Handlungs- und Produktionsorientierung hat in den letzten Jahren bei der Unterrichtsgestaltung immer mehr an Bedeutung gewonnen. Ziel dabei ist, dass die Kinder ganzheitlich lernen. Das bedeutet, dass sie mit all ihren Sinnen den Inhalt des Unterrichts erleben, wahrnehmen und so erlernen. Außerdem sollte der Unterricht nicht derart gestaltet sein, dass die Schülerinnen und Schüler lediglich passiv teilnehmen und von ihrem Lehrer frontal unterrichtet werden, sondern sie sollten aktiv in das Geschehen integriert werden.
Im Religionsunterricht gibt es viele Themen und Inhalte, die sich anbieten, um Schülerinnen und Schülern ganzheitliches Lernen zu ermöglichen. Betrachtet man den christlichen Jahreskreis, so wird schnell deutlich, dass die Feste, die im Kirchenjahr gefeiert werden, in der Regel eine Bedeutung für die meisten der Kinder haben. Besonders die Adventszeit, die den Weihnachtsfestkreis einläutet, vermittelt allgegenwärtig eine Stimmung, die sich auch in der Schule niederschlägt und die zum zentralen Unterrichtsinhalt werden soll. Warum zünden wir am ersten Adventssonntag eine Kerze an, am zweiten Adventssonntag zwei Kerzen, am dritten drei und schließlich am vierten Advent vier? Was geschah in der Nacht als Jesus geboren wurde? Wie kommt es, dass wir seine Geburt bis heute feiern? Das nächste Fest, dass sich im Jahresfestkreis am meisten herauskristallisiert, ist das Osterfest. Auch hier stellen sich den Kindern Fragen, zu denen sie Antworten suchen. Wieso suchen wir an Ostern nach Ostereiern? Was mag damals mit Jesus geschehen sein? Der Osterfestkreis beinhaltet auch das dritte der bedeutsamsten Feste des Kirchenjahres: Das Pfingstfest. Hier kommen ebenfalls Fragen zur Geschichte und Entwicklung des Festes auf, die den Religionsunterricht thematisch füllen.
Alle Feste des Kirchenjahres können in der Schule, speziell im Religionsunterricht, inhaltlich erarbeitet und schließlich vorbereitet und zum Teil gefeiert werden. Die Betonung liegt hier auf „zum Teil“, denn die meisten christlichen Feste, die den Kindern in der Grundschule greifbar sind, fallen in die Ferienzeit. Nur wenige Feste werden tatsächlich in der Schule und somit in der Klassengemeinschaft gefeiert und erlebt – so zum Beispiel das Erntedankfest.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Religionsunterricht in der Grundschule
3. Bedeutung von Festen für Christen
4. Das Kirchenjahr
4.1 Über die Entwicklung des Kirchenjahres
4.2 Der Weihnachtsfestkreis
4.2.1 Advent
4.2.2 Weihnachten
4.2.3 Epiphanias
4.3 Der Osterfestkreis
4.3.1 Die Passionszeit
4.3.2 Palmsonntag
4.3.3 Karfreitag
4.3.4 Ostern
4.3.5 Himmelfahrt
4.3.6 Pfingsten
4.4 Die Trinitatiszeit
4.4.1 Trinitatis
4.4.2 Erntedank
4.4.3 Reformationstag
4.4.4 Buß- und Bettag
4.4.5 Ewigkeitssonntag
4.5 Religionspädagogische Überlegungen zum Kirchenjahr
5. Das Erntedankfest
5.1 Historischer Ursprung und Entwicklung des Erntedankfestes
5.2 Biblischer Hintergrund
5.3 Besinnung auf eine Bibelstelle: 5. Mose 26
5.3.1 Begründung der Perikopenwahl
5.3.2 Besinnung auf den Text und besondere Fragestellung
5.3.3 Semantische Analyse der Perikope
6. Das Erntedankfest in der Grundschule
6.1 Ausführliche Ausarbeitung einer Doppelstunde zum Thema „Erntedank“: „Das Erntedankfest steht bevor“
6.1.1 Übersicht über die geplante Unterrichtseinheit
6.1.2 Sachanalyse
6.1.3 Didaktischer Kommentar
6.1.4 Methodischer Kommentar
6.1.5 Stundenverlaufsplan
6.1.6 Lernziele
6.2 Weitere Ideen zur Gestaltung des Erntedankfestes in der Grundschule
7. Fazit
8. Anhang
a) Differenzierter Erzähltext der Bibelstelle 5. Mose 26, 1 – 11
b) Tafelbild
c) Differenzierter Text des Psalms 104
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Handlungs- und Produktionsorientierung hat in den letzten Jahren bei der Unterrichtsgestaltung immer mehr an Bedeutung gewonnen. Ziel dabei ist, dass die Kinder ganzheitlich lernen. Das bedeutet, dass sie mit all ihren Sinnen den Inhalt des Unterrichts erleben, wahrnehmen und so erlernen. Außerdem sollte der Unterricht nicht derart gestaltet sein, dass die Schülerinnen und Schüler lediglich passiv teilnehmen und von ihrem Lehrer frontal unterrichtet werden, sondern sie sollten aktiv in das Geschehen integriert werden.
Im Religionsunterricht gibt es viele Themen und Inhalte, die sich anbieten, um Schülerinnen und Schülern ganzheitliches Lernen zu ermöglichen. Betrachtet man den christlichen Jahreskreis, so wird schnell deutlich, dass die Feste, die im Kirchenjahr gefeiert werden, in der Regel eine Bedeutung für die meisten der Kinder haben. Besonders die Adventszeit, die den Weihnachtsfestkreis einläutet, vermittelt allgegenwärtig eine Stimmung, die sich auch in der Schule niederschlägt und die zum zentralen Unterrichtsinhalt werden soll. Warum zünden wir am ersten Adventssonntag eine Kerze an, am zweiten Adventssonntag zwei Kerzen, am dritten drei und schließlich am vierten Advent vier? Was geschah in der Nacht als Jesus geboren wurde? Wie kommt es, dass wir seine Geburt bis heute feiern? Das nächste Fest, dass sich im Jahresfestkreis am meisten herauskristallisiert, ist das Osterfest. Auch hier stellen sich den Kindern Fragen, zu denen sie Antworten suchen. Wieso suchen wir an Ostern nach Ostereiern? Was mag damals mit Jesus geschehen sein? Der Osterfestkreis beinhaltet auch das dritte der bedeutsamsten Feste des Kirchenjahres: Das Pfingstfest. Hier kommen ebenfalls Fragen zur Geschichte und Entwicklung des Festes auf, die den Religionsunterricht thematisch füllen.
Alle Feste des Kirchenjahres können in der Schule, speziell im Religionsunterricht, inhaltlich erarbeitet und schließlich vorbereitet und zum Teil gefeiert werden. Die Betonung liegt hier auf „zum Teil“, denn die meisten christlichen Feste, die den Kindern in der Grundschule greifbar sind, fallen in die Ferienzeit. Nur wenige Feste werden tatsächlich in der Schule und somit in der Klassengemeinschaft gefeiert und erlebt – so zum Beispiel das Erntedankfest.
Der Inhalt dieser Arbeit beschäftigt sich zunächst mit den allgemeinen Inhalten und Zielen des Religionsunterrichts in hessischen Grundschulen. Um eine Überleitung zu den christlichen Festen zu schaffen, die Schwerpunktthema dieser Arbeit sind, wird anschließend die Bedeutung von Festen für Christen erläutert, bevor dann ein Überblick über den christlichen Jahresfestkreis verschafft wird. Es wird aufgezeigt, welche Feste sich im Laufe der Zeit etabliert haben, wie sie sich entwickelt haben und welche Bedeutung sie heute für die Christen haben. Anknüpfend daran werden religionspädagogische Überlegungen in Anlehnung an den hessischen Rahmenplan zum Kirchenjahr vorgestellt.
Im Speziellen widmet sich diese Arbeit dem Erntedankfest, da dieses – wie bereits erwähnt – eines der wenigen religiösen Feste ist, das tatsächlich gemeinsam in der Schule gefeiert wird. Zunächst wird kritisch-historisch hinterfragt, wo das Fest seine Ursprünge hat, wie es sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat und welche Bibelstellen das Thema Ernte bzw. Erntedank behandeln. Abschließend soll anhand eines selbst entworfenen Unterrichtsvorschlags aufgezeigt werden, wie der Religionsunterricht dieses Fest den Schülerinnen und Schülern inhaltlich nahe bringen kann und wie es schließlich gemeinsam gefeiert werden kann.
2. Religionsunterricht in der Grundschule
„Inhalt des evangelischen Religionsunterrichts sind die Traditionen der Bibel als Deutungsangebot für die Erfahrungen der Mädchen und Jungen in ihren heutigen Lebensvollzügen. Der Religionsunterricht soll deshalb christliche Traditionen und christlichen Glauben so zur Sprache bringen, dass er für Kinder als befreiende Lebensmöglichkeit bedeutsam werden kann.“[1]
Der Rahmenplan Grundschule des Hessischen Kultusministeriums sieht den Religionsunterricht als Medium, Kindern biblische Inhalte und Traditionen nahe zu bringen und ihnen darüber hinaus eine Bedeutsamkeit dieser Inhalte für ihr Leben zu vermitteln.[2] Der Religionsunterricht bietet durch sein weites Themenspektrum jedoch auch die Möglichkeit, nicht nur neue Inhalte aufzuzeigen, sondern auch stets die Vorerfahrungen der Kinder mit einzubeziehen. Durch intensive Unterrichtsgespräche und den Austausch mit Gleichaltrigen können die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Gedanken und Erfahrungen zu einem bestimmten Thema äußern. Ferner lernen sie die der anderen Kinder kennen und öffnen sich somit für Meinungen, Erfahrungen und Wahrnehmungen ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler. Dadurch lernen sie, dass sie selbst unter Umständen anders empfinden und denken. Unterschiede kennen und achten zu lernen ist für die Entwicklung jedes Kindes von großer Bedeutung.
Das Wahrnehmen verschiedener Perspektiven zu einem Thema (z.B.: Wie würde man eine biblische Geschichte mit vergleichbarem Inhalt in der heutigen Zeit erleben?) erleichtert den Kindern den Bezug zu ihrer eigenen Lebenswelt und somit auch das Verstehen der Kernaussage(n) einer Geschichte. Vermutlich erkennen sie sich und ihre Probleme auf diese Weise in biblischen Geschichten wieder oder können sie auf ihr unmittelbares Umfeld übertragen.
Des Weiteren soll das Vertrauen auf Gott und das Kennen lernen biblischer Geschichten dazu verhelfen, dass die Kinder eine optimistische und zuversichtliche Lebenshaltung annehmen. In schwierigen Sachlagen etwas Positives zu entdecken bzw. nach vorn zu blicken, kann nicht nur für gegenwärtige, sondern vor allem auch für zukünftige Situationen hilfreich sein.
Aufgabe des Religionsunterrichts ist es, dass die Inhalte den Schülerinnen und Schülern durch ganzheitliches und kreatives Lernen und Arbeiten nahe gebracht werden. Durch die gegebene Themenvielfalt des Religionsunterrichts bietet es sich an, fächerübergreifend zu arbeiten. Viele Motive und Inhalte finden sich in anderen Unterrichtsfächern wieder und so lassen sich häufig Bezüge zum Religionsunterricht herstellen.
Um den Jungen und Mädchen individuelle Zugänge zu Gott und der Bibel zu ermöglichen, gliedert sich der Rahmenplan inhaltlich in verschiedene Erfahrungsbereiche. Zu den Erfahrungsbereichen, die der Religionsunterricht aufgreifen sollte, zählen die folgenden:[3]
Identität und Selbstbewusstsein: Der Bibel nach hat Gott den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen. Er bringt ihm – auch durch Jesus – bedingungslose Liebe entgegen. Zu erfahren, dass man – sozusagen als Kind Gottes – gewollt und geliebt wird, stärkt die Kinder in ihrem Selbstbewusstsein. Es hilft ihnen, die eigenen Schwächen zu erkennen und darüber hinaus auch die Fehler anderer akzeptieren zu können.
Gemeinschaft mit Anderen: Beziehungen zu anderen Menschen sind lebensnotwendig. Auch Gott ist ein Bezugspunkt, vor allem dann, wenn persönliche Beziehungen scheitern oder wenn es Schwierigkeiten mit Freunden oder der Familie gibt.
Jemandem Vertrauen zu schenken oder Vertrauen geschenkt zu bekommen stellt immer eine Bereicherung dar. Kinder lernen so, dass auch sie gebraucht werden und für andere Menschen wichtig sind. Sie lernen aber auch, dass Menschen verschieden sind und es bedeutsam ist, trotz der Differenzen einander zu achten.
Welt und Umwelt: Auf der Suche nach seinem Platz in der Welt braucht jedes Kind eine Orientierung. Doch es benötigt auch die Freiheit, die ihm vorgelebten Regeln und Normen kritisieren und überdenken zu können. Die Gewissheit, Jesus’ und Gottes Fürsorge haben zu können, erleichtert dies und schafft Rahmenbedingungen für den täglichen Umgang miteinander. Zu erfahren, dass Menschen füreinander sorgen und Verantwortung übernehmen, kann Kinder zu verantwortungsbewusstem Handeln veranlassen.
Des Weiteren sollte der evangelische Religionsunterricht in der Grundschule – laut Rahmenplan des Hessischen Kultusministeriums – geprägt sein durch Erzählzyklen und kirchliche Feste.[4] Um den Schülerinnen und Schülern Zugang zu biblischen Traditionen zu gewährleisten, werden ihnen Überlieferungen aus dem Alten und Neuen Testament erzählt. Das Erzählen bietet der Lehrperson die Möglichkeit, Geschichten so zu vermitteln, dass sie für die Kinder greifbar werden und ihnen neue Perspektiven eröffnen. Durch den direkten Augenkontakt, der beim Erzählen – im Gegensatz zum Vorlesen – mit den Kindern entsteht, kann man als Lehrperson gezielter auf sie und ihre Anregungen und Fragen eingehen. Somit kann man die Kinder in das Unterrichtsgeschehen integrieren und ihnen das Einprägen der Geschichte erleichtern.
Auch das Feiern von Festen und somit das Vermitteln von Bräuchen und Ritualen ist wesentlicher Bestandteil des Religionsunterrichts. Durch das Kennen lernen von biblischen und christlichen Hintergründen der vier Hauptfeste des Kirchenjahres – Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Erntedank – sowie durch das Vorbereiten, Gestalten und schließlich Erleben dieser Feste in der Klassengemeinschaft lernen die Kinder Altbekanntes neu kennen. Außerdem entdecken sie Sitte und Bräuche anderer Kulturen und erlangen dadurch interkulturelles Wissen.
Immer wieder tauchen im hessischen Lehrplan für evangelische Religion in der Grundschule übergreifende Themen auf. Gott wird in allen Erfahrungsbereichen thematisiert, auch in den Erzählzyklen und bei dem Feiern von Festen spielt er eine zentrale Rolle. Es ist wichtig, sachgerecht – bezogen auf die Bibel – und kindgemäß – so, dass sich die Kinder einbezogen und angesprochen fühlen – von Gott zu reden. Auch Gebete tauchen in unterschiedlichen Erfahrungs- und Handlungsfeldern des Religionsunterrichts auf. In Form von Gebeten erhalten die Kinder die Möglichkeit, sich Gott mitzuteilen und ihr Vertrauen ihm gegenüber zum Ausdruck zu bringen.
3. Bedeutung von Festen für Christen
Innerhalb unseres Kulturkreises gibt es viele Anlässe zum Feiern. Während unseres Lebens feiern wir Geburtstage, Jahrestage, Hochzeiten, Taufen, Schulabschlüsse oder bestandene Prüfungen, Silvester und vieles mehr. Einige Feste, wie z.B. die eigene Taufe oder Hochzeit sind einmalig, andere treten in zyklischen Abständen auf. Viele Feste basieren auf religiösem Hintergrund, manche sind privater oder biographischer Natur (beispielsweise das Feiern des bestandenen Abiturs). Gemeinsam haben aber alle Feste, dass sie sich vom Alltag abheben und dazu bestimmt sind, sich auf das, was es zu feiern gibt, zu besinnen.
Üblich ist es, dass Feste in einen bestimmten Rahmen gegliedert sind:[5] Es gibt immer einen Anfang und ein Ende des Festes, außerdem wird häufig an einem dafür vorgesehenen Ort gefeiert. Ferner ist es gebräuchlich, dass die Feiernden gemeinsam essen und trinken. Das Erleben der Feste in der Gemeinschaft ist dabei von wesentlicher Bedeutung, denn gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gemeinschaft und bieten neue Perspektiven für die Zukunft. Das Zusammenkommen, um fröhlich und ausgelassen zu sein und Bräuche zu zelebrieren, ist eine gute Basis um einen Gegenpol zu dem Alltag zu finden, der unser Leben dominiert.
Besonders das Feiern der christlichen Feste im Kirchenjahr dient – neben der Stärkung der Gemeinschaft und der Abhebung von dem Alltag – zur Vergegenwärtigung christlicher und kirchlicher Geschichte und Ereignisse. Auch der Einfluss des Naturjahres auf den christlichen Jahresablauf ist allgegenwärtig. An Ostern, Erntedank, aber auch an Weihnachten sind unsere Feiern angelehnt an Veränderungen und Einschnitte in die Natur.
Bis heute sind festliche Bräuche innerhalb der christlichen Kultur gefestigt und wesentlicher Bestandteil der Gestaltung des säkularen Jahresablaufes.
4. Das Kirchenjahr
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1[6]
4.1 Über die Entwicklung des Kirchenjahres
Das christliche Kirchenjahr, so wie wir es heute kennen, hat sich über einen Zeitraum von fast 2000 Jahren entwickelt.[7] Geprägt ist die Entwicklung sowohl von dem zyklischen Zeitablauf (Wechsel von Tag und Nacht; Wechsel der Jahreszeiten) als auch durch den historischen Wandel z.B. von der Landwirtschaft zur Industrie, der sich über viele Generationen vollzog. Außerdem hat auch die jüdische Festtradition großen Einfluss auf die wichtigsten Feste des christlichen Festjahres ausgeübt.
In den frühen, vorchristlichen Kulturen kam besonders dem Jahresablauf eine große Bedeutung zu.[8] Der Beginn des Naturjahres, aber auch die Wechsel der Jahreszeiten wurden kultisch begangen. Zu den wichtigsten Einschnitten des Jahres zählten die Sonnenwenden im Sommer und im Winter, sowie die Tagesundnachtgleichen im Herbst und im Frühling. Auch Ereignisse, die für das Überleben der Gemeinschaft von Bedeutung waren, wurden gefeiert: Aussaat und Ernte spielten hier eine besonders große Rolle. Bei dem Feiern eines vorübergehenden und dem Start eines neuen Jahres (Neujahrsfeste) zelebrierte man auch die Parallelen zu den Abläufen im menschlichen Leben: „In Neujahrs-, Jahreszeiten- und Erntefesten feierte man das Werden, Sterben und Wiedergeborenwerden der Natur.“[9] Oftmals identifizierte man mit den Geschehnissen in der Natur auch das Schicksal von Göttern.[10] Das Ende einer Jahreszeit konnte z.B. in Verbindung mit dem Tod eines bestimmten Gottes gebracht werden. Die Menschen nahmen an, dass dessen Schicksal durch die Natur dargestellt wurde, ahmten dieses Schicksal schauspielerisch nach und entwickelten so einen Kult. Die Kirche verchristlichte einige dieser heidnischen Bräuche und Feste.[11] Auch nahmen ursprünglich christliche Feste Eigenschaften des Naturjahres an. So entwickelte beispielsweise das Osterfest im Laufe der Zeit Charakterzüge eines Frühlingsfestes.
Wie bereits erwähnt ist das christliche Kirchenjahr auch durch die jüdische Tradition geprägt. Dies lässt sich vor allem in Bezug auf das Osterfest (jüdisch: Passahfest) und das Pfingstfest (jüdisch: Wochenfest) feststellen.[12]
Das jüdische Passahfest wird in der Vollmondnacht des Frühlingsmonats Nisan (entspricht unserem März/April) gefeiert. Es verbindet ein jüdisches Hirtenfest mit dem Mazzot (Fest der ungesäuerten Brote). Jenes Hirtenfest wurde begangen, wenn im Frühjahr den Nomaden und deren Herde ein Weidewechsel bevorstand. Um sich vor bösen Geistern zu schützen, war es üblich, ein männliches Lamm zu opfern und sein Blut auf die Zeltstangen aufzutragen. Anschließend wurde das Tier verspeist.
Während des Mazzot (15. bis 21. Nisan) feierte man die Gerstenernte. Die erste Gerstengarbe wurde für Gott geopfert und mit dem Mehl dieser neuen Ernte wurden Brote gebacken, die nicht mit Sauerteig (und folglich mit Mehl der alten Ernte) durchsetzt waren.
Wie bereits angemerkt vereinigten die Juden das Hirtenfest und das Mazzot zum Passahfest. Ergänzt wurde jedoch ein neues Bedeutungsspektrum, welches an die Befreiung aus Ägypten erinnern sollte. Folgendermaßen assoziierte man mit dem Blut, mit welchem bei dem Hirtenfest die Zeltstangen bestrichen wurden, jenes Blut, das bei dem Auszug aus Ägypten auf Türrahmen aufgetragen wurde, um das Haus vor dem Racheengel zu verschonen. Die ungesäuerten Brote gebührten dem eiligen Verlassen des Landes. Mit diesem Brauch sollten sich die jüdischen Gläubigen das Leiden ihrer Vorfahren in Erinnerung rufen.
Jesus hat am Abend vor seiner Kreuzigung (Gründonnerstag) sein letztes Abendmahl zu sich genommen. Dieses Abendmahl war nach Überlieferungen der Evangelien ein Passahmahl. Die zeitliche Übereinstimmung von Passahfest und Tod und Auferstehung Jesu (Ostern) ist daher eindeutig. Außerdem dient das Osterfest – ähnlich wie das Passahfest – nicht nur der Erinnerung, sondern auch der Vergegenwärtigung historischer Ereignisse.[13]
Eine weitere Gemeinsamkeit von jüdischem und christlichem Jahr findet sich bei dem jüdischen Wochenfest und dem christlichen Pfingstfest.[14] 50 Tage nach dem Passahfest feiern die Juden das Wochenfest. Ursprünglich wurde an diesem Fest der Weizenernte gedankt, später wurde das Gedenken an die göttliche Offenbarung und den Bundesschluss am Sinai (Übergabe der Zehn Gebote) Mittelpunkt des Festes. Hier sind Parallelen zum christlichen Pfingsten deutlich zu erkennen – 50 Tage nach Ostern feiern die Christen an dem Pfingstfest die Entsendung des Heiligen Geistes und die Gründung der ersten Gemeinde.
Ein zusätzlicher Berührungspunkt des christlichen und jüdischen Festjahres ist der Sonntag (Sabbat).[15] Zunächst feierten die Christen den Sonntag als Tag der Auferstehung Jesu, später wurde er in Anlehnung an den jüdischen Sabbat zum wöchentlichen Ruhetag. Die rhythmische Abwechslung von Arbeit und Ruhen findet seinen Ursprung im Schöpfungsbericht der Bibel, in dem Gott am siebten Tag von seiner Arbeit ruhte.
Der Osterfestkreis mit seiner Anlehnung an die jüdischen Feste (Passahfest und Wochenfest) bildete die Grundlage des Kirchenjahres.[16] Weitere außerjüdische Einflüsse auf die Entwicklung des christlichen Kirchenjahres stammen aus dem Hellenismus. Hier sind vor allem solche Feste gemeint, die sich mit der Menschwerdung Jesu beschäftigen (Weihnachten, Epiphanie). Auch historische Ereignisse, die in Zusammenhang mit der Kirche stehen, wurden in das Kirchenjahr integriert; ebenso wie solche Feste, die sich bestimmten christlichen Motiven und Themen widmen („Ideenfeste“[17] ). Dominiert wird der Aufbau des Kirchenjahres, wie wir es heute kennen, von den wichtigsten Stationen des Leben Jesu. Angefangen bei der Vorbereitung auf seine Geburt, über die Feier seiner Geburt und seiner Taufe, bis hin zu seinem Tod, der Auferstehung und schließlich der Himmelfahrt orientieren wir uns bei dem Ablauf des christlichen Jahreskreises an seinem Leben.
Bemerkenswert ist auch, dass jede Festzeit des christlichen Kirchenjahres eine bestimmte Farbe hat.[18] In der evangelischen Kirche gibt es fünf liturgische Farben. Je nach Festzeit sind der Altar und die Kanzel in der bestimmten liturgischen Farbe geschmückt. Während der Adventszeit und der Fastenzeit vor Ostern (Vorbereitungszeit auf hohe christliche Feste) ist dies die Farbe Violett; für hohe Christusfeste (Weihnachten / Weihnachtszeit, Epiphanias, Ostern/Osterzeit; Trinitatis, Ewigkeitssonntag) wählt man Weiß; Grün ist die Farbe nach Epiphanias (Epiphaniaszeit) und der Trinitatiszeit; an Karfreitag und Karsamstag kann alternativ zu Violett auch Schwarz zum Zeichen der Trauer gewählt werden. Für Feste, die mit der Entsendung des Heiligen Geistes (Pfingsten) oder mit Aposteln, Gläubigen und Märtyrern verbunden sind, entscheidet man sich für die Farbe Rot.
4.2 Der Weihnachtsfestkreis
4.2.1 Advent
Das Kirchenjahr beginnt mit dem ersten Adventssonntag. Dieser fällt auf den vierten Sonntag vor Weihnachten. In der Adventszeit bereiten wir uns auf die Feier der Ankunft (lateinisch adventus = Ankunft) Christi vor, außerdem hoffen wir auf seine Wiederkehr.[19] In der Bibel begegnet uns in diesem Zusammenhang Johannes der Täufer. Als Vorbote kündigt er das Kommen Jesu und damit verbunden die Erlösung der Menschheit von ihren Sünden an.
Die Adventszeit ereignete sich zunächst als Fastenzeit. Es war Brauch, in der Zeit vom 11. November bis zum 6. Januar (Epiphaniefest, an diesem Tag wurde ursprünglich Weihnachten gefeiert) zu fasten; ausgenommen an den Samstagen und Sonntagen. Die Dauer der Fastenzeit betrug 40 Tage. Im Laufe der Jahre entwickelte sich die bis heute verbreitete Tradition der vier Adventssonntage: Gegen Ende des sechsten Jahrhunderts legte Papst Gregor I. (Gregor der Große) fest, dass an den vier Sonntagen vor dem 24. Dezember das Warten auf die Ankunft Jesu gefeiert werden sollte.[20] Wie bereits erwähnt ist damit allerdings nicht nur die Geburt Christi gemeint, sondern auch das Entgegensehen seiner Wiederkehr.[21]
[...]
[1] Hessisches Kultusministerium (1995), S. 36
[2] Vgl. hierzu und im Folgenden Hessisches Kultusministerium (1995), S. 36f
[3] Vgl. hierzu und im Folgenden: Hessisches Kultusministerium (1995), S. 39f
[4] Vgl. hierzu und im Folgenden: Hessisches Kultusministerium (1995), S. 40f
[5] Vgl. hierzu und im Folgenden: Gymnasialpädagogische Materialstelle der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (1998), S. 7ff; o.V. (2005a)
[6] Steitz-Röckener (1994)
[7] Vgl. hierzu und im Folgenden: Küsell (1997), S. 7
[8] Vgl. hierzu und im Folgenden: Bieritz (2001), S. 40f
[9] Bieritz: (2001), S. 41
[10] Vgl. hierzu und im Folgenden Bieritz: (2001), S. 40f
[11] Vgl. hierzu und im Folgenden Bieritz: (2001), S. 50f
[12] Vgl. hierzu und im Folgenden: Bieritz (2001), S. 44ff; Küsell, S. 12
[13] Vgl. Küsell (1997), S. 12
[14] Vgl. hierzu und im Folgenden: Bieritz (2001), S. 45ff; Küsell (1997), S. 13
[15] Vgl. hierzu und im Folgenden: Küsell (1997), S. 13
[16] Vgl. hierzu und im Folgenden: Bieritz (2001), S. 49
[17] Bieritz (2001), S. 49
[18] Vgl. hierzu und im Folgenden: Bieritz (2001), S. 73f; o.V. (2005g)
[19] Vgl. hierzu und im Folgenden: Bieritz (2001), S. 202ff
[20] Vgl. Kirchhoff (1990), S. 21f
[21] Vgl. Bieritz (2001), S. 206
- Quote paper
- Inga Plümer (Author), 2005, Der Beitrag des Religionsunterrichts zum "Feste feiern" in der Grundschule, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49206
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