Hat von Euch jeder seinen Ring von seinem Vater: So glaube jeder sicher seinen Ring den echten. – Möglich; dass der Vater nun die Tyrannei des Einen Rings nicht länger in seinem Hause dulden wollen! – Und gewiss; Dass er euch alle drei geliebt, und gleich geliebt.
(Lessing – Nathan der Weise)
1. Einleitung
Mit seinem 'Projekt Weltethos' will Hans Küng zur Schaffung einer friedlicheren Welt beitragen. Wenn er darin schreibt: „Kein Weltfriede ohne Religionsfriede“, so könnte ein Religionsverständnis im Sinne Schleiermachers dazu einen wichtigen Beitrag leisten.
2. Das Wesen der Religion nach Schleiermacher Der Begriff „Religion“ wurde im ausgehenden 18. Jahrhundert zwar von aller Welt verwendet, seine genaue Bedeutung war jedoch nur unscharf umrissen. Schleiermacher schlägt daher für seine Zeit recht unkonventionelle Wege ein, wenn er sich in der zweiten Rede daran macht, die Frage: Was ist Religion? zu beantworten und somit eine Begriffsbestimmung zu liefern. Er möchte seinen Lesern zeigen, dass der Religion „eine eigne Provinz im Gemüte angehört“. Dazu hält er es für notwendig, die Umrisse der Religion, ihre Gestalt, klar zu zeichnen, sie also gegenüber anderen Disziplinen abzugrenzen. Es soll deutlich werden, dass sie „ein himmlisches Wesen“ besitzt.
Das erste Problem, das sich beim Versuch einer Bestimmung des Begriffs Religion ergibt, ist, dass die Religion laut Schleiermacher nirgends mehr unvermischt angetroffen werden kann. Überall wo man hinsieht, ist sie durch Metaphysik, also Philosophie, und Moral verdünnt. Schleiermacher grenzt daher im folgenden die drei Bereiche gegeneinander ab und weist ihnen ihr jeweiliges Gebiet zu.
Inhaltsverzeichnis
- Das Wesen der Religion nach Schleiermacher
- Die Eigenständigkeit der Religion gegenüber Philosophie und Moral
- Was ist Religion?
- Das Universum
- Anschauung und Gefühl
- Gemüt und Sinn
- Konkretisierung der Anschauung: Natur, Menschheit und Geschichte
- Zusammenfassung
- Die Utopie
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert Schleiermachers Verständnis von Religion und stellt es in den Kontext seiner Zeit. Ziel ist es, die Eigenständigkeit der Religion gegenüber Philosophie und Moral aufzuzeigen und ihre charakteristischen Merkmale zu beschreiben.
- Die Abgrenzung der Religion von Philosophie und Moral
- Die Bedeutung des Universums als gemeinsame Quelle von Religion, Philosophie und Moral
- Das Wesen der Religion als Anschauung und Gefühl
- Die Rolle des Menschen im Verhältnis zum Universum
- Die Bedeutung der Utopie im Kontext der Religion
Zusammenfassung der Kapitel
2. Das Wesen der Religion nach Schleiermacher
Dieses Kapitel beleuchtet Schleiermachers Definition von Religion und unterscheidet sie von Philosophie und Moral. Die drei Disziplinen haben den gleichen Ausgangspunkt - das Universum - aber unterschiedliche Herangehensweisen. Die Religion zeichnet sich durch Anschauung und Gefühl aus, wobei das Universum aktiv auf den Menschen einwirkt und dieser eine rezipierende Rolle übernimmt.
2.1. Die Eigenständigkeit der Religion gegenüber Philosophie und Moral
Schleiermacher betont die Notwendigkeit, die Religion von Philosophie und Moral abzugrenzen. Während die Philosophie das Universum klassifiziert und erklärt, und die Moral ein System von Pflichten entwickelt, zeichnet sich die Religion durch Anschauung und Gefühl aus, ohne sich in theoretische Erklärungen oder praktische Handlungsanweisungen zu verstricken.
2.2. Was ist Religion?
In diesem Abschnitt werden die zentralen Elemente von Schleiermachers Religionsverständnis vertieft. Das Universum ist der gemeinsame Bezugspunkt aller drei Disziplinen, aber die Religion unterscheidet sich durch ihre Art, das Universum zu betrachten - durch Anschauung und Gefühl. Der Mensch nimmt dabei nicht den Mittelpunkt ein, sondern wird als eine Erscheinungsform des Universums betrachtet.
2.2.1. Das Universum
Schleiermachers Universum-Begriff umfasst eine Vielzahl von Begriffen, darunter das Unendliche, die lebendige Natur, der Weltgeist und die Gottheit. Es handelt sich um ein aktives und handelndes Prinzip, das sich dem Menschen in jedem Augenblick offenbart.
2.2.2. Anschauung und Gefühl
Die Religion zeichnet sich durch Anschauung und Gefühl aus, im Gegensatz zu Philosophie und Moral, die auf Denken und Handeln fokussieren. Die Anschauung stellt die unmittelbare Beziehung zwischen dem Menschen und dem Universum dar, wobei der Mensch sich von diesem "ergreifen und erfüllen lässt".
Schlüsselwörter
Religion, Philosophie, Moral, Universum, Anschauung, Gefühl, Schleiermacher, Eigenständigkeit, Utopie
- Arbeit zitieren
- Joachim Waldmann (Autor:in), 2005, Schleiermacher - Über das Wesen der Religion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49191