Die Determinanten des Kundenwertes. Methodik und kritische Analyse aus empirischer Sicht


Diplomarbeit, 2005

80 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung und Überblick
1.1 Problemstellung und Hinleitung zum Thema
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2 Kundenwert – begriffliche Definitionen
2.1 Kunde
2.2 Begriffsabgrenzung „Wert“ und „Kundenwert“
2.2.1 Allgemeine Wertdefinition
2.2.2 Kundenwert

3 Bestimmungsfaktoren des Kundenwertes
3.1 Marktpotential
3.1.1 Ertragspotential
3.1.2 Entwicklungspotential
3.1.3 Cross-Buying-Potential
3.1.4 Loyalitätspotential
3.2 Ressourcenpotential
3.2.1 Referenzpotential
3.2.2 Informationspotential
3.2.3 Kooperationspotential
3.2.4 Synergiepotential
3.2.5 Innovationspotential
3.3 Zusammenfassung und kritische Würdigung der Determinanten

4 Analysemethoden der Kundenbewertung
4.1 Anforderungen an die Analyseverfahren
4.2 Eindimensionale Verfahren
4.2.1 Umsatzanalyse / ABC-Staffelung
4.2.2 Kundendeckungsbeitragsrechnung
4.2.3 Kundenlebenszyklus und Customer-Lifetime-Value (CLV)
4.2.4 Kundenzufriedenheitsanalyse
4.2.5 Loyalitätsleiter-Konzept
4.2.6 Analyse des Cross-Buying-Wertes
4.2.7 Analyse des Referenzwertes
4.2.8 Analyse des Informationswertes
4.2.9 Zahlungsbereitschaftsanalyse
4.2.10 Kaufhäufigkeitsanalyse
4.3 Mehrdimensionale Verfahren als Basis zur Ermittlung und Darstellung eines ganzheitlichen Kundenwertes
4.3.1 Klassifikationsschlüssel
4.3.2 Die RFMR-Methode (Recency, Frequency and Monetary Ratio)
4.3.3 Kundenscoring
4.3.4 Kundenportfolio-Modelle

5 Zusammenfassung über Anwendung und Potentiale der Kundenwertanalyse in der Unternehmenspraxis

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Versicherung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wirkungskette der Kundenbindung

Abbildung 2: Konzeptualisierung des Nettonutzens

Abbildung 3: Der Kundenwert-Kreislauf

Abbildung 4: Bestimmungsfaktoren des Kundenwertes

Abbildung 5: Bestimmungsgrößen des Cross-Buying-Potentials eines Kunden

Abbildung 6: Bestimmungsgrößen des Loyalitätspotentials beim Kunden

Abbildung 7: Bestimmungsgrößen des Referenzpotentials

Abbildung 8: Bestimmungsfaktoren des Informationspotentials eines Kunden

Abbildung 9: Bestimmungsgrößen des Kooperationspotentials eines Kunden

Abbildung 10: Beispiel einer umsatzbezogenen ABC-Analyse

Abbildung 11: Schematisierter Zusammenhang zwischen der Dauer der Kundenbeziehung und dem Deckungs-beitrag pro Kunde

Abbildung 12: Die Phasen des Kundenlebenszyklus

Abbildung 13: Formel zur CLV-Berechnung

Abbildung 14: Beispielhafte Anwendung der Formel zur CLV-Berechnung

Abbildung 15: Die Stufen der Loyalitätsleiter

Abbildung 16: Beispielhafte Darstellung der Kaufhäufigkeit des Beispielkunden Maximus

Abbildung 17: Kundenportfolio des Unternehmens Provalue

Abbildung 18: Beispiel für ein Kunden-Portfolio mit einer 9-Felder-Matrix

Abbildung 19: Darstellung eines Kundenkubus

Abbildung 20: Maßnahmen nach einer Wertermittlung in der Praxis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Monetäre und nicht-monetäre Determinanten des Kundenwertes

Tabelle 2: Beispielberechnung des Kundendeckungsbeitrags

Tabelle 3: Beispieldarstellung der Cross-Buying-Wahrscheinlichkeiten

Tabelle 4: Beispielrechnung der RFMR-Methode

Tabelle 5: Beispielhafte Kundenwertermittlung mit Hilfe des Scoring‑Verfahrens

Tabelle 6: Faktoren für die Bewertung der Dimensionen im Portfolio

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung und Überblick

1.1 Problemstellung und Hinleitung zum Thema

Seit den achtziger Jahren ist die Wirtschaft in Deutschland und auch weltweit geprägt durch den Paradigmenwandel von der Transaktions- zur Beziehungsorientierung. Durch die Globalisierung, aber auch durch national steigenden Wettbewerbsdruck und stagnierende Märkte (vgl. o. V. (a) (o. J.), S. 1), wurde ein Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt ausgelöst. Demzufolge wird der Kunde zur wichtigsten Ressource für ein Unternehmen. Der Begriff und die Thematik des Kundenwertes wird in diesem Zusammenhang erstmals im Jahre 1992 erwähnt (vgl. Pacht, S. (2004), S.8).

Die Wirkungskette der Kundenbindung verdeutlicht den Einfluss der Kundenorientierung auf den ökonomischen Erfolg der Unternehmen und somit die Notwendigkeit einer Analyse des Kundenwertes.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Homburg/Bruhn, zitiert in: Benkenstein, M., Stuhldreier, U. (2001), S. 651

Abbildung 1: Wirkungskette der Kundenbindung

Sie beginnt mit der Kontaktaufnahme bzw. der Gewinnung eines Kunden. Mit Hilfe eines Soll-Ist-Vergleichs wird im Anschluss die Zufriedenheit des Kunden bewertet (dabei wird die erwartete Leistung zur erbrachten Leistung ins Verhältnis gesetzt). Kundenzufriedenheit tritt ein, wenn die erbrachten Leistungen des Unternehmens die Erwartungen des Kunden übertreffen. Eine hohe Kundenzufriedenheit führt in der nächsten Stufe zur Loyalität, die sich beim Kunden durch Akzeptanz und Vertrauen zum Anbieter äußert. Für ein Unternehmen bedeutet die Loyalität des Kunden heute den ersten Schritt zu einer langfristigen Kundenbeziehung. Letztendlich kann Kundenloyalität zum Wiederkauf führen, der die Basis für eine Kundenbindung darstellt. Ein gebundener Kunde ist für das Unternehmen wertvoll und steigert zudem den ökonomischen Erfolg. Die Abhängigkeit bzw. die Reihenfolge der genannten Faktoren der Wirkungskette konnten in der Literatur bisher nicht eindeutig nachgewiesen werden. Unumstritten ist jedoch die Wirkung der einzelnen Konstrukte auf den Unternehmenserfolg (vgl. Benkenstein. M. (2001), S. 96).

Die Kundenwertanalyse rückt heute immer mehr in den Vordergrund wirtschaftlicher Betrachtungen (Jahn, M. (2004), S. 1). Der Hauptgrund dafür ist, dass einem Unternehmen das Wissen über Eigenschaften, Ziele und Vorlieben des Kunden nur Vorteile bringen kann.

Trotz des Wandels vom produkt- zum kundenorientierten Management und aller Bemühungen der Unternehmen, Neukunden zu akquirieren und eine Kundenbindung aufzubauen, kam es in jüngster Zeit immer häufiger zu Umsatzeinbußen. Es wurde deutlich, dass nicht nur eine Fokussierung auf die Kundenbeziehung diesen Trend aufhalten kann; Die „richtigen“ Kunden, die dem Unternehmen einen enormen Wettbewerbsvorteil ermöglichen, sind zu selektieren. Eine Studie zeigt, dass es etwa fünfmal mehr kostet, einen Neukunden zu gewinnen als einen bestehenden Kunden zu binden. Gelingt es einem Unternehmen, 5 % der bestehenden Kunden von einer Abwanderung abzuhalten, steigt der Kundenwert um durchschnittlich 75 %. Zudem bleiben 95 % der verärgerten Kunden dem Unternehmen treu, wenn ihr Problem innerhalb von 5 Tagen gelöst wird (vgl. Holland, H. (2004), S. 198).

Allerdings wird die Thematik der Kundenbewertung in nur wenigen Büchern und Veröffentlichungen genauer betrachtet. Den Großteil der Informationen liefern Beiträge in Fachzeitschriften, Dissertationen oder Fachbeiträge von Experten auf speziell eingerichteten Internetforen. Eine sorgfältige Bearbeitung des Themas über mögliche Determinanten und in der Praxis anwendbare Analyseverfahren erfordert die intensive Recherche nach Fachbeiträgen und Anwendungsbeispielen aus der Praxis.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Ziel dieser Ausarbeitung ist, die Bedeutung des Kundenwertes für Unternehmen darzustellen und eine Stoßrichtung aufzuzeigen, welche Faktoren den Kundenwert beeinflussen und wie sich ein möglichst ganzheitlicher Kundenwert berechnen lässt. Eine intensive Recherche der neuesten Fachbeiträge soll die Resonanz der Unternehmen bezüglich der Thematik verdeutlichen und aufzeigen, welche Determinanten bzw. Analysemethoden in der Praxis genutzt werden.

In Abschnitt 2 wird zunächst ein Überblick über die begrifflichen Facetten des Kundenwertes gegeben. Dafür wird der Begriff „Kunde“ sowie der Begriff „Wert“ in seiner allgemeinen Bedeutung charakterisiert. Schließlich wird eine Definition des Begriffs „Kundenwert“ festgelegt, die sowohl die Perspektive des Anbieters als auch die Kundenperspektive impliziert.

Kapitel 3 zeigt mögliche Determinanten des Kundenwertes auf. Dabei ist zu beachten, dass angesichts der Vielzahl der möglichen Faktoren im Vorfeld eine subjektive Selektion erfolgt ist, um die wichtigsten und in der Praxis am häufigsten angewandten Faktoren hervorzuheben. Mit der Auswahl der „richtigen“ Determinanten hat ein Unternehmen die Möglichkeit, eine firmenindividuelle Bedeutung des Kundenwertes zu ermitteln.

Aufbauend auf den Beeinflussungsfaktoren werden in Kapitel 4 Analyseverfahren zur Ermittlung und Darstellung des Kundenwertes aufgeführt. Der erste Teil zeigt eindimensionale Verfahren, bei denen tendenziell nur ein Faktor in die Bewertung eingeht. Im zweiten Teil werden Verfahren vorgestellt, die eine mehrdimensionale Darstellung des Kundenwertes ermöglichen und somit Ansätze zeigen, den Kundenwert mehrfaktoriell - bestenfalls ganzheitlich - zu betrachten. Eine kritische Bewertung der Verfahren soll helfen, Vor- und Nachteile der eingesetzten Determinanten aufzuzeigen und die Durchsetzbarkeit der Methoden in der Praxis darzulegen.

Mit Kapitel 5 wird die Ausarbeitung des Themas durch eine Zusammenfassung der erläuterten Inhalte vollendet. Anhand der Bewertungen und erläuterten Praxisanwendungen werden mögliche Potentiale für die Bearbeitung des Themas aufgezeigt.

2 Kundenwert – begriffliche Definitionen

2.1 Kunde

Der in Kapitel 1 erläuterte Paradigmenwandel von einer Produktorientierung zur Kundenorientierung macht aus dem Kunden ein Investitionsobjekt für Unternehmen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass der Kunde nie eine bessere Position gegenüber dem Anbieter hatte als heute (vgl. Winkelmann, 2003, S. 241). Offen bleiben jedoch die Fragen: „Wer ist eigentlich der Kunde?“; „Ist er ein ‚unbekanntes Wesen’ (Winkelmann, 2003, S. 241)?“; „Ist jeder Kunde auch als König zu behandeln?“

Kundenidentifizierung

In der allgemeinen Literatur wird der Kunde als jemand definiert, der „regelmäßig bei einem Anbieter einkauft“ (Stahl, H. K. (2000), S.1). Die Betonung liegt auf „regelmäßig“, da bei einem einmaligen Kaufakt von einem „Käufer“ gesprochen wird (vgl. Stahl, H. K. (2000), S. 1).

Das Marketing nutzt eine weiter gefasste Definition des Begriffs. Dort wird als Kunde charakterisiert, wer einen Vertrag abschließt, bzw. wer die Bezahlung seines Erstkaufs abgeschlossen hat (vgl. Diller, H. (2001), S. 845; Stahl, H. K. (2000), S. 1). Diese Definition schließt allerdings nicht ein, dass der Kunde schon vor dem ersten Kauf Einfluss auf den Prozess ausübt, indem er Wünsche äußert, Angebote vergleicht, Beratungen in Anspruch nimmt und es möglicherweise trotz allem nicht zum Kaufabschluss kommt. Dem Unternehmen sind dadurch Kosten entstanden, die nicht durch den Kaufabschluss amortisiert werden können. Der neue Kontakt zum zufriedenen potentiellen Käufer stellt allerdings eine weitere Möglichkeit der Kundengewinnung dar.

Klassifizierung von Kunden

Um Kunden signifikant ansprechen zu können, werden sie verschiedenen Entwicklungsstufen zugeteilt und anschließend zielgruppenspezifisch durch Marketingmaßnahmen angesprochen. Es können folgende Stufen unterschieden werden: aktuelle Kunden wie Stammkunden, Wechselkunden oder Erstkunden; potentielle Kunden, die auch als Interessenten bezeichnet werden; verlorene Kunden (vgl. Winkelmann, P. (2003), S. 285).

Jeder Kunde kann zudem als Einzelperson oder Gruppe, als Unternehmen oder Organisation mit öffentlichem Auftrag auftreten. Daneben unterscheiden sich Kunden, die als Händler mit Mittlerfunktion oder Endverbraucher nachfragen.

Kundenqualifizierung

Aufgrund zunehmender Komplexität im Kundenbeziehungsmarketing und steigenden Kosten der Betreuung eines Kunden wird deutlich, dass nicht jeder Kunde König sein kann. Laut einer Studie der Cranfield University sind nur 20 – 30 % der Kunden für ein Unternehmen (branchenunabhängig) wirklich profitabel (vgl. Oesterer, M. (2003), S. 1). Die zentrale Frage, die sich auch in jüngerer Literatur immer wieder findet, lautet: Wie findet ein Unternehmen die „wertvollen“ Kunden (vgl. Uthe, S. (o. J.), S. 1)? Die Antwort liefert das Konstrukt „Kundenwert“.

Durch die Selektion der wertvollen Kunden kann das Unternehmen seine begrenzten finanziellen Mittel zielgerichteter einsetzen und somit eine „Bündelung der Kräfte“ auf gewinnbringende Potentiale anstreben.

Der Internet-Buchversand Amazon liefert ein geeignetes Beispiel für die Selektion wertvoller Kunden. Anfangs wurde für alle Buchbestellungen eine versandkostenfreie Lieferung angeboten. Die Kundenzahl stiegt, jedoch wurden die entstandenen Kosten durch die Vielzahl der Kleinbestellungen nicht gedeckt. Nach Einführung eines Mindestbestellwertes konnte das Segment der verlustbringenden Kunden verkleinert und der Unternehmensgewinn gesteigert werden (Elssenwenger, Th. (2004), S. 26).

2.2 Begriffsabgrenzung „Wert“ und „Kundenwert“

Zur vollständigen Operationalisierung des Begriffs Kundenwert wird im nächsten Abschnitt geprüft, ob die Definition des Begriffs „Wert“ zur Begriffsbestimmung des Kundenwertes herangezogen werden kann.

2.2.1 Allgemeine Wertdefinition

Der Begriff „Wert“ findet in der Literatur keine einheitliche Begriffsbestimmung. Die folgende beispielhafte Definition dient zur Abgrenzung des Begriffs „Kundenwert“. Danach wird unter Wert „…ein allgemeiner Maßstab für die Vorziehungswürdigkeit eines Subjekts, Objekts oder einer Aktion verstanden…“ (Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S.7).

Die Betriebswirtschaftslehre bevorzugt - im Gegensatz zur Volkswirtschafts-lehre - eine subjektive Beurteilung des Wertes, die auf den realisierbaren Nutzen abzielt, nicht auf den objektiven Wert.

Da - streng genommen - beide Faktoren, objektiver (Tausch-)Wert und subjektiver (Gebrauchs-)Wert, den Kundenwert umfassen (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 7), kann für die Definition des Begriffs Kundenwert auf keine bestehende Definition des Begriffs Wert zurückgegriffen werden. Deshalb wird im Folgenden der Begriff Kundenwert als alleinstehendes Konstrukt unabhängig vom Begriff Wert definiert.

2.2.2 Kundenwert

In Marketingfachbüchern und neuen Fachbeiträgen werden zwei Perspektiven des Kundenwerts unterschieden; die Anbieter- und die Kundenperspektive. Diese verschiedenen Sichtweisen lassen sich im deutschen Sprachgebrauch durch die einheitliche Bezeichnung „Kundenwert“ nicht voneinander abgrenzen. Deshalb werden aus der englischsprachigen Literatur Bezeichnungen favorisiert, durch die die Perspektiven hervorgehoben werden.

Zum einen ist die Rede vom „Customer Value“ oder „Value to the Customer“. Dieser beschreibt die Kundenperspektive. Dem gegenüber steht der Kundenwert aus Anbieter- oder Unternehmenssicht, bezeichnet als „Customer Equity“ oder „Value of the Customer“ (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 8).

Customer Value

Der Wert aus der Sicht des Kunden setzt sich zusammen aus dem voraussichtlichen Nutzen, den der Kunde dem Produkt zuschreibt, sowie den Kosten, die der Kauf des Produktes verursacht. Eine Wertsteigerung ist somit nur dann möglich, wenn der vom Kunden wahrgenommene Nutzen steigt oder die zu investierenden Aufwendungen sinken (vgl. Herrmann, A., u. a. (2001), S. 549).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Eggert, A. (2001), S. 47

Abbildung 2: Konzeptualisierung des Nettonutzens

Customer Equity

Die Customer Equity stellt den konventionellen Kundenwert aus der Sicht des Anbieters dar. Cornelsen (zitiert in: Henseler, J., Hoffmann, Th. (2003), S. 12) definiert den Kundenwert aus Anbietersicht als den „Indikator des Ausmaßes, in dem ein Kunde dazu beiträgt, die monetären bzw. nicht-monetären Ziele des Anbieters zu erfüllen“. Daneben wird in der Fachliteratur die Customer Equity beschrieben als der „diskontierte Einzahlungs-überschuss, den ein Kunde im gesamten Verlauf seiner Kundenbeziehung für das Unternehmen erzeugt“ (Meffert, H. (2000), S. 948).

Wird keine Unterscheidung zwischen den beiden Perspektiven aufgeführt, lehnt sich die Definition in der Regel an die des Begriffs „Customer Equity“ an. Es ist davon auszugehen, dass diese Sichtweise bevorzugt wird, weil die Berechnung des Kundenwertes aus Anbietersicht einen monetär messbaren Erfolg für das Unternehmen verspricht, im Gegensatz zur Betrachtung des monetär schwer berechenbaren Nettonutzens aus Kundensicht.

Zusammenhang zwischen Customer Value und Customer Equity

Aufgrund der Problematik, dass beide Perspektiven auf einen einheitlichen deutschen Überbegriff zurückgreifen, stellt sich die Frage nach einem logischen Zusammenhang. Diese Frage wird in der Literatur immer wieder aufgenommen, Lösungsansätze gibt es allerdings nur wenige. Winkelmann hat beispielsweise beide Wortbedeutungen aufgegriffen und einen neuen Begriff formuliert, das „Customer Value and Equity Management“. Dieser verdeutlicht die Zusammengehörigkeit der beiden Perspektiven.

Berechnungsgrundlage für die integrative Betrachtung beider Perspektiven sind die Ist-Kundenwerte (beispielsweise hat ein Unternehmen bei einem Kunden aufgrund vorhandener Daten einen Zufriedenheitswert von 3 ermittelt). Daraus abgeleitet werden mittelfristig Ziel-Kundenwerte festgelegt (d. h., es wird über Möglichkeiten nachgedacht, dem Kunden einen Zusatznutzen anbieten zu können). Ein Beispiel dafür ist das Angebot über eine weitere Anwendungsmöglichkeit eines Produktes, die der Kunde bis dato nicht wahrgenommen hat oder eine Verbesserung im Kundenservice, die dem Kunden eine bessere Betreuung und Beratung ermöglicht. Dieser Zusatznutzen könnte den potentiellen Kundenwert bei neuer Berechnung auf einen Wert von z. B. 5, den maximal erreichbaren Wert, ansteigen lassen. Die Kunden werden dann systematisch auf diese Zielwerte hin entwickelt; am Beispiel des Parameters Kundenzufriedenheit, indem sie über die Vorteile von Produktanwendungsmöglichkeiten und Kundenservice informiert werden. Letztendlich steigt so der Kundenwert aus der Sicht des Anbieters, obwohl dieser aus der Kundenperspektive heraus erhöht wurde (vgl. Winkelmann, P. (2004), S. 3).

Bei Eggert wird der Zusammenhang beider Perspektiven mit dem Wirkmodell „Kundenwert-Kreislauf“ interpretiert (vgl. Eggert, A. (2001), S. 49).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Cornelsen 2000, S. 294, zitiert in: Eggert, A. (2001), S. 49

Abbildung 3: Der Kundenwert-Kreislauf

Durch die Darstellung eines Kreislaufes wird verdeutlicht, dass die Steigerung des Customer Value eine erhöhte Kaufbereitschaft des Kunden zur Folge hat und somit der Umsatz und der damit verbundene Kundenwert des Anbieters steigt. Zudem kann ein positiver Customer Value beim Kunden z. B. eine erhöhte Bereitschaft zur Weiterempfehlung erzeugen, die letztendlich zu einer Neukundengewinnung führen und somit dem Kundenwert des Referenzgebers zugerechnet werden kann (vgl. Eggert, A. (2001), S. 49). Diese sog. „Win-Win-Situation“ kann folglich nur realisiert werden, wenn der Kundennutzen in die Kundenbewertung integriert wird (vgl. o. V. (d), (2003), S. 1).

Die möglichen Determinanten, die den Kundenwert beeinflussen, werden im folgenden Kapitel genauer erläutert.

Ist keine Angabe über die Sichtweise definiert, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um die Anbieterperspektive handelt, da diese einen höheren monetär messbaren Erfolg für das Unternehmen generiert. In dieser Ausarbeitung wird dagegen die Sichtweise des Kunden in die Betrachtungen integriert. Infolgedessen wird im Ablauf der Arbeit allgemein vom Kundenwert gesprochen.

3 Bestimmungsfaktoren des Kundenwertes

Die Ausführungen über die verschiedenen Perspektiven des Kundenwertes zeigen, dass nicht allein der Ertrag, den ein Unternehmen durch einen Kunden erwirtschaftet, ausschlaggebend für den Unternehmenserfolg ist, sondern auch eine Vielzahl qualitativer Bestimmungsfaktoren, die in den folgenden Abschnitten genauer erläutert werden.

Ziel der Kundenwertanalyse ist die Bestimmung eines monetären Wertes für die Kundenbeziehung. Dieser Wert zeigt den Erfolgsbeitrag des Kunden zum Unternehmenserfolg. Als Unternehmenserfolg wird dabei eine Steigerung des Gewinns unterstellt (vgl. Henseler, J., Hoffmann, Th. (2003), S. 17). Der einzelne Kunde oder eine Kundengruppe kann starken Einfluss auf den Unternehmenserfolg eines Anbieters ausüben. In Kapitel 2.1 wurde durch die Klassifizierung des Kunden aufgezeigt, welche vielfältigen Funktionen dieser Wertgenerator bei einem Unternehmen einnehmen kann.

Die Faktoren, die den Kundenwert bestimmen, lassen sich im Wesentlichen auf zwei Aspekte reduzieren; das Marktpotential und das Ressourcenpotential. Beide beurteilen die ausgewählten Kriterien über die gegenwärtige Situation und eine mögliche Zukunftsperspektive (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 15). Die Ergebnisse einer Studie von Rudolf-Sipötz und Tomczak über die Analysemethoden des Kundenwertes zeigen, dass die Aufteilung der Bestimmungsfaktoren auf die beiden Dimensionen Ressourcenpotential und Marktpotential (im Folgenden graphisch dargestellt) und nicht die direkte Zuordnung der Faktoren zum Kundenwert sinnvoll und notwendig ist (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 53).

Um den Kundenwert nicht allein über monetäre, ökonomische Aspekte zu bewerten, werden die wichtigen „soft facts“ wie Informations-, Reaktions- und Nutzungsdaten des Kunden mit einbezogen (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 17).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 18

Abbildung 4: Bestimmungsfaktoren des Kundenwertes

Eine ähnliche Aufteilung der Bestimmungsfaktoren des Kundenwertes liefert Cornelsen (zitiert in: Henseler, J., Hoffmann, Th. (2003), S. 18), der als Beeinflussungsfaktoren die Wertbeiträge Umsatz, Kundenerfolg, Cross-Selling-Wert, Referenzwert und Informationswert wählt. Vorraussetzung für die Wahl dieser Wertbeiträge war deren Monetarisierbarkeit. In dieser Arbeit wird die Variante von Rudolf-Sipötz und Tomczak bevorzugt, da dort die Ergebnisse von Cornelsen aufgegriffen und weiterentwickelt wurden.

3.1 Marktpotential

Wie Abbildung 4 zeigt, wird das Marktpotential von den Wertbeiträgen Ertragspotential, Entwicklungspotential, Cross-Buying-Potential und Loyalitätspotential bestimmt. Es spiegelt den Ertrag wider, der durch den Kunden gegenwärtig und auch zukünftig erreicht werden kann. Rudolf-Sipötz und Tomczak bevorzugen den Begriff Marktpotential gegenüber dem Begriff Kundenpotential mit der Begründung, dass der Begriff Kundenpotential in der Literatur zur Klärung vielseitiger Sachverhalte herangezogen wird (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, Th. (2001), S. 16) und daher für die hier benötigte Art und Weise ungeeignet ist.

3.1.1 Ertragspotential

Der Ertragswert stellt den gegenwärtigen monetären Beitrag des Kunden zum Unternehmenserfolg dar. Unter dem Begriff Ertragspotential fassen Rudolf-Sipötz und Tomczak, im Gegensatz zu Ansätzen anderer Autoren, Erfolg und Umsatz zusammen. Sie unterscheiden die Wertkomponenten nach ihrem zeitlichen Bezug (gegenwärtige Komponente „Ertragspotential“, zukünftige Komponente „Entwicklungspotential“) (vgl. Henseler, J., Hoffmann, Th. (2003), S. 20).

Zur Messung des Ertragspotentials wird die Kenngröße der Kundenrentabilität genutzt. In der Praxis wird die Entscheidung, welche Investitionen in eine Kundenbeziehung getätigt werden, häufig nur über Messgrößen wie Umsatz und Absatz bestimmt, obwohl bekannt ist, dass eine Bewertung allein durch diese Faktoren nicht ausreichend ist. Eine Studie von Rudolf-Sipötz und Tomczak zu diesem Thema ergab, dass 55% der befragten Unternehmen ihre Stammkunden nur über den Umsatz definieren und auch bei den Analysemethoden des Kundenwertes (wie in Kapitel 4 vorgestellt) andere Bestimmungsgrößen häufig vollkommen unberücksichtigt bleiben (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, Th. (2001), S. 18).

Eine geeignetere Kenngröße, um Kundenrentabilität und somit das Ertragspotential zu errechnen, ist der Kundendeckungsbeitrag (zum Verfahren siehe Kapitel 4.2.2), der nicht nur die Ertragseite, sondern auch die Kostenseite des Kunden berücksichtigt.

3.1.2 Entwicklungspotential

Da der Kundenwert besonders über das zukünftige Kaufverhalten der Kunden bestimmt wird, sind neben den gegenwärtigen Potentialen, die über das Ertragswertpotential (Kapitel 3.1.1) dargestellt werden, auch die Angaben über das Entwicklungspotential von Bedeutung.

Eine adäquate Kenngröße für die Messung des Entwicklungspotentials ist das Kundendeckungsbeitragspotential. Es errechnet sich aus der Summe des gegenwärtigen Deckungsbeitrags und den prognostizierten Deckungsbeiträgen für die Zukunft des Kunden. Somit zeigt es den zukünftigen Beitrag des Kunden zum Unternehmenswert.

In diesem Zusammenhang spielt besonders die Kundenlebensdauer eine wichtige Rolle. Diese wird in der Analysemethode des Customer-Lifetime-Value in Kapitel 4.2.3 näher erläutert. Eine kundenindividuelle Prognose über die Lebensdauer einer Kundenbeziehung ist jedoch aufgrund der Komplexität auch mit dieser Analysemethode nicht möglich. Das Entwicklungspotential kann nur Informationen über eine künftige Bedarfsentwicklung beim Kunden liefern, der Kundenlebenszyklus dient dabei als Analyseraster (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, Th. (2001), S. 22).

3.1.3 Cross-Buying-Potential

Über die Bezeichnung dieser Determinante herrscht in der Literatur Uneinigkeit. Bisher wird dort allgemein über das Cross-Selling-Potential gesprochen. Nach Auffassung von Rudolf-Sipötz und Tomczak ist dies keine akademisch korrekte Bezeichnung für den Sachverhalt (vgl. Henseler, J., Hoffmann, Th. (2003), S. 21). Sie bevorzugen den Begriff Cross-Buying-Potential, weil darunter letztendlich ein Beitrag des Kunden zum Unternehmenserfolg zu verstehen ist; der Begriff Cross-Selling findet eher im Zusammenhang mit dem Verhalten eines Verkäufers Anwendung (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, Th. (2001), S. 23). In dieser Arbeit wird die Meinung über die Begriffsdefinition von Rudolf-Sipötz und Tomczak geteilt, daher wird im weiteren Verlauf der Begriff Cross-Buying-Potential verwendet.

Das Cross-Buying-Potential errechnet den Wert, den ein Kunde durch die Inanspruchnahme anderer Leistungen, die keine Verbindung zu bisher gekauften Produkten aufweisen, künftig für das Unternehmen erwirtschaftet oder die dem Kunden aufgrund seiner Bedarfsstruktur potentiell zugerechnet werden können (vgl. Henseler, J., Hoffmann, Th. (2003), S. 19; Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 23). Abbildung 5 zeigt die einzelnen Bestimmungsgrößten des Cross-Buying-Potential.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Rudolf-Sipötz, E. (2001), S. 101

Abbildung 5: Bestimmungsgrößen des Cross-Buying-Potentials eines Kunden

Typische Beispiele für Cross-Buying-Produkte sind Finanzierungsleistungen oder Versicherungen nach dem Automobilkauf (vgl. Henseler, J., Hoffmann, Th. (2003), S. 19).

Wie auch beim Entwicklungspotential spielen für die Berechnung des Cross-Buying-Potentials die Bedürfnisse und die Lebensdauer des Kunden eine entscheidende Rolle. Auch hier wird häufig der in Kapitel 4.2.3 beschriebene Kundenlebenszyklus zu Rate gezogen. Zudem muss die Bereitschaft zum Cross-Buying analysiert werden. Ein Kunde, der aus persönlichen Gründen, z. B. aufgrund eines Sicherheitsbedürfnisses oder aus dem Variety-Seeking-Motiv heraus - hier hat der Kunde aus verschiedenen Gründen eine erhöhte Wechselbereitschaft zu verschiedenen Anbietern -, nicht von einem Anbieter abhängig sein möchte, wird ein geringeres Cross-Buying-Potential aufweisen als ein Kunde, der die Vielfalt der Angebote des Anbieters schätzt und auch bereit ist, diese zu nutzen.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Richtung des Cross-Selling (da es hier um die Perspektive des Verkäufers geht, wird die Bezeichnung „Cross-Selling“ gewählt). So verkauft z. B. ein Automobilanbieter eine Versicherung leichter, wenn vorab ein Auto gekauft wurde, als umgekehrt (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 26).

3.1.4 Loyalitätspotential

Diese Determinante wird erstmals von Rudolf-Sipötz und Tomczak erwähnt. Es ist der Wert, der dem Kunden durch seine Intensität, das Unternehmen auch zukünftig in Anspruch zu nehmen, zugerechnet werden kann (vgl. Henseler, J., Hoffmann, Th. (2003), S. 19).

Abbildung 6 zeigt die Indikatoren des Loyalitätspotentials beim Kunden. Dadurch wird erkennbar, dass eine Geschäftsbeziehung entweder durch den Wunsch des Kunden (Indikatoren in der Abbildung: Kundenzufriedenheit, Commitment, Vertrauen) oder durch Zwang (Indikator in der Abbildung: Abhängigkeit) aufrechterhalten wird (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 27). Entwickelt sich eine Loyalität zum Anbieter auf Wunsch des Kunden, so hat der Anbieter den Vorteil, den Kunden auch dann an sich binden zu können, wenn einige Faktoren der Geschäftsbeziehung nicht ideal für den Kunden verlaufen, jedoch auch nur solange sich für diesen keine bessere Alternative bietet. Wird die Loyalität hingegen auf einem Abhängigkeitsverhältnis begründet, wird der Kunde voraussichtlich die erste Gelegenheit nutzen, den Anbieter zu wechseln, um einen Anbieter „seines Vertrauens“ aufzusuchen (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 28).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 27

Abbildung 6: Bestimmungsgrößen des Loyalitätspotentials beim Kunden

Über die Antwort auf die Frage, welche der drei Faktoren - Kundenzufriedenheit, Commitment oder Vertrauen - die Loyalität beim Kunden am Besten fördern, herrscht in der Literatur Uneinigkeit (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 29). Unumstritten ist jedoch die Wirkung des Loyalitätspotentials bzw. der Kundenbindung. Rudolf-Sipötz und Tomczak belegen den Zusammenhang zwischen Loyalität und Profitabilität am Beispiel eines Kreditkartenunternehmens, dessen Kunden erst im Zeitverlauf, also mit steigender Kundenbindung für das Unternehmen profitabel werden (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 29). Ein allgemein gültiger Zusammenhang zwischen Kundenbindung und Kundenwert (im Sinne von ökonomischem Erfolg) konnte jedoch in der einschlägigen Literatur bisher nicht belegt werden.

3.2 Ressourcenpotential

Das Ressourcenpotential hat im Gegensatz zum Marktpotential die Aufgabe, den indirekten Beitrag des Kunden zum Unternehmenserfolg darzustellen. Grundvoraussetzung ist, die Kundenbeziehung, wie in Kapitel 1 beschrieben, als Investitionsobjekt zu betrachten. Folglich leistet der Kunde nicht nur einen direkten Erfolgsbeitrag, sondern beeinflusst häufig aktiv oder passiv als Unternehmensressource den Erfolg indirekt (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 30; Henseler, J., Hoffmann, Th. (2003), S. 20).

Wie Abbildung 4 zeigt, wird das Ressourcenpotential über die Determinanten Referenzpotential, Informationspotential, Kooperationspotential und Synergiepotential beschrieben.

3.2.1 Referenzpotential

Das Referenzpotential bzw. der Referenzwert drückt aus, welchen Wert das Unternehmen einem Kunden zuschreibt, der seine Erfahrungen mit einem Produkt oder dem Unternehmen selbst an potentielle Kunden weitergibt und somit diese in ihrer Entscheidung, beim Anbieter zu kaufen, beeinflusst. Die Beeinflussung kann positiv wie negativ sein. Ferner wird zwischen aktivem (z. B. Weiterempfehlungen) und passivem (z. B. Ausstrahlungswirkung eines Kunden) Referenzpotential unterschieden (vgl. Rudolf-Sipötz/ Tomczak, 2001, S. 30; Henseler/ Hoffmann, 2003, S. 19).

Besonderes Interesse wird den Meinungsführern, den sog. Opinion Leadern, sowie den Adoptern - den „frühen Käufern“ - zuteil. Ihre Erfahrung bzw. ihr Fachwissen überzeugt andere potentielle Kunden in hohem Maße. Besonders interessant ist, dass eine Referenz in den meisten Fällen mehrfach abgegeben wird. So haben Rudolf-Sipötz und Tomczak belegt, dass zufriedene Kunden ihre Erfahrungen im Durchschnitt an 3 Personen, unzufriedene Kunden sogar an 11 bis 20 Personen weitergeben (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 31).

Der Referenzwert ist für Unternehmen besonders interessant, da in der heutigen Zeit die verstärkte Kommunikations- und Werbewelle den Verbraucher mit Informationen so stark überflutet, dass die Botschaften einzelner Hersteller vollständig verloren gehen bzw. beim Kunden nicht mehr wahrgenommen werden. Unüberschaubare Angebote sowie unvollkommene Markttransparenz führen beim Kunden zu Unsicherheit, die er durch Referenzen auszugleichen versucht (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 32).

Wie Abbildung 7 zeigt, gibt es zahlreiche Indikatoren für die Darstellung des Referenzpotentials eines Kunden. Besondere Bedeutung wird dabei der Kundenzufriedenheit beigemessen. Sie beeinflusst Richtung und Intensität der Referenz, je nachdem, ob und in welchem Maße der Kunde zufrieden oder unzufrieden ist. In diesem Zusammenhang ist besonders die Multiplikatorwirkung einer negativen Referenz zu beachten (11 bis 20 negative Referenzen bei Unzufriedenheit).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Rudolf-Sipötz/ Tomczak, 2001, S. 34

Abbildung 7: Bestimmungsgrößen des Referenzpotentials

Der Kunde hat auch die Möglichkeit, seine Referenzen an das Unternehmen weiterzugeben. In diesem Zusammenhang wird von Informationspotentialen gesprochen.

3.2.2 Informationspotential

Die Erfahrungswerte des Kunden, die er im Laufe seines Lebens bzw. der Kundenbeziehung gesammelt hat und die er bereit ist, an das Unternehmen weiterzugeben, bilden das Informationspotential. Das Unternehmen kann diese Informationen für eine verbesserte, erfolgreiche Unternehmensführung nutzen.

Der Informationsstrom fließt im Gegensatz zum Referenzpotential immer vom Kunden zum Unternehmen. Beim Referenzpotential gehen die Informationen des Kunden an sein soziales Umfeld (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 34).

Die durch den Kunden gelieferten Informationen können für das Unternehmen strategische wie auch operative Bedeutung haben. Themen wie Kundenbedürfnisse, Produktentwicklungen und –verbesserungen, aber auch Abwanderungsgründe sind von Bedeutung. Im Extremfall wird auch zur Neukundengewinnung das Informationspotential genutzt. In einigen Fällen gibt es Unternehmen, z. B. Versicherungen, die als Neukunden nur Kandidaten mit der Referenz eines bestehenden Kunden akzeptieren, um auf diese Weise Risikokunden zu vermeiden (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 35).

Abbildung 8 zeigt, dass neben den Faktoren Inhalt und Qualität der Information sowie der Feedbackbereitschaft des Kunden auch die Rolle des Kunden als möglicher Meinungsführer für die Gewinnung des Informationspotentials von Bedeutung ist. Lead User erfüllen beispielsweise durch ihre Auskunftsbereitschaft und ihr Fachwissen meist alle Faktoren, die dem Anbieter zur Informationsgewinnung wichtig sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 40

Abbildung 8: Bestimmungsfaktoren des Informationspotentials eines Kunden

Handelt es sich beim Kunden selbst um einen Anbieter, hat dieser die Möglichkeit, Interessengemeinschaften mit dem Unternehmen einzugehen. In solchen Fällen wird von Kooperationspotentialen gesprochen.

3.2.3 Kooperationspotential

Die Bereitschaft und Fähigkeit eines Kunden, dem Anbieter eigene Mitarbeiter oder andere Produktionsfaktoren für eine bestimmte Zeit zur Verfügung zu stellen, wird Kooperationspotential genannt. Hierzu zählen alle Synergien und Wertsteigerungspotentiale, die aus der Zusammenarbeit des Kunden mit dem Anbieter hervorgehen (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 41).

Entlang der Wertschöpfungsstufen eines Herstellers bieten sich vielfältige Möglichkeiten der Zusammenarbeit, so z. B. in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Logistik und Marketing. Besonders im B2B-Bereich und in der Dienstleistungsbranche profitieren die Unternehmen von Kooperations-potentialen, da in vielen Fällen ein Erfolg ohne die Mithilfe des Kunden nicht zu erreichen ist (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 41).

Abbildung 9 zeigt die Indikatoren des Kooperationspotentials und macht nochmals deutlich, dass nur die Fähigkeit in Verbindung mit der Bereitschaft des Kunden zu einem wertsteigernden Beitrag führen. Es genügt also nicht, wenn der Kunde zwar das nötige Know-how besitzt, allerdings nicht bereit ist, dieses dem Anbieter in benötigter Weise zur Verfügung zu stellen. Die Eingriffstiefe bzw. –intensität bestimmt, auf welcher Stufe des Wert-schöpfungsprozesses der Kunde integriert wird und welches Ausmaß die Integration annimmt (vgl. Rudolf-Sipötz, E., Tomczak, T. (2001), S. 45).

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Ende der Leseprobe aus 80 Seiten

Details

Titel
Die Determinanten des Kundenwertes. Methodik und kritische Analyse aus empirischer Sicht
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
80
Katalognummer
V49499
ISBN (eBook)
9783638459426
ISBN (Buch)
9783640870264
Dateigröße
690 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Determinanten, Kundenwertes, Methodik, Analyse, Sicht
Arbeit zitieren
Anja Schwan (Autor:in), 2005, Die Determinanten des Kundenwertes. Methodik und kritische Analyse aus empirischer Sicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49499

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