neigungen“ zu nennen. So war die Landwirtschaft im 18. Jahrhundert nicht nur das Thema wissenschaftlicher Auseinandersetzung, sondern auch das bevorzugte Thema der europäischen Herrschaftselite. Marie Antoinette schmückte sich ihr Haar mit den profanen Blüten der Kartoffel und Friedrich II. von Preußen wurde mit folgendem Satz zitiert:

„Die Landwirtschaft ist die erste aller Künste; ohne sie gäbe es keine Kaufleute, keine Dichter und Philosophen. Nur das ist wahrer Reichtum, was die Erde hervorbringt.“[10]

Das 18. Jahrhundert war außerdem das Jahrhundert der Gründung unzähliger „patriotischer“ „Landwirtschafts“-, „Ackerbau“- oder „physikalisch-ökonomischer“ Gesellschaften, die mit der Ausschreibung von Preisgeldern die Forschung ankurbelten.[11] Dazu kam das für diese Zeit enorme Schrifttum mit Tips und Hilfen für die Landwirtschaft, gerichtet an die „Hausväter“, „Hausmütter“, bzw. an die „Landwirthe“ und die „Landwirthin“, an die „städtischen Landwirthe“, die „gemeinen Landwirthe“ und die „Landjugend“.[12]

Einhergehend mit der Einrichtung von Lehrstühlen für Kameralistik 1727 in Halle und Frankfurt an der Oder steigerte sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Landwirtschaft.

Schon 1755 stellte der bekannte Wirtschaftstheoretiker von Justi aus der Perspektive der Wissenschaft die Forderung nach einer Reform der Agrarverfassung.[13]

Aus dieser wissenschaftlichen Beschäftigung, verbunden mit den rechtlichen Reformen um 1800, kam es zu verschiedensten Neuerungen in der deutschen Landwirtschaft.

Die Dreifelderwirtschaft wurde v.a. mit der Nutzung des Anbaus von Klee mehrfach umstrukturiert und verbessert,[14] bis man zu immer neueren Systemen der Fruchtwechselwirtschaft überging und die Brache aus manchen Gebieten Deutschlands vollkommen verschwand.[15] Hiermit verbunden war auch der Versuch der Einführung neuerer Anbauprodukte. Zu verweisen ist hier besonders auf die vier „Amerikaner“: Tabak, Sonnenblume, Mais und selbstverständlich die Kartoffel.[16] Alles Pflanzen, die schon seit der Entdeckung Amerikas mehr oder weniger bekannt waren, aber erst im 18. und 19. Jahrhundert ihren Durchbruch zur allgemeinen überregionalen Bedeutung hatten.

Zusätzlich kann man noch Fortschritte in der Viehhaltung (Durchsetzung der Stallfütterung[17] ) sowie technische Fortschritte erwähnen (Entwicklung des Pflugwesens, der Säemaschinen, Dreschmaschinen, Buttermaschinen etc. (um 1800)[18] ).

Problematisch war allerdings, daß sich zwar die wissenschaftliche Fachwelt dieser fachlichen Neuerungen bewußt war, die Durchsetzung dieser Gedanken und Techniken vor den rechtlichen Reformen nur sehr schwerlich voranging.

Gründe sind neben den schon oben angesprochenen rein rechtlichen Strukturen, die dem Bauer selbständiges Handeln untersagte, auch in der Mentalität der Bauern zu suchen, die schon von Zeitgenossen hervorgehoben und kritisiert wurde.[19]

2. Agrarkrisen im 18. Jahrhundert

Nach dem Einbruch der Bevölkerungspyramide im Dreißigjährigen Krieg wuchs die Bevölkerung besonders seit Anfang des 18. Jahrhunderts wieder stark an. Allein in Preußen stieg sie zwischen 1748 und 1805 um 180%.[20]

Da die meisten der Agrarreformen sowohl im rechtlichen als auch im technischen Sinne erst am Ende des 18. bzw. zu Beginn des 19. Jahrhunderts griffen und die Nahrungsproduktion bei Mißernten den Bedarf der gewachsenen Bevölkerung nicht mehr decken konnte, kam es im Laufe des 18. Jahrhunderts immer wieder zu schweren Hungerkrisen.

Gründe dieser Hungerkrisen sind v.a. in der einseitigen getreidelastigen Ernährungsstruktur der frühen Neuzeit zu sehen. Aufgrund des Bevölkerungsdrucks wurden immer mehr auch minderwertige Flächen zum Getreideanbau genutzt. Im 18. Jahrhundert ging schließlich der Fleischverbrauch auf ein Minimum von weniger als 20 kg pro Kopf im Jahr zurück, die Bevölkerung ernährte sich fast ausschließlich nur noch von Brot oder Getreidebrei[21].

Im 18. Jahrhundert gab es drei größere längerfristige Krisenzeiten, die durch Mißernten, bedingt durch natürliche Phänomene wie Klimaschwankungen oder menschliche Phänomene wie Krieg, verursacht wurden.

Eine erste Krise erstreckte sich über den Zeitraum von 1708 bis 1712. Weite Teile West- und Nordeuropas waren 1709 von einer Mißernte betroffen. Dazu kamen in Frankreich die enormen Belastungen durch den Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1713), der die Hungerkrise verstärkte.[22] Die nächste Krise verband wieder die Faktoren Mißernten durch Klimaschwankungen und Krieg. Der Beginn des österreichischen Erbfolgekrieges (1741-1748) fällt so in die Krisenjahre von 1739 bis 1741.[23] Beide Krisenzeiten sind mit enormen Preissteigerungen des verknappten Grundnahrungsmittels Getreide verbunden. Die ärmste Bevölkerung v.a. der Städte konnte ihren Lebensunterhalt nicht mehr selber bestreiten und war auf die Notgaben der Landesherren bzw. der Stadtregierungen angewiesen, die Händler mit dem Einkauf von Getreide aus Staatsmitteln in ganz Europa beauftragen mußten.[24]

Die wohl bedeutendste Krise des 18. Jahrhunderts in Europa erstreckte sich über den Zeitraum von 1770 bis 1774. Schuld der „großen Theuerung“, wie schon Zeitgenossen die Krise nannten, waren die Mißernten der Jahre 1770, 1771 und 1772, die mit einem ungewöhnlich langen und harten Winter verbunden waren.[25] Aufgrund der erheblichen Ernteausfälle um ein Drittel des Normalergebnisses[26] kam es besonders in Ost- und Mitteleuropa zu Preissteigerungen um fast das Doppelte,[27] in Extremfällen um das Zehnfache.[28] Wieder ist gerade die städtische, aber diesmal auch die ländliche Bevölkerung auf intensive Unterstützung der Landesherren und Stadtregierungen angewiesen.[29] Trotz dieser Maßnahmen, verbunden mit Eingriffen in den „freien“ Getreidehandelsmarkt,[30] erkennt man ein Absinken der Geburten- und Zuwachsraten und einen Anstieg der Sterberaten für die Jahre 1770 bis 1774 in den Bevölkerungskurven des 18. Jahrhunderts.[31]

Die Hungersnöte von 1770/ 74 führen allerdings auch zu einem Bewußtseinswandel in Europa. Reformen im Agrarsystem und die Akzeptanz neuer Pflanzen wie die Kartoffel sind positive Folgen der Agrarkrise.[32]

3. Die Agrarkrise von 1770/ 74 in Lippe

Die Agrarkrise von 1770/ 74 läßt sich aus Mangel an Daten nicht für das deutsche Gesamtgebiet darstellen. Da ich später noch auf den lippischen Raum eingehen will, werde ich diesen nun als Grundlage für eine nähere Betrachtung der Agrarkrise von 1770/ 74 nutzen.

Die Grafschaft bzw. ab 1789 das Fürstentum Lippe war im 18. Jahrhundert ein kleiner agrarisch strukturierter Flächenstaat von lediglich 1200 qkm. Die Einwohnerzahl verdoppelte sich im 18. Jahrhundert von ca. 36.000 (1700) auf 58.324 Einwohner (1776).[33]

Zum einen spielten wohl immer noch die Nachwirkungen des Siebenjährigen Krieges (1756-1763), bei dem Lippe zwar neutral, aber durch französische Truppeneinquartierungen massiv belastet war, eine Rolle für die Mißernte von 1770.[34]

Als Hauptgrund für die schlechte Ernte findet man aber in den edierten Lippischen Landesverordnungen die „nasse Witterung“[35], die zu „Mißwachs“ und einem „Mangel an Kornfrüchten“ führte.[36] Verordnungen von 1771 „wegen des Einerntens unreifer Kornfrüchte“ und „wegen Verkaufs der Feldfrüchte aufm Halm“[37] weisen auf weitere schlechte Ernten und eine Hungerkrise im Jahr 1771 hin. 1773 liest man in den Lippischen Intelligenzblättern, einem seit 1769 erscheinenden Wochenmagazin, in dem auch die Landesverordnungen veröffentlicht wurden, daß die „abwechselnde Wärme und Kälte“ des Frühjahres verantwortlich für die Ernteeinbußen von 1772 waren.[38] 1773 stellt eine Landesverordnung zur Unterstützung von Hagelschäden ein Indiz für eine weitere schlechte Ernte dar.[39] Konkrete Daten zur Ernte gibt es allerdings nur von 1770. Hier findet man in den Berichten der einzelnen sechs lippischen Ämter Ernteeinbußen von 25,3 % bis zu 65,4 %,[40] womit Werner Freitag einen Ernteausfall von mindestens einem Drittel gegenüber dem Normalergebnis konstatiert.[41]

Deutliche Indikatoren für die Charakterisierung des Zeitraums 1770/74 als Krisenjahre sind die Preisnotierungen von Roggen und Weizen als den Grundnahrungsmitteln auf dem Markt der lippischen Residenzstadt Detmold.[42]

[...]


[1] Mario von Baratta (Hrsg.), „Der Fischer Weltalmanach 2000“, Frankfurt am Main 1999, Spalte 1142.

[2] Siehe im Internet: http://literatur.freepage.de./potato-klaus.

[3] Friedrich Lütge, „Geschichte der deutschen Agrarverfassung vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert“, Stuttgart 1967 (2. Auflage), S. 182, zitiert nach: Walter Achiles, „Deutsche Agrargeschichte im Zeitalter der Reformen und der Industrialisierung“, Stuttgart 1993, S. 42.

[4] Walter Achiles, S. 71-76.

[5] Ebenda, S. 129-131.

[6] Ebenda, S. 130-134.

[7] Ebenda, S. 135.

[8] Vgl. etwa die Arbeiten der Nationalökönomen Robert Mathus und David Ricardo im ausgehenden 18. Jahrhundert über die auseinandergehende Schere zwischen arithmetrisch wachsender Nahrungsproduktion und geometrisch wachsendem Nahrungsmittelbedarf, zitiert u.a. bei: Wilhelm Abel, „Massenarmut und Hungerkrisen im vorindustriellen Deutschland“, Göttingen 1986 (3. Auflage), S. 61 f.

Im folgenden zitiert: Wilhelm Abel, „Massenarmut in Deutschland“, S.61 f.

[9] Wilhelm Abel, „Geschichte der deutschen Landwirtschaft vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert“, Deutsche Agrargeschichte Band II, Stuttgart 1962, S. 253.

Im folgenden zitiert: Wilhelm Abel, „Deutsche Landwirtschaft“, S. 253.

[10] Ebenda, S. 254.

[11] Vgl. die Aufzählung mehrerer solcher lokal beschränkten Gesellschaften in: Ebenda, S. 254.

[12] Ebenda, S. 256.

[13] J.H.G. von Justi, „Abhandlung von denen Hindernissen einer blühenden Landwirthschaft“, in: J.H.G. von Justi, „Staatswirthschaft oder Systematische Abhandlung aller Ökönomischen und Cameralwissenschaften“, Band I, Leipzig 1755, S. 459 ff., zitiert nach: Wilhelm Abel. „Deutsche Landwirtschaft“, S. 259. Genau wird hier kritisiert, daß manche Bauern nicht Eigentümer ihre Hofes sind, daß sie z.T. Frondienste leisten müssen, etc.

[14] Zum Kleeanbau vgl.: Wilhelm Abel, „Deutsche Landwirtschaft“, S. 283-286. Um 1800 liegt der Kleeanbau nach Wilhelm Abel vermutlich bei ca. 6% der angebauten Fläche.

[15] Ebenda, S. 286-288. Wilhelm Abel zitiert hier Fruchwechselfolgen, die sich über einen Zeitraum von 18 Jahren erstrecken.

[16] Ebenda, S. 288-290.

[17] Zur Tierproduktion vgl: Walter Achiles, S. 62-71.

[18] Wilhelm Abel, „Deutsche Landwirtschaft“, S. 294-297.

[19] Vgl. etwa: Johann August Friedrich Block, „Lehrbuch der Landwirthschaft“, Leipzig 1774, 3. Teil. Zitiert nach: Wilhelm Abel, „Deutsche Landwirtschaft“, S. 267. Hier wird der Fall eines Pfarrers erwähnt, der auf Brachlande Lein, Mohrrüben und Kartoffeln pflanzte, um den Bauern neue Anbaumethoden und –produkte vorzuführen. Die Bauern trieben allerdings bewußt ihr Vieh auf das Versuchsfeld, um das Experiment zu zerstören.

[20] Wilhelm Abel, „Massenarmut in Deutschland“, S. 31. In absoluten Zahlen: 3,2 Millionen zu 5,7 Millionen.

[21] Ebenda, S. 64 f.

[22] Wilhelm Abel, „Massenarmut und Hungerkrisen im vorindustriellen Europa. Versuch einer Synopsis“, Hamburg und Berlin 1974, S. 170.

Im folgenden zitiert: Wilhelm Abel, „Massenarmut in Europa“, S. 170.

[23] Ebenda, S. 179 ff.

[24] Vgl. Pläne Friedrich Wilhelm I. von Preußen Getreide 1738 in Amsterdam zu kaufen, die dann allerdings zugunsten der Märkte von Litauen und Ostpreußen fallengelassen wurden. Siehe: Wilhelm Naudé, „Die Getreidehandelspolitik und Kriegsmagazinverwaltung Brandenburg-Preußens bis 1740“, in: Acta Borussia, Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Getreidehandelspolitik, 2. Band, 1901, S.291. Zitiert nach: Wilhelm Abel, „Massenarmut in Europa“, S. 180.

[25] Vgl. etwa: Anonymus, „Kurze und ausführliche Beschreibung von der großen Theuerung, welche sich in Nürnberg in den Jahren 1770, 1771 und 1772 bis Anfang 1773 ereignet...“, Nürnberg (ohne Jahresangabe). Zitiert nach: Wilhelm Abel, „Massenarmut in Europa“, S. 201.

[26] Wilhelm Abel, „Massenarmut in Europa“, S. 201.

[27] Ebenda, S. 206 (Preissteigerung des „preußischen Roggens“ gegenüber 1768 in den Notjahren 1770/74: über 170%).

[28] Wilhelm Abel, „Massenarmut in Deutschland“, S. 48 (Preissteigerung des Scheffels Roggen in Teilen des Erzgebirges vom Frühjahr 1770 zum Frühsommer 1772 von 1 Taler 4 Groschen auf 14 Taler).

[29] Vgl. Wilhelm Abel, „Massenarmut in Europa“, S. 216-226 (Maßnahmen in Preußen, Göttingen, etc.).

[30] Ebenda, S. 226-240.

[31] Ebenda, S. 253 (Geburten und Todesfälle im Kurfürstentum Sachsen von 1764-1787).

[32] Hans J. Teuteberg, Günter Wiegelmann, „Einführung und Nutzung der Kartoffel in Deutschland“, in: Hans J. Teuteberg, Günter Wiegelmann (Hrsg.), „Unsere tägliche Kost. Studien des Alltags“, Münster 1986, S. 109 und S. 111.

[33] M. Kuhlmann, „Bevölkerungsgeographie des Landes Lippe“, Remagen 1954, S. 51-53. Zitiert nach: Werner Freitag, „Krisen vom „type ancien“. Eine Fallstudie: Die Grafschaft Lippe 1700-1773“, in: „Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde“, 55 (1986), S. 104.

[34] Berbeli Schieffer, „Die Lippische Wirtschaft unter der Regierung Graf Simon Augusts (1734-1782)“, in: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde“, 33 (1964), S. 87 und S. 118. Die Autorin führt aus, daß es in Lippe durch die finanziellen Belastungen des Krieges zu einer Wirtschaftskrise kam, die auch 1770 noch nicht überwunden war.

[35] „Verordnung wegen des Mutter- oder Brandkorns“ von 1770, in: „Landesverordnungen der Grafschaft Lippe“, Band II, Lemgo 1781 (LVO), S. 368.

[36] „Verordnung das Borgen von Saatkorn betreffend“ von 1771, in: Ebenda, S. 426 f.

[37] „Verordnung wegen des Einerntens unreifer Kornfrüchte“ und „Verordnung wegen des Verkaufs der Feldfrüchte aufm Halm“, in: Ebenda, S. 433.

[38] Lippische Intelligenzblätter (LIB), Sp. 767 von 1773.

[39] Vgl. zu dieser Verordnung: LVO, S. 396-398.

[40] Nordrheinwestfälisches Staatsarchiv Detmold (Sta DT) L 37, XXIV, Nr.12 (Schreiben der verschiedenen Amtmänner an die lippische Regierung). Zitiert nach: Werner Freitag, S. 108.

[41] Werner Freitag, S. 108. Der Autor rundet die von den Amtmännern angegebenen Zahlen ab, da er von Übertreibungen der Mißernten zwecks der Erwerbung von Steuervorteilen ausgeht.

[42] Werner Freitag, S. 134. Die Daten basieren auf den Preislisten der LIB.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Die Agrarkrise von 1770/74 und die Einführung der Kartoffel im 18. Jahrhundert im geographischen und politischen Raum „Grafschaft/Fürstentum Lippe"
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Veranstaltung
Hauptseminar „Kultur und Konsum im Zeitalter der Aufklärung“
Note
1,5
Jahr
2000
Seiten
30
Katalognummer
V49168
ISBN (eBook)
9783638456890
Dateigröße
1150 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Agrarkrise, Einführung, Kartoffel, Jahrhundert, Aufgezeigt, Berücksichtigung, Raumes, Fürstentum, Lippe, Hauptseminar, Konsum, Zeitalter, Aufklärung“
Arbeit zitieren
Anonym, 2000, Die Agrarkrise von 1770/74 und die Einführung der Kartoffel im 18. Jahrhundert im geographischen und politischen Raum „Grafschaft/Fürstentum Lippe", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49168

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