Napoleon in der französischen und bayerischen Erinnerungskultur


Hausarbeit, 2018

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Hinführender Gedanke

2. Theoretische Grundlagen: Gedächtnis, Erinnerung, Vergessen und K ollektives Gedächtnis

3. Geschichtlicher Kontext

4. Napoleon Bonaparte und die Schlacht bei Waterloo in der französischen und europäischen Erinnerungskultur – ein ruhmreicher Untergang?

5. Legendenbildung um Napoleon

6. Regionale Erinnerungen aus Regensburg an Napoleon

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. Hinführender Gedanke

Die Welt gehört Bonaparte. Das, was der Zerstörer nicht mehr erobern konnte, vereinnahmt sein Renommee. Lebend hat er die Welt nicht erworben, tot besitzt er sie […] Bonaparte ist eine legendäre Gestalt, zusammengesetzt aus den Phantasien der Dichter [und] den Erinnerungen der Soldaten […]. Nachdem wir dem Despotismus seiner Person erlegen sind, [müssen wir] nun dem Despotismus seiner Erinnerung erliegen 1

Der französische Politiker und Schriftsteller René de Chateaubriand schildert in seinem Werk Erinnerungen von jenseits des Grabes die Erinnerungen an sein wechselvolles Leben. Er erlebte das Ende der Herrschaft der Bourbonen, die darauffolgende Zeit der großen Aufstände und Katastrophen sowie den Beginn und den Niedergang der Ära Napoleons. Chateaubriand beschrieb Napoleon bereits kurz nach seinem Tod als eine „legendäre Gestalt“, die wohl für eine lange Zeit die französische sowie insbesondere die europäische Erinnerung prägen wird. Lebendig schaffte er es nicht die Welt zu erobern, aber tot besitzt er sie. Diese einprägsamen Worte verdeutlichen wohl in besonderer Weise das große Interesse an Napoleons Person sowie besonders an seine Erinnerung. Er prägte nicht nur die kollektive Erinnerung Frankreichs sondern durch seine Eroberungen gibt es heute in weiten Teilen Europas viele Zeugnisse, die an die napoleonische Zeit erinnern. Durch sein Wirken und seine Taten wurden die politischen Verhältnisse in Europa erneuert und Frankreich etablierte sich als neue militärische Großmacht. „Napoleon veränderte die gesamte Landkarte Europas, er beendete das Ancien régime und er vergrößerte Frankreich und verteilte die europäischen Throne an seine Familie.“2 Seine Eroberungen brachten ihn sogar in das weit entfernte Russland, wo er gegen Zar Alexander I. seine erste Niederlage erfuhr. Nach dem missglückten Russlandfeldzug endete die militärische Karriere des französischen Kaisers und drei Jahre später erlitt er seine komplette Niederlage in der Schlacht bei Waterloo im Jahr 1815. Die Person Napoleon ist bis in die heutige Zeit ein besonderes Mysterium. Der Mann aus unbedeutendem korsischem Landadel der sich 1804 selbst zum Kaiser der Franzosen krönte und schlussendlich zu den einflussreichsten und mächtigsten Feldherren und Politikern des gesamten 19. Jahrhunderts zählt. Mit seinen Taten hat er somit tiefe Spuren in der Geschichte und vor allem in der Erinnerung Europas hinterlassen. Der königstreue Chateaubriand spricht von dem Despotismus seiner Erinnerung, dem unsere Zeit unterliegt. Aus heutiger Perspektive kann dieser Gedanke umgedeutet werden und zwar in die Beständigkeit im kollektiven Gedächtnis an den Feldherrn Napoleon. Die nachfolgende Arbeit beschäftigt sich intensiv mit Napoleon und der Erinnerung an ihm. Zu Beginn sollen als Einstieg kulturwissenschaftliche Grundbegriffe erläutert werden und im Nachfolgenden soll ein kurzer historischer Überblick gegeben werden. Im Anschluss wird besonders die letzte Schlacht Napoleons (Waterloo 1815) und unmittelbar damit verbunden ihr Andenken in der französischen Erinnerungskultur betrachtet. Abschließend wird noch die regionale Erinnerung aus Regensburg an Napoléon kurz beleuchtet sowie sein Andenken in der Literatur und den Medien.

1. Theoretische Grundlagen: Gedächtnis, Erinnerung, Vergessen und Kollektives Gedächtnis

Um in den Gegenstandsbereich dieser Arbeit einzuführen ist es anfangs unabdingbar die kulturwissenschaftlichen Termini kurz zu erläutern: Gedächtnis, Erinnerung und Vergessen hängen auf individueller sowie auf kollektiver Ebene stark miteinander zusammen. In der Forschungsliteratur wird die Handlung des Erinnerns als ein Prozess und Erinnerungen als das Ergebnis aus dieser Handlung definiert und das Gedächtnis als eine Fähigkeit oder eine änderbare Struktur zu konstruieren ist. Das kollektive Gedächtnis ist der Fokus kulturwissenschaftlicher Neugier und die Erinnerungskulturen sind ihr Untersuchungsgegenstand. Das kollektive Gedächtnis in seiner engen Bedeutung gilt als Oberbegriff für alle Vorgänge, die organischer, medialer und institutioneller Art sind und denen eine besondere Bedeutung bei der wechselseitigen Beeinflussung von Vergangenem und Gegenwärtigen in soziokulturellen Kontexten zukommt. Das kollektive Gedächtnis ist keineswegs eine Alternative zur Geschichte sowie ist es auch kein Gegenpol zur Lebenserinnerung eines Individuums, sondern es stellt den Gesamtkontext dar, innerhalb dessen sich unterschiedliche kulturelle Phänomene bilden. Es existieren zwei grundlegende Konzepte von kollektivem Gedächtnis: Zum einen das kollektive Gedächtnis als organisches Gedächtnis des Individuums, das sich im soziokulturellen Umfeld herausbildet. Zum anderen das Gedächtnis, welches einen Bezug auf Vergangenes mittels dem Zusammenspiel von Interaktion, Kommunikation, Medien und Institutionen herstellt. Der Zusammenhang zwischen Kultur und Gedächtnis besteht auf individueller und kollektiver Ebene. Der Einzelne erinnert immer in soziokulturellen Kontexten und Kultur entsteht erst durch den Aufbau eines kollektiven Gedächtnisses über Symbole, Medien und Institutionen. Erinnern und Vergessen bilden zwei unterschiedliche Prozesse bei demselben Phänomen: das Gedächtnis. Denn eine lückenlose Erinnerung an sämtliche Ereignisse der Vergangenheit, käme für den Einzelnen wie auch für die Gruppe dem totalen Vergessen gleich. Vergessen ist notwendig für die Ökonomie des Gedächtnisses und für seine Fähigkeit Schemen zu bilden. Das Vergessen erfüllt für psychische und soziale Systeme mindestens genauso eine wichtige Funktion wie das Erinnern.3

2. Geschichtlicher Kontext

Am 15. August 1769 wurde Napoleon Bonaparte in Ajaccio auf Korsika geboren. Seine Eltern stammten aus niederem Adel italienischer Herkunft. Während seiner Jugend besuchte er die Militärakademie in Paris und ab 1792 diente er als Hauptmann in der französischen Armee. Durch seine Verdienste in Militär und wird Napoleon 1796 zum Oberbefehlshaber der Italienarmee. Mittels taktisch überlegener Strategie und überraschenden Angriffen konnte er die zahlenmäßig überlegene Armee der Österreicher besiegen. Eigenmächtig trifft Bonaparte während des Italienfeldzuges politische und militärische Entscheidungen und unterzeichnet Waffenstillstände. Die schwache Regierung in Paris ist auf die Erfolge Napoleons angewiesen und aufgrund des Sieges gegen Österreich erwirbt Frankreich das linke Rheinufer. Den nächsten militärischen Erfolg errang Napoleon auf seinem Feldzug in Ägypten als er nach dem Sieg in Kairo einmarschierte. Nach seiner Rückkehr nach Paris löste Napoleon im Staatstreich vom 18. Brumaire die Direktoriumsregierung auf und wird somit zum ersten Konsul. Die alleinige Gesetzesinitiative oblag nun Napoleon. Aufgrund seiner großen und bedeutenden außen- sowie innenpolitischen Erfolge wird Napoleon im Jahr 1802 durch Plebiszit zum Konsul auf gewählt. Er nutzt das in ihn gesetzte Vertrauen und erweiterte kontinuierlich seine Privilegien in der Verfassung. Durch Napoleons Hilfe wird am 21. März 1804 der Code civil, das bürgerliche Gesetzbuch, in Frankreich eingeführt. Der Code civil sichert die wichtigsten Errungenschaften der Französischen Revolution. Zudem garantiert er die Freiheit, die Gleichheit vor dem Gesetz, das private Eigentum, das Recht auf ein öffentliches Gerichtsverfahren, die Zivilehe und das Recht auf Scheidung. Im selben Jahr veranlasst Napoleon den Senat, durch ein Plebiszit das Erbkaisertum zu beantragen. Die Wiedererweckung der Monarchie wäre nach den Vorkommnissen während der Französischen Revolution undenkbar gewesen, das Kaisertum jedoch erscheint in Anlehnung an die vorherrschenden römischen Traditionen als natürliche Fortsetzung des Konsulats. Um endgültig mit dem bourbonischen Königtum zu brechen, fand die Krönung nicht wie in den vorherigen Jahrhunderten in Reims statt, sondern in der Kathedrale Notre-Dame in Paris. Napoleon wünschte, dass der Papst anwesend war, um ihn zu salben und somit ein von Gott gewünschtes Kaisertum zu demonstrieren, aber mit wohlüberlegter Geste nahm Napoleon dem Papst die Krone aus der Hand und krönte sich selbst zum Kaiser und seine Frau Joséphine zur Kaiserin der Franzosen. Im darauffolgenden Jahr wurde er zusätzlich zum König von Italien gekrönt. Zur selben Zeit verbündeten sich England, Russland, Österreich, Schweden und Neapel zur dritten Koalition gegen Frankreich, das in seine alten Grenzen zurückverwiesen werden soll. In der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz am 2. Dezember 1805 gegen den russischen Kaiser und den habsburgischen Kaiser entschied Napoleon den Sieg für die französische Seite.4

Im Jahr 1806 schlossen sich 16 süd- und mitteldeutsche Staaten zum Rheinbund unter Napoleons Protektorat zusammen. Die Rheinbundstaaten profitierten von territorialen Zugeständnissen und viele Fürsten erhielten Standeserhöhungen. So wurden beispielsweise die Staaten Württemberg und Bayern zum Königreich erhoben. Die nachfolgenden Jahre in Europa waren geprägt von zahlreichen Siegen der napoleonischen Armee sowie von vielen territorialen Veränderungen. Im Russlandfeldzug von 1812 erfuhr die grande armée zum ersten Mal große Niederlagen und der Brand von Moskau sowie der einbrechende Winter zwangen Napoleon zum Rückzug. Die Geschehnisse in Russland besiegelten den politischen und militärischen Untergang Napoleons. Preußen und Russland verbündeten sich im Allianzvertrag gegen Frankreich und in der Völkerschlacht bei Leipzig wurde Napoleon geschlagen. Er musste das gesamte rechtsrheinische Gebiet räumen und in der Folge daraus brach das napoleonische System zusammen. Im Jahr 1814 zwangen die Alliierten Napoleon zur Abdankung und es erfolgte die Restauration der bourbonischen Könige mit Ludwig XVIII. auf dem französischen Thron. Kurze Zeit darauf erfolgte Napoleons Rückkehr aus seinem Exil und es begann die „Herrschaft der Hundert Tage“. Der Großteil der Franzosen war unzufrieden mit der bourbonischen Herrschaft und waren erfreut über die Rückkehr des Kaisers weiterhin schlossen sich viele Regimente dem verbannten Kaiser an. Napoleons endgültiges Ende besiegelte die Schlacht bei Waterloo 1815 in der das napoleonische Heer vernichtend geschlagen wurde. Er wurde auf die im Südatlantik gelegene Insel St. Helena verbannt und der Wiener Kongress unter der Leitung von Fürst Metternich ordnete die politischen und territorialen Zustände in Europa.5

[...]


1 de Chateaubriand, Francois René, Erinnerungen von jenseits des Grabes, Berlin 1996, S. 12f.

2 Grewenig, Meinrad Maria (Hrsg.), Napoleon, Feldherr, Kaiser, Mensch, Speyer 1998, S. 15.

3 Vgl. Erll, Astrid, Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen, Eine Einführung, Stuttgart/Weimar 2005, S. 5 ff.

4 Hartmann, Peter, Geschichte Frankreichs, Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 2015, S. 45 ff.

5 Vgl. Chevallier, Bernard/ Kaufmann, Sabine, Napoleon, Stationen seines Lebens, in: Napoleon, Feldherr, Kaiser, Mensch, Speyer 1998, S. 29 ff.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Napoleon in der französischen und bayerischen Erinnerungskultur
Hochschule
Universität Regensburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
15
Katalognummer
V495285
ISBN (eBook)
9783346005250
ISBN (Buch)
9783346005267
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Napoleon, Europäische Geschichte, Erinnerung an Napoleon
Arbeit zitieren
Benedikt Eibl (Autor:in), 2018, Napoleon in der französischen und bayerischen Erinnerungskultur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/495285

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